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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 01.05.2013, 13:16   #1
Thing
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Beiträge: 34.998

Standard Dann...

Hier die heute überarbeitete Neufassung zum passenden Datum:



*

Dann, wenn die Unke ihre Spindel streicht,
die Roggenflöte bläst,
wenn sich in ihre Warzenseiten
Kinderflut hineingeweicht, sich eingefräst;
wenn Maul und Aug sich weiter spreiten,
Patten glatter, Krötenzungen nasser gleiten;
wenn Pflaumenblüten sich mit Schneckenglanz vermischen,
Spinnenfäden, Hummeln, Falter über frischen
Halmen schweben;
Wenn Düfte leis die Natter locken,
Syrinx, Rose, Schwertzahn sich beflocken,
wenn endlich diese tote Blässe weicht;
wenn sich im roten Mondenschein
die Echse aus dem dunklen Neste schleicht,
die Mauern satt umgarnend,
sanft den Stämmen sich vermengend;
wenn der erste Vampir still und fein
die kühle Wange mir umstreicht;
wenn Nachtigallen warnend
ihren Liebsten sengend
heiß und fordernd ihren Sinn entblößen;
wenn in unterirdschen Höhlen
düster Nachtlemuren schweigen,
troglodytenhaft die Häupter neigen,
neidvoll lauschend all dem Wachsen, Werden;
wenn mit warmen, regenfeuchten Stößen
der junge Wind sich taucht in alle Seelen,
sich all dem neuen Sein zu zeigen,
sich flüsternd wiegt in Blütenzweigen;
wenn Aufbruch klingt in offnen Erden..
wenn all die quellend vollgesognen Samen
sich wuchtig blähend durch den Boden winden,
sonnentoll dem Blau entgegenzwängen,
lianenhaft die Bergzyklamen
dem Glast der Hitze sich verbinden
in perlend süßen Lerchensängen;
wenn sich die dunkle Tulpenglut
Päonien beugt, im Mittag ruht, Blüten streut;
wenn wild der Flammenrotdorn dräut;
wenn stolz die Weihe streicht vorbei;
wenn im Dämmern schwer wie Blei
sinkt ins Herz die Träumerei...
Dann ist Mai !


*
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.05.2013, 23:28   #2
weiblich Daisy
 
Dabei seit: 10/2010
Beiträge: 922

Oh Thing,

du meine Güte, was ist das für ein hinreißendes Werk!
Ein Naturereignis erster Güte!

Das muss ich gleich noch einige Male lesen und ausdrucken, um es umgehend meiner Mappe mit Lieblingsgedichten beizufügen.

Diese Flut von erlesenen Worten, Ausdrücken und Versen ist faszinierend und erfrischend wie eine sprudelnde Quelle.

Dankbaren und lieben Gruß von
Daisy
Daisy ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.05.2013, 23:45   #3
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Schön, Thing, dass du das Gedicht wieder aufgegriffen und umgearbeitet hast. Es macht ja so viele der Regungen dieses Monats auf besondere, sprachlich eindrucksvolle Weise, bewusst. Danke.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.05.2013, 09:01   #4
Thing
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Beiträge: 34.998

Liebe Daisy -

hab Dank für dein überschwängliches Lob!
Glaube mir oder glaube mir nicht:
All das - außer den Lemuren - habe ich so erlebt, wie es hier steht.
Ich saß auf der Mauer meines wunderschönen Parks im Burgund (Loire-Region, die klimatisch begünstigt ist), in geringer Entfernung eine aufgelassene Mühle, Höhle für unzählige Fledermäuse.
Die Troglodyten konnte ich trotzdem fast spüren.

Lieber gummibaum,

hab Dank für Deine Zeilen!

Euch herzliche Feiertagsgrüße
von
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.05.2013, 10:23   #5
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
Alter: 70
Beiträge: 10.909

Schön, dass du das Erlebnis verdeutlichst, dass dich so stark inspirierte. Es sprachlich so zu gestalten, dass der Leser ein quasi Gleiches erlebt, ist dennoch Kunst.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.05.2013, 17:40   #6
Thing
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Beiträge: 34.998

Standard Lieber gummibaum -

hab herzlichen Dank für Deine Zeilen!


Feiertagsgruß
von
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.05.2013, 19:32   #7
männlich Phönix-GEZ-frei
 
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Ort: Erstwohnsitz: Der Himmel, ein Schneeweißes Wolkenbett
Alter: 63
Beiträge: 1.722

:,

bitte verzeih mir! Göttlich

Vatertag

Ganz lallerliebste Grüße

Vom Phönerle
Phönix-GEZ-frei ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.05.2013, 19:37   #8
Thing
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Beiträge: 34.998

Phönix, Du treuer Freund -

ich lalle von Herzen zurück!

Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.05.2013, 02:26   #9
männlich Trubadix
 
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Dabei seit: 03/2013
Alter: 38
Beiträge: 35

Das hab ich sehr gern gelesen, Thing.

,,Patten glatter, Krötenzungen nasser gleiten;
wenn Pflaumenblüten sich mit Schneckenglanz vermischen,
Spinnenfäden, Hummeln, Falter über frischen
Halmen schweben;´´

Diese Stelle ist fabelhaft! klanglich deliziös und an hübschen Bildern reich.
Wie oft vermisse ich das....




Jazzgrüße,
Trerbeldix
Trubadix ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.05.2013, 14:49   #10
weiblich Ex-Nitribitto
abgemeldet
 
Dabei seit: 08/2011
Ort: Berlin
Beiträge: 407

Standard Dann

Hallo Thing, wie immer schreibst du schlicht "nach Gefühl". Aber was der Leser bei deinen Texten fühlt, daran denkst du nicht. Zum Beispiel, wenn die Echse die Mauer satt umgarnt, dann denkt sich der Leser vielleicht, dass die Echse zur Zeit
an sexueller Verirrung leidet, und er möchte lieber keine Echse sein, weil er nicht auf Mauern steht, sondern auf Frauen. Der Leser denkt vielleicht sogar, er hat sich hier verlesen, geht zurück zum Gedichtanfang, und was muss er da lesen? Die Unke bläst die Roggenflöte! Auf diesen Blödsinn muss man erst mal kommen! Ich kann nicht mehr! Hilfe! Hört sich aber schön an, genauso wie "wenn Nachtigallen warnend ihren Liebsten sengend heiß und fordernd ihren Sinn entblößen". Nun denk ich mir, was die Nachtigallen ihren Liebsten entblößen, wird nicht unbedingt der Sinn sein. Auf dieser Leiter des höheren Blödsinns geht es weiter, durch das ganze Gedicht. Thing, danke, danke, ich habe lange nicht so bei Poetry gelacht.

Gruß, Nitribitto
Ex-Nitribitto ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.05.2013, 16:29   #11
Thing
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Beiträge: 34.998

Hallo, Trubadix -

ich hab mich sehr gefreut!

Herzlichen Wochenendgruß
von
Thing
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.05.2013, 17:33   #12
Thing
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Beiträge: 34.998

Ich stimme Dir zu, N.:

Wem es an der nötigen Vorstellungskraft gebricht, kann das Gedicht nicht mitfühlen.
Freut mich, daß ich Dir Vergnügen bereiten konnte.

Thing
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Alt 11.05.2013, 19:06   #13
weiblich Ilka-Maria
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Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 31.044

Sorry, war eine Weile verhindert, deshalb die späte Reaktion.

Reich an Bildern, reich an Sprache! Da kommen Wörter ans Tageslicht, die schon lange nicht mehr zum alltäglichen Wortschatz gehören. Schon deshalb gebürt diesem Gedicht ein dickes Lob. Da wurde nämlich richtig tief gegraben, und zuweilen soll man da ja auf wertvolle Adern stoßen - was hier zweifellos der Fall ist.

Der offensichtlich strittige "Echsen"-Vers ist besonders zauberhaft. Oder ist es etwa nicht ein schönes Gefühl, sich mit dem Grund unter Bauch und Füßen eins und wohl zu fühlen? Wer kann denn wissen, ob eine Echse nicht auch ein erotisches Gefühl dabei hat, sich ganz natürlich in ihrer Umgebung zu bewegen?

Gottseidank brauchen sich Tiere über sexuelle Verirrungen nicht den smarten Kopf zu zerbrechen. Das bleibt einigen Exemplaren der menschlichen Spezies vorbehalten - ganz exklusiv.

Und denen kann man nur wünschen, dass sie zwischen Sex und Erotik unterscheiden können. Oder einfach nur ein Wohlgefühl nachempfinden können, wie es ist, sich mit den Pfötchen im Frühjahr an einer warmen Mauer festzusaugen und die immer stärker werdende Sonne auf der Haut zu genießen. Himmlisch!
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.05.2013, 05:15   #14
Thing
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Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Standard Liebe Ilka-Maria -

hab ganz herzlichen Dank für Deinen Kommentar!
Mir ist diese Stunde damals so gegenwärtig, als sei es gestern gewesen, dabei war es 1988.
Die Päonien waren mannshohe, meterbreite, betäubend duftende Büsche.
Was alles an Echsen kroch und flitzte - köstlich.
Und die Fledermäuse pfeilschnell an der Wange vorbei -
hach, ich könnte wieder mit dem Schwärmen beginnen.

Lieben Frühmorgengruß
von
Thing
(mitsamt Amseln)
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