Die Konkubine, die zeitlebens Jungfrau war bei Poetry.de

DieSilbermöwe · 29.12.2015, 18:32

Im alten China, im Kaiserreich,
da hatten es Mädchen nicht leicht.
Zu einem jungen Mädchen sprach die Mutter:
"Aufgepasst!
Du gehst zum Kaiser, lebst in seinem Palast
Und wirst eine herrliche Konkubine sein."
Erschrocken rief die Tochter: "Nein!
Das ist ein Leben nur zum Schein!"
Und sie weinte bitterlich:
"Ehrwürdige Mutter, bitte nicht!"

Keine Träne half dem Kind,
die Zeit verging geschwind
bis zum Verschwinden hinter hohen Mauern,
mochte sie auch noch so trauern.

Es wurde so, wie sie es schon geahnt,
einsam war sie jede Nacht.
Niemals würde sie das Lächeln eines eigenen Kindes sehen,
Jahre und Jahrzehnte würden vergehen.

Denn Hunderte von Konkubinen lebten im Palast des Lichts,
manche von ihnen bekam der Kaiser nie zu Gesicht.
Doch jeden Tag wurde aufs Neue sich geschmückt
in der Hoffnung auf empfangendes Glück.

Die Konkubine, die ich meine,
wurde neunundvierzig Jahre alt,
sie starb friedlich, ihr Leib war schon kalt,
als der Kaiser kam, sie endlich anzusehen und dachte:
"Wie schade, Schönheit und Jugend müssen vergehen."

Thing · 31.12.2015, 11:17

das ist farbiges und lebendiges (Kopf-) Kino!

LG
Thing

DieSilbermöwe · 31.12.2015, 14:25

Vielen Dank, Thing! Ich hatte mal in einem Roman über das Schicksal dieser Frauen gelesen - so etwas könnte es damals wirklich gegeben haben.

Thing · 31.12.2015, 14:27

Ja, das kann ich mir lebhaft vorstellen.
Du hast das so plastisch bedichtet, daß ich regelrecht "dabei" bin.
Ich höre sogar die Stimmen der Protagonistinnen - wie gesagt: Farbiges Kino!

LG
Th.

29.12.2015, 18:32	#1
DieSilbermöwe Dabei seit: 07/2015 Alter: 61 Beiträge: 6.721 Meine Gedichte Meine Favoriten	Die Konkubine, die zeitlebens Jungfrau war Im alten China, im Kaiserreich, da hatten es Mädchen nicht leicht. Zu einem jungen Mädchen sprach die Mutter: "Aufgepasst! Du gehst zum Kaiser, lebst in seinem Palast Und wirst eine herrliche Konkubine sein." Erschrocken rief die Tochter: "Nein! Das ist ein Leben nur zum Schein!" Und sie weinte bitterlich: "Ehrwürdige Mutter, bitte nicht!" Keine Träne half dem Kind, die Zeit verging geschwind bis zum Verschwinden hinter hohen Mauern, mochte sie auch noch so trauern. Es wurde so, wie sie es schon geahnt, einsam war sie jede Nacht. Niemals würde sie das Lächeln eines eigenen Kindes sehen, Jahre und Jahrzehnte würden vergehen. Denn Hunderte von Konkubinen lebten im Palast des Lichts, manche von ihnen bekam der Kaiser nie zu Gesicht. Doch jeden Tag wurde aufs Neue sich geschmückt in der Hoffnung auf empfangendes Glück. Die Konkubine, die ich meine, wurde neunundvierzig Jahre alt, sie starb friedlich, ihr Leib war schon kalt, als der Kaiser kam, sie endlich anzusehen und dachte: "Wie schade, Schönheit und Jugend müssen vergehen."

31.12.2015, 11:17	#2
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo, Die Silbermöwe - das ist farbiges und lebendiges (Kopf-) Kino! LG Thing

Ähnliche Themen
Thema	Autor	Forum	Antworten	Letzter Beitrag
Wie die Jungfrau zum Kinde	gummibaum	Sprüche und Kurzgedanken	1	28.03.2013 14:04
Jungfrau	Ex-Erman	Liebe, Romantik und Leidenschaft	4	23.09.2011 20:37
Gespräch mit der verblühten Jungfrau Poeterey	Hamilkar Barkas	Sonstiges Gedichte und Experimentelles	0	13.09.2007 12:51

31.12.2015, 14:25	#3
DieSilbermöwe Dabei seit: 07/2015 Alter: 61 Beiträge: 6.721 Meine Gedichte Meine Favoriten	Vielen Dank, Thing! Ich hatte mal in einem Roman über das Schicksal dieser Frauen gelesen - so etwas könnte es damals wirklich gegeben haben.

31.12.2015, 14:27	#4
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Ja, das kann ich mir lebhaft vorstellen. Du hast das so plastisch bedichtet, daß ich regelrecht "dabei" bin. Ich höre sogar die Stimmen der Protagonistinnen - wie gesagt: Farbiges Kino! LG Th.