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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln.

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Alt 08.04.2011, 17:21   #1
männlich Fridolin
 
Dabei seit: 04/2010
Beiträge: 1.026

Standard Goethe in Weimar

Goethe in Weimar

Voll Schaffenskraft war Goethe einst in Weimar!
Sein Genius konnte ganz dem Gotte leben.
Doch nicht das Glück der Liebe Lotte geben,
weil's zwischen ihnen beiden nicht mehr Mai war.

Fürst August kam mit einer kühnen Bitte,
und Goethe solle sie als Wendung sehen,
und um sein Fürstenhaupt die Sendung wehen,
dass er die herzoglichen Bühnen kitte.

Nicht geistig nur darf Goethe sich gerieren:
Sein Dichteraug nicht nur im Leeren schweben.
Er soll vielmehr im irdisch schweren Leben,
mit viel Geschick und Kunst das Land regieren.

So schuf er in des Geistes Feuer Normen,
war im Theater Schöpfer neuer Formen.




Fridolin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.04.2011, 17:25   #2
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Bauchreaktion: Wahnsinn.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.04.2011, 18:09   #3
Thing
R.I.P.
 
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Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Ich bin sprachlos!
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.04.2011, 07:43   #4
männlich Fridolin
 
Dabei seit: 04/2010
Beiträge: 1.026

Ich habe mein Geschüttel, das mir an einigen Stellen zu gestelzt vorkam, noch mal überarbeit und auch die geschichtlichen Bezüge etwas genauer dargestellt.

Goethe in Weimar

Vom Sturm und Drang kam Goethe einst nach Weimar.
Noch wollte er dem Liebesgotte leben,
doch konnte ihm das Glück nicht Lotte geben,
verwelkt der Flieder, weil vorbei der Mai war.

Carl August will ihn an die Fahnen binden.
Der Herzog sprach: "Wie du als Weltengeist
nicht nur im deutschen Land zu gelten weißt,
musst du im Staat gemäße Bahnen finden."

Nicht geistig nur darf Goethe sich gerieren,
mit Dichteraugen nur im Leeren schweben.
Er soll vielmehr im irdisch schweren Leben,
als Mann des Staats des Herzogs Land regieren.

So schuf er in des Geistes Feuer Normen,
und war mit Schiller Schöpfer neuer Formen.
Fridolin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.04.2011, 13:30   #5
Ex-Odiumediae
abgemeldet
 
Dabei seit: 07/2010
Beiträge: 1.151

Faszinierend! Ein Werk der Extraklasse!

Diese passenden Schüttelreime mit der Form des Sonetts zu verbinden und dann noch eine Geschichte mit einer passenden Abschluss dadurch zu erzählen, daraus spricht eine besondere Form der Dichtkunst.

Ich bin begeistert!
Ex-Odiumediae ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.04.2011, 13:45   #6
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Kann sich hier einer mit Nehm anlegen oder was?

(Nein. Aber die beiden sind sich ebenbürtig.)
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.04.2011, 16:53   #7
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Lieber Fridolin,

herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag dieses Gedichts. Schon in der ersten Fassung glatt genug gefügt und geistig sehr wandlungsfähig, hat es mich die Schüttelung kaum wahrnehmen lassen. Doch zeigt sich in der zweiten Fassung, dass du immer noch reichlich Rerseven hattest. Toll.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.04.2011, 09:06   #8
männlich Fridolin
 
Dabei seit: 04/2010
Beiträge: 1.026

Vielen Dank für die weiteren Kommentare. Aber ich habe noch eine Frage an die Experten in Sachen Sonette (ich bin ja noch ziemlich neu in diesem Genre).

An andrer Stelle wurde mir zu meinem Schüttelreimsonett einschränkend gesagt, es sei nur fast ein Sonett, weil ich bei den Quartetten nicht durchgängig weibliche Kadenzen verwendet hätte. Gemeint ist diese Passage:

Der Herzog sprach: "Wie du als Weltengeist
nicht nur im deutschen Land zu gelten weißt...."

Ist dies nun lyrischer Purismus oder eine berechtigte Rüge? Ich habe mich beim Sonettieren an einem Sonettenkranz von Jan Wagner aus dem Gedichtband "Guerickes Sperling" orientiert, den mir kürzlich geschenkt wurde. In dem Sonettenkranz wechselt der Autor fast durchgäng von weiblichen zu männlichen Kadenzen.

Ich bin gespannt, was ihr dazu meint.

LG Fridolin
Fridolin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.04.2011, 12:54   #9
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.082

Lieber Fridolin,

weibliche Kadenzen sind nicht bindend für ein "echtes" Sonett. Es kommt darauf an, welchem Einfluß sein Aufbau unterliegt, z.B. der italienischen, französischen oder englischen Variante. Es gibt Varianten, die durchaus männliche Kadenzen bevorzugen.

LG
Ilka-M.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.04.2011, 13:29   #10
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Ilka hat recht. Das ist Purismus und keinesfalls eine berechtigte Rüge. Männlicher Endreim ist durchaus zulässig. Nur die strenge petrarchische Form verwendet ausschließlich weibliche Endungen. Des weiteren existiert eine Bandbreite an Reimschemavarianten für die Terzette.

Hier ein Werk des Großmeisters (Petrarca):

Quanta invidia io ti porto, avara terra,
ch'abbracci quella cui veder m'è tolto
et mi contendi l'aria del bel volto
dove pace trovai d'ogni mia guerra!

Quanta ne porto al ciel, che chiude et serra
et sí cupidamente à in sé raccolto
lo spirto da le belle membra sciolto,
et per altrui sí rado si diserra!

Quanta invidia a quell'anime che 'n sorte
ànno or sua santa et dolce compagnia
la qual io cercai sempre con tal brama!

Quant'a la dispietata et dura Morte,
ch'avendo spento in lei la vita mia
stassi ne' suoi begli occhi, et me non chiama!


Man muß kein Italienisch des 14. Jahrhunderts verstehen, um die Form erkennen: durchweg weibliche Reime, Reimschema ABBA ABBA CDE CDE. Aber selbst Petrarca variiert die Terzettstrukturen.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.04.2011, 14:46   #11
männlich Fridolin
 
Dabei seit: 04/2010
Beiträge: 1.026

Vielen Dank für die Erläuterung, die meine Eindrücke von der Vielfalt der Formen bei Sonetten bestätigen, z.B. bei Rilkes Sonetten an Orpheus. Auch die mir gegenüber bei Sonetten als vorgegebene Regel geltende Forderung, dass die Reime im zweiten Quartett die des ersten in umgekehrter Abfolge wiederholen, wendet Rilke eher selten an.

LG Fridolin
Fridolin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.04.2011, 15:07   #12
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Ich wüßte gerne einmal, wer sich solche Forderungen aus der Nase zieht.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
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