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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln.

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Alt 27.05.2016, 15:56   #1
männlich Fridolin
 
Dabei seit: 04/2010
Beiträge: 1.026

Standard Goethe und der Schüttelreim

Zwar will ich nicht behaupten, dass Goethe Schüttelreime verfasst hätte, dafür gibt’s nun wirklich keinen Beleg, doch lassen sich beim großen Meister einige Stellen finden, in denen Schüttelreime sozusagen angelegt sind, z.B. im Faust:

Es irrt der Mensch, solang er strebt.

Dieses geflügelte Wort hat mich zu einer geschüttelten Betrachtung angeregt:

Es irrt der Mensch, solang er strebt,
seit ohne Nabelstrang er lebt,
das heißt, von Kindesbeinen an
zieht Ehrgeiz ihn in einen Bann.

Als Kind hebt er das Köpfchen dann,
wenn er allein aufs Töpfchen kann.
Erfolg ist's, der ihn streben lässt
was ihn in seinem Leben stresst,

wenn Zeit er nur dem Hetzen schenkt,
weil, ach, sein Herz an Schätzen hängt.
Doch werden ihm zur Fron die Tage,
stellt sich im ernsten Ton die Frage:

Beweisen nicht auf Erden Wirren,
was Goethe meint: Wir werden irren?
Statt dass wir uns im Leben streiten,
sollt die Vernunft das Streben leiten

Der Weltgeist liegt im Dauerschlummer,
die Menschheit wird statt schlauer dummer.
Wie können gut die Saaten stehn,
wenn nur auf Macht die Staaten sehn?

Das Thema lockt, es fortzuwinden,
doch gilt’s, als Schluss ein Wort zu finden:
Streb jeder auf der wirren Erde,
dass er nicht einst zum Irren werde.

__________________________________________________ __
Hinweis in eigener Sache:
Vor ein paar Wochen habe ich mich einem Forum speziell für Schüttelreimer angeschlossen. Das obige Gedicht entspringt einer Anregung aus diesem Kreis. Ich werde vorerst den Fokus mehr auf die neue Gruppierung legen und hier meine Aktivitäten weitgehend einschränken.
Fridolin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.10.2020, 19:16   #2
Stachel
 
Benutzerbild von Stachel
 
Dabei seit: 03/2015
Ort: Niederrhein
Beiträge: 954

Hallo Fridolin,

ich habe diesen kleinen Schatz von dir gefunden. Ich bin ein paar deiner Schüttelgedichte durchgegangen und dieses hat mir besonders gut gefallen.

Schütteln ist geprägt von Kompromissen. So passt der Sinn der Verse manchmal nicht so ganz und muss vom Leser gedanklich zurechtgebogen werden. Du schaffst hier einige Faust'sche Überlegungen mit Sinn und Technik zu vereinen. Anders als sonst oft bei Schütteltexten wirkt hier vieles natürlich gereimt und gedanklich konsistent. Die Mühe ist erkennbar ohne sich in meinen Augen zu sehr in den Vordergrund zu drängen.

Repekt vor dieser Schüttelei!

Freundliche Grüße von
Stachel
Stachel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.10.2020, 21:24   #3
männlich Kurt
 
Benutzerbild von Kurt
 
Dabei seit: 08/2007
Ort: Menzenschwand-Las Vegas
Beiträge: 451

Ein echter Fridolin, wieder glänzend geschüttelt.(Und merkwürdigerweise in all den Jahren anscheinend unbeachtet geblieben...)

FG.
K.
Kurt ist offline   Mit Zitat antworten
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