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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 04.08.2016, 12:40   #1
männlich Sal Paradise
 
Dabei seit: 09/2015
Alter: 42
Beiträge: 60

Standard Exsolutio

So begebe ich mich zur Mitte des Lebens erneut auf eine Reise mit ungewissem Ausgang. Es ist kein Gewaltmarsch physischer Natur und dennoch ist das Gepäck nicht leicht zu tragen. Schwer wiegen noch die Lasten meines Herzens auf mir, ein großes hölzernes Kreuz, das ich trage nach Golgatha. Nur bin ich nicht der Messias und auf meiner Suche erst noch am Anfang. Trotz der zur erwartenden Strapazen blicke ich voller Zuversicht und Demut durch den dichten Nebel der Zukunft, ist der Preis doch aller Mühe Wert und so nenne ich ihn nichts geringeres als den Heiligen Gral. Kein Narr kann der Versuchung widerstehen ins Antlitz Gottes zu schauen, auch wenn es ihn verbrennen wird. Es sind nicht die Feuer der Hölle die ich fürchte, erscheint mir das Jenseitige vor meinem geistigen Auge eher ein kalter, trostloser Ort, denn ein flammendes Inferno. Ist das Leben ein Lustspiel der Götter? Dann begeht Ikarus seine Torheit im Prolog. Wie Ikarus will ich sein und die Warnungen meiner Väter in den Wind schlagen, um der Sonne so nahe zu kommen, auf dass sie mir den Weltschmerz nimmt. Ich werde nicht zum Raub der Flammen, aber fallen werde ich, halb erblindet, und mein Leib wird zerschmettern in den Weltmeeren. Mögen sich die sieben Schlangen laben an meinen eitlen Überresten. Eine jede zweifach und so sollen sie sich erbrechen in ihrer Gier, auf dass ich mich erneut erhebe als Osiris, ein Phönix unter den Vögeln, ein Gott unter den Menschen. Ein unvollkommener Gott will ich sein, entmannt vor meinem Ankläger stehen. Was hat ein Toter denn anderes zu fürchten als das Leben? Es ist kein frei gewählter Tod und so will ich auch nicht gelten als Märtyrer der Blinden, kein falscher Prophet, kein Heiland. Nur ein Mensch. Erwacht bin ich, aber noch schlaftrunken schwanke ich durch die dunklen Gassen der Selbstverleumdung als somnambuler Einäugiger. Ich bin Polyphem.

Meine Zeit wird kommen. Und blicke ich dann auf in die Unendlichkeit, sehe ich den Morgenstern, wie er da strahlt in seiner Pracht. Nach Osten will ich reisen, um dich zu finden, Geliebte. Öffne deinen Schoß und wir zeugen den Sohn des neuen Äons, ein Kind der fleischlichen Gelüste. Welche Liebe könnte tiefer sein als die zwischen dem Sonnengott und der Hure Babylon?

>>Ihr seht mit nur einem Auge, oh Polyphem. Woher wisst ihr, dass euch der Schein nicht trügt? Ihr fliegt ohne Kompass, oh Ikarus. Woher wisst ihr, dass ihr nach Osten reist? Ihr liebt ohne Gemächt, oh Osiris. Woher wisst ihr, dass ihr der Vater des Horus seid? Ich bin nicht euer Richter, ich verurteile euch nicht. Ich bin nicht euer Henker, ich bestrafe euch nicht. Ich bin nicht euer Advokat, ich verteidige euch nicht. Ich bin euer Ankläger, ich führe euch zu euch selbst.<<

Mein Weg wird einfacher ohne die Last des Zweifels, drum lasse ich alle Hoffnung fahren. Die Hoffnung ist ein Opiat des Volkes, ein Rauschmittel der Schwachen und Ängstlichen. Schafe die dem falschen Schäfer folgen. Ich will der dreiköpfige Hund des wahrhaft guten Hirten sein und treibe meine Herde in den warmen Süden. Noch seid ihr schutzlos den Wölfen ausgeliefert, die sich nach eurem Geist verzehren. Seht ihr nicht wie sie ihre Zähne blecken? Vergeblich wartet ihr darauf, dass euer Hirte euch errettet, sein Leben für euch gibt. Habt ihr ihn nicht unlängst selbst zu Grabe getragen? Der verdorrte Fisch, dort am Boden, legt Zeugnis ab von eurem ausgetrockneten See. Der verwaiste Nachthimmel, über euch, legt Zeugnis ab von dem Untergang der Sonne. Und ihr fristet euer Dasein in Furcht oder Verdrängung, fast verdurstet und als Blinde, um den Almosen der Erlösung flehend. Ich bringe euch das Licht aus dem Osten. Ich bringe euch das Wasser aus dem Westen. Ihr werdet sehen, wenn ihr eure Augen öffnet. Ihr werdet Leben, wenn ihr den Mut habt zu trinken. Lasset kreisen den Gral mit dem Blut Christi und kostet, frei von jeglicher Schuld. Empfangt es direkt zwischen den Schenkeln der Venus, labt euch an der Männlichkeit Mercurius und empfangt seinen Samen ohne Reue. Verlasst den Pfad des Selbstbetruges und steht zu eurem tierischen Erbe. Sprengt die Ketten der Heuchelei und legt alles schafhafte ab. Werdet selbst das Rudel Wölfe. Hungrig nach Leben, nicht aber die unzivilisierten Bestien, die euch erbarmungslos die Lämmer rissen.

Lasst uns Pilgern südlich des Himmels, meine Brüder und Schwestern, um Erleuchtung zu erlangen. Fürchtet nicht die Anklage. Fürchtet nicht das Urteil. Fürchtet nicht die Strafe. Aber hütet euch vor den Verlockungen falscher Propheten. Wer euch die Gnade verspricht, will euch in Wahrheit nur eurer Freiheit berauben. Ein wildes Tier lässt sich nicht in Ketten legen. Verleugnet nicht, was ihr seid und erkennt euch selbst, indem ihr unaufhörlich wandert. Der Weg ist das Ziel. Wir müssen uns Ahasver als einen glücklichen Menschen vorstellen. Dem Christenmenschen spottend, wandern wir bis ans Ende der Welt mit leichterem Gepäck, nachdem wir alle Lasten abgelegt haben, nicht jedoch das Laster selbst. Nehmt es an und liebt euch um eurer Fehler willen. Es soll euch kein Kreuz mehr quälen, aufgebürdet von einem toten Gott.

Geändert von Sal Paradise (04.08.2016 um 14:03 Uhr)
Sal Paradise ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.08.2016, 12:47   #2
Thing
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Beiträge: 34.998

Meine Zeit wird kommen und blicke ich dann auf in die Unendlichkeit, sehe ich den Morgenstern wie er da strahlt in seiner Pracht. Nach Osten will ich reisen Konmma um dich zu finden Komma Geliebte. Öffne deinen Schoß und wir Zeugen den Sohn des neuen Äons, ein Kind der fleischlichen Gelüste. Welche Liebe könnte tiefer sein als die zwischen dem Sonnengott und der Hure Babylon?

Und wir Zeugen zeugen gottweißwas, vielleicht eine neue Sprache?

Schade um den Text. Die kleinen Ungenauigkeiten tun ihm nicht gut.

LG
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.08.2016, 12:53   #3
männlich Sal Paradise
 
Dabei seit: 09/2015
Alter: 42
Beiträge: 60

Danke fürs Gegenlesen, ist mir vorher nicht aufgefallen.
Sal Paradise ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.08.2016, 12:57   #4
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998

Dann lies Deinen ganzen Text noch einmal sorgfältig durch, auch in Hinblick auf die Satzzeichen.

LG
Thing
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