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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 18.04.2015, 15:29   #1
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Standard Pilger der Sonne

Du, der Einsame beschreiter des Halbschattens, schleichst durch die blassschwarzen Gassen, begleitet, verfolgt, umspielt, von der Alltäglichen, deren Strahlen sich gleich den zaghaften Armen einer Frau, langsam ihren Weg über deinen Rücken ertasten, ihn erklimmen und dir gleichzeitig den Weg erhellen, auf den dich deine Schritte heute lenken. Leise erwacht die Stadt um dich herum und auch dein Geist. Deine Gedanken brechen einzeln aus der Finsternis hervor und versuchen deinen Verstand mit Freuden und Sorgen zu befüllen, doch branden sie gleich Wellen über ihn hinweg, durchströmen ihn, ohne Spuren zu hinterlassen. Du verspürst weder Glück noch Pein, keinerlei Gefühl, weder in deinen Knochen, noch in deinem erstarrten Verstand, nur der Klang deiner alten Schuhe und deines langsamen Atems hallen durch die endlose Weite deines Bewusstseins.

Du durchläufst einige Gassen, durchquerst einen Park, in dessen grossen Eichen und Tannen sich das Sonnenlicht niederlässt, wiedergespiegelt von einigen Tautropfen, die bis jetzt weder gefroren noch getrocknet sind. Betrachtest das stumme Spiel ihrer wechselnden Farben, hörst einige Spatzen fiepen. Ein harter Kontrast zu den Schrillen rufen die nun erklingen, wenige Atemzüge weiter, der Markt, bereits bevölkert von Menschen, Verkäufern. Du riechst Käse, Fleisch und Brot, siehst Licht brechen, tanzen auf den Gesichtern, den sich bewegenden Lippen der Menschen. Du läufst weiter, vorbei an läutenden Kirchen, betenden Mönchen, streitenden Pfarrern die beide, der eine streng, der andere milde, unter denselben Strahlen, desselben Sternes Erleuchtung suchen.

Die Pflastersteine unter deinen Füssen, unnachgiebig und kalt, beherbergen zwischen ihren Spalten etliche Krabbler und kleine Gräser, die sich allesamt, das eine Nahrung, das andere Ernährter, den Strahlen entgegen strecken, ihrer Wärme, die sich langsam über dir erhebt und die Stadt erobert, leise und sanft, wie es ihrer Herrlichkeit gebührt. Und sie alle öffnen die Fenster und die Blüten, die Mäuler und Flügel um sie freudig zu empfangen, im vermeintlich sicheren glauben ihrer steten Erwartung, doch trotzdem erleichtert, ihr Scheinen nun empfangen zu können. Den sie alle würden untergehen, wenn sie nicht wäre und das trotz der Gewissheit, dass sie noch lange Strahlen wird, wenn sie schon längst unter ihrem ewigen Antlitz zu Staub zerfallen wären
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