Ob ich Abschied schaffe.

[Walther]

Ob ich Abschied schaffe.

Das Bett ist leer. Sein Tuch hat keine Falten.
Kein Kleid weht mehr durch meinen großen Schrank.
Ich darf Erinnerung allein verwalten.
Mein Herz schlägt einsam, und es fühlt sich krank.

Ich steh Minuten vor der Kaffeekanne.
Mein Becher tropft die Reste auf den Boden.
Die Spinne webt ein Netz, das ich schnell spanne:
Patina brauchen sie, die Episoden,

Die nie von Dauer sind, die Abschnitt bleiben.
Die Schnitte bluten. Wollen nicht verheilen.
Den Becher stell ich ab, die Schläfen reiben
Muss ich, als rasch mir die Gedanken eilen

Zum Bett, zu deinem Duft, zu der Karaffe,
Die ich dir schenkte: Ob ich Abschied schaffe?

[Ilka-Maria]

Große klasse, Walther! So entstehen Bilder im Kopf, die den Leser nicht schonen: Sie tun weh.

LG
Ilka

[Walther]

Zitat von Ilka-Maria

Große klasse, Walther! So entstehen Bilder im Kopf, die den Leser nicht schonen: Sie tun weh.

LG
Ilka

Hi Ilka,
gelegentlich reizt es mich, ein beispiel einzustellen, wie ein sonett aussehen sollte, das klingt. danke fürs kommentieren!
lg W.

[Ilka-Maria]

Mir ist prinzipiell egal, für welche Versform sich ein Lyriker entscheidet. Was ich an deinem Gedicht bestechend finde, ist die Intensität der Momentaufnahme, die du in nicht alltäglichen Schilderungen auszudrücken vermochtest. Sie zeigt das Lyrische Ich in einer starken Wehmut und Trostlosigkeit. Dabei bist du in den letzten sechs Versen mit nur einem Adjektiv ausgekommen. Sie leben von der Handlung und der Umgebung, in der sich das Lyrische Ich befindet. Das ist weit mehr, als die Form eines Sonetts einzuhalten. Ginge es um Kino, würde ich sagen: Da holt ein fähiger Regisseur aus seinem Protagonisten alles heraus, ohne ihn in Lamento verfallen zu lassen.

[Walther]

Zitat von Ilka-Maria

Mir ist prinzipiell egal, für welche Versform sich ein Lyriker entscheidet. Was ich an deinem Gedicht bestechend finde, ist die Intensität der Momentaufnahme, die du in nicht alltäglichen Schilderungen auszudrücken vermochtest. Sie zeigt das Lyrische Ich in einer starken Wehmut und Trostlosigkeit. Dabei bist du in den letzten sechs Versen mit nur einem Adjektiv ausgekommen. Sie leben von der Handlung und der Umgebung, in der sich das Lyrische Ich befindet. Das ist weit mehr, als die Form eines Sonetts einzuhalten. Ginge es um Kino, würde ich sagen: Da holt ein fähiger Regisseur aus seinem Protagonisten alles heraus, ohne ihn in Lamento verfallen zu lassen.

Hi Ilka,
an dieser stelle wirkt das belletristische schreiben. es verwändert die herangehensweise. texte saugen über eine "geschichte" den leser hinein. er erlebt mit, was der prota erlebt. dieser blickwinkel, den ich schon immer hatte, wurde weiter verstärkt.
das verhindert de blutleere oberflächlicher exkurse. und schafft raum für lebende sprache, die auf einmal in die form rutscht, als müsste sie schon immer genau so gelegt/gelegen sein.
lg W.

[Ex-Ralfchen]

wie immer eine sensation. manchmal frage ich mich wie du deine Gedanken zu derartigen Bildkonstrukten ordnen kannst. fühle mich da wie der älteste Grundschüler der Republik...echt. wie Ilka immer wieder bei meinen texten anmerkt bin ich nicht mal in der lage die fälle zu finden...naja, bin halt nur ein übermütiger (Ilka) lter Flegel...

[Walther]

Zitat von Ralfchen

wie immer eine sensation. manchmal frage ich mich wie du deine Gedanken zu derartigen Bildkonstrukten ordnen kannst. fühle mich da wie der älteste Grundschüler der Republik...echt. wie Ilka immer wieder bei meinen texten anmerkt bin ich nicht mal in der lage die fälle zu finden...naja, bin halt nur ein übermütiger (Ilka) lter Flegel...

Hi ralfchen,
immer wenn dich die wut packt, schießt du übers ziel hinaus, mon cher. du musst dich schonen. in deinem alter kriegen schlagadern schnell einen schlag. also entspannungsübungen und coronarsport. merk's dir.
ich habe gehört, es gäbe lavendellikör. der soll auch die beruhigen, die gerne einen zwitschern.
servus und baba W.