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Alt 03.01.2020, 21:48   #1
männlich Eisenvorhang
 
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Standard Der Surbit und seine Diener - KP3 + KP4

Kapitel 3 "Liebesbriefe für Jenny" und Kapitel 4 "Das Manifest"

Die Tür in Jochens Zimmer knarrte kurz und zwischen dem Rahmen lugte eine weibliche Gestalt mit sehr leiser Stimme hervor. Es war die Mutter! Ich erkannte sie wieder. Die Frau war sehr klein, gelocktes graues Haar, eine Brille und die Mitte ihres Gesichtes wurde von einer riesigen Nase geziert, wie man sie nur von den Franzosen kannte. Sehr markant war ihr Mund, der dem Mund von Goethe ähnelte. Jochen besaß den gleichen Mund und auch die gleiche Nase.
„Wollt ihr etwas zu trinken?“, sprach seine Mutter sehr schüchtern und unterwürfig. Jochen winkte ab und erzeugte mit seinem Mund Furzgeräusche: „Geh weg, du Trulla!“, lachte er. Ronny stand direkt neben mir und begann lautstark zu Lachen „Hahaha, der war gut, hihi, der war richtig gut Jochen!“. Aus den Augen von Jochen strahlte Überlegenheit hervor und seine Mundwinkel und Wangenmuskulatur zeugten von unterdrückter Wut, weil sie unter Spannung standen. Trotzdem konnte er sich sein überhebliches Lächeln nicht verkneifen.

Jochens Zimmer war sehr klein. Wenn man durch die Tür ging, stand im Abstand von einem Meter ein Bett, links ein Schrank, daneben sein PC, in der Wand befand sich ein Fenster mit vergilbten Rahmen in der Wand und einige Poster mit Jesusbotschaften. „Der Herr“, „Der Hirte“ und son Zeug. Die stark aufwirbelnden Staubpartikel ersetzten wahrscheinlich den Sauerstoff, der im Zimmer wirklich fehlte.

Jochen setzte an und sagte: „Was wollt ihr hier? Ich muss noch einen letzten Liebesbrief an Jenny schreiben!“. „Wer ist Jenny?“ fragte ich neugierig. „Jenny ist meine Frau, sie weiß bereits davon!“.
„Eine Glückliche“ antwortete ich sarkastisch und schob direkt eine Frage nach „Wie habt ihr euch kennengelernt?“.
Jochen schaute mich an und zögerte kurz. Er nahm sein grünes Zippo, wedelte damit durch Luft, zündete sich eine der Vanillekippen an und setzte an „Also. Vor einigen Wochen erlangte dieser Engel meine forcierte Aufmerksamkeit. Jedes Wort, das ich ihr schreibe, muss prätentiös sein!“ (Ich wusste damals nicht, was prätentiös bedeutete) „Damals habe ich auf den Friedhof in Bergstett gearbeitet. Kurz bevor ich von Gott eingewiesen wurde und dort nahm ich Jenny zu meiner Frau.“ Erzählte er mir.
„Du hast die Jenny in der Klappse zu deiner Frau genommen?“

Ich hörte Ronnys Stimme: „Matze, die Jenny ist eine ausm Freundeskreis vom Jochen. Hihi, er hatte Liebesbriefe geschrieben und betrachtet sie seither als seine Frau…“.
„Achso, sie weiß also gar nichts davon?“ fragte ich.
„Naja, jetzt schon, hihi – Jochen wurde deswegen ja auch eingewiesen. Aber Leute, sorry, ich muss jetzt los! Wir sehen uns später! Hihi“ erwiderte Ronny und verließ die stickige Bude.
Ich fühlte mich noch nie in meinem Leben so allein gelassen, wie in dem Moment. Eigentlich wollte ich sofort losrennen und durchs Fenster springen, die dortigen Mülltonnen versperrten mir aber den Weg und irgendwie wollte ich mich auch nicht an den Glasscherben verletzen, die beim Sprung entstanden wären. Also saß ich wie ein kleiner Krebs Jochen direkt gegenüber. Er zögerte nicht und begann sofort das Gespräch: „Ich fühlte mich noch nie so klar im Leben – endlich weiß ich, worum es im Leben geht! Gott und Philosophie sind eins!“ Er wippte leicht mit seinem Oberkörper hin und her, hielt dann aber inne und wurde schlagartig depressiv mit Tränen in den Augen. An der Zimmertür klopfte es erneut. Diesmal war es Jochens Vater. Ein sehr großer Mann. Ich hatte das Gefühl, dass er zwischen Hemd und Rücken eine Gartenzaunslatte versteckt, weil er so aufrecht und akkurat lief. „Stock im Arsch“, dachte ich mir. Fast wie ein Roboter, trotzdem besaß seine Stimme etwas Zärtliches und Fürsorgliches. Dies rührte mich. Mein erster Eindruck hatte sich also verändert. „Jochen, du brauchst jetzt deine Zyprexa…“, sprach sein Papps. Ich wartete einen Moment ab, ließ den Vater ziehen bevor ich auf Jochen reagierte.
„Wie du siehst klar? Trägst du neuerdings Kontaktlinsen?“
„Ich sehe durch die Brille Gottes! Ich sehe euch alle!“ sprach er voller Überzeugung.
„Achso, du meinst, du hast einen Messiaskomplex?“. Ich wusste das diese Frage den Bogen hätte überspannen können und fühlte mich etwas schlecht, weil ich ja wusste, dass er krank war.

Jochen runzelte die Stirn: „Du verstehst nichts, oder Matze?“
„Nö! Was erwartest du? Ich trag Springerstiefel“ sagte ich, um zu provozieren.
„Im Moment hast du ein Paar Socken mit unterschiedlicher Farbe an!“ kicherte Jochen.
„Erm…“ zu mehr war ich nicht in der Lage…
„Nun, Matze, zu deiner Aufklärung überreiche ich dir nun folgendes Manifest!“

Jochen stand auf und kramte kurz im Schrank und überreichte mir einen hellblauen Hefter.
„Du musst das Manifest jetzt lesen! Verlasse aber nicht meinen Raum, ich vertraue dir! Ich werde jetzt etwas zocken.“
Ich nahm den Hefter in meine Hände und schlug die erste Seite auf und begann zu lesen.

Kapitel 4 "Das Manifest" - Das Leben und ich


Vorwort

„Das Leben und Ich“ ist ein seltsames Buch von einem seltsamen Menschen.
Dies sagt der Autor, dessen Bezeichnung ich für irrelevant halte bereits vor dem Schreiben dieses Machwerks. Warum? Nun, weil die Intension des Verfassens nicht finanzieller, politischer oder philosophischer Natur ist. Der Grund ist vielmehr ein simpler: Schlafprobleme.
Wer also nicht an den freien Gedanken eines Einzelnen (Manifest) interessiert ist, sollte spätestens an dieser Stelle aufhören zu lesen.

Kapitel I: Autonomes Dasein

Zunächst einmal will ich mich erklären: Ich wurde in das späte zwanzigste Jahrhundert hineingeboren. Bereits der erste Grund für mich dankbar zu sein, denn diese Zeit bietet nach meiner Ansicht doch ein gewisses Potential zur autonomen geistlichen Entfaltung.
Ich bin in einem deutsches Haus mit „Bibel-Merchandising“ - Charakter gereift und habe mehr oder minder ziellos mal das Abitur gemacht. Eine drogeninduzierte Psychose war bisher die intensivste Erfahrung in meinem Leben, aber das nur am Rande. Meinen Erzeugern habe ich eine antiautoritäre Prägung zu verdanken, meinen zahlreichen Gengenossen den entsprechenden sozialethischen Ausgleich. Das hört sich allerdings nur so nüchtern und kalt an weil ich einen universalen Skriptalstil bevorzuge. Telefonstatistiken haben ergeben, dass das meistgesagte Wort „ICH“ ist. Das größte Interesse des Menschen gilt daher zweifellos der eigenen Person, wie wohl unschwer festzustellen ist. Da dies aber keine Autobiographie sondern eine Existenzanalyse aus meiner Sicht sein soll, versuche ich mich im Folgenden weitgehenst von mir persönlich zu entfernen, um das Allgemeingültige isolieren zu können.
„Es liegt in der Sicht des Betrachters“ : dieso Formulierung ist wohl das Relativste, wenngleich auch das Zutreffenste was man jedem entgegnen kann. Ohne impertinent wirken zu wollen, kann ich Ihnen als Leser schon jetzt sagen: Sie liegen falsch! Das trifft selbstverständlich nicht auf alles zu. Aber andernfalls wären sie die erste vollkommene Kohlenstoffeinheit im Universum. Worauf ich hinaus will, ist der Punkt: Was ist wahr? Was ist richtig? Ist etwas richtig weil ich glaube dass es richtig ist? Ist es richtig weil alle denken dass es richtig ist? Sicherlich nicht, sonst wäre die Erde vor 500 Jahren noch flach gewesen.
Eins und Eins ist Zwei. Von dieser spezifizierten Aussage sind wir in der Lage zu behaupten, dass sie der Wahrheit entspricht. Leider lässt sich unsere Existenz nicht in Formeln zerlegen, obgleich man Aussagen wahrheitsgemäß binär betrachten kann. Objektiv gesehen kann jede Aussage nur mit 0 (falsch) oder 1 (wahr) beurteilt werden , doch wer kann das schon? Es liegt quasi außerhalb unserer Grenzen objektiv zu sein.
Ab hier kommt die Entscheidung ins Spiel. Jeder Mensch steht täglich vor tausenden von Entscheidungen. Oft sind es kleine wie:„Nehm ich Wurst oder Käse aufs Brot?“, manchmal aber auch größere wie: „Will ich ihn/sie heiraten?“.
Wie jeder mit Sicherheit bemerkt hat, entspricht der Radius der persönlichen Entscheidungsfreiheit einer Größe die als Unendlichkeit bezeichnet wird. Damit will ich sagen, dass Jeder jederzeit sich ein Messer nehmen KANN, der Nase nach loslaufen KANN und auf alles einhacken KANN was sich bewegt. Natürlich werden physische Hindernisse (zum Beispiel: Polizei) derartige Konsequenzen einer Entscheidung unterbinden. Rein psychisch/geistlich gesehen hindert einen Menschen aber nichts daran.

Um zu erklären, warum ich den physischen vom psychischen Menschen trenne, rezitiere ich mich selbst aus einem Forumbeitrag (Sinn des Lebens):

Zunächst einmal muss man sich im Klaren werden, was der Mensch ist. Evolution hin oder her, jeder von uns besitzt Verstand, Geist, Emotionen usw was uns vom Tier unterscheidet (welches lediglich aus Körper und Seele zu bestehen scheint). Wenn wir an einen Menschen denken, dann eigentlich an seine Worte, Entscheidungen, Blicke und nur unterbewusst an seine optische Erscheinung.
Auch jeder der schon wirklich verliebt gewesen ist, hat sicher mitbekommen dass das was diesen Menschen ausmacht mehr ist, als was man sehen kann und dass es nicht aus irgendeinem Urschleim herausgekrochen kam.
Was ich damit sagen will ist, dass der Mensch ein Geisteswesen ist, gefangen in Fleisch und Blut.


Zurück zum Thema. Bevor mich jemand falsch versteht (das Prinzip verdeutlicht man schließlich am besten als Extrem) hier der Plot:
„Der freie Wille ist das höchste Gut des Menschen“. Und doch ist ein Mensch von Grund her orientierungslos und unverwurzelt. Er sucht irgendetwas woran er sich 'festkrallen' kann, worauf er sein Leben aufbauen kann, etwas das ihn trägt. Treffende Beispiele hierfür sind vor allem Ideologien und Religionen aller Art. Daher nimmt sich der Mensch ein Ideal, mit anderen Worten ein Ziel. „Ideale sind wie Sterne: unerreichbar und doch kann man sich an Ihnen orientieren“ ( ->Satz zum Nachdenken ).
Ein nacktes Baby wird geboren und damit in ein bestehendes System von Regeln, Verhaltensmustern, Weltanschauungen, Traditionen etc hineingeworfen, vergleichbar wie eine formbare Masse Kunststoff welche in eine Form gepresst wird. Die darauffolgende Zeit lässt das moralische Fundament eines Menschen entstehen. Insbesonderen Einfluss übt dabei der kleinste aber essentiellste Baustein der Gesellschaft aus: die Familie. Wohin und wann er geboren wird, obliegt dabei allerdings nicht seiner Entscheidungskraft.
Ohne meine objektiv angestrebte Haltung verlassen zu wollen folgender Input:
Diese Erklärung würde (meiner Meinung nach, von etwas anderem KANN ich nicht ausgehen) bereits jedwede Rechtfertigung von Mord eines Menschen allein auf Grund seiner Herkunft / Rasse (Menschen sind offensichtlich NICHT alle gleich) / Religion oder sonst etwas dergleichen begründet in den Wind blasen.
Ab hier kommt der Begriff der Idendität zum Tragen.

Er deklariert und bestätigt die Position des eigenen 'Ich' inmitten von über 6 Milliarden Ichs. Ein Teil dieser Idendität ist zum Beispiel die Kultur und damit (so sollte es wohl sein) die Nation in welcher ein Mensch in Existenz gesprochen wird (wobei dieser Ausdruck bereits um Einiges vorgreift). Das Ich zu festigen ist eine Aufgabe, der ein Grundbedürfnis der Spezies Mensch nachgeht: das Geltungsbedürfnis. Das entspricht schlicht dem Verlangen nach Anerkennung. Das Wort Bedürfnis darf hierbei aber nicht mit dem Trieb verwechselt werden, da Triebe rein biologische Bedürfnisse sind (zum Beispiel: Fortpflanzung, Selbsterhaltung). Dem Geltungsbedürfnis geht das Individuum nach, indem es sich über Anpassung an Artgenossen Zugehörigkeit verschafft.
Besonders ist dies aus politischer Perspektive zu beobachten (zum Beispiel: ein Dresdner welcher 1910 geboren wird muss sich [äußerlich] zunächst der parlamentarischen Monarchie, dann dem Nationalsozialismus, anschließend dem 'Kommunismus' (Sozialismus) und bei entsprechendem Alter sogar noch der Demokratie (postmodern: Telekratie) anpassen um zu überleben / um anerkannt zu werden. Die äußere Erscheinung kann dabei dem Symbolisieren einer Zugehörigkeit oder Einstellung dienen. Für das Individuum ist es daher der Weg des geringeren Widerstandes als Teil von Etwas zu existieren was größer ist als es selbst, statt durch selbständige Denkentwicklung 'groß' (im Geist) zu werden.
Die objektive Entwicklung im Denken wird durch die persönliche Bewertung (Entscheidung) von Sachverhalten bestimmt: beurteilt man eine Aussage als wahr (welche objektiv aber falsch ist wie zum Beispiel: „Die Erde ist der Mittelpunkt des Universums“) so nimmt man diese 'Lüge' als Voraussetzung für weitere Denkansätze die wiederrum mit hoher Wahrscheinlichkeit als wahr beurteilt werden. Allgemein lässt sich das so formulieren: Die Wahrheit überlebt die Lüge. Schließlich bleibt eine Tatsache Tatsache, unabhängig davon ob sie geglaubt wird.
Desto höher die Anzahl der richtigen Beurteilungen, desto größer der Grad des objektiven Verständnisses. Man könnte also auch sagen, alles was hier geschrieben steht ist objektiv falsch, ich könnte dem nichts entgegensetzen. Daher obliegt die Entscheidung dem Individuum (dem Leser), der diese Zeilen weitergeben, ignorieren oder als Ketzerei verbrennen lassen würde.
Durch diese egozentrische Sichtweise (jeder lebt unweigerlich in seiner eigenen Welt) auf die Umgebung erklären sich die vielen Probleme die beim Regieren/Kontrollieren mehrerer Menschen (=Staat) ans Tageslicht treten. Es bietet sich an dieser Stelle ein neometaphorisches Gleichnis aus der Informatik an: welchem Administrator ist es möglich Millionen von Computern in ein effektives, funktionierendes Netzwerk zu vereinen, von denen auch noch jeder Einzelne sein eigenes Betriebssystem hat? Dies ist eine rhetorische Frage, die Antwort erübrigt sich. Sollte es doch ein solches Wesen geben, würde das politisch gesehen einer Diktatur gleich kommen. Das perfekte Regierungssystem ist demnach die Diktatur mit entsprechendem Diktator, welcher selbstverständlich auf diesem Planeten nicht vorzufinden ist.

Der Mensch ist also frei und doch lenkbar. Er muss gelenkt werden da er nicht allein existieren kann - hat aber Autonomie, Verstand und die Freiheit zu entscheiden von Wem beziehungsweise von Was.
Die Existenz einer geistlichen Welt/Dimension muss ich nun an dieser Stelle zur Grundlage nehmen, andernfalls würde die zuvor festgelegte Bedeutung dieser Tintenzeichen (Buchstaben) in Ihrem Gehirn auf kein Verständnis stoßen.
Den menschlichen Geist wissenschaftlich zu beweißen wäre nicht denkbar, denn Wissenschaft entspringt in jedem Falle dem Selbigen. Man kann eine Ursache nicht mit deren Auswirkung erklären (zum Beispiel: ein eventueller Urknall kann nicht durch unsere Existenz erklärt werden, da wir nur eine Folge dieses Ereignisses wären). Es ist offensichtlich, dass auch die derzeitigen Erkenntnisse der Menschen einen (objektiv / relativ) beschränkten Horizont haben (=Wissenschaft in Kinder-schuhen), die essentiellsten Fragen werden immer noch von keinem Gesetz- oder Schulbuch beantwortet.
Die Frage ist im Prinzip: Welches Ideal ist das effektivste, produktivste, selbst-erhaltenste. Vielleicht sogar: Welches ist nicht nur subjektiv sondern allgemeingültig das „Richtige“ ? Natürlich steht mir es nicht zu, das festzulegen.
Von daher muss ich von hier ab aus meinen Beobachtungen / Erfahrungen schöpfen.

Kapitel II: Auf der Suche

Die Affinität zum Leben verlangt logischerweise eine Strategie / Methode zur Verarbeitung beziehungsweise Bewältigung des eigenen Daseins im Sinne einer Lebensordnung die sich auf ein Ziel hin ausrichtet. Die unabhängige Analyse verschiedenster Lebensausrichtungen gebiert eine Obsession zur Unvoreingenommenheit. Da dies bei elementaren Fragen allerdings nicht wirklich möglich ist, ist (je nach Einstellung des Lesers) eine gewisse Skepsis vorherzusehen.
Alles was Familie betrifft lasse ich bei dieser Betrachtung außen vor, da sie mehr als essentielle Lebensgrundlage (verbunden mit der menschlichen Existenz) gilt und nicht als Ideal im persönlichen Weiterkommen zum Zuge kommt.
Beginnen wir mit dem Ideal, was auf die größte gesellschaftliche Akzeptanz trifft: dem Streben nach materiellem Reichtum verbunden mit Anerkennung und (auch) Macht (=Karriere- bzw Kriminellendenken). Dazu lässt sich verständlicherweise eine enorme Verbreitung der Überzeugung „Geld macht glücklich“ beobachten. Dies sind auf die positiven Erfahrungen eines heranwachsenden Menschen zurückzuführen, der seine bisherigen „Glücksmomente“ mit oder durch Dinge erlebt hat die mit Geld käuflich sind, daher diese Assoziation. Doch der Trugschluß wird bei den Menschen entblößt, die inzwischen über Geld und damit über Macht verfügen. Eine tiefe innere Zufriedenheit auf Grund des Erreichten ist ihnen in den seltensten Fällen nachzuweisen (und zwar in denen, in welchen diverse andere Faktoren außer Geld eine größere Rolle spielen), viel öfter hingegen ein unersättlicher Hunger nach mehr. Daraus schließt sich, dass der Erwerb von Reichtum objektiv gesehen nicht als Erüllung einer Lebensaufgabe tauglich ist, ebenso wenig wie die bloße Reproduktion der Gene. Aus rein menschlicher Sicht gilt deshalb: Geld ist nur Papier.
Sämtliche Mittel zur Einnahme, die nicht als Lebensmittel gelten (Medikamente und Drogen jeder Art eingeschlossen) dienen biologisch wie psychisch weder dem Erhalt eines Menschen noch seiner geistlichen Entwicklung und sind daher aus dem Lösungsweg auszuschließen. Milliarden Erdenbürger dien(t)en früher wie heute dafür als Beleg, weshalb ich darauf nicht weiter eingehen möchte.
Da „Mensch sein“ eine Form der Existenz ist, zu der wir keinen Vergleich finden können, muss jedem Vertreter das Recht zu existieren gewährt werden (Abtreibung daher Mord). Menschen erheben sich über Menschen, allein das ist objektiv gesehen Stumpfsinn doch durch das egozentrische Weltbild des Einzelnen nachvollziehbar.
Als Grundlage der Parallelexistenz mehrerer Menschen kann nur der Grundsatz gelten: „Die Freiheit eines Menschen hört dort auf, wo die Freiheit eines anderen beginnt“. Sämtliche politische Richtungen richten sich gegen diese Tatsache und fallen daher bereits für einen Ansatz zur effektiven und erfüllenden Lebensgestaltung aus diesem Konzept. Politik ist zwar zur reinen Existenzerhaltung notwendig, aber über ihre Praktizierung gibt es keine allgemeingültigen Richtlinien (die Menschen-rechte ausgenommen), die mit den mannigfaltigen Vorstellungen der zu „Bepolitisierenden“ (=Bürger) vereinbar wären. Ein Staat kann dem Menschen keinen Lebenssinn geben, nur das Zusammenleben mit Anderen versuchsweise koordinieren.

Wem letztere Seite bereits dem eigenen Denken widerstrebt, den kann ich nur ermutigen sie erneut durchzulesen und mit seinen Erfahrungen abzugleichen.
Sollte es dennoch zum Konflikt kommen, kann derjenige Fernsehen, Zeitung, Radio, sonstige öffentliche Medien oder Gleichgesinnte zur Selbstbestätigung heranziehen um seinen nackten, neugierigen Geist wieder im warmen, wolligen Mantel der Selbstsicherheit zu verpacken. Doch Ziel dieser lapidaren drei Kapitel ist es vielmehr das selbständige Sinnieren anzuregen statt durch Manipulation das Denken des Lesers in eine bestimmte Richtung zu lenken.
Das hört sich alles recht hilflos an, aber was gäbe es denn noch was man sich als Weltanschauung zu Grunde legen könnte? Ach richtig, über 95% der Erd-bevölkerung leben im Bewusstsein an eine unphysische, höhere Instanz. Kritische Stimmen ertönen jedoch sofort laut: „Weil sich die damaligen Menschen die Welt nicht erklären konnten, ist in den Köpfen eine überirdische Welt voll mit Göttern entstanden. Aber wer in der sekularisierten Moderne des Heute lebt und denkt dass es spirituelle (geistliche) Wesen gibt lebt in der Vergangenheit und nicht auf dem Boden der 'Tatsachen'.“
Keine Frage - heute ist der Mensch in der Lage sich einen großen Teil der ihn umgebenden Welt zu erklären. Doch sich selbst erklären kann sich die Menschheit nicht, sonst würde die brisante und zeitlos hochaktuelle Frage nach dem Sinn des Lebens schon lang nicht mehr gestellt werden. Eine Religion stellt jenem Suchenden eine Antwort auf diese Frage bereit. Doch gibt es zu viele von ihnen, was jeden granitfestem Atheisten selbstverständlich fernhält sich mit derartigen 'Träumereien' auch nur im Geringsten auseinanderzusetzen. Sub-Konfessionen und Sekten lassen die Linie des Durchschaubaren und des 'Echten' noch weiter verschwimmen.
Dazu kommen Vorbelastungen wie Religionskriege, Inquisition, Ablaßhandel, sog. Hexenverbrennungen, Kirchensteuer und viele weitere Weltlichkeiten die in der Regel die Dicken noch dicker mach(t)en. Man muss sich also zunächst einmal von der Vorstellung einer menschgemachten Instituion lösen und die verschiedenen glaubensbasierten Überzeugungen auf ihre Funktionalität hin prüfen mit Hinblick auf folgenden Aspekt: das Individuum hat ein Lebensfundament mit dem es selbst glücklich / zufrieden ist und welches dauerhaft nutzbringend für sich sowie seine Umgebung ist.
Die Eigenschaften die wir suchen sind zum Beispiel Vernunft, Vertrauenswürdigkeit, Selbstbeherrschung (zum Beispiel auch auf dem Gebiet der physischen Interaktion auf intimer Ebene, denn Bindungsschwierigkeiten sind meist triebinduziert), Auf-richtigkeit, Ehrlichkeit, Opfer- und Hilfsbereitschaft et cetera, et cetera. Hätte ein Mensch ein solches Fundament (Liebe als Ideal, denn sie gehört zu dem Wenigen was mehr wird wenn es geteilt wird), wäre er eine intakte Bereicherung für jede Art von Gesellschaft und eine wärmende Flamme in dieser frostigen Herzlandschaft.
Man kann grundsätzlich all jene ausschließen, die nicht gewissenhaft nach ihrer Einstellung zu handeln wissen (wobei ich explizit darauf hinweise, dass ich nur Extreme zur Verdeutlichung anwende und sie auf keine konkrete Person beziehen kann). Das Zerlegen der weltweit praktizierten Konfessionen erspar ich mir an dieser Stelle da ich eine einfache, wenn auch (endlich mal) parteiergreifende Lösung auf die am meisten gestellte Elementarfrage bereits kenne.
Wenn man ein bisschen ernsthaft sucht wird man schon irgendeinen aufgeweckten, lebensfrohen, hilfsbereiten Menschen kennenlernen der (kennt man ihn dann länger) einen überdurchschnittlich freundlichen und zufriedenen Eindruck zu machen scheint. Objektiv betrachtet keine Besonderheit, schließlich kann er ja ein vom 'Glück' überhäufter Hansguckindieluft sein, dem das Wort Sorge oder Lebenssinn fremd ist. Im Gespräch wird sich dann aber herausstellen, dass er nur seinem Idol folgt. Natürlich keinem so fehlbarem Subjekt wie all die herkömmlichen Vorbilder, sondern Einem der von sich behauptet:

„Ich bin der Weg, die Wahrheit [1] und das Leben.“
- Jesus Christus

Das ist so ziemlich der größte Anspruch den Jemand auf Dein Leben erheben kann, daher ist die Entscheidung, wie auch immer sie von Dir persönlich ausfallen wird, eine fundamentale (radikale). Gott spricht: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich“. Wie in Kapitel I festgestellt, steht es dem Leser selbstverständlich frei wie er diese Aussage für sich beurteilt. Doch eben schnell zur Erinnerung: Die Wahrheit überlebt die Lüge (den Tod). Schließlich bleibt eine Tatsache Tatsache, unabhängig davon ob sie geglaubt wird. Und zum Thema Glaubwürdigkeit: Es sagt ja nur die 'Person', auf die unsere gesamte Zeitrechnung ausgerichtet ist. Meine (subjektiven) Beobachtungen haben außerdem ergeben, dass Keiner der sich ehrlichen Herzens mit ihm eingelassen hat, es bisher bereut hat (und dass muss schon seit über 2000 Jahren so sein). Und wenn man davon ausgeht, dass der Mensch einen Geist besitzt, dann weiß man auch dass Geister keiner Alterung unterliegen (wie die Hülle des Geistes – der Körper / das Fleisch, wie auch immer). Damit hat die Existenz des Geisteswesen 'Mensch' zwar einen Anfang, je-doch kein uns denkbares Ende. Der Tod wie wir ihn kennen, ändert lediglich die Form unserer Existenz, nicht aber die Tatsache der Existenz. Wäre dies nicht der Fall, würde mich (und sicherlich nicht nur mich) nicht sehr viel von der Selbst-erlösung durch Auslöschung des eigenen Daseins abhalten. Denn nicht zu existieren ist schließlich auch eine Variante der Perfektion.


Kapitel III: Die Kunst des Glücklich-Seins

Mitnichten sollte der letzte Satz des II. Kapitels eine Ermutigung zum Suizid für Diejenigen sein, die ihr Leben hassen und den Tag ihrer Geburt verfluchen. Diese Ausführungen sollen umso mehr Hoffnung säen - auch bei Einem der sich für einen Homo Sapiens hält, dessen Großmutter im zehntausensten Glied ein Schimpanse war. Allein die Vorstellung einer omnipräsenten und allmächtigen Vaterfigur ist doch um einiges angenehmer wie ich finde.
„Wozu das alles?“ fragen sich (nicht nur) derartig gesinnte Menschen. Die Antwort ist simpel: bevor etwas existieren kann, muss es zunächst entstehen. Das Leben macht uns zu Dem was wir am Ende des Lebens SIND. Vergleichbar mit der Entstehung des Körpers im Mutterleib und anschließender Geburt, ist das Leben vom Baby bis zum Greis ein Entstehungsprozeß an dessen Ende das Verlassen Terras (=der Geburtsstätte) steht. Was wir entscheiden, erleben, verarbeiten und vor allem lernen trägt dazu bei. Abgesehen davon wollte der Erdenker unseres Lebens keine ihm hörige Marionette, sondern ein freies und selbständig denkendes Wesen kreieren.
Denn nur wo Freiheit ist, kann Liebe sein. Und ein Gott der Liebe möchte geliebt werden, aus freien Stücken. Und er liebt. Und zwar die Menschen. So sehr, dass er seinen einzigen Sohn... aber das kennst du hoffentlich schon.
Christus macht frei (Weg->Wahrheit->Leben). Kausalisch ist man demnach ohne ihn gefangen (Irrweg->Lüge->Tod). Der Herr ist gerecht und sieht das Herz an.
Wer tief in sich drin aufgeräumt hat, kann erkennen in welchem Sittenverfall sich diese Welt suhlt. „[] Der Weg, der ins Verderben führt ist breit.“ (Bibel). Viele Herzen sind ein moralischer 'Saustall'. Wer aber Jesus dort drin hat, hat ihn als Idol und weil er Mensch geworden ist kann der ewige Richter in Dir seinen Sohn er-kennen, was dich vor deiner eigentlich verdienten Verdammnis bewahrt.
Glücklich sein ist vom Prinzip her also nicht schwer. Es ist die Fähigkeit zufrieden und dankbar zu sein zu können, und wenn man sich jeden Tag am Anblick eines Kätzchens ergötzt so ist dies schon ein Fünkchen Glück. Orientierung und Beziehungen zur Chefetage zu haben ist dahingegen schon ein Grund zum Feuerwerk. Daher lohnt es sich, im ständigen Bewusstsein daran zu wandeln.
Ein lebendiger, kreativer, humorvoller und liebender Gott wird aber kaum in einem modrig riechenden Gebäude was im Brauchtum festgefahrenen ist zu finden sein.
Für eine Beziehung bedarf es keinen Verein, keiner altehrwürdigen Instituion und keinem Bauwerk. Der Glaube ist Herzenssache - damit schön und gut. Viel wichtiger ist aber die Idee aus dem Kopf die da heißt: „Ich will meinen Hersteller kennenlernen. Der kann mich sicher gut beraten.“. Bei entsprechenden, von oben beratenen Familien könnte manch Einer durchaus von harmonischer Atmosphäre fasziniert werden, die aber auf klare, simple Gesetzmäßigkeiten aufgebaut ist. Eine davon ist zum Beispiel: „Gib, so wird dir gegeben.“. Logisch ist es, denn wenn jeder viel gibt, gibt es viel zu vergeben und damit auch viel zu bekommen. In etwa analog dazu verhält sich der Ausspruch: „Vergib, so wird dir vergeben.“. Man muss aller-dings voraussetzen dass jedes Element einer Gruppe so eingestellt ist, damit idyllische Eintracht herrscht in der über Fehler hinweggesehen werden kann.

Die Kunst, oder vielmehr die Gunst eines sorglosen Lebens ergibt sich dadurch in folgendem Fazit: Versuch nicht auf Biegen und Brechen dein Leben wie „Andere“ zu 'meistern' sondern finde deinen persönlichen Weg und lass dich dabei von Jemandem lenken der es gut mit Dir meint und wirklich was 'davon versteht'.

„Der Mensch ist also frei und doch lenkbar. Er muss gelenkt werden da er nicht allein existieren kann - hat aber Autonomie, Verstand und die Freiheit zu entscheiden von Wem beziehungsweise von Was.“


Epilog:


Im ersten Kapitel vollzog ich eine Trennung der Erscheinung Mensch in eine physische und eine psychische Einheit. Bei genauerer Differenzierung kann man aber auch auf einen Trikomplex schließen: das Sichtbare (der Körper), das Empfindende (die Seele) und das Denkende (der Geist). Um dem in meinem Weltbild suggerierten Ideal der Objektivität nachzukommen bedarf es nun noch einer Ordnung (diese Feststellung wäre sonst wertlos), die allerdings bereits von der anatomischen Anordnung abgeleitet werden KANN: die Empfindungszentren sind vertikal ausgerichtet (in der Reihenfolge: Reproduktionsorgan, Herz, Gehirn). Unten und oben sind offensichtlich festgelegt. Daraus ableitend lässt sich sagen, dass der Geist - sofern unbeeinflusst - als kontrollierende, leitende Instanz angesehen werden kann welcher Emotion und Trieb unterstellt sind. Selbstverständlich wäre das der bisher unerreichte Idealfall.
Ich hab einmal gelesen, dass der Geist Gottes stets tut was (ge)recht ist, unabhängig davon was er fühlt...

Und um den Titel dieses 'Buches' auch noch gerecht zu werden, noch etwas Poetisches:

Das Ich ist eine Melodie, zu der das Leben den Text schreibt.

Nachwort:

Alle die mit diesem Manuskript konform stimmen, denen sollte ich nichts Neues gesagt haben. Für die das nicht gilt sollten es entweder als konstruktive Kritik nehmen oder es am besten schnell wieder vergessen.


Ich schlug den hellblauen Hefter zu und war sofort fasziniert und gerührt. Der Hefter war weit von dem entfernt, was ich von Kai oder Andre kannte.
Ich warf das blaue Ding neben Jochen und wir schwiegen gemeinsam den Abend entgegen ...
Eisenvorhang ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.01.2020, 07:07   #2
weiblich Silver
 
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Standard Stoff zum Nachdenken

Hallo EV,

ich habe nur wenige kleine Schnitzer gefunden, die nicht der Rede wert sind. Der Text bietet eine Menge Stoff zum Nachdenken über das Ich und das Leben.

Dankend Silver
Silver ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.01.2020, 13:00   #3
männlich Eisenvorhang
 
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Ja, die Schnitzer beseitige ich alle, wenn alle Kapitel durch sind.
Ilka kritisierte mich gestern noch indirekt und sagte eine Geschichte müsse irgendwann beendet werden.

Da wurde mir klar, dass es wahrscheinlich den Rahmen einer Geschichte sprengen wird. Vielleicht gehts in Richtung Buch.
Weswegen ich mir nicht sicher bin, ob ich weitere Kapitel hier einstellen werde.
Da es ein Geschichten und Gedichte Forum ist und keins für Bücher.

vlg

EV
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