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Alt 21.04.2011, 19:11   #1
männlich Nathanael
 
Dabei seit: 04/2011
Ort: Zürich
Alter: 39
Beiträge: 7


Standard Die Wächter

Müde und ausgelaugt steh ich auf dem Wehrgang, stütz mich auf mein Langbogen und blicke über die Zinne. Unten, am Fuss des kleinen Hügels auf dem die Burg steht, reiht sich Zelt an Zelt. Unsere Feinde sind so zahlreich, dass ich weder im Osten noch im Westen die Enden des Lagers seh. Vor kurzem hat sich die Dunkelheit über dem Land breit gemacht und wir, die letzten Wächter, kommen zu einer kurzen Atempause. Mein Brustkorb schmerzt höllisch, ich denke der Axthieb, den ich heute im Verlauf des Kampfes kassiert habe, hat mir mehrere Rippen gebrochen. Aber ich bin nicht der einzige, der Haue bekommen hat. Zwei meiner Bogenschützen sind so schwer verletzt, dass sie die Nacht kaum überleben werden. Sie sind jetzt im Turm in Sicherheit, soweit man dies als sicher bezeichnen kann. Ihr einziger Trost ist der geistliche Beistand durch die Dominikaner des nahen Klosters, welches die Mönche nicht halten konnten (wollten?), als die Heerscharen der Barbaren unsere Grenzen überschritten und plündernt durch die Dörfer zogen. Manchmal verfluche ich unser Herrscher, wieso hatte er die Omen nicht gesehen? Warum hatte er nicht auf seine Berater gehört? Leider liess er sich Honig in die Ohren träufeln, so dass der Barbarenkönig leichtes Spiel hatte und die Grenzen ungenügend bewacht waren.

Seid Tagen haben wir keine Nachricht von den anderen Festungen im Reich bekommen. Ich blicke hinauf zu den Sternen und bete zu Gott, meine Brüder mögen stark sein und den Wilden trotzen. Eine innere Stimme lässt meine Hoffnungen genausso schnell schwinden, wie ich das Gebet ausgesprochen habe. Tief im Herzen bin ich mir bewusst, dass dies die letzte Festung im Reich ist, die noch nicht vom Feind eingenommen worden ist. Fast wie abgesprochen fliegen wieder Pfeile über die Zinne und es sind so viele, ich kann die Sterne nicht mehr sehen. Tief hinter die Zinne geduckt, den Schild über den Kopf haltend, muss ich hilflos zusehen wie einer nach dem anderen getroffen zusammen sackt und liegen bleibt.

Ein bärtiger, alter Axtkämpfer kricht über den Wehrgang und trommelt alle verblieben Recken zusammen, um einen letzten Ausfall zu wagen. Gebückt renn ich zum Eckturm und begib mich in den Hof hinunter, darauf achtend immer nah genug an der Mauer entlang zu gehen. Im Schatten des Bergfried haben sich etwa 40 Männer und Knappen versammlt. Tja der traurige Haufen Wächter der wir noch sind. Ich zieh mein Schwert aus der Scheide, überprüf die Haltegurte des Schild und schliess das Visier. Gebeichte habe ich heute morgen, ich kann mit ruhigem Gewissen sterben, sollte es mein Schicksal sein....

Die Ausfalltüre wird geöffnet, gut keine Feinde in unmittelbarer Nähe. Wir eilen geduckt den Graben endlang Richtung Tor. Die mit Eisen verstärkten Flügel sind schon bedenklich eingedrückt und es wird nicht mehr lange daueren, bis es nachgibt. Mein Schwert lechzt nach Blut und ich bin gewillt seinen Durst für den Moment zustillen. Laut brüllend stürz ich mich auf die Barbaren und lasse meine Klinge singen und in die Leiber der Feinde fahren. Nicht lange und meine Rüstung ist über und über mit Blut besudelt, aber für jeden den ich schlachte kommen Drei neue nachgerückt. Im Kampfrausch bemerk ich nicht, dass ich immer weiter von meinen Brüdern und Mitstreitern entferne. Auf einmal ein Jubelschrei, ich weiss nich von wem und warum, aber es kommen keine Barbaren nachgerückt. Um mich blickend haue ich noch einem den Kopf in zwei Teile und bemerke, dass das Tor nachgegeben hat. Was nun? Zurück ziehen und hoffen nicht der einzige Überlebende zusein oder mein Schwert weiter singen lassen und den Tod als Märtyrer suchen? Nein Danke. Ohne von den siegreichen Barbaren beachtet zu werden, zieh ich von dannen und begib mich auf die Suche nach überlebenden Wächtern, die Schlacht ist verloren, doch der Krieg geht weiter...

fortsetzung folgt in kürze



ich hoffe gefällt euch

freundliche grüsse eure Nathanael
Nathanael ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.04.2011, 13:28   #2
männlich Nathanael
 
Dabei seit: 04/2011
Ort: Zürich
Alter: 39
Beiträge: 7


Ohne das die Barbaren Notiz von mir nehmen, entferne ich mich mehr und mehr von der verlorenen Festung. Eben haben die ersten Flammen das Dach des Bergfied erreicht und laben sich an den völlig ausgetrockneten Schindeln, welche den Turm bedeckten. Schade, die schönste Burg des ganzen Reiches ist gefallen. Niemals wird sie wieder das Lachen der Kinder, die Zickereien der Köchin und des restlichen Gesindels, die rauschenden Festen oder das Klirren der Waffen bei den Übungen der Ritter und Knappen hören.

Langsam merke ich, wie der Adrenalinspiegel in meinem Blut sich zu senken beginnt. Mein Brustkorb grüsst mit höllischen Schmerzen, der Kopf brummt und auch die Beine wollen nicht mehr so ganz, wie ich es eigendich vorhab. Inzwischen hab ich das bis auf die Grundmauern geschliffene Kloster passiert (Oh mein Gott, die herrliche Klosterkirche mit ihren dutzenden von Kunstschätzen und Requilaren. Ich war gerne dort, ein Ort wo ich Ruhe fand und wenn mir danach war, stand ein Mönch zuverfügung der mir zuhörte oder mitdiskutierte) Ungefähr eine Stunde von der Burg entfernt, verlassen mich die kläglichen Überreste meiner Kraft und ich sink am Ufer eines kleinen Weiher ins hohe Schilf.

Wie lange ich schon hier lieg kann ich nicht sagen. Laute Stimmen und das Scheppern von Rüstungen und Waffen haben mich aus meiner Bewustlosigkeit geweckt. Die Geräusche sind nicht allzuweit weg und ich versuch mich in ein nah gelegenes Gebüsch zu schleppen. Kaum 10 Meter von mir entfernt und doch hab ich das Gefühl, Jahre damit verbracht zu haben. Im Schutz der Blätter und Zweige kann ich beobachten, wie eine Gruppe Barbaren an mir vorüber zieht. Im Schlepptau sieben Wagen die von erbeuteten Ochsen gezogen werden. Wahrscheindlich beladen mit der Beute aus dem Kloster und der Burg. Am letzten Wagen ist ein Strick befestigt, an dessen Ende ungefähr ein Dutzend Frauen und ein paar Kinder gefesselt sind und unbarmherzig mitgeschleift werden. Ich empfinde eine unbändige Wut und ein Hass auf die Barbaren wie ich es noch nie erlebt habe. Aufspringen und mit gezogener Klinge auf die Barbaren stürzen, raunt mir eine innere Stimme zu, doch die Vernunft siegt und wohl auch mein Körper hätte nicht mitgespielt. So lass ich mich zurück auf den Boden gleiten oder mehr fallen und merke, wie mir die Tränen der Verzweiflung und Wut die Backen runterkullern. Durch den Blutverlust verlier ich wieder die besinnung und mein letzter Gedanke war ''Rache, Rache''......
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