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Alt 18.06.2020, 07:58   #1
weiblich DieSilbermöwe
 
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Standard Der Mann am Strand 1. Teil (Krimi)

29.06. 2016

Lyon

Der junge Mann, der im strahlenden Sonnenschein vor dem Restaurant der Autobahnraststätte bei Lyon herumlungerte, fiel dem Lastwagenfahrer sofort auf. Er hatte etwa schulterlange, hellblonde Haare, die er nachlässig mit einem Haargummi im Nacken zusammengebunden hatte und trug einen hellbraunen Rucksack. Giacomo schätzte ihn auf höchstens 19. Er ging, wie alle anderen, die hier Rast machten, um sich zu stärken, achtlos an ihm vorbei und betrat die Gaststätte. Dort nahm er seine Mittagsmahlzeit ein, trank eine Cola und verließ das Gebäude sofort danach wieder. Der junge Mann stand immer noch vor dem Restaurant. Giacomo wollte wieder ohne ein Wort an ihm vorbeigehen, aber der junge Mann sprach ihn an.

„Excusez-moi", er sprach Französisch ohne Akzent, „könnten Sie mich mitnehmen?"
„Wo willst du denn hin?" Giacoma hatte keine Lust, das junge Bürschchen zu siezen. Er war mindestens zehn Jahre jünger als er selbst.
„Nach Portugal, Monsieur. An die Algarve, in die Nähe von Albufeira."
Giacoma hob die Augenbrauen. „Da hast du aber noch einen weiten Weg vor dir."
„Je sais, Monsieur. Aber ich habe gesehen, wie Sie mit Ihrem Lastwagen hier angekommen sind und gedacht, Sie fahren in die Richtung."
„In die Richtung schon." Giacoma transportierte mit seinem LKW Lebensmittel. Der Bursche hatte wahrscheinlich sein spanisches Kennzeichen bemerkt. „Ich fahre aber nur bis nach Spanien."
Der junge Bursche nickte. „Ja, das dachte ich mir, das würde mir auch schon reichen. Wäre das möglich?"
Giacomo musterte ihn eindringlich, als ob er scharf darüber nachdenken müsste, dann antwortete er mit einem feierlichen „Ja."
„Vielen Dank, Monsieur!" Der Bursche strahlte, streckte ihm seine Hand hin und schüttelte sie ausgiebig. „Mein Name ist übrigens Jacques. Jacques le Butet."
„Giacomo Bianchi."
„Sie sind Italiener?" fragte Jacques so erstaunt, dass Giacomo lächeln musste.
„Meine Eltern sind Italiener, aber ich bin in Frankreich geboren und aufgewachsen. Ich kann aber auch Italienisch sprechen, wenn du Wert darauf legst."
„Um Himmels willen! Dann verstehe ich kein Wort." Jacques strahlte ihn treuherzig an.
„Also dann komm mit", forderte Giacoma ihn auf, „ich hoffe, du hast einen Personalausweis dabei?"
„Klar. Aber den muss man doch gar nicht mehr vorzeigen? Ich dachte, die Grenzkontrollen sind abgeschafft."
„Innerhalb der EU im Großen und Ganzen schon. Aber es kann sein, dass meine Ladung kontrolliert wird und da hätte ich ungern jemanden ohne Personalausweis in meinem LKW. Ist zwar nicht sehr wahrscheinlich, dass sie deinen Ausweis sehen wollen, aber besser ist besser."
„Sicher." Jacques begann, an seinem Rucksack herumzunesteln, doch Giacomo winkte ab.
„Lass das, du musst ihn mir jetzt nicht zeigen. Mir reicht es, wenn ich weiß, dass du ihn dabei hast."
„Okay." Inzwischen hatten sie den LKW erreichte und Jacques kletterte neben Giacomo auf den Beifahrersitz. „Das muss ein herrlicher Beruf sein", sagte er sehnsüchtig. „Sie kommen bestimmt viel herum."
Giacomo startete den LKW. „Kann man so sagen", grinste er. „Manchmal ist es auch langweilig, wenn man so lange allein im LKW hockt. Das ist für Leute wie dich von Vorteil - deswegen nehme ich manchmal jemanden mit."

In einem Fischerdorf an der Algarve

Der alte Miguel schlurfte auf die Veranda zu seinem Lieblingssessel. Hier verbrachte er immer seine Mittagsruhe, seit seine Frau vor einem guten Jahr verstorben war. Seitdem störte in der flirrenden Mittagshitze in dem Fischerdorf an der Algarve auch kein Geräusch mehr die Stille. Zumindest normalerweise nicht. Miguels Schwerhörigkeit auf dem linken Ohr tat sein Übriges.
Miguel war fast eingeschlafen, als ihn lautes Gekeife aus dem Nachbarhaus erschrocken auffahren ließ. Er erkannte die Stimme von Cristina Feirrera, der jungen Frau, die vor drei Monaten dort eingezogen war, verstand aber nicht, was sie sagte, bis auf die Worte „mein Bruder", die sie mehrmals wiederholte. Eine männliche Stimme brüllte zurück. Das musste ihr Freund sein, ein dünner, schwarzhaariger Portugiese, kaum älter als sie, höchstens 20. Miguel hatte ein paarmal gesehen, wie sie ihn ins Haus gelassen hatte und eimmal hatten die beiden engumschlungen auf der gegenüberliegenden Veranda gestanden. Aber eine solche Szene hatte er noch nie erlebt.

Es erfolgte ein Scheppern, als ob jemand Geschirr an die Wand geworfen hätte. Dann herrschte Totenstille, und Minuten später hörte man unten auf der Straße jemanden etwas brüllen, was Miguel aber nicht verstand. Neugierig geworden, lugte Miguel vorsichtig über die Veranda. Er wollte nicht unbedingt gesehen werden, doch dieses Ansinnen war nicht von Erfolg gekrönt. Der junge Portugiese sah zu ihm auf und brüllte: „Sie sind mein Zeuge, Senhor da Silva! Cristina hat mich hinausgeworfen! Mich!" Die Worte waren diesmal laut und deutlich genug, dass Miguel jedes Wort verstand, doch er zog es vor, seine Hand hinter sein Ohr zu legen und mit den Schultern zu zucken, um zu gestikulieren, dass er kein Wort verstanden hatte. „Sie hat mich hinausgeworfen! Mich!" plärrte der Junge unten weiter, „dabei habe ich ihr für den ganzen letzten Monat die Miete bezahlt, weil sie kein Geld mehr hatte! Und zum Dank dafür lädt sie sich irgendeinen dahergelaufenen Idioten ein!"
Cristina erschien auf der gegenüberliegenden Veranda. „Glauben Sie Pedro kein Wort, Senhor da Silva! Ich habe meinen Bruder eingeladen, sonst niemanden! Pedro ist völlig übergeschnappt!"
„Haha, dein Bruder!" wütete Pedro unten auf der Straße weiter, „ich glaube dir kein Wort!"
Als die jungen Leute anfingen, sich wüst zu beschimpfen, zog Miguel sich langsam von der Veranda zurück, schloss die Tür, legte sich auf die Couch und war in Minutenschnelle eingeschlafen.

06.07.2016
In einem Ferienort an der Algarve

„Wir sind da!" Tamara riss die Tür des Taxis auf und sprang hinaus. Heiko folgte ihr sehr viel gemächlicher, nachdem er den Fahrer bezahlt hatte.
„Endlich Urlaub!" Tamara fiel ihm um den Hals und Heiko küsste sie auf den Mund.
„Ja, das wird unser wunderbarer erster Urlaub."
„Wohlverdient! Und weit weg von zu Hause!" Tamara strahlte.
Sie befanden sich in einem kleinen Fischerdorf an der Atlantikküste, ca. 30 Autominuten von Lissabon entfernt, einer Stadt, die Tamara schon immer hatte sehen wollen. Tamara arbeitete als Übersetzerin und sprach fließend Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Portugiesisch.
Im Hotel fielen sie übereinander her, kaum dass sie ihre Koffer ausgepackt hatten. Danach lagen sie glücklich und zufrieden nebeneinander.
„Nachher gehen wir an den Strand"; sagte Heiko.
„Klar." Tamara kuschelte sich an ihn.

Auf ihrem Strandspaziergang lief Tamara vor Heiko her, drehte sich schließlich lachend zu ihm um, während er sie wie wild fotografierte und lief eine ganze Weile rückwärts - bis sie auf einmal über etwas stolperte. Sie konnte sich gerade noch rechtzeitig fangen, während Heiko ein erschrockenes „Oh!" ausstieß. Tamara wandte sich um.
Im Sand lag ein Mann.
„Ist der hier eingeschlafen? Wie kann man nur ... so nahe am Wasser." Tamara wollte sich bücken, um ihn zu rütteln, doch Heiko riss sie mit einer heftigen Bewegung zurück.
„Um Himmels willen, lass das!"
„Ich kann ihn doch nicht hier liegenlassen! Ich versuche, ihn aufzuwecken! Schau mal, er ist ja schon ganz nass geworden von den Wellen und hat das anscheinend noch nicht mal bemerkt! Wahrscheinlich besoffen oder so, sonst wäre er doch davon wach geworden ...scheint ja ein noch junger Kerl zu sein."
„Tamara - ich glaube, der ist nicht mehr wach zu bekommen."
„Wie kommst du darauf?" Tamara ließ ihren Blick über den Mann am Strand gleiten. Er lag auf der Seite, ein Arm lag über dem Kopf, als habe er nicht ins grelle Licht der Sonne schauen wollen. Der andere Arm lag merkwürdig verdreht auf der Seite. Erst jetzt begriff Tamara, was Heiko meinte, schrie entsetzt auf und schlug sich dann die Hand vor den Mund.
„Ist er tot?"
„Sieht so aus."
„Ich rufe auf jeden Fall die Rettung an." Hektisch kramte Tamara ihr Handy aus der Handtasche und wählte den Notruf.
Doch wie Heiko schon vermutete hatte: Hier kam jede Hilfe zu spät.

Der Tote hatte keinerlei Papiere bei sich. Er war schlank, nicht sehr groß, noch ziemlich jung. ca. Kommissar Carlos Fernandes schätzte ihn auf Anfang zwanzig. Ein Obdachloser? Fernandes glaubte das nicht. Er trug legere Freizeitkleidung, die aber nicht abgewetzt aussah. Seine schulterlangen Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
Die beiden jungen Leute, die ihn gefunden hatten, standen sichtlich unter Schock. Der junge Mann sprach kein Wort Portugiesich. Seine Freundin dolmetschte.
„Wir sind heute Mittag gerade erst hier angekommen", hatte er mit ihrer Hilfe zu Protokoll gegeben. „Wir wollten uns den Strand anschauen, da ist meine Freundin über den Mann gestolpert."
Die junge Frau nickte. „Ich dachte zuerst, er sei im Sand eingeschlafen und wollte ihn wecken. Aber Heiko hat gleich gemerkt, dass etwas nicht stimmt."
Um den Fundort der Leiche war der Strand großflächig abgesperrt worden. Fernandes stand mit den beiden jungen Leuten hinter der Absperrung. Ein paar Beamte, die den Toten untersuchten, verdeckten die Sicht auf ihn.
Die junge Frau schluchzte auf. „Warum muss das nur an unserem ersten Urlaubstag passieren? Ich hatte mich so auf den Urlaub gefreut", sagte sie auf Deutsch. Kommissar Fernandes, der bis zu seinem vierzehnten Lebensjahr in Luxemburg gelebt hatte und daher perfekt Deutsch sprach, verstand jedes Wort. Aber das mussten die jungen Leute ja nicht wissen. Vielleicht war es gar kein Zufall, dass ausgerechnet sie den Toten gefunden hatten. Eines hatte den Kommissar seine Erfahung gelehrt: Jeder war zunächt verdächtig. Obwohl hier noch nicht feststand, ob es sich überhaupt um ein Verbrechen handelte. Aber auch das hatte ihn seine Erfahrung gelehrt: Meistens war es eines. Und warum auch sonst hätte man ihn anrufen sollen?
Der junge Mann zog seine Freundin in die Arme und murmelte ein paar tröstende Worte.
„Wie lange bleiben Sie noch hier, Senhora Deister?" fragte Fernandes auf Portugiesisch.
„Eigentlich wollten wir die ganze Woche bleiben", gab die junge Frau zur Antwort.“ „Aber ich weiß nicht, jetzt ..... Heiko, was meinst du?"
„Ich denke, wir sollten bleiben", murmelte ihr Freund so leise, dass Fernandes die Worte kaum verstand. „Das war ja nicht unsere Schuld. Und vielleicht machen wir uns sogar verdächtig, wenn wir jetzt direkt abhauen."
„Oh." Die junge Frau schaute verwirrt. „Daran habe ich noch gar nicht gedacht."
„Wir müssen erst mal herausfinden, wer der Tote war", sagte Fernandes. „Für alle Fälle, also falls wir noch Fragen haben, notiere ich mir die Adresse ihres Hotels und Ihre Handynummern, wenn Sie so freundlich wären, sie mir zu geben."

„Eigentlich hätten wir die Telefonnummern nicht herausgeben müssen", sagte Heiko später im Hotel. „Oder? Wir haben ja nichts verbrochen."
„Ich weiß auch nicht." Tamara stand vor dem Spiegel. „Aber es hätte wohl keinen guten Eindruck gemacht, wenn wir uns geweigert hätten."
„Da hast du sicher recht." Heiko stand vom Bett auf, stellte sich hinter sie und presste sie an sich. „Aber weißt du was? Ich habe beschlossen, dass wir uns davon den Urlaub nicht verderben lassen. Wir hatten ja nichts damit zu tun, du hast direkt die Rettung gerufen, aber es war nichts mehr zu machen. Wir brauchen uns also nichts vorzuwerfen."
Tamara schmiegte sich an ihn und nickte dann. „Ja, genießen wir einfach unseren Urlaub. Es sterben jeden Tag auf der Welt so viele Leute, wenn man sich da ständig Gedanken drüber machen würde, könnte man ja nie mehr unbeschwert und glücklich sein."
„So ist es." Heiko küsste sie. „Und heute Abend gehen wir in das schicke Restaurant essen, das ich dir gestern schon zeigen wollte."
„Gerne." Tamara strahllte ihn an.

Niemand war als vermisst gemeldet worden und der Tote war gänzlich unbekannt. Deutscher oder Franzose, tippte Fernandes. Mit Sicherheit war er Europäer. Fernandes machte sich auf den Weg in die Abteilung der Rechtsmedizin. Die Obduktion musste mittlerweile abgeschlossen sein.

Fortsetzung folgt
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Alt 22.06.2020, 11:40   #2
weiblich Ilka-Maria
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Für eine Kurzgeschichte - das soll sie wohl sein, denn sie endet mit dem 2., auch kurzgefassten Teil - eignet sich die Unterteilung in Episoden nicht. Auch sind zu viele Personen und wechselnde Orte im Spiel. So plant man eine Story eher für Langprosa.

Mir erschließt sich auch nicht, weshalb den beiden Urlaubern Namen verpasst wurden (was durchaus richtig und wohltuend für den Leser ist), dann aber im weiterführenden Teil plötzlich von jungen Leuten, der jungen Frau etc. die Rede ist. Warum auf einmal diese Entpersönlichung?

Schon zu Beginn fand ich den "Lastwagenfahrer" als Einführung der Figur störend. Warum nicht gleich den Namen bringen, statt die Figur durch pure Bezeichnung ihrer Funktion auf Distanz zum Leser zu halten? Das geht auf Kosten ihrer Lebendigkeit.

Sorry, Silbermöwe, aber Aufbau und Stil der Story überzeugen mich nicht. Ich bin offen gesagt auch deshalb darüber verwundert, weil du dich bekanntermaßen ausführlich mit den Kriterien einer Kurzgeschichte befasst hast und über die Einheit von Zeit und Ort, über die Konzentration auf wenige Figuren (idealerweise zwei, maximal vier) und über eine straff geführte Handlung besser Bescheid wissen müsstest.
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Alt 22.06.2020, 13:08   #3
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Hallo Ilka,

eigentlich sollten das mehr Teile werden. Ich hatte die Geschichte aber noch in einem anderen Forum eingestellt und dort gilt die Regel, dass Mehrteiler anders eingestellt werden müssen und vor allen Dingen ziemlich schnell. Ich habe also an einem Tag den zweiten Teil rausgehauen und die Geschichte Knall auf Fall beendet, was gar nicht so geplant war.

Deine anderen Anmerkungen sind interessant. Ich schreibe später noch etwas dazu.

LG DieSilbermöwe
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Alt 22.06.2020, 13:43   #4
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Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Ich habe also an einem Tag den zweiten Teil rausgehauen und die Geschichte Knall auf Fall beendet, was gar nicht so geplant war.
Dann hast du also vor, die Story noch auszubauen?
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Alt 22.06.2020, 16:57   #5
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Ich denke schon, das Schreiben dieses Krimis hat mir nämlich sehr viel Spaß gemacht. Ich wollte mich eigentlich nach dem Einstellen des ersten Teils gemütlich zurücklehnen und mir in Ruhe die weitere Geschichte überlegen aber dann musste es hoppla-hopp gehen.

Jetzt noch zu deinen anderen Anmerkungen:
Ich wollte hier einiges ausprobieren, vor allem die multipersonale Perspektive. Und einen Krimi zu schreiben, das habe ich nämlich noch nie versucht.
Finde ich schon sehr schwer.

Zitat:
. Mir erschließt sich auch nicht, weshalb den beiden Urlaubern Namen verpasst wurden (was durchaus richtig und wohltuend für den Leser ist), dann aber im weiterführenden Teil plötzlich von jungen Leuten, der jungen Frau etc. die Rede ist. Warum auf einmal diese Entpersönlichung?
Weil der Abschnitt aus Sicht des Kommissars erzählt wird, und er kennt das Pärchen ja nicht, es sind für ihn Fremde.

Zitat:
.Schon zu Beginn fand ich den "Lastwagenfahrer" als Einführung der Figur störend. Warum nicht gleich den Namen bringen, statt die Figur durch pure Bezeichnung ihrer Funktion auf Distanz zum Leser zu halten? Das geht auf Kosten ihrer Lebendigkeit.
Stimmt.... Für den LKW-Fahrer bekam ich schon woanders eines auf den Deckel, wenn auch im anderen Sinn. Du hast aber trotzdem recht.

Zur straff geführten Handlung: Normalerweise bevorzuge ich diese. Nach einer Diskussion wollte ich aber mal ausprobieren, in Ausführlichkeit zu schwelgen.... Manche Schriftsteller müssen ja auch eine bestimmte Anzahl Wörter abliefern.

Möglicherweise schreibe ich auch noch zusätzlich eine Kurzfassung vom Stoff.

LG DieSilbermöwe
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Alt 22.06.2020, 21:10   #6
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Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Weil der Abschnitt aus Sicht des Kommissars erzählt wird, und er kennt das Pärchen ja nicht, es sind für ihn Fremde.
Der Kommissar ist aber nicht der Erzähler der Story. Es spricht nichts dagegen, wenn der Erzähler dem Leser die Namen von Anfang an mitteilt - im Gegenteil: Der Leser kann sich sofort auf die Figuren einlassen.


Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Zur straff geführten Handlung: Normalerweise bevorzuge ich diese. Nach einer Diskussion wollte ich aber mal ausprobieren, in Ausführlichkeit zu schwelgen.... Manche Schriftsteller müssen ja auch eine bestimmte Anzahl Wörter abliefern.
Ich meinte mit "straff" nicht "lakonisch versus ausführlich", sondern die Einheit des Inhalts. Details machen sich immer gut, sie machen die Handlung plastischer. Es ist bei einer Kurzgeschichte immer problematisch, sie in zu mehrere Handlungsstränge aufzuspalten, erst recht, wenn damit Orts- und Personenwechsel verbunden sind, die erst einmal die Zusammenhänge nicht erkennen lassen. Wie gesagt, ist für mehrere parallel verlaufende Handlungsstränge die Langprosa besser geeignet.
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Alt 23.06.2020, 06:37   #7
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Zitat:
.Der Kommissar ist aber nicht der Erzähler der Story. Es spricht nichts dagegen, wenn der Erzähler dem Leser die Namen von Anfang an mitteilt - im Gegenteil: Der Leser kann sich sofort auf die Figuren einlassen
Aber dann ist es doch auktorial erzählt?
Ich hatte die Abschnitte so eingeteilt (multipersonale Perspektive):

Erster Abschnitt: Giacomo
Zweiter Abschnitt: Miguel
Dritter Abschnitt: Tamara
Vierter Abschnitt Kommissar Fernandes
Fünfter Abschnitt: Tamara
Letzter Abschnitt: Kommissar Fernandes

Ein Teil wird also aus Sicht des Kommissars erzählt.

LG DieSilbermöwe
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Alt 23.06.2020, 06:50   #8
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Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Aber dann ist es doch auktorial erzählt?
...
Ein Teil wird also aus Sicht des Kommissars erzählt.


Der Erzähler ist nicht eine der Figuren, weder eine einzige (personal), noch mehrere (auktorial), es sei denn, er erzählt in der ICH-Form. Der Erzähler der personalen oder auktorialen Perspektive steht immer hinter der Story, er ist quasi unsichtbar. Der Grundsatz lautet ja, dass er nicht Erscheinung treten soll, z.B. indem er zwischendurch den Leser anspricht.

Zum besseren Verständnis ein Vergleich mit dem Kinofilm:

Es gibt Filme, in denen Sachverhalte aus dem Off (off voice) erklärt werden, wenn sie nicht als Handlung dargestellt werden können (siehe das Märchen "Maleficient"). Diese off voice bleibt unsichtbar, der Erzähler tritt nicht in Erscheinung.

Aber auch dort, wo er in Erscheinung tritt (z.B. in "Die unsichtbare Gräfin", in der Humphrey Bogart als Erzähler auftritt), wird er nur zwischendurch als Erklärer eingeblendet, der Teile der Handlung erklärt oder in die Handlung einführt. Er selbst nimmt nicht daran Teil, ist also selbst keine Figur der Story.

Kurz gesagt:
Der Erzähler erzählt aus der Perspektive der Figur/Figuren. Die Figuren selbst erzählen nicht, sondern handeln.
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Alt 23.06.2020, 06:58   #9
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Alt 23.06.2020, 07:01   #10
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Zitat:
. Der Erzähler ist nicht eine der Figuren, weder eine einzige (personal), noch mehrere (auktorial), es sei denn, er erzählt in der ICH-Form
Das verstehe ich jetzt nicht ganz. Angenommen, ich schreibe eine Geschichte z. B. darüber, wie Monika Geburtstag feiert und erzähle aus Monikas Sicht. Dann ist es doch die personale Perspektive, auch wenn ich NICHT in der Ich-Form erzähle, nämlich Monikas Perspektive. Ich hätte es zwar nicht so ausgedrückt, aber dann ist der Erzähler doch quasi Monika in meinem Beispiel. (Den anderen (Geburtstagsgästen) kann der Erzähler nicht in die Köpfe schauen, wenn aus Monikas Sicht erzählt wird.
Also sagen wir, Monika gibt eine Party und hat Klaus und Elke eingeladen. Monika kann der Erzähler in den Kopf schauen. Klaus und Elke nicht.

Und hier in meinem Krimi wird aus multipersonaler Perspektive erzählt: einmal wird die Geschichte aus Sicht des Kommissars geschildert.

Oder ich habe das mit der multipersonalen Perspektive falsch verstanden.
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Alt 23.06.2020, 07:11   #11
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Alles richtig. Aber bei dem hier in Rede stehenden Teil der Story hatte der Erzähler dem Leser die Namen der beiden jungen Leute bereits mitgeteilt. Es gibt überhaupt keinen Grund, sie danach nur als "junger Mann" oder "junge Frau" zu bezeichnen, das ist bloß verwirrend. Auch wenn der Kommissar die Namen noch nicht kennt, so kennt sie jedoch der Leser. Und die beiden jungen Leute wissen ihre Namen natürlich auch (der auktoriale Erzähler, der über allem schwebt, weiß sowieso alles).

Wenn du auf der sicheren Seite sein willst, dann lasse den Kommissar gleich zu Anfang bei dem Zusammentreffen nach ihren Namen fragen und sie notieren. Er braucht sie ohnehin später für seinen Bericht.

Du hättest allerdings auch bei dem Gespräch mit dem Kommissar bei der Perspektive des Pärchens bleiben können.
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Alt 23.06.2020, 07:55   #12
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Okay, danke werde ich mir merken.
Ich dachte, ich hätte so etwas auch mal in einem Buch gelesen (dass Personen, die schon vorgestellt wurden, als "junge Frau" etc. bezeichnet wurden, sobald eine neue Figur auf sie trifft).
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Alt 23.06.2020, 08:13   #13
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Zitat:
Zitat von DieSilbermöwe Beitrag anzeigen
Okay, danke werde ich mir merken.
Ich dachte, ich hätte so etwas auch mal in einem Buch gelesen (dass Personen, die schon vorgestellt wurden, als "junge Frau" etc. bezeichnet wurden, sobald eine neue Figur auf sie trifft).
Kann man unter gewissen Umständen machen, Silbermöwe, setzt aber voraus, dass der Autor sein Handwerk meisterhaft beherrscht. Ansonsten kann es, wie bereits erwähnt, beim Leser zur Verwirrung führen.

Wenn ich z.B. eine Person, die bereits namentlich eingeführt wurde, sehr genau beschrieben und ihr ein ganz besonderes Charakterstikum zugewiesen habe, kann ich schon mal dieses Merkmal als Ersatz für den Namen nennen, z.B. "das Narbengesicht". Dann könnte man "Hellboy" zwischendurch auch als "der Feuerrote" bezeichnen, denn nur er hat eine tiefrote Haut.

Jürgen Lodemann hat das in seinem Roman "Siegfried und Krimhild" permanent für fast alle Hauptpersonen gemacht, aber da weiß der kundige Leser, welcher Sagenfigur das geschilderte Merkmal zuzuordnen ist. Was eigentlich als absoluter Regelverstoß gilt, hat bei diesem Roman funktioniert, weil der Leser mit den Überlieferungen seiner Kultur vertraut ist.
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