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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 09.03.2011, 17:38   #1
männlich nimmilonely
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Mainz
Alter: 35
Beiträge: 853

Standard 16 Jahre

16 Jahre

Haltestellen flackern schimmrig
in den Nächten ohne Dach.
Trübe Scheiben, harter Sitzplatz
und das Brummen hält sie wach.

Sie kann lange nicht mehr hoffen,
denn sie kennt die Welt zu gut.
Ewig ist sie schon alleine,
Angst vorm Tod gibt Lebensmut.

Sie war schön, ihr Körper lockte
viele Männer mit viel Geld.
Jetzt hängt schlaff ein roter Pulli
am Skelett, das ihn noch hält.

16 Jahre, wirre Träume,
keine Grenzen, auf und weg.
Aufgewacht in nassen Gossen.
Durch die Adern fließt jetzt Crack.

Und die Männer, die jetzt kommen,
haben immer noch viel Geld,
doch bekommt sie keine Achtung,
stumpfer Trieb regiert die Welt.

Wenn der Mond scheint in den Nächten,
dann fließt wieder etwas Mut.
Sie kann fliegen und kann tanzen,
denn ihr Glück spritzt sie ins Blut.

Diese Scheiben trüben alles.
Und die Lampe flackert auf.
Schließt die Augen sie vom Weinen,
wird sie 16, bleibt zu haus.

Diese Jugend, diese Jahre.
Sie sind weg und keiner weiß,
ob die Zeit die wir noch haben
wieder so wird, wie zu haus.

Weiter laufen, weiter kriechen, weiterkommen, irgendwie.
Wir verrecken, wie wir leben,
leise lacht die Ironie.


Wieder stumpfes Wiederkäuern,
von der Arbeit, die er hasst.
Wiederholt er diese Dinge,
immer wieder ohne Hast.

In der Wohnung auch das Selbe.
Essen, Schlafen, Surfen durch
abenteuerreiche Welten.
Große Schlachten ohne Furcht.

Und im Bett, da ist er einsam.
Diese Stille frisst ihn auf.
In der Welt der schneller Liebe,
kennt er Nähe nur durch Kauf.

16 Jahre, keine Sorgen,
keine Pflichten, warmes Haus.
Ausgezogen in die Ferne.
Außen Mann doch innen Maus.

Keine Freunde, nur Kollegen.
Keine Liebe, nur der Druck.
Er bewegt sich auf die Schienen.
Keiner mehr der ihn bespuckt.

In den letzten Augenblicken
seines endlos langen Laufs
Schließt die Augen er vom Weinen.
Wird er 16, bleibt zu haus.

Diese Jugend, diese Jahre.
Sie sind weg und keiner weiß,
ob die Zeit die wir noch haben
wieder so wird, wie zu haus.

Weiter laufen, weiter kriechen, weiterkommen, irgendwie.
Wir verrecken, wie wir leben,
leise lacht die Ironie.

Diese Menschen sterben elend,
durch die Waffe seiner Hand.
In den Nächten träumt er wieder
von dem Blut im Wüstensand.

Dient er folgsam seiner Heimat.
Tötet er den Feind, das Kind.
Weiß er nicht ob Gott ihm zusieht.
Schüsse, Schreie, stummer Wind.

Ob es Sinn macht hier zu denken,
fragt er sich schon lang nicht mehr.
Keine Fragen, die ihn quälen.
Er ist folgsam, stumpf und leer.

Seine Frau wartet nicht mehr.
Sie ist weg, Melissa auch.
Dieser Weg nahm ihm die Hoffnung.
Keiner mehr, der ihn noch braucht.

16 Jahre, heiße Sommer.
Footballspielen mit dem Dad.
Er wollt dienen seiner Flagge.
Blutet nun im Lazarett.

Diese Nacht wird es entscheiden.
Er steht auf und nimmt den Lauf
seiner Waffe, lädt sie leise.
Keine Zweifel flackern auf.

Und als Ruhe ihn durchflutet.
Vor den Augen läuft der Film
seiner Jugend, jener Tage
als er glaubte an den Sinn.

Trübe Scheiben, kalte Schienen
und der letzte Schuss im Lauf.
Schließ die Augen du vom Weinen
werde 16, bleib zu haus.

Diese Jugend, diese Jahre.
Sie sind weg und keiner weiß,
ob die Zeit die wir noch haben
wieder so wird, wie zu haus.

Weiter laufen, weiter kriechen, weiterkommen, irgendwie.
Wir verrecken, wie wir leben,
leise lacht die Ironie.
nimmilonely ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.03.2011, 18:56   #2
weiblich Isabel Seifried
 
Benutzerbild von Isabel Seifried
 
Dabei seit: 03/2011
Ort: Deutschland
Beiträge: 616

Standard 16 Jahre

Hallo, ich bin die Isabel und neu im Forum.
Ein tolles Gedicht, das zu Herzen geht, und mich auch ein wenig innerlich zittern läßt. Die Worte DRÜCKEN die Verzweiflung, die die Schreiberin/der Schreiber gefühlt hat, wunderbar aus.
Ich leide mit!

Gruß, Isabel
Isabel Seifried ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.03.2011, 01:35   #3
männlich nimmilonely
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Mainz
Alter: 35
Beiträge: 853

Vielen Dank,

ich wollte mit diesem Gedicht den Leser berühren, und auf die Missstände in unserer Gesellschaft aufmerksam machen.
nimmilonely ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.03.2011, 21:38   #4
männlich Kanone
 
Benutzerbild von Kanone
 
Dabei seit: 09/2010
Alter: 36
Beiträge: 142

Hey nimmilonely,

sehr schönes Gedicht. Hab es sehr gerne gelesen und mir meine Gedanken drüber gemacht. Gefällt mir!


Gruß Kanone
Kanone ist offline   Mit Zitat antworten
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