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Zeitgeschehen und Gesellschaft Gedichte über aktuelle Ereignisse und über die Menschen dieser Welt.

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Alt 08.01.2015, 16:49   #1
männlich wüstenvogel
 
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Alter: 70
Beiträge: 441

Standard Je suis Charlie

Alles
muss man kritisieren dürfen
alles sagen
alles fragen
alles wagen
alles zeichnen
alles zeigen
nichts verschweigen
vergesst das nie -
je suis Charlie!
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Alt 08.01.2015, 22:42   #2
männlich Karl Lauer
 
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Der Freiheitsgrad der direkten Rede, die man jemanden zubilligt, steht in indirekter Proportionalität, zur Wirkungsmacht, die seine Reden haben!
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Alt 08.01.2015, 23:35   #3
Samira ElNoel
 
Dabei seit: 12/2014
Beiträge: 32

gefällt mir gut
Samira ElNoel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.01.2015, 18:53   #4
weiblich Kilda
 
Dabei seit: 11/2013
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Gut und aktuell.

Moi, je suis Charlie aussi!
Kilda ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.01.2015, 12:41   #5
männlich wüstenvogel
 
Dabei seit: 06/2011
Ort: wetzlar
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Beiträge: 441

Standard Je suis Charlie

Vielen Dank für eure Kommentare.

Karl, deine Aussage verstehe ich nicht.
Heißt das, je weniger man direkt sagt, desto wirkungsvoller ist das?

Mittlerweile, nachdem mein Entsetzen und meine Ohnmacht über das feige Attentat etwas abgeklungen ist, muss ich die Aussage des Gedichts ein wenig relativieren.

Natürlich darf man nicht ALLES sagen oder zeigen. Es gibt Grenzen.

Das Gedicht sieht jetzt so aus:


Je suis Charlie

Alles muss man kritisieren dürfen
sagen
fragen
wagen
zeichnen
zeigen
Unrecht nicht verschweigen
vergesst das nie -
je suis Charlie.


Liebe Grüße

wüstenvogel
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Alt 10.01.2015, 13:07   #6
weiblich Ilka-Maria
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Lieber Wüstenvogel,

die zweite Fassung ist gegenüber der ersten in der Form stark verbessert und im Ausdruck präziser.

Ich glaube, Karl meint, dass man beim Kritisieren immer mit Gegenreaktionen rechnen muss, und zwar umso stärker, je negativer oder brüskierender die Kritik ist. Das ist nicht falsch argumentiert, wie wir selbst im täglichen Umgang miteinander erleben.

Jedoch gibt das Nichtgefallen von Kritik niemandem das Recht, in ein Gebäude zu stürmen und Menschen regelrecht hinzurichten. Denn eine Hinrichtung war die Aktion in Paris, nichts anderes. Die islamistischen Terroristen sehen sich genauso wie die Dschihadisten als Soldaten. Das kann ein demokratischer Rechtsstaat nicht akzeptieren.

Wie würden wir denn reagieren, wenn Frau Merkel (Frisur und Hängebäckchen) oder Herr Kohl (Bundesbirne) ins Büro ihrer Karikaturisten stürmten und sie (möglicherweise in Namen der Menschenwürde) einfach über den Haufen schössen?

Übrigens: Terroristische Aktionen entwickeln ebenfalls Wirkungsmacht, wie man am schnellen Fahndungserfolg der französischen Polizei gesehen hat.

LG
Ilka
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Alt 11.01.2015, 14:07   #7
männlich wüstenvogel
 
Dabei seit: 06/2011
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Beiträge: 441

Standard Je suis Charlie

Liebe Ilka,

vielen Dank für deinen Kommentar.

Wir müssen alle Arten von Kritik und Meinungsäußerung ertragen.

Auch die Pegidisten müssen das Recht haben,
ihre menschenverachtenden und einseitigen Thesen in Wort, Schrift und Bild auszudrücken, auch wenn es oft schwer zu ertragen ist.

Freiheit ist unteilbar.

Natürlich hat sie ihre Grenzen, wenn Menschen körperlich attackiert werden,
von Attentaten ganz zu schweigen.

Liebe Grüße

wüstenvogel
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Alt 11.01.2015, 15:51   #8
männlich Karl Lauer
 
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Zitat:
Zitat von wüstenvogel Beitrag anzeigen
Karl, deine Aussage verstehe ich nicht.
Heißt das, je weniger man direkt sagt, desto wirkungsvoller ist das?
Lieber Wüstenvogel,

ups, ich muss gestehen, das meine "Replik" entstanden ist, ohne den aktuellen Hintergrund zu kennen - manchmal klink ich mich tagelang komplett von allen Nachrichten aus - das war hier so eine Überschneidung.

Lassen wir mal kurz den erschütternden Hintergrund komplett aussen vor - ich meinte das wir mit multiplen Massstäben messen (zugestehen), was "erlaubt" ist. Und einer dieser Massstäbe ist die Macht (das Auditorium) das das entsprechende Sprachrohr hat.
Schon hocheitle Absolut-Monarchen leisteten sich neben einen Hofstaat an Schmeichlern auch hin und wieder einen Narren, dem sie gestatteten Possen über sich reissen zu lassen.
Ein cleverer Hofnarr passte (wollte er seinen Kopf möglichst lange auf den Schultern belassen) sich dynamisch in der Schärfe seines Spottes den Intimitäts-Grad an. Je mehräugiger das Auditorium, desto harmloser und belangloser wurde sein "Spott" und viceversa. Selbst wenn der Monarch genügend Humor besessen hätte, über einen gelungenen Witz auf seine Kosten vor dem gesamten Ballsaal loszuprusten - spätestens seine "Berater" hätten ihn gedrängt, hier unbedingt "Stärke" zu demonstrieren und dergleichen "Infamitäten" exemplarisch zu ahnden!
"Echte Größe" und demonstrierte "Pseudo-Stärke" bleiben eben meist ein inkompatibles Fuß-Schuh-Gespann.

Heute (hier) ist uns verfassungsmässig die freie Meinungsäusserung garantiert, es greift nur eben der Hofnarr-Mechanismus das bspw. auflagenstarke Blätter mit breit gefächerten Zielgruppen idR harm- und zahnloser "witzeln" als ihre Kollegen, die bspw. selbstgedruckte Exemplare händisch verkaufen. Hildebrants "Scheibenwischer" hatte ne ganz andere Qualität und Bissigkeit, als die Blödel-Shows auf den Krawall-Sendern, die aufpassen müssen, nicht die werbefinanzierende Hand zu beissen.
Auch heute gibt es also "Zensur" - und je unanhängiger jemand ist, desto weniger Menschen erreicht zwar seine "Kritik", aber desto freier kann er agieren.

Bei der anderen, grundlegenderen Frage, herrscht hier wohl nahezu Absolut-Konsens. Ich glaube nicht, das bei poetry irgendjemand da ersnthaft gegen-argumentieren möchte. Aber, die die du eigentlich überzeugen willst, wirst du damit leider nicht erreichen / "zum umdenken anregen".

Womit wir endlich zu deiner obigen Frage kommen:

Das hängt alles von sehr vielem ab: Manchmal sind Fakten und Argument-Arbeit der beste Weg, manchmal leise Ironie, die erst auf dem Heimweg richtig zündet, manchmal Kampfparolen, manchmal auch komplettes Schweigen und denjenigen seine Fehler selbst erkennen lassen... manchmal erst alles zusammen und manchmal überhaupt nix von dem...
Da gibt es leider kein Patent-Rezept.

Eine ganz kleine Faustregel vielleicht: Je offener jemand von sich heraus schon zum "Paradigmen-Wechsel" ist, desto zugänglicher höchstwahrscheinlich für "Fremdeinflüsterungen", sprich Argumente. Je weiter davon entfernt, desto zielgerader scheint der Umweg. Er muss "von sich aus" draufkommen, dann hast du Ackerland.

Aber auch das - ist kein "Algorithmus", in der Praxis ist jeder Fall, jede Situation individuell/unuiqe. Versuch und Irrtum und die Flinte nicht frustriert vorzeitig ins Korn - mehr weiss ich auch nicht!
Karl Lauer ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 16:07   #9
männlich wüstenvogel
 
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Beiträge: 441

Standard Je suis Charlie

Lieber Karl,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

Bei vielen der heutigen "Hofnarren" gebe ich dir Recht - es heißt ja jetzt auch oft "Comedy" statt Kabarett.
Die meisten dieser Beiträge bleiben im Bereich des "Privaten" - ihr Niveau sind bessere Witze.
Allerdings gibt es gottseidank auch Ausnahmen - Pispers, Priol u. a.
Ich bin gespannt, wie lange das ZDF sich die "Anstalt" noch leistet -
die Sendezeit wurde ja schon nach hinten verschoben.

Die französische Satirezeitung hat ja auch nur eine Auflage von 60.000 -
das wird sich allerdings jetzt ändern (was natürlich niemand so gewollt hat).

Auf jeden Fall muss es möglich sein (bzw. bleiben),
alles zu kritisieren bzw. in Frage zu stellen.

Liebe Grüße

wüstenvogel
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Alt 11.01.2015, 16:34   #10
männlich Karl Lauer
 
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Zitat:
Zitat von wüstenvogel Beitrag anzeigen
Auf jeden Fall muss es möglich sein (bzw. bleiben),
alles zu kritisieren bzw. in Frage zu stellen.
Jup, vor allem sich selbst!

Für mich gibts nur ein Tabu: Echte Unabänderlichkeiten mit denen jemand (eine Gruppe) leben muss (unter denen er/sie leidet). Das zu fokussieren ist sowohl geschmacklos, als auch unfair.

Ansonsten halte ich alles in jeder Schärfe / Schwärze (sogar Niveaulosigkeit) für legetim.

Edit:
Ich möchte das noch kurz ausführen: Wenn ich das ausfallende Haupthaar einer Person in den Fokuss ziehe, steht nicht die kaschierte Glatze im Mittelpunkt (für die er nichts kann) sondern seine Eitelkeit, an der er sehr wohl was ändern kann.
Das ist was anderes als in einer pseudo-politischen Karrikatur die körperlichen Makel der hühnerbrüstigen, 17jährigen Gegenkanditatin, mit Karl Eduard von Schnitzler Brille und Pferdegebiss in den Fokuss zu ziehen. Darauf hat die Kleine nahezu null Einfluss und mit Sicherheit schmerzt es sie auf eine unfaire Weise.
Sich über einen individuellen, non-anonymen Krebs-Aids-Eboloa... Erkrankten zu amüsieren ist schandhaft, trotzdem bleibt "ich glaub, ich habe Dieter Thomas E-Heck" ein verdammt guter Witz über den wahrscheinlich sogar einige der tatsächlich Betroffenen mit zumindest einem Auge schmunzeln konnten. Galgenhumor ist die höchste Form des Humors. Boshaftes Giftspritzen-Injizieren wohl der niederträchtigste Spott... selbst bei einem Joseph Göbbels bliebe es unfair, ihm seinen Hinkefuss vor zu werfen! Es sei denn, der Witz ist verdammt lustig.
Ich will Makel-Humor nicht komplett verteufeln, aber hier muss das Lach-Potential so gewaltig sein, das Verletzungs-Risiko so gering und das Böse-Absichten-Haben soweit ausgeschlossen sein, das selbst das Opfer darüber schmunzeln kann. Ein echter Balance-Akt.
Bei allem anderen dürfen die Witze weit natürlich weit platter sein.
Karl Lauer ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 17:32   #11
weiblich Merith
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Für mich gibt es zwei absolute Tabu-Themen , das sind die Würde des Menschen und die Religion

Merith
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Alt 11.01.2015, 18:41   #12
männlich Karl Lauer
 
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Zitat:
Zitat von Merith Beitrag anzeigen
Für mich gibt es zwei absolute Tabu-Themen , das sind die Würde des Menschen und die Religion
Ehrlich? Klingt für mich leicht - ich komme nicht aufs passenste Adjektiv - "verbohrt, intolerant, festgesessen..." (irgendwas davon, nur nicht so negativ konnontiert)?
Der Mensch hat doch gerade deswegen soviel Würde, weil er über sich selbst lachen kann und darf. Und was ist (welcher) Gott (auch immer), denn anderes, als ein Mensch+++?
Völlig legetim, wenn du hier, für dich deine Grenzen ziehst - die Frage die bleibt, liesst du dann einfach darüber weg oder regt dich sowas auf, schreibts gar erzürnte Leserbriefe?

Grüss Gott, liebe Merith;-)
Karl Lauer ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 18:52   #13
weiblich Ilka-Maria
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Die "Würde des Menschen" gibt es nicht. Sie wurde nie definiert, weil sie nicht definierbar ist. Es gibt sie nicht, weil sie nicht angeboren ist. Wäre sie angeboren, hätte auf jeden, der zum Beispiel versuchte, einen Menschen zu versklaven, sofort der Blitz Gottes niederfahren müssen.

Die "Würde des Menschen" ist ein Abstraktum, eine Floskel. Sie verliert ihre "Geltung" schon an der nächsten Haustür, wo ein Kind geprügelt wird, weil es keinen Spinat essen will.
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Alt 11.01.2015, 19:19   #14
Richard L.
 
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Standard ?

Edit: nach unten verschoben.

Geändert von Richard L. (11.01.2015 um 21:08 Uhr)
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Alt 11.01.2015, 19:23   #15
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Interessanter Einwand, liebe Ilka,

es sind aber gerade die Abstrakta, das Nicht-Bewiesene, das Spekulative, das den Kreuzzügen Nahrung gibt.

Aber ich schätze, das war es nicht, was Merith meinte, und ich glaube ich verstehe erst jetzt, dank deines neuen Blickwinkels, was sie meint - Sklaven, Pädophilen-Gefangenen, Brutal-Verbrechen-Opfer, den 9/11 Fensterspringern...wurde neben Anderen auch ein gehöriges Stück weit die Würde genommen. Sich darüber zu amüsieren - sofern es nicht einen zwingenden Grund gut, ein sogenanntes "befreiendes" Lachen, da gehe ich komplett mit Merith dacor. Hatte ich so nicht gesehen, danke für den Denkanstoss.
Man kann selbst über die Sklaverei, den Holocaust, CHARLIE... Witze machen -
sie sollten aber deutlich erkennen, lassen, das hier "mit" (oder sogar im Gedenken) den Opfern gelacht wird, nicht über sie! Äusserst filigraner Spagat auf dem 220 Volt Hochseil-Draht.
Karl Lauer ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 19:33   #16
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Und das Gleiche gilt wahrscheinlich für den Glauben!
Sich über Religionen, ihre Zeremonien, Fabeln, den Budenzauber und vor allem ihrer Doppel-und Dreifachmoral zu amüsieren ist etwas Anderes als dem Menschen, seinen "Glauben an sich" an zu schwärzen.
Glauben zu dürfen was jeder möchte, selbst wenn es die "Tatsache" ist, das der Mond aus grünem Käse besteht, ist ein Menschenrecht. Ich kann jederzeit und auf jedem Niveau über den Inhalt seiner Religion Witze machen, aber im prinzipiell vor zu schreiben, das er nicht glauben darf, ist eine komplett andere Hausnummer! Es betrifft eben seine "Würde".

(habe ich noch nie wirklich darüber nachgedacht, und alles andere als eine "abschliessende" Meinung zu, aber danke euch allen für die Denkanstösse).
Karl Lauer ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 19:46   #17
weiblich Merith
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Hallo Karl,

du hast noch ein Adjektiv vergessen: gerechtigkeitsversessen, aber das sehe ich dir nach, so gut kannst du mich ja noch nicht kennen .....

Merith
Merith ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 20:17   #18
männlich Karl Lauer
 
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Zitat:
Zitat von Merith Beitrag anzeigen
Hallo Karl,

du hast noch ein Adjektiv vergessen: gerechtigkeitsversessen, aber das sehe ich dir nach,
Das ist kein Adjektiv, das ist ein Atributen-ungeheuer, aber das sehe ICH DIR nach
Karl Lauer ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 20:43   #19
männlich wüstenvogel
 
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Standard Je suis Charlie

Vielleicht sollte man zwischen "Glauben" und "Religion" unterscheiden -
Religionen müssen sich jede Art von Kritik gefallen lassen - da muss man ja auch nicht lange suchen.

"Menschenwürde" ist ein schwer zu fassender Begriff - "Die Würde des Menschen ist unantastbar" - heißt es im Grundgesetz - aber de facto wird sie jeden Tag angetastet (Kinder, Alte, Arbeitslose, Behinderte ...).
Würde hat sicher etwas mit "Wert" zu tun, aber wenn ein Mensch in unserer
oft brutalen "Leistungsgesellschaft" nicht funkioniert, dann ist er schnell seine Würde und seinen Wert los.

Statt "Menschenwürde" würde ich eher von "Menschenrechten" sprechen,
die kann man klarer definieren.
wüstenvogel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 20:58   #20
Richard L.
 
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Hallo wüstenvogel,
dieser Gedankengang ist natürlich weitaus unanstrengender. Ich bleibe bei meiner Meinung:

Die Würde des Menschen flankiert ein Leben von Anfang bis Ende. Alles was einem im Leben passiert, hat per se nichts mit der in den Grundfesten verankerten christlichen Ansicht von Leben jeglicher Art zu tun.

-


"Statt "Menschenwürde" würde ich eher von "Menschenrechten" sprechen,
die kann man klarer definieren."


Kannst Du das?
Gruß, U.
Richard L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 22:06   #21
weiblich Ilka-Maria
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Es gibt keine Menschenwürde.

Genauso, wie es keinen Gott gibt.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 22:40   #22
männlich Karl Lauer
 
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Zitat:
Zitat von wüstenvogel Beitrag anzeigen
Vielleicht sollte man zwischen "Glauben" und "Religion" unterscheiden -
Religionen müssen sich jede Art von Kritik gefallen lassen - da muss man ja auch nicht lange suchen.
Irgendwer hat hier neulich (bei Sprüche und Kurzideen) den wunderbaren Aphorismus
"Der Glaube ist Privatangelegenheit. Die Religion aber ein öffentliches Ärgerniss" so, oder so ähnlich rausgehauen.

Eine exaktere Unterteilung brauchen wir vermutlich nicht. Jeder darf für sich glauben, was er möchte, aber wer anderen seinen Glauben "nahe bringen möchte" muss sich auch Gefallen lassen - das darauf geschossen wird. Wenn ich mit vielen anderen einen speziellen Glaube teile, nennt man das wohl Religion. Ich kann mit dem Allgemein-Konsenz meiner Glaubensbrüder (hin und wieder auch Schwestern) dacor gehen, oder nicht, meine Buchstaben-"Gläubigkeit" reicht bis Seite 12 oder bis zum Ende, ich unterstütze fundamentale "Missionare" oder betrachte sie als Demagogen... das alles zu glauben, in seinem kompletten Facetten-und Intensitäts--Reichtum ist absolute Privat-Angelegenheit. Unantastbar!
Ich, wir, glauben dies, andere das, manche überhaupt nix. Auch das ist deren absolute Privatangelegenheit. Wir wollen missionieren (ich unterstütze das?) - dann muss ich mir auch "Bevormundungen" oder "Witze" gefallen lassen. Ich selbst "diffamiere" ja den "Glauben" (selbst wenn es der "Glaube" an nichts ist) je mehr ich "missioniere". Und wenn das nur meine "Glaubensbrüder" (oder auch hier wieder seltener Schwestern tun) - muss ich das akzeptieren. Sie haben ihre konkrete Auslegung "meines" Glaubens, und ich meine- wir sind ein Stück weit deckungsgleich, stimmen in allem komplett überein, oder haben nur in bestimmten Fragen ähnliche Ansätze - alles privat/individuell.
Ich will aber glauben was ich will. Nimmt man mir das, was ich glaube, konformiert es, zwingt mir Doktrien auf oder pervertiert meinen "individuellen" Glauben anderweitig, nimmt man mir ein Recht, ergo Würde.
Nebensächlich ob das von innerhalb "meiner Glaubensgemeinschaft" oder von "aussen" kommt. Ich will glauben, was auch immer ich glauben möchte! Und zwar exakt so, wie ich es glauben möchte!

Andere sollen glauben, was sie glauben möchten und ebenso in ihrer bevorzugteten Geschmacksrichtung. Sie können über mich und meine Glaubensauslegenung solange spötteln, wie sie möchten, (tue ich ja auch), solange sie mir gestatten, zu glauben was, und in welcher Form, ich will ist alles ok.
Falls ich an einen zornigen Gott, wird dieser sie für ihrer Frevel zur Rechenschaft ziehen. Falls ich an einen leibenden Gott glaubt, wird dieser ihnen ihre Sünden verzeihen. Falls ich ans goldene Kalb, dem Nichtreffen der Parallelen in der Unendlichkeit, dem heiligen Gral auf Olympus -Mounts oder schlicht daran glaube, ich sei Napelon in 2-Meter-Reinkarnation - das alles ist mien gutes Recht. Sollen die "Ungläubigen" was sie wollen, von mir aus mich lächerlich machen - was wissen die schon.
Aber keinen von denen hat das Recht, mir zu befehlen, was ich zu glauben habe.
"Mami, du kannst mich zwar zwingen, den Spinat aufzuessen, du kannst aber nicht von mir verlangen, das er mir schmeckt."

Ich befürchte, die Haupttriebfeder bei "Glaubenskriegen" ist die Angst, das einem sein urpersönlihcer Glaube vom Sieger genommen wird. Lassen wir mal Psychopathe, Terroristen, Fundamentalisten.. und andere ...isten aussen vor.
Wer wirklich in Gott, dem Grünem Käse, den binomischen Formeln--- Vertrauen hat, vertraut auch darauf, das Gott, die "Wahrheit", die "Logik"... das schon korrigiert.
Glaubenskriege entstehen nicht aus einem ZUVIEL des Glaubens, sonderm aus einem ZUWENIG echtem Vertrauens. Wenn ich FELSENFEST in Gott, die Logik, den Fortschritt glaube, werden temporäre Entgleisungen schon irgendwann von diesen "Mächten" aufgeklärt. Bis dahin ist das nur eine Prüfung, meinse Schöpfers, meines Glaubens, wer bin ich aber, mir anzu massen, die unergründlichen Wege meines Gottes selbstständig auf die Sprünge zu helfen? Maaße ich mir damit nicht etwas zuviel an? Vor allem, wenn das im kompletten Widerspruch zu dem steht, was ich sonst so glaube?
Gott, der heilige rechte Winkel, der rote Camenbert-Jupitär, haben schon ihre Gründe, warum dies oder jenes derzeit noch nicht allen verständlich ist. Wenn die Heiden über Frevel lachen möchten, dann gehört selbst das zu seinem/ihres/deren Plan. Wenn ich wirklich felsenfest an etwas Größeres als die Menschheit glaube, vor allem, wenn die Weg dieser Instanz unergründlich sind, ja, bitte, dann soll alles was geschieht auch so sein.

Das Einzige das nicht sein darf: Niemand darf mir vorschreiben, woran ich glauben mag:
"Oh, Herr, lass deine Widersacher mannigfach mit barbarischen Trompeten in einer endlosen Sünden-Kakophonie in Schiss-Moll, dein Ohr erzürnen, du allein weisst, wann du Pech und Schwefel über sie ergiessen wirst. Lasse mich oh weisester, der Weisen an deiner Unfehlbarkeit teilhaftig werden und bestärke mich einstweilen in den Galuebn an deine allmächtige Entscheidungsgewalt. Ich will Geduld an meinen Feinden üben, wie auch du es in deiner unendlichen Güte tuest"

Ich glaube, MEHR Glaube und mehr GLAUBE zulassen, macht die wenigen echten Gläubigen, die nicht schon sowieso von Zuversicht und Liebe erfüllt sind, zu toleranteren Mitmenschen.

Wir brauchen eine Kultur die mittels Humor, isnbesondere Selbst-Ironie Ängste nimmt.

Die Grundbasis jeglicher Gewalt (selbst Schmollen ist "Gewalt") ist Angst. Selbst wenn es nur die Angst ist, nicht die fettesten Tortenstücke abzubekommen. Um aber anderen die Angst zu nehmen, müssen wir selber erstmal angstfrei werden. Kein Rezept, aber Humor ist schon mal ein leckeres Gewürz!
Karl Lauer ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.01.2015, 22:44   #23
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Standard Je suis Charlie

Hallo Farrell,

mit deinem Begriff von "Menschenwürde" kann ich leider nicht viel anfangen.

Menschenrechte sind klar definiert: https://www.amnesty.de/umleitung/1899/deu07/001

Inwieweit sie verwirklicht oder verwirkt sind, ist eine andere Frage.

Liebe Ilka, über "Gott" können wir trefflich streiten,
doch letzten Endes muss jeder die Frage seiner Existenz für sich selbst beantworten.

Für mich steht "Gott" über allen Religionen.

Aber das ist ein anderes Thema.

Gerade lese ich, was Karl geschrieben hat
und gebe ihm Recht. Jeder muss glauben dürfen, was er will,
solange er anderen seinen Glauben nicht überstüplt, was ja auch eine Form von Gewalt ist.

Ich grüße euch alle.

wüstenvogel
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Alt 11.01.2015, 22:50   #24
Richard L.
 
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Hallo wüstenvogel,
ich war eine zeitlang Mitglied und kenne die Erklärung. Schade, ich erhoffte mir einen interessanten Dialog.
LG, Farrell
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Alt 12.01.2015, 05:29   #25
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von Farrell Beitrag anzeigen
Schade, ich erhoffte mir einen interessanten Dialog.
Über Gott wurde im Forum bereits mehrfach bis zum Abwinken diskutiert, z.B. hier:
https://www.poetry.de/showthread.php...highlight=gott

Da hast Du 69 Seiten Diskussionsstoff.

Viel Spaß beim Lesen!

LG
Ilka
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2015, 09:34   #26
Richard L.
 
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Guten Morgen,
nein danke, außerdem ging es mir um Menschenwürde.
Gruß, U.
Richard L. ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2015, 18:16   #27
weiblich marlenja
 
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Es gibt keine Menschenwürde.
Menschen gibt es, die mit anderen Lebewesen, würdevoll umgehen...
marlenja ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.01.2015, 18:25   #28
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von marlenja Beitrag anzeigen
Menschen gibt es, die mit anderen Lebewesen, würdevoll umgehen...
Eher mit Anstand und Respekt, vielleicht auch mit einer guten Portion Vorsicht, und auch nur da, wo Abhängigkeitsverhältnisse dies ratsam machen. Wie weit es mit Respekt und Würde her ist, weiß man von den Video-Clips im Internet, mit denen Menschen regelrecht fertiggemacht werden. Das ist leider die Realität.

Der Begriff "Würde" wurde erst im 18. Jahrhundert durch Kant und Schiller mit der idealistischen Bedeutung versehen, mit der wir ihn heute verwenden. Davor bezeichnete er Menschen mit besonderen Verdiensten und gehobenen sozialen Stellungen ("Würdenträger"), nicht mehr und nicht weniger.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2015, 00:06   #29
weiblich simbaladung
 
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Hallo zusammen,

nur zum Begriff "Würde":

Unseren Verfassungsvätern und -Müttern sei Dank, dass sie ihr Menschenbild
so deutlich formuliert haben. Zu Recht sprechen sie dem Leben an sich einen
unantastbaren Wert zu, unabhängig vom Vermögen oder Nutzen eines Mensches, gerade eben auch "Schwächeren", wie Kindern, Kranken, Behinderten, Sterbenden, sogar Toten. Mithilfe der Gesetze wird immer wieder
auf Neue darum gerungen, den Menschen so gut es geht zu schützen.

Dass diese Würde in der Realität immer wieder mit Füßen getreten wird, ändert nichts an der Richtigkeit und Bedeutung als Leitlinie für die Gesellschaft und den Einzelnen.

lg, simba
simbaladung ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2015, 00:56   #30
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von simbaladung Beitrag anzeigen
"Schwächeren", wie Kindern, Kranken, Behinderten, Sterbenden, sogar Toten. Mithilfe der Gesetze wird immer wieder
auf Neue darum gerungen, den Menschen so gut es geht zu schützen.
Ja, die Menschen per Gesetz zu schützen. Das Produkt "Mensch". Soziale Errungenschaften, rationale Entscheidungen und juristische Absicherungen, das sind die Pampers. Der Mensch ist inzwischen begriffen worden als ein Investitionsgut, ein Kapital, das Leistung bringt und Gewinn maximiert.

Und dieses "Kapital!" ist rund um die Uhr per Handy zur Verfügung, und wenn es mal fünf Minuten Freizeit hat (was niemand mehr buchstabieren kann), hämmert es auf irgendeine Tastatur in den Weiten des Planeten ein, aus denen jede Menge Feedback kommt. Und da soll noch einmal jemand behaupten, das All sein unbewohnt!

Nur leider habe ich weder auf Erden noch im All bis heute nur ein Anzeichen dafür Gesehen, was die Würde eines Menschen ist.

Mich kann man sowieso damit verschonen. Ich ziehe mir doch nicht Kaisers Kleider an!

Und ich denke, damit ist alles gesagt.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2015, 14:18   #31
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Nur leider habe ich weder auf Erden noch im All bis heute nur ein Anzeichen dafür Gesehen, was die Würde eines Menschen ist.
MenschenWÜRDE steht ja auch im Konjunktiv;-)

Und der Konditionalsfall
muss weder hier noch irgendwo im All
eintreffen in Überzahl!

Schade, das du ihr noch nicht begegnet bist - gib die Hoffnung nicht auf liebe Ilka!
Karl Lauer ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2015, 14:27   #32
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Zitat:
Zitat von Karl Lauer Beitrag anzeigen
MenschenWÜRDE steht ja auch im Konjunktiv;-)
Wer hat Dir denn so etwas eingeredet?

"Würde" stammt etymologisch von einem Wort ab, das mit einem Verb nicht das geringste zu tun hat (das "ü" war ursprünglich ein "i"). Deshalb kann es sich auch nicht um einen Konjunktiv handeln. "Würde" war schon immer ein Substantiv, und das wird es auch bleiben.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.01.2015, 14:48   #33
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Von mir aus;-)
Karl Lauer ist offline   Mit Zitat antworten
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