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Alt 17.03.2017, 17:05   #1
männlich AndereDimension
 
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Beiträge: 3.325

Standard Luther

Zitat

Der Schriftsteller und Philosoph Richard David Precht im Interview mit der Münchner Abendzeitung:

Sie schreiben gerade den zweiten Band Ihrer Philosophiegeschichte. Wo befinden Sie sich?

Bei Luther. Ein widerlicher Geselle, ein Verbrecher an der Menschheit. Den haben wir noch nicht richtig aufgearbeitet. Wir gehen mit Luther um, als sei er ein „Heiliger“ der evangelischen Kirche. Er war aber ein für die damalige Zeit untypisch aggressiver Antisemit, Frauen verachtend bis ins Mark und vom Denken her völlig mittelalterlich. Teufel war sein Lieblingswort. Die Gesellschaft war sehr viel weiter.

Wir werden im Lutherjahr 2017 aber große Hymnen auf Luther lesen.

Mag sein, aber ich hoffe auf eine Gegenhymne.


.................................................. .........

Ich bin dabei...bei der Gegenhymne...wer noch?
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Alt 17.03.2017, 17:11   #2
mimimi
Gast
 
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dabei besagt doch religion (bibel sowie koran) man soll nicht falsche götter ehren.

die können sich meinetwegen alle verluthern und religion darf gern im infernalsten der unendlichkeit niederbrennen.
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Alt 17.03.2017, 17:50   #3
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 31.038

Zitat:
Zitat von AndereDimension Beitrag anzeigen
Bei Luther. Ein widerlicher Geselle, ein Verbrecher an der Menschheit. Den haben wir noch nicht richtig aufgearbeitet. Wir gehen mit Luther um, als sei er ein „Heiliger“ der evangelischen Kirche. Er war aber ein für die damalige Zeit untypisch aggressiver Antisemit, Frauen verachtend bis ins Mark und vom Denken her völlig mittelalterlich. Teufel war sein Lieblingswort. Die Gesellschaft war sehr viel weiter.
Lieber AnDi,

ich schätze Richard David Precht sehr, weil er viele Fragen und Zusammenhänge klar und verständlich darstellt. Gleichwohl ist bei ihm Vorsicht geboten, denn seine Statements sind - wie man an obigem Zitat sieht - oft von eigenen Wertigkeiten durchzogen, was mit reiner Philosopie nichts mehr zu tun hat.

Des weiteren möchte er mit seinen Büchern und Vorträgen philosophische, gesellschaftliche und historische Fragen auf unterhaltsame Weise rüberbringen. Dagegen ist nichts einzuwenden, solange die Fakten stimmen und die Erkenntnisse zum Weiterdenken anregen. Dabei sollte man sich aber bewusst sein, dass seine Themen möglicherweise nicht die vollen Tiefen ausloten.

Luther ist also ein Verbrecher an der Menschheit, sein Denken war mittelalterlich und sein Lieblingswort war "Teufel".

Was daran ist verwunderlich? Als Luther zur Welt kam, war das Hochmittelalter gerade am Ausklingen, die Umbrüche jener Zeit, die wir heute als den Beginn der Neuzeit markieren, ließ unter den Menschen ein Gefühl der Unsicherheit entstehen, und der Keim der Wissenschaften war gerade erst am aufgehen, so dass an ein Ende des Aberglaubens noch lange nicht zu denken war. Bezeichnend dafür ist die Schrift "Das Narrenschiff" von Sebastian Brandt, ein Spiegel der Sorgen, die die Menschen damals umtrieb.

Nicht nur Luther, sondern viele, viele Leute glaubten an die Existenz des Teufels, an Hexen, an Zauberei und an alle möglichen anderen Formen von Verschwörungstheorien. Es kommt nicht von ungefähr, dass Luthers Zeitalter der Beginn der Hexenverfolgungen und brennenden Scheiterhaufen war, ein grausiges Szenario, das im 17. Jahrhundert seinen Höhepunkt hatte.

Zudem schien Luther ein besonders ängstlicher Mensch gewesen zu sein. Über seine Obrigkeitshörigkeit (Herrschaft war gottgewollt) und seinen Judenhass (Juden sind die Mörder Christi) gibt es keinen Zweifel. Ob er jedoch als Verbrecher in heutigen Sinne bezeichnet werden kann, stelle ich in Frage. Er war ein Kind seiner Zeit, entsprechend dachte, schrieb und handelte er. Dabei machte er Fehler, die uns aus heutiger Sicht höchst inhuman erscheinen lassen, aber er machte auch Geschichte, indem er die Allmacht des Papstes brach, den Vermittler zwischen Gott und Mensch abschaffte (samt Beichtstuhl), eine einheitliche deutsche Sprache schuf und die Bibel aus dem Griechischen übersetzte, so dass jeder Lesekundige die Texte selbst lesen konnte.

Wie Richard David Precht sein Urteil über Luther begründet, darauf kann man gespannt sein. Wenn er aktuell gesagt hat, "er sei jetzt bei Luther", folgere ich daraus, dass er dieses Thema im zweiten Band seiner Philosophiegeschichte abhandelt, der im Oktober 2017 erscheinen soll.

LG
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.11.2021, 00:16   #4
weiblich Ottilie
 
Dabei seit: 05/2021
Beiträge: 338

Ich halte zwar nicht allzuviel von Herrn Precht, komme aber zu keinem anderen Urteil über Luther als er. Interessanter noch als die Figur Luther finde ich jedoch den Umgang der EKD mit ihrem "Helden". Dieser Umgang zeigt irgendwie: die Menschen haben sich in der Tiefe ihrer Natur nicht groß verändert, vielleicht ist die Wortwahl gediegener, die Umgangsformen. Die Gedanken sind oft dieselben...
Ottilie ist offline   Mit Zitat antworten
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