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Alt 18.11.2007, 10:53   #1
L.Brian
 
Dabei seit: 11/2007
Beiträge: 16


Standard Fasching, so war`s wirklich

Liebe Eltern !

An Karneval habt ihr mich immer abwechselnd als Teufelchen oder als Clown verkleidet.
Dann haben wir am arschkalten Montagmittag bei Opa in der Straße gestanden und darauf gewartet, daß uns die gröhlenden und rotzbesoffenen Kerbeburschen von ihren vorbeirollenden und verkleideten Wagen herunter, händevoll Bonbons in die Fresse schmissen.
Wenn der Zug dann vorüber gewackelt war, ging`s zu Opa Kaffeetrinken und - das galt wenigstens für euch - an den Austausch der letzten Klatschgeschichten über Leute die ihr sowieso nicht richtig oder gar nicht kanntet.
Die gleichen Geschichten, die man sich immer an solchen Tagen oder an Geburtstagen oder Feiertagen oder irgendwelchen anderen Jubiläen erzählt.
Ich hockte dazwischen, in Abständen immer mal wieder mit: "Sitz gerade, Kind", oder "Iß ordentlich", bedacht.
Eine große Gnade war es immer, wenn sich irgend ein Verwandter, den ich gar nicht kannte, schon mehr oder weniger leicht angetrunken, zu mir rüber beugte und mit Kuchenkrümmeln im Mundwinkel grinste: "No. Hot`s dir gefolln ? Scheh bunt, die Wogn."
"Ja", lächelte ich, wie es mir anerzogen war, zurück.
Dann glotzte ich wieder Ewigkeiten an den ganzen Gestalten vorbei, aus dem Fenster, mit den jahrhunderte alten Gardinen und sah zu wie es draußen dunkel wurde.
Witziger Weise hatten alle anderen Verwandten keine Kinder in meinem Alter oder sie hatten sie zumindest nicht dabei. Klar, wer tut seinem Kind schon so was an ?
Mit vorranrückender Stunde wurden die Gespräche auch immer lebhafter, ohne dabei aber jemals für mich Farbe anzunehmen. Nur hin und wieder horchte ich mal auf, wenn welche der älteren Alten über den Krieg und die Zeit des Wiederaufbaues sprachen, denn dann, wußte ich, würde auch bald das Thema "Waffen und schießen" ausgepackt.
Das findet natürlich jeder kleine Junge, der im innersten seines Herzens ein echter Cowboy ist und sich, wenigstens an Karneval, auch mal gerne so anziehen würde, hoch interessant und spannend. Dann erzählten sie, wie es die Komerodn zorissn hot und wie sie gewildert und mit einem Schuß zehn Mann umgeblasen haben.
Natürlich blieb dieses Thema nicht allzulange auf dem Tisch, da die weiblichen Verwandten nicht so gerne diesen Geschichten lauschten. Außerdem war ja auch ein Kind anwesend.
Also glich sich mein Blick wieder dem trüben Licht der Deckenbeleuchtung an und ich zählte weiter die Stunden.
Dann gab es, meiner Meinung nach, mitten in der Nacht, Abendbrot.
Wenn die Tante fragte: "Na, wollen wir was essen ?", ging mir das Herz auf.
Nicht vor Hunger, ich war ja schon bis obenhin mit Kuchen vollgestopft und hatte dazu, aus Langeweile, vielzuviel gelbe Limo getrunken, sondern weil es für mich den Beginn der vorletzten Etappe signalisierte.
Nach dem, selbstverständlich ausgiebigen, Essen wurden nur noch ein, zwei Schnäpschen getrunken und ein wenig "Unsinn" geschwätzt.
Und, da ihr liebe Eltern, immer so verantwortungsbewußt und umsichtig mit euerem Kind wart, gehörtet ihr auch immer zu denen, die schon gingen als Vater, beim gehen zwar bereits etwas schwankte, aber uns und das Auto immer noch unfallfrei nach Hause fliegen konnte.
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