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Alt 04.08.2006, 20:32   #1
jule
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 378


Standard Der Neuanfang

In Anlehnung an das Gedicht "der Neuanfang" hab ich das ganze auch nochmal als Geschichte geschrieben. Mit der Überschrift bin ich wieder nicht ganz zufrieden... Nunja, was solls..Kritik erwünscht!

Edit: Überschrift geändert


“Nein, ich halte das nicht länger aus“, dachte die vollkommen verstört wirkende Mara, als sie sich ihren Weg durch die Stadt bahnte. Sie sah fürchterlich aus. Ihr einst schönes Sommerkleid war zerrissen, sie hatte ein blaues Auge, rote Striemen überall, ihre langen Haare waren durcheinander und sie weinte, weinte als ob es kein Morgen gäbe. Die Menschen, an denen sie vorbeilief, schauten sie nur entgeistert an, doch fragte niemand, ob man ihr helfen könnte oder was denn überhaupt passiert sei.
Sie beachtete die Leute, die sie hilflos ansahen nicht, sondern lief, ihre Schritte stets beschleunigend, immer weiter durch die Gassen, immer die selben Gedanken denkend: “Wieso ich? Was hab ich getan? Ich wollte doch nur einen Spaziergang durch den Stadtpark machen, wollte doch nur ein wenig für mich sein. Wieso hat er das gemacht? Was soll ich jetzt tun? Ich halte den Gedanken nicht aus, nein, ich kann das nicht!”
Plötzlich stolperte sie über etwas. Was es war, wusste sie nicht sofort, doch ihr fehlte die Kraft und die Motivation, sich wieder aufzurichten und so blieb sie einfach liegen. Sie war über eine Baumwurzel gefallen, wie sie im Liegen bemerkte, denn ihr Instinkt trug sie anscheinend wieder zum Stadtpark. Wieso, das wusste sie selbst nicht. Vielleicht um ihren Peiniger zu stellen, oder um vermeintliche Zeugen zu finden. Aber sie wurden von niemandem gesehen und wieso sollte sie ihren Peiniger noch einmal sehen wollen? War nicht das eine Mal schon zu viel? Sie konnte sich keinen Reim darauf machen. Sie wusste gar nichts mehr, außer dass sie den Gedanken an das, was ihr angetan worden war, nicht aushielt. Sie wollte nicht, dass es jemand erfuhr, wollte sich so niemandem zeigen. Sie schämte sich und sie wusste, wenn sie nach Hause ginge, würde ihre Mutter sie fragen, was denn passiert sei und sie müsste das alles erzählen. Nein, das konnte sie nicht. Sie beschloss einfach liegen zu bleiben, da sie im Moment keine Kraft für etwas anderes hatte. Nach einiger Zeit schlief sie ein.
Viele liefen an ihr vorbei, dachten sich, es wäre eine von diesen drogenabhängigen Mädchen, die sich sowieso nicht helfen ließen, andere übersahen sie völlig, bis auf einmal jemand kam, der sich fragte, was denn passiert sein könnte, besorgt die vielen Wunden sah und sie ansprach. Zuerst war Mara verschreckt, wich zurück aus Angst jemand wolle sie erneut peinigen, doch dann erkannte sie das freundliche Gesicht einer etwa Gleichaltrigen. Diese streckte ihre Hand aus und Mara ergriff sie, zwar unsicher und ängstlich, sie würde jetzt ausgefragt werden, doch gleichzeitig froh, nicht länger allein sein zu müssen. Das Mädchen stellte keine Fragen, da sie sich schon denken konnte, was passiert war und genau wusste, dass es für Fragen noch zu früh war. Sie nahm Mara nur in den Arm und meinte, sie sei für sie da, wenn sie wolle und sie brauche erst zu reden, wenn sie sich bereit dafür fühlte.
jule ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.08.2006, 21:07   #2
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007


Hallo Jule,

ich habe auch Dein Gedicht gelesen und finde es in Form dieser Kurzgeschichte wesentlich besser. "Der Neuanfang" als Titel gefällt mir sehr gut, das hättest Du sicher auch für die Geschichte übernehmen können, deren jetziger Titel tatsächlich eher wie ein Verlegenheitstitel aussieht. Man kann Gedichte und Geschichten aber auch ohne Titel belassen, wenn man noch keine rechte Idee dafür hat (in dem Fall schreibe ich Klammern den ersten Satz oder das Thema, um gleich zu wissen, welcher namenlose Text gemeint ist).

Dein Text zeigt ein typisches Problem auf, wenn andere in Not geraten - niemand fühlt sich verantwortlich oder traut sich, Courage zu zeigen. Das ist wahrlich ein interessantes und diskussionswürdiges Thema. Deine Geschichte zeigt aber Hoffnung, sie hat ein positives Ende und ehrt diejenigen, die wirklich Zivilcourage zeigen. Sie demonstiert, wie man es richtig machen sollte.

Nun - und das mache ich bei den meisten Geschichten - noch ein paar kleine Korrekturen, denn ich gehe davon aus, dass man Texte in ein Lyrikforum stellt, damit man sie eventuell noch verbessern kann.

kein morgen
Morgen großschreiben. Das erkennt man am "kein" davor.

doch fragen, ob man ihr helfen könnte oder was denn überhaupt passiert war, tat niemand.
"fragen tun" klingt sehr ungeschickt. Du könntest schreiben: "doch niemand fragte, ob man ihr helfen könne oder was denn überhaupt passiert sei."
Oder: "doch Fragen, ob man ihr helfen könne oder was denn überhaupt passiert sei, kamen nicht."

Sie fiel über eine Baumwurzel, wie sie im Liegen bemerkte,Im ganzen Text benutzt Du das Präteritum als Zeitform. Nun berichtest Du von einer Begebenheit, die noch vor dem Präteritum geschah, demnach muss es heißen: "Sie war über eine Baumwurzel gefallen, wie sie im Liegen bemerkte." (Plusquamperfekt) So wie es jetzt ist, ist es missverständlich, denn man wundert sich als Leser, warum sie zweimal fällt.

Gedanken an das, was ihr angetan wurde,
Genau dasselbe wie oben. "was ihr angetan worden war"

wenn sie nach Hause gehen würde, würde ihre Mutter sie fragen,
Zweimal "würde" - das stört ein wenig. Vorschlag: "wenn sie nach Hause ginge, würde ihre Mutter sie fragen"

etwas anders
Wahrscheinlich ein Tippfehler, hier fehlt ein "e" - "anderes"

einer etwa gleichaltrigen.
"gleichaltrigen" groß.

Edit:
Jetzt fällt mir noch etwas auf:
Gedanken denkend:
Das ist doppelt gemoppelt, wie "weißer Schimmel" (das Pferd) oder "nasses Wasser". Jedenfalls würde ich hier z.B. schreiben: "immer dieselben Gedanken im Kopf." Da gibt es aber noch hundert andere Varianten.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.08.2006, 21:31   #3
jule
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 378


hi,

danke für deinen Kommentar und deine Verbesserungen. Habs gleich mal übernommen und auch die Überschrift geändert

Meiner Meinung nach schauen die Menschen viel zu oft weg. Ich hasse es, wenn man Leute nach einmaligem Ansehen als etwas abstempelt, was sie gar nicht sind: "Viele liefen an ihr vorbei, dachten sich, es wäre eine von diesen drogenabhängigen Mädchen, die sich sowieso nicht helfen ließen..."
Dieses "hauptsache mir gehts gut" -Getue geht mir gewaltig auf die Nerven und leider kommt es immer wieder vor =(
jule ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.08.2006, 21:46   #4
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007


Ja, das ist aber auch psychologisch schon so veranlagt. Je mehr Menschen in der Nähe sind, desto weniger würden eingreifen, wusstest Du das? Denn das Verantwortungsgefühl teilt sich dann auf der Anzahl der Personen auf - jeder denkt, die anderen werden schon was machen.
Und dann spielt natürlich auch die Hilflosigkeit eine Rolle, man fühlt sich nicht in der Lage zu handeln, weiß nicht, was man tun soll, hat eventuell Angst, in etwas hineingezogen zu werden.
Das Mädchen als eine Drogenabhängige abzustempeln ist dann auch oft nur eine innere Entschuldigung für das eigene Gewissen.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.08.2006, 22:11   #5
jule
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 378


Zitat:
Original von Struppigel
Ja, das ist aber auch psychologisch schon so veranlagt. Je mehr Menschen in der Nähe sind, desto weniger würden eingreifen, wusstest Du das? Denn das Verantwortungsgefühl teilt sich dann auf der Anzahl der Personen auf - jeder denkt, die anderen werden schon was machen.
Ja, davon hab ich allerdings schonmal was gehört, zwar nicht so direkt, aber so in der Art...Einfach erschreckend...

Zitat:
Original von Struppigel
Und dann spielt natürlich auch die Hilflosigkeit eine Rolle, man fühlt sich nicht in der Lage zu handeln, weiß nicht, was man tun soll, hat eventuell Angst, in etwas hineingezogen zu werden.
Das Mädchen als eine Drogenabhängige abzustempeln ist dann auch oft nur eine innere Entschuldigung für das eigene Gewissen.
Irgendwas muss man doch dagegen tun können oder? Mir fällt im Moment auch nichts ein, außer, dass man die Leute immer wieder darauf hinweisen muss. Ich mein, man kann doch nich immer nur an sich denken und wenn man Gewalt auf der Straße sieht, dann kann man sich im Prinzip auch mit mehreren zusammentun oder sonstwas tun, als nur rumzustehn, oder weiterzugehn.
Ich wette, ich hab in meinem Leben selbst schon zich mal weggesehn und ich wette, dass es den meisten so geht, aber gut finde ich es nicht...irgendwie muss man das doch mal in den Griff kriegen können...
jule ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.08.2006, 22:17   #6
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007


Man kann die Menschen nur dafür sensibilisieren und für so etwas finde ich die Fernsehbeiträge und Tests, die öfters gemacht werden, sehr gut.
Außerdem könnte man in den Schulen auch mal Projekte mit dem Thema "Zivilcourage" starten und was sich auch damit beschäftigt, ist "Wendo". Das sind Kurse, die sich mit Selbstverteidigung für Frauen beschäftigen, man lernt da mit solchen speziellen Situationen auf der Straße umzugehen. Z.B. das Nein-Sagen, wenn man in der U-Bahn begrabscht wird u.ä.
Man lernt, wie man andere Leute dazu bringt, einem zu helfen (Menschen persönlich ansprechen, Angreifer nicht Duzen usw.), aber man wird auch für solche Situationen, in denen andere in Gefahr sind, automatisch sensibilisiert.

PS: Was man auch herausgefunden hat. Leute, die am ehesten Zivilcourage zeigen, sind alte Menschen und danach Frauen - also solche, die selbst eher schwach in der Verteidigung sind.
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Alt 04.08.2006, 22:32   #7
jule
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 378


Ja, durch Fernsehbeiträge kriegt man ab und zu nen guten Einblick, was man machen kann/sollte und wie die Regel ist.

So Kurse zur Selbstverteidigung bringen es meiner Meinung nach aber nur (auf die Dauer gesehn), wenn sie länger andauern und intensiver betrieben werden, sonst vergisst man viel zu schnell alles wieder und weiß in einer Situation, in der man bestimmte Griffe brauchen könne, nicht mehr wie es ging..

Das mit den Projekten an Schulen ist eine sehr gute Idee, wird glaub ich auch ab und zu schonmal gemacht, wobei ich sowas noch nie hatte...


Dass besonders ältere Menschen und Frauen Zivilcourage zeigen hätte ich nicht gedacht..
jule ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.08.2006, 22:38   #8
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007


Der Wendo-Kurs, an dem ich teilgenommen habe, ist nun etwa 2 Jahre her. Er ging damals ganze zwei Tage lang, hat mich aber so sehr beeindruckt, dass ich die wichtigsten Dinge noch weiß. Trotzdem wünsche ich mir manchmal, das Alte wieder aufzufrischen. Die Übungen und Verhaltensregeln, die so in Fleisch und Blut übergegangen waren, muss ich mir mittlerweile doch eher mit Mühe hervorholen. Und in einer Gefahrensituation länger überlegen zu müssen, kann schlechte Folgen haben.

Nun, ich denke, dass die Fernsehbeiträge vorallem wachrütteln, denn sie führen dazu, dass man unverständlich den Kopf über die anderen Menschen schüttelt. Und wenn man dann selbst in der Lage ist, erinnert man sich hoffentlich auch daran und handelt.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
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