Der Pfennigfuchser

[Desperado]

Der Pfennigfuchser

Gar mancher, der den Pfennig ehrt,
ist deshalb nicht des Talers wert,
weil er ein falscher Fuchz’ger ist,
der rechte Währung rasch vergisst,
wenn es um seinen Vorteil geht
und er in roten Zahlen steht,
der Pfennigfuchser wie besessen
sein Geld hat samt der Seel' gefressen.

Er ist ein Held an erster Front,
im Lebenskampf, so er sich lohnt,
wer rücksichtsvoll will überdauern,
den straft er seufzend mit Bedauern,
in seiner ichbezognen Welt
pflegt er den Geiz und dient dem Geld,
er borgt und bettelt, übt Verzicht,
doch soll er leihen, hat er nicht.

Er tarnt sich mit Selbstlosigkeit
und sieht nur sich die ganze Zeit,
tritt locker auf und kumpelhaft,
der da mit leerem Herzen rafft
und wendet jeden Talers Scheibe,
auf dass er ihm im Beutel bleibe,
dringt gar ein Lichtstrahl in sein Haus,
so bläst er rasch die Kerze aus.

Er muss ja schließlich überleben,
auch wenn du stirbst- so ist das eben,
denn jeder ist sich selbst der Nächste,
die Selbstverwirklichung das Höchste,
getarnt mit Verantwortlichkeit
er Selbstsucht rettet durch die Zeit,
was kümmert ihn Mitmenschlichkeit,
die Welt ist schlecht, das Leben Leid.

Ein Trugbild voller Lug und Falsch,
so reckt er seinen Hahnenhals,
ein selbstgezogner Hagestolz,
das Herz aus Stein, der Kopf aus Holz,
ist er der Einz’ge doch von allen,
die um ihn her in Armut fallen,
der diese wirklich nicht verdient,
weil schuldlos er für Schulden sühnt.

Des Pfennigfuchsers falsche Art
ist außen weich und innen hart,
trägt stets ein Lächeln im Gesicht
und blendet scherzend mich und dich,
gibt arglos sich und ist durchtrieben
er kann nur scheffeln, kann nicht lieben,
und kommt ein Engel in sein Haus,
so rupft er ihm die Flügel aus.


06

[Ilka-Maria]

Richtig gut!

Zwar eine Aneinanderrreihung von Klischees, aber die letzten beiden Verse reißen es raus.

[Pit Bull]

Zitat von Desperado

dringt gar ein Lichtstrahl in sein Haus,
so bläst er rasch die Kerze aus.

Geistreich!

Zitat von Desperado

Des Pfennigfuchsers falsche Art
ist außen weich und innen hart,
trägt stets ein Lächeln im Gesicht
und blendet scherzend mich und dich,
gibt arglos sich und ist durchtrieben
er kann nur scheffeln, kann nicht lieben,
und kommt ein Engel in sein Haus,
so rupft er ihm die Flügel aus.

Ich bin sehr angetan von der Modifikation (Zeile 3) vom ursprünglich geläufigen Aphorismus von „außen hart und innen weich“.

Die letzte Strophe ist auch in meinen Augen krönendes Fazit.

VG Pitti

[Desperado]

Tja, Ilka-Maria,

hinter den Klischees steckt eine reale Person und eine der bittersten Erfahrungen meines Lebens. Jedes Klischee hat leider auch seine Entsprechung.
Aber freut mich, dass es Dir -trotzdem- gefällt.


Die letzte Strophe, Pitti,

war ursprünglich die erste, aber beim Überarbeiten fand ich sie am Schluss besser aufgehoben, ganz offenbar eine richtige Einschätzung.
Danke Dir!

Lieben Gruß euch Beiden
Desperado

[Ilka-Maria]

Zitat von Desperado

hinter den Klischees steckt eine reale Person und eine der bittersten Erfahrungen meines Lebens. Jedes Klischee hat leider auch seine Entsprechung.

Dann sind sie gerechtfertigt.

[Thing]

"Fuchz'ger" klingt seltsam.
Ich sage immer "falscher Fuffzcher".

[Desperado]

Der falsche Fünfziger variiert wie alles von Dialekt zu Dialekt, er selber aber bleibt immer derselbe,
blütenrein sozusagen.

[Phönix-GEZ-frei]

Der Pfennigfuchser

Gar mancher, der den Pfennig ehrt,
ist deshalb nicht des Talers wert,

" wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert"!

"Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr"?

emh

LG, Frei sich vom tand lösender