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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 10.04.2012, 16:49   #1
männlich Desperado
 
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Dabei seit: 03/2012
Ort: Erde, Europa, Deutschland, Bayern
Beiträge: 1.747

Standard Unsagbar unsäglich Gesagtes

Irgendwann erreichst du den springenden Punkt, und bist du erst mal drübergesprungen, gibt es kein Zurück mehr.

Du hast alles schon hundertmal gehört und tausendmal vernommen, was dir so an sogenannten Meinungen und Überzeugungen entgegenbrandet oder plätschert, dies und das und jenes und die sonstigen ach so wichtigen und entscheidenden Dinge des Lebens dasselbe betreffend, dass es dich weder interessiert, weshalb wieso warum und auf welche Weise sie gesagt werden wann wo und zu wem, noch was du dazu zu sagen hast oder je gehabt hättest.

Du sagst einfach irgendwas, was dir grade so einfällt von alledem, was du hier oder dort schonmal irgendwo gehört hast hierzu oder dazu, wenn die lieben Leute denn unbedingt was hören wollen, und wenn sie um den Burgfrieden keine Ruhe geben wollen, sagst du eben irgendwas anderes, ohne dabei darauf zu achten, ob es sich womöglich um das genaue Gegenteil dessen handelt, was du zuvor gesagt hast. Dass dem so gewesen sein muss, fällt dir höchstens noch an ihren Nachfragen auf, denn für dich selbst ist das eine wie das andere und kein’s von beiden von solcher Bedeutung, dass du dir den Kopf deswegen zermartern oder ein Wort darüber verlieren würdest.

Und wenn du endlich deine Ruhe haben willst, sagst du entweder das was die Leute grade hören wollen oder das was sie eben grade nicht hören wollen oder das was sie noch nie gehört haben, jedenfalls ziehst du einen Schlussstrich unter das Ganze, und wenn dich drei Tage später einer fragt, wie und ob du das wirklich so gemeint hast, wie du’s gesagt hast, weißt du garnicht mehr, wovon er spricht, weil du bereits vergessen hattest was du gesagt hast ehe du’s gesagt hast.

Und will dann irgendwer unbedingt noch betonen, dass man das eine oder andere so nicht sagen kann, wie du’s gesagt hast, meinst du nur gleichmütig, wieso, hast doch gehört, dass ich’s so gesagt habe, also kann man es auch so sagen, ähm sorry, wie hab ich’s denn nochmal gleich gesagt zu was, um was genau ging es denn gleich nochmal? Und außerdem, Leute, kann’s so folgenschwer nun auch wieder nicht gewesen sein, denn ihr seid alle wohlauf, was ich so sehen kann, und noch vollzählig am Leben, also wo bitte liegt denn das Problem, ich kann beim besten Willen keines finden.

Vielleicht hängt das mit den Jahren zusammen, vielleicht aber hat es auch nur damit zu tun, dass du im Laufe der Zeit gelernt hast, den Schall und Rauch von Worten vom Schall und Rauch von Colts zu unterscheiden und dem jeweilig schallenden Rauchen die entsprechende Gewichtigkeit zuzugestehen, nämlich dem ersten keine und dem zweiten immerhin eine angemessen notwendige wenn auch meistens nicht minder bedeutungslose, so eine Kugel hat nunmal kein nennenswertes Gewicht, soweit sie an dir vorbeipfeift jedenfalls, eine entscheidende Kleinigkeit, deren Beeinflussung du eines Tages so tief im Blut sitzen hast, dass dir ihre Anwendung oder besser Abwendung garnicht mehr bewusst ist.

Aber so lange nicht scharf geschossen wird, sagst du eben irgendwas, wenn denn unbedingt etwas gesagt werden will, um des Etwassagens Willen sozusagen, „ich glaube dass die Sonne heute abends untergehen wird, es sieht mir alles ganz danach aus, und so wie ich die Sache einschätze, geht sie morgen morgens wieder auf, aber ich kann mich natürlich auch irren, ich mein ja nur, könnte doch immerhin der Fall sein, klar, wer kann das schon mit Gewissheit sagen, ich sag’s jetzt einfach mal so dahin“.

Und da ich bisher noch immer das unverschämte Glück hatte, dass diese meine wagemutigen Vorhersagen genau so eingetroffen sind wie von mir behauptet, sehe ich keinen erkennbaren Grund nicht an ihnen festzuhalten. Was sich bewährt ist gut, wie es so schön heißt.

Manchmal schickt mir noch der eine oder die andere hinterher, dass das, was ich gesagt habe, bei genauer Betrachtung ziemlich nichtssagend gewesen sei, und alles was ich darauf zu sagen habe ist, wenn’s nach mir gegangen wäre, hätte ich ja auch gar nichts gesagt dazu... wozu eigentlich was gesagt, egal jetzt... ich hatte nichts dazu zu sagen also habe ich nichts dazu gesagt bis auf das was ich dazu gesagt habe um etwas dazu zu sagen da es nichts zu sagen gab außer dem was gesagt werden musste um etwas gesagt zu haben weil ich dringlich aufgefordert worden bin etwas zu etwas zu sagen zu dem ich nichts zu sagen habe bis auf das was ich gesagt habe um etwas zu etwas zu sagen ohne etwas dazu zu sagen zu haben gesagt zu haben.

Ist jetzt hoffentlich alles gesagt?

Bei genauer Betrachtung hatte ich nie was zu sagen, obwohl da einer mal meinte, jeder hätte was zu sagen, worauf ich bei mir dachte, mag ja sein, nur bin ich nunmal nicht jeder, was ich damit sagen will, wie soll ich sagen, sorry, was sagtest du grade, du willst damit sagen, ich solle sagen, was ich dazu zu sagen habe? Nichts, das sag ich dir, nichts was nicht schon zigtausendmal dazu gesagt worden ist.

Ich sag’s dir.
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Alt 12.04.2012, 19:22   #2
Thing
R.I.P.
 
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Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Halli Hallo, Desperado -

hätte ich so tolle Apparaturen wie Drucker und sogar dazu noch Hefter, Ringler oder sowas :
D e r Text hinge bestgenagelt sowohl über meinem Schreib- als auch Nachttisch.

so aber bin ich - gottseidank - dazu angeregt, ihn hier wieder und wieder zu lesen.

Genügt das?
fragte ich den inneren Kontrolleur.
Er sagte: Ja.


LG
Thing
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