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Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

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Alt 27.04.2007, 13:30   #1
männlich Ex Albatros
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 1.227

Standard Brunnen

Brunnen


Du hast mich einfach
in die Wüste geschickt
und mich ziellos und
durstig umherirren lassen.

Nun, da ich
eine Quelle fand
und das Land
bebaue und bewässere,

schickst du Nachricht,
dass ich wieder an deinem
Brunnen schöpfen soll.

Doch Wasser bleibt
allemal Wasser.
Ex Albatros ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 27.04.2007, 20:33   #2
Sateb Deis Rhi
gesperrt
 
Dabei seit: 12/2006
Beiträge: 327

Interessante Textidee. Ich weiss, man kann das Gedicht auf verschiedenen Ebenen lesen, aber mir fiel sofort Moses Wüstenzug ein.

Hmmm, nur aus der Bibel klingt die Geschichte anders;
hier findet Mose nicht die Quelle, sondern Gott begibt sich, als er garnicht mehr anders kann doch noch herab Wasser auszuschenken...

Du hast eine treffende Kritik an dem Gottesbild und der Schreibung des 'heiligen Buches' geübt, jedenfalls ich lese es so.

Im Endeffekt laufen jedoch dein Text und die Stelle aus Exodus daraufhinaus, dass hier Gott geprobt wird (im Gegensatz zur vorherigen Probe des Menschen: seiner Leidenschaft zum Glaubens bis hin zum Opfer des Sohnes);
nur deine Version spricht nicht davon, dass er eingelenkt hat oder sonstetwas zur Lösung zugetan wurde, sondern, dass der Mensch sich eigenverantwortlich und distanziert - emanzipiert - aus der Affäre ziehen konnte.



Hier die Passage, auf die ich mich beziehe:

In jenen Tagen dürstete das Volk nach Wasser und murrte gegen Mose. Sie sagten: Warum hast du uns überhaupt aus Ägypten hierher geführt? Um uns, unsere Söhne und unser Vieh verdursten zu lassen? Mose schrie zum Herrn: Was soll ich mit diesem Volk anfangen? Es fehlt nur wenig, und sie steinigen mich. Der Herr antwortete Mose: Geh am Volk vorbei, und nimm einige von den Ältesten Israels mit; nimm auch den Stab in die Hand, mit dem du auf den Nil geschlagen hast, und geh! Dort drüben auf dem Felsen am Horeb werde ich vor dir stehen. Dann schlag an den Felsen! Es wird Wasser herauskommen, und das Volk kann trinken. Das tat Mose vor den Augen der Ältesten Israels. Den Ort nannte er Massa und Meriba (Probe und Streit), weil die Israeliten Streit begonnen und den Herrn auf die Probe gestellt hatten, indem sie sagten: Ist der Herr in unserer Mitte oder nicht? (Ex 17,3-7)
Sateb Deis Rhi ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.04.2007, 10:57   #3
quillathe
 
Dabei seit: 10/2005
Beiträge: 246

Hallo Albatros, ich mag dein Gedicht sehr gern. Eine schöne bildhafte Sprache, die du für ein Geschehniss benutzt hast, welches jeder vielleicht irgendwann einmal erleben muss. Solche Dinge passieren nun einmal, aber dein Ausdruck dafür ist neu und schön. Gerne gelesen.
quillathe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.04.2007, 10:45   #4
Yve
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 756

Als Kritik an Gott und dessen biblische Auslegung hatte ich zwar nicht gedacht, als ich es las, aber da hast du Recht. Das könnte man so auslegen. Ich dachte allerdings, aufgrund der "Milch und Honig" Rubrik, dass es sich um eine Frau dreht.

Zum Text selbst: Die letzten beiden Zeilen sind sehr hart, aber angesichts des Vorhergehenden, durchaus verständlich. Wenn man es auf die/den neue/n Frau/Brunnen bezieht, auch nicht sehr liebevoll. Klingt nach Groll und nach "besser als nichts". Erstaunlich, wie du mit wenigen Worten so viele weiterführende Gedanken ins Rollen bringst. Das gefällt mir immer besonders gut an deinen Texten. Die Geschichte um den eigentlichen Text herum...fast endlose Spekulationen

Yve
Yve ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.04.2007, 12:17   #5
Mondenkind
 
Dabei seit: 04/2007
Beiträge: 146

Hallo Albatros,

das ist wirklich interessant. Gefällt mir ausgesprochen gut.
Die letzte Strophe wirkt gleichermaßen sanft, wie weise.

Gern gelesen, Gruß&Lächeln,
anie
Mondenkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.04.2007, 12:20   #6
Yve
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 756

Zitat:
Original von Mondenkind
Die letzte Strophe wirkt gleichermaßen sanft, wie weise.
Was findest du daran sanft?
Yve ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.04.2007, 12:25   #7
Mondenkind
 
Dabei seit: 04/2007
Beiträge: 146

Weiß nicht. Es wirkt sanftmütig auf mich. Frag meine Seele...

Gruß
Mondenkind ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.04.2007, 15:51   #8
männlich Ex Albatros
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2005
Beiträge: 1.227

Standard Hallo Ihr Lieben,

@ Sateb Deis Rhi

Also an Kritk an Gott ist mein Text absolut nicht zu sehen. Denn es liegt mir mehr wie fern, Gottes Unantastbarkeit zu kritisieren, da ich mich als Wesen seiner zunächst vollkommenen Schöpfung betrachte. Zunächst vollkommen deshalb, weil der Mensch durch die Abkehr von Gott die heutigen Zustände selbst heraufbeschwor. Wenn man den Text biblisch kritisch beziehen möchte, dann nur aus der Sicht des Menschen, der sich von Gott abwandte. Es hat mich aber positiv berührt, dass du mit der Bibel nicht auf Kriegsfuss zu stehen scheinst. Aber dies nur am Rande.

Da der Text aber, wie Yve richtig bemerkte, in Milch und Honig gepostet wurde, steht meine ursprüngliche Intention auch in Zusammenhang mit einer Zweier-Beziehung. Weitere Erklärungen möchte ich aber hierzu nicht abgeben, da ich keinem meine Sicht der Dinge aufzwingen will.

@ quillathe

Es gefällt mir immer wieder, allseits bekannte Vorgänge des Alltags als Metaphern in meinen Beiträgen zu verwenden. Schön, wenn dir das hier geschilderte Bild gefallen konnte.

@ Yve

Wie Sateb Deis Rhi mitgeteilt, hatte ich zu diesem Text eigentlich keine biblische Absicht. Von dem her zielt deine Bemerkung mit dem Post des Textes in Milch und Honig in die richtige Richtung, wiewohl man ihn tatsächlich auch vor biblischem Hintergrund sehen könnte.

Die alte Liebe schickte das lyrI in die Wüste, wohl um ihre Macht zu demonstrieren. Doch der Schuss ging wohl nach hinten los.

Freut mich, dass der Text bei dir anscheinend einen Steinbruch an Gedanken ins Rollen bringen konnte.

@ Mondenkind

Schön dass es dir gefiel. Nun ja, die letzte Strophe bezeugt zunächst einmal, dass sich das lyrI jetzt endgültig entschieden hat. Man könnte den Ausspruch "Wasser bleibt allemal Wasser" auch auf eine mythische Ebene heben, da Wasser ja der Urstoff alles Lebens ist und schon bei der alten Schule der griechischen Philosophen der Kern aller ihrer Lehre darstellte.


Euch Allen danke ich für Eure schönen Gedanken und grüße herzlichst

Albatros
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