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Alt 27.04.2008, 21:56   #1
lyrwir
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 449


Standard Die Stadtmusikanten (Remix)

Es war einmal ein Rapper, der lief den ganzen Tag mit seinem Ghettoblaster durch die Gemeinden und verbreitete Neuigkeiten. Doch als er in die Jahre kam, die Füße schmerzten, die Stimme brüchig und das Bärtchen grau wurde, meinten die Bosse seiner Plattenfirma, dass er sich nicht mehr so recht rechne und wollten ihn an einen Privatsender verscherbeln, wo er bald sein Ende als Promi hätte finden sollen. Durch einen Fehler der Chefsekretärin wurde die E-mail zu diesem Betreff an ihn weitergeleitet, also packte er seine Sachen und machte sich auf den Weg. "Etwas besseres als dies finde ich immer, also Ende mit dem fiesen Gewimmer" dachte er bei sich und ging in Richtung der nächsten Bushaltestelle. Da kam er an einem abgebrannten Schlößchen vorbei, vor dem ein in einen bodenlangen Rock gewandeter älterer Herr mit einer Stirnglatze und langem, weißem Bart ganz jämmerlich auf einer tiefer gelegten Sackpfeife blies.
"Gute Güte, alter Gote," sprach da der Rapper, "was machst du für ein Gesichte, berichte deine Geschichte." "Wohlan, ich bin Wittewat, ein in allen Landen berühmter und geachteter Speedfolkdoodlezacker," antwortete der angesprochene. "Eine Horde von norwegischen Blackdeathmetallern hat meine trutzige Burg erstürmt, die edlen Fräuleins verschleppt und alles in Schutt und Asche gelegt. Oh weh mir, auf meine alten Tage werde ich betteln müssen!"
"Stopp dein Jammern und dein Sorgen," sprach der Rapper,"folge mir, vergiß das Morgen." So gingen die beiden weiter, bis sie an einen großen, tiefen Fluß kamen, da stand ein in die Jahre gekommener, barfüßiger Mann mit geflochtenen Haaren bis auf den Boden und jammerte kläglich. "Ei, was ist denn dir widerfahren?", fragten die beiden. "Viel Elend ist mit mir," entgegnete der Angesprochene und seine Unterlippe zitterte, "die Hunde von Babylon haben auf mein Ganja gepißt und jetzt habe ich nichts mehr als diese saitenlose Gitarre. Was soll nun aus mir werden"?
"Reih dich ein", sprach der Rapper,"mein Name ist Schnupfhund, dies ist Wittewat und wie heißt du?" "Ich bin Sol-I und werde mit euch ziehen, gegen die Ausbeuter und Unterdrücker." Sie gingen weiter, auch wenn ihnen die Rücken schmerzten und die Augen schwer wurden, bis sie in eine riesige Stadt kamen. Da sahen sie, auf einer Kreuzung vor einer Säule, eine merkwürdig gewandete Dame reiferen Alters, die hatte violett gefärbtes Haar, trug eine riesige rosa Sonnenbrille und ein zu kurzes Hemdchen. Von Zeit zu Zeit stieß sie schrille Laute aus und fuchtelte mit einer zerbrochenen Wasserpistole herum. "Was ficht dich an?", fragten die drei wie aus einem Munde. "Weia, weia, ich bin die Jane Iiaana, einst gefeirtste Eintänzerin unter den Blinden, aber jetzt haben die jungen Schlämpchen mit den Höschen in den Stiefelchen mein Krönchen geraubt. Not und Verzweiflung sind mir geblieben." "So komm mit, etwas besseres als den Tod finden wir allemal."
Die vier gingen, bis sie zu einem Ort mit dem seltsamen Namen "Bringsenum" kamen. Dort gelangten sie an ein herrschaftliches Anwesen in einem riesenhaften Park,daraus ertönten in hörgerätbetäubender Lautstärke die schlimmsten Klänge, die sie jemals vernommen hatten. Sie hielten einen vorbeihastenden Passanten an, der sich entsetzt die Hände auf die Ohren drückte und fragten, woher wohl diese jämmerlichen Mißklänge stammen möchten. Der verzweifelte Mann gab ihnen eine Antwort, die sie nicht recht verstanden und eilte weiter. Sol-I, der noch die besten (und größten) Ohren der vier hatte, schrie: "Soviel ich verstand, sprach der arme Mann: Schlagergefahr, Dietmar versohlen."
So gingen sie durch den Garten und kamen an eine wohlgesicherte Tür, da rappten und bliesen und schrammelten und kreischten sie derart, dass Schloß und Riegel barsten. Im Wohnzimmer trafen sie auf ein jämmerliches Hutzelmännchen, dessen faltige Haut sonnenbankverbrannt wie ein Mäntelchen um ihn hing. Den verprügelten sie derart kräftig, dass er wehklagend aus seinem Palast verschwand. Dann gründeten sie dort eine WG und sind heute noch glücklich und zufrieden, wenn sie nicht gestorben sind.
lyrwir ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.05.2008, 13:06   #2
labahannes
 
Dabei seit: 08/2007
Beiträge: 127


Ich hab mal einfahc aus langeweile hier gekramt in der Märchenabteilung, und es hat sich gelohnt
Hehe also von der Geschichte muss ich schmunzeln gefällt mir gut, vor allem mag ich , dass du das neumodische mit gereimten Dialogen verbindest das find ich toll. Am besten find ich das mit den Blackdeathmetallern

gern gelesen.

Mfg Johannes
labahannes ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.05.2008, 13:25   #3
Grob
 
Dabei seit: 05/2008
Beiträge: 45


Nette Idee, schön umgesetzt

Das "wenn sie nicht gestorben sind" könnte man ja, wenn einem was einfällt, noch um eine bissige Wendung erweitern. Das Ende kommt meiner Meinung nach auch etwas zu kurz, in den Stadtmusikanten verschanzen die sich ja und hetzen die Räuber hin und her (wenn ich das noch recht weiß). Aber wie du die Charaktere abgewandelt hast, ist eine reife Leistung - nur, dass sie 'ne eigene Band (independent Label, versteht sich) gründen wollen, hätte, denke ich, durchaus in die Handlung reingepasst, vielleicht auch ein Ort, wo sie hinwollen.
Oh, und Blackdeathmetaller gibt's eigentlich nicht, entweder Blackmetal oder Deathmetal (bin kein Fan, aber mein Kumpel würde wahrscheinlich *mein* Haus in Asche legen, wenn ich das jetzt nicht erwähne). Oder war es Absicht, dass Wittewatt das nicht wusste?
In dem Sinne - und in dem von "pure, fistfucking, grim, evil, christraping, satanic, goatworshipping and frostbitten Black Metal (666)" - sehr gelungen, vielleicht helfen meine Punkte ja.
Grob ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.05.2008, 02:06   #4
männlich Schmierfink
 
Dabei seit: 01/2008
Alter: 42
Beiträge: 195


Die Autobusräder drehen sich schnell, drehen sich schnell,drehen sich schnell.
Die Autobusräder drehen sich schnell, drehen sich schnell,drehen sich schnell... .

Will damit sagen das du aufpassen mußt,das da nicht ein Eurovisionsongkonflikt entsteht. Dieses verkloppte Männchen, wenn es aus den Krankenhaus entlassen ist wird im Untergrund abtauchen und die Reifen seines alten Diamantfahrrades aufpumpen. Dann füllt es seine Satteltasche mit Silvesterknallern und Seife und fährt es in die Plattenfirma des Rappers,der Wurzel allen Übels.Eher du dich versiehst weißt du nicht ob du in Bremen oder im Gazastreifen bist.
Ich seh das Männchen auch nur als Opfer und Unschuldige verkloppen
ist doch Kacke.
Eine Alternative wäre doch, die Musikanten klingeln in der Villa.Da fragen sie nett ob sie das Internet benutzen dürfen(So wie Brad Pitt
bei Alice).

Ja und dann posten sie den "Bremerseniorenblues" unter "Eigene Songtexte" hier im Forum und Niemand muß verkloppt werden.
Da sie ihre Situation öffentlich machen und eine Protestwelle die Plattenfirma zum einlenken zwingt.

So jetzt möchte ich eigentlich nur sagen,das ich dein Märchen sehr orginell finde. Nur entsteht am Ende, eine Spirale der Gewalt und dass
finde ich etwas Schade.
Aber sonst sehr ,sehr gern gelesen

Gruß Fink
Schmierfink ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.05.2008, 17:08   #5
lyrwir
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 449


Hallo labahannes,
freut mich, dass es dir gefällt.
Hallo Grob,
stimmt, das Ende ist ein wenig abrupt. Deine Idee mit dem Independent ist gut, vielleicht mit Direktvertrieb übers Internet, ich werde es erweitern.
Oh, Blackdeathmetal gibt es in Norwegen schon seit der letzten Pestepidemie 1492. Damals taten sich die letzten überlebenden Hufschmiede zusammen und prügelten derart grob auf ihre Ambosse ein, dass sich die Pest nie wieder in das Land traute. Diese Tradition lebt heute noch in einigen entlegenen Gegenden fort.
Hallo Schmierfink,
auch dir danke für deine Anregungen. Das Problem mit der Umverteilung von Vermögen ist natürlich, dass es kaum ohne Gewalt geht. Aber ich denke mal über eine Loveandpeace-Variante nach, in Verbindung mit s.o.
Aber unter eigene songtexte posten? Den Verriß erspar ich mir. Schreib mir PN, dann können wir ja zusammen den "Seniorenblues" schreiben.
Danke euch,
Liebe Grüße,
Märchenonkel LW
lyrwir ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.05.2008, 17:56   #6
MORDS TUSSI
 
Dabei seit: 10/2006
Beiträge: 369


ey du opfer, lutsch mein schwanz, biatch!
würde nicht ich, sondern der rappr sagen. das würde es alles aber kein deut besser machen.

um es kurz zu machen, das kann mich nicht überzeugen. ein zusammengewürfelter haufen von charakteren ist noch keine garantie für witz.


grüße
klimmsen
MORDS TUSSI ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.05.2008, 18:22   #7
lyrwir
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 449


Hallo Sozialklimmbimm,
danke für deine Antwort. Ich habe versucht, mich an das Original zu halten, in dem es meiner Ansicht nach darum geht, dass sich eine Gruppe von Ausgegliederten zusammenfindet und gegen das ihr zugedachte Schicksal revoltiert, mit den ihr eigenen und zugänglichen Mitteln in einer zwar Gegensätze überbrückenden, doch grob zusammengewürfelten Notgemeinschaft, zwangsläufig nicht in einer theoretisch untermauerten Situation. So fehlt es den Stadtmusikanten an der Zeit, ihre Stellung zu analysieren und ausgereifte Strategien zu entwickeln, aber, hey, es soll ihnen an den Kragen gehen. Da beraubt man auch schon mal die Räuber und steht hinterher nicht besser da als die, aber immerhin spontan zusammen. Von daher war mein Anliegen nicht primär, witzig zu erscheinen, sondern einen alten Song neu abzumischen. Schade, dass es dir nicht gefällt.
Aber danke für: "ey du opfer, lutsch mein schwanz, biatch!"
Grüße,
Lyrwir
lyrwir ist offline   Mit Zitat antworten
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