Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Forum durchsuchen Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Geschichten und sonstiges Textwerk > Geschichten, Märchen und Legenden

Geschichten, Märchen und Legenden Geschichten aller Art, Märchen, Legenden, Dramen, Krimis, usw.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 21.01.2008, 20:41   #1
lyrwir
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 449


Standard Zur See, Teil eins

Breitbeinig stand er an der Reling und schaute auf die Weite der sagrotanischen See. Normalerweise kannte ihn die Besatzung der "BarKasse" als umgänglichen Mann, immer zu einem Scherz bereit und einem Gläschen Schnappes nicht abgeneigt. Doch jetzt zeigten sich erste Sorgenfalten auf der hohen, wettergegerbten Stirn von Kaptan Üglo. Von seinen Vorfahren, Korsaren des Mittelmeers, hatte er einen dunklen Teint und einen lebhaften Bartwuchs geerbt. Er war gedrungen und kräftig, mit großen Händen, die zulangen konnten, wenn es nötig war. Jetzt gab es nichts zu tun.
Seit Tagen herrschte eine für diese Jahreszeit ungewöhnliche Flaute. Vom wolkenlosen Himmel brannte die Sonne, langsam wurden die Vorräte knapp. Eigentlich sollten sie schon auf der Rückfahrt zu ihrem Heimathafen Rottenham in Lidland sein, die Kühlräume voll beladen. Aber sie hatten seit Wochen keinen einzigen Schwarm gesichtet und dümpelten zweihundert Seemeilen vor der Küste von Livion. Die Mannschaft wurde langsam nervös, erzählte sich immer wieder alte Geschichten von Schiffen, die in diesen Breitengraden verrottet waren, von verhungerten und verdursteten Seeleuten. Zudem waren sie hier nicht sicher, viel hatte man gehört von Fischern, die vom Geilenschöller, einem der berüchtigsten Piraten dieser Gegend, als Sklaven in die Ölgruben von Tommystan verkauft wurden. Nicht, dass sie wehrlos waren, Kaptan Üglo hatte schon am ersten Tag der Windstille Erbsenpistolen und Austernmesser ausgegeben, aber würde das reichen gegen eine Horde gnadenloser Freibeuter?
So verging der Morgen mit Sorgen, als die helle Stimme des Jungmaats Izeman aus dem Krähennest ertönte: "Merkwürdiges Phänomen backbord voraus"! Aller Augen richteten sich auf die Stelle, die der ausgestreckte Arm des Jungen wies und allmählich konnten die Matrosen etwas sehen. Ein etwa dreihundert Meter langer und ebenso breiter Teppich einer schwarzen Masse, die auf sie zu trieb. Über der Erscheinung flimmerte die erhitzte Luft, etwas Unheimliches ging von diesem Anblick aus. Eine leichte Brise kam auf, die den Geruch von vergammeltem Fisch herantrug. Bald schon war das von seinem Schleppanker an der Stelle gehaltene Schiff umgeben von Millionen aufgetauter, erbärmlich stinkender Fischstäbchen. Ein Anblick, der selbst Hartgesottenen Seebären die Tränen in die Augen trieb. Wie hatte es dazu kommen können? Stimmten die Gerüchte also doch, dass der gemeine Kapitän Nofrost die Meere befuhr, um alles zu enteisen? In den Spelunken Rottenhams hatten sie Gerüchte gehört, dass die mit Auftaukanonen bestückte "Alte Fregatte" in dieser Gegend unterwegs sei, um die perfiden Pläne des bösartigen Alten in die Tat umzusetzen, sämtliche Tiefkühlbestände der Ozeane zu vernichten. Jeder wusste, dass Nofrost Hauptanteilseigner der Kette Saurol war, die sich auf Sauermöpse spezialisiert hatte und dass deren Umsatz in den Keller ging, seit alle Kinder nur Fischstäbchen wollten und keine in Essig eingelegten Labberringe.
Um die Moral zu heben und den pestilenzischen Gestank erträglicher zu machen, ließ Kaptan Üglo Kautabak und reichlich Rum ausgeben. Bald schon war die Mannschaft hackeblau und begann, aus vollen Kehlen ein altes, rührseliges Shanty zu singen: "Ein Stäbchen liegt am Meeresstrand, wo es im Öl sein Ende fand. Warm ist es und es schmeckt fade, schwarz und fettig glänzt Pannade. Ade, ohe, ohjemine".
Die Brise hatte sich inzwischen zu einem ansehnlichen Wind entwickelt, so dass der Kaptan die Mannschaft in die Wanten wanken hieß, um diesem Ort der Fäulnis zu entkommen. Die "BarKasse" nahm Fahrt auf und segelte ihrem weiteren Schicksal entgegen.
Fortsetzung folgt
lyrwir ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.01.2008, 20:53   #2
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007


-verschoben-

Der Fortsetzungsgeschichtenbereich darf nur nach Erhalt eines eigenen Unterforums genutzt werden. Alle anderen Geschichten gehören hierher.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.01.2008, 11:24   #3
Rabenstolz
 
Dabei seit: 01/2008
Beiträge: 22


Guten Morgen, lyrwir!

Erstmal danke für das Schmunzeln am Morgen; wie du diverse markennamen so geschickt leicht abgewandelt eingebunden hast, gefällt mir unheimlich gut; die etwas skurrile Vorstellung, einen Ozean mit Tiefkühlware vor sich zu haben, ist zwar ein wenig befremdlich, aber doch nicht uninteressant.

Leider bleibt die Intention, da noch nicht abgeschlossen, mit bisher verboregen, aber umso gespannter bin ich, wie es weitergeht mit Käpt'n Üglo und dem Piraten Nofrost.

Nur eine kleine Anmerkung:
Zitat:
und keine in Essig eingelegten Labberringe
Ich weiß nicht, was Labberinge sein sollen - meinst du vielleicht "Labheringe" ?

So long, wir lesen uns!
Schönen Gruß

Rabenstolz
Rabenstolz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.01.2008, 00:46   #4
Pegamund
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 133


Hoi, Käpt’n Blaubär!

Den Text könnte man wohl in Satire-Nähe rücken, Bezüge herstellen zu gewissen Machenschaften der Nahrungsmittelproduzentenmafia im TK-Gewerbe, oder man könnte - ganz anders wieder - intertextuelle Brücken bauen zu länderüberflutenden großen Medienbrechern über echte Männer (also über Blau- und See- und sonstige Bären), vom Fluch der Karibik bis zum James Bond der sieben Meere: ein Typ wie der andere einheitlich vorpaniert, in Klischeemehl außen kross gebacken, aber innen Brei wie die berühmten Fischstäbchen, und außerdem noch aromaversiegelt vorgefrostet, wie die Labberringe (ich hab die auch schon gegessen ... ) - aber das muss man gar nicht machen mit dem Text.

Man kann den Text nämlich auch einfach als Yarn (link) nehmen (finde ich; und das ist viel gemütlicher), als (vielleicht zwar hintersinniges, aber vor allem doch spielerisches) Seemannsgarngewebe, das einer angesponnen hat, nur weil ihm grade danach war, nen Spökes zu machen, und vielleicht kriegt wer Lust und dröselt dran weiter ...

Hast Du gut angesponnen, gut ausgeführt, mir gefällt sowas. Spiel.
Fortsetzung schon in Planung? Oder geht das dann ganz plötzlich, wenn die Schiffsglocke bimmelt?

Freundlich dreimal angedippt,
Pega.
Pegamund ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.01.2008, 23:31   #5
lyrwir
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 449


Hallo Rabenstolz,
Labberringe sind labberig eingelegte Fischlingsringe. Ich freue mich, dass dir die Geschichte gefällt.
Hallo Pegamund,
wenn du Spass hättest an Yarn, schreib mir PN. Es gibt ein vages Storyboard, die Geschichte fließt bald fort.
Euch
LG,
LW
lyrwir ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Zur See, Teil eins

Themen-Optionen Thema durchsuchen
Thema durchsuchen:

Erweiterte Suche



Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.