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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 04.12.2010, 09:23   #1
weiblich Ilka-Maria
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Standard Philosophisches Drama

Prolog

Ein Loch ist da, wo sonst nichts ist,
nicht Raum noch Stoff, nicht Zeit noch Frist.

1. Akt

Ein Loch macht da, wo sonst nichts ist,
sich seiner Existenz gewiß;
indem es sich am Rande mißt,
denn ohne diesen wär’s ein Nichts.

2. Akt

So ohne Rand geht Loch halt nicht,
das ist Erkenntnis von Gewicht,
doch da der Rand ein Etwas ist,
da frag ich mich: Nichts oder nicht?

3. Akt

Obwohl ein Loch nur Leere ist,
ist Leere Etwas und nicht Nichts,
und weil man es sehr deutlich sieht,
weiß ich, daß es ein Nichts nicht gibt.

Epilog

Ein Etwas definiert ein Nichts,
weil’s umgekehrt nicht möglich ist.


4. Dezember 2010
© Ilka-Maria
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Alt 04.12.2010, 11:14   #2
männlich Mittelpunkt
 
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Hi Ilka,

warum Drama? Normalerweise ist ein Drama so aufgebaut:

Zitat:
Exposition (Einleitung/Protase)
Die handelnden Personen werden eingeführt, der dramatische Konflikt kündigt sich an.

Komplikation (Steigerung/Epitase)

Steigende Handlung – mit erregendem Moment (Katastase)
Die Situation verschärft sich.

Peripetie (Umkehr der Glücksumstände des Helden)

Die Handlung erreicht ihren Höhepunkt (Klimax).

Retardation (Verlangsamung)


Fallende Handlung – mit retardierenden (aufschiebenden, hinhaltenden, verlangsamenden) Momenten.

Die Handlung verlangsamt sich, um in einer Phase der höchsten Spannung auf die bevorstehende Katastrophe hinzuarbeiten.

Katastrophe oder Lysis/Dénouement
a) Es kommt zur Katastrophe
z. B. Hamlet → sein Tod, Massensterben
b) Alle Konflikte werden gelöst
z. B. Nathan der Weise → alle sind verwandt und glücklich, Massenumarmung


Also mit Drama hat das nicht viel zu tun, glaube ich (also ich erkenne keine klare Struktur), aber mir gefällt die Philosophie darin. Was ist das Nichts. Eine oft gestellte Frage.
Laut Quantenmechanik existiert ja das Nichts, es ist nur ein Zustand, welches in einem anderen Universum wieder anders sein könnte.
Dein Gedicht hat auch einen merkbaren Humor, scheint dein Stil zu sein. Gefällt mir deswegen auch sehr gut.

LG
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Alt 04.12.2010, 12:58   #3
weiblich Ilka-Maria
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Lieber Mittelpunkt,

danke für den Kommentar. Natürlich ist es kein Drama im griechisch-klassischen Sinne, außer das mein Gedicht eine gewisse geschlossene Form hat. Es sollte einfach eine kleine Spielerei sein, wobei ich mehr auf jene "Dramatik" abzielte, daß es auf philosophische Fragen oft keine Antwort gibt. Eine Tragödie ist dies keineswegs.


Abgesehen davon gibt es, wie Du bestimmt selber weißt, nicht nur die klassische Form des Theaters, sondern auch die Mischform bei Georg Büchner oder das offene Drama bei Bertolt Brecht.

LG
Ilka-M.
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Alt 04.12.2010, 17:48   #4
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Hallo Ilka-Maria,

dein Gedankenspiel gefällt mir.
Wenn ich mich nicht irre, gibt es noch ein andere Gedicht zum Thema "Loch". Nur weiß ich jetzt gerade nicht, vom wem es ist. Ich habe Namen im Kopf wie Kästner, Jandl, Ringelnatz oder Morgenstern. Aber genau weiß ich es gerade nicht. Vielleicht weiß es ja jemand hier.

Gruß, Lyrik
Ex-Lyrik ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.12.2010, 17:56   #5
Thing
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Beiträge: 34.998

Halli Hallo, Ilka-Maria!

Nicht zu vergessen Dürrenmatt!

Ich finds ausgezeichnet.
Zumal es so manche Philosophie enttarnt und selbst Stephen Hawking in manchen seiner Postulationen ad absurdum führt.

Ich finds spannend und erheiternd zugleich, sehr gewitzt und von köstlicher Kürze.
Wie nennt man das?
In 's Loch gebracht?
Oder doch eher:
Auf den Punkt gebracht.

Kompliment!

Thing


@ Lyrik:
Ich glaube, es war Morgenstern, der über die "Zwischenräume" der Zäune schrieb.
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.12.2010, 18:11   #6
männlich Ex-Lyrik
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Dabei seit: 11/2010
Beiträge: 48

Danke. Ich werde meine Morgensternsammlung mal durchforsten.
Gruß, Lyrik
Ex-Lyrik ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.12.2010, 21:52   #7
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.089

Keine Ahnung, ob Morgenstern das Thema bearbeitet hat, als Urheber des Palmström traue ich es ihm allerdings zu.

Meine Quelle war ein uraltes Taschenbuch (1994): Michael Wittschier, "Abenteuer Philsosophie". Sein Text über das Problem "Loch" stammt von Kurt Tucholsky und geht so (auszugsweise):
Ein Loch ist da, wo etwas nicht ist.

Das Loch ist ein ewiger Kompagnon des Nicht-Lochs: Loch allein kommt nicht vor, so leid es mir tut. Wäre überall etwas, dann gäbe es kein Loch, aber auch keine Philosophie und erst recht keine Religion [...]. Die Maus könnte nicht leben ohne es, der Mensch auch nicht: Es ist beider letzte Rettung, wenn sie von der Materie bedrängt werden. Loch ist immer gut. [...]

Das Merkwürdigste an dem Loch ist der Rand. Er gehört noch zum Etwas, sieht aber beständig in das Nichts, eine Grenzwache der Materie [....].

Trenne die Scheidewand zwischen zwei Löchern: Gehört darin der rechte Rand zum linken Loch? Oder der linke zum rechten? Oder beide zu beiden?

Meine Sorgen möchte ich haben.

Wenn ein Loch zugestopft ist, wo bleibt es dann? [...]

Wo ein Ding ist, kann kein anderes sein. Wo schon ein Loch ist, kann da noch ein andres sein? Und warum gibt es keine halben Löcher? [...]
Euch allen einen schönen Sonntag.

LG
Ilka-M.
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