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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt. |
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#1 |
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Das Fleisch meiner Hände verliert seinen Halt
und ich halte mein Gesicht damit: Es schmilzt! Beige Tropfen fallen auf vegetiertem Pflasterstein und Augäpfel stürzen überreif: Sie rollen hinweg. Letzte Reste schälen sich vom Gebilde. Es regnet Tod. Gedärme geben sich der Erdanziehung hin. Eine Seele kondensiert. Noch greife ich mit meinen astähnlichen Fingern im Raum und suche blind einen letzten vermeintlichen Sims, aber durch das Fenster gleißt nie wieder Morgenröte. 14.05.2016 Geändert von Ex-Amir (14.05.2016 um 01:34 Uhr) |
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#2 |
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Meine Lieben, ich giere nach eurer Aufmerksamkeit!
![]() Geändert von Ex-Amir (15.05.2016 um 01:43 Uhr) |
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#3 |
Amir,
Ich würde ja „Willkommen zurück“ schreiben, aber irgendwie kommt mir das merkwürdig vor. „Alt“ ist der Titel deines Gedichtes welcher geradezu nüchtern ja beinahe ernüchternd einfach im Vergleich zu den morbiden Bildern erscheint. Und davon gibt es reichlich, gipfelnd in der zweite Strophe („Es regnet Tod. Gedärme geben sich der Erdanziehung hin.“) hart und dreckig um dann von einem sehr weichen und punktierten Bild abgelöst zu werden („Eine Seele kondensiert“). Dein Lyrich löst sich dabei tatsächlich in den Versen auf. Zuerst in der Erkenntnis („Es schmilzt!“) dann physisch („Letzte Reste schälen sich vom Gebilde“) und schließlich wird das loslassen nach letztem Widerstand thematisiert („und suche blind einen letzten vermeintlichen Sims“). „Alt“ ist dabei nicht nur das lyrische Ich, sondern (oder gerade?) auch seine Umgebung, nicht nur in der Beschreibung („vegetiertem Pflasterstein“), sondern auch in der Wortwahl jener(„Sims“,“gleißt“, „Gebilde“, „Beige“). Da ist weit mehr als das Hinscheiden und Verwesen. Vielleicht das Aufwachen aus einem Traum, das Loslassen einer Erfahrung, die kurze Erinnerung an einen vergessenen Augenblick. Die Erkenntnis selbst. |
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#4 |
Lieber Amir,
starke Bilder die du mir hier präsentierst! Wenn man das Älter werden im Zeitraffer betrachtet, kann es wirklich so wirken als wenn ein Gesicht schmilzt. Eine tolle Idee die ich sehr gern gelesen und betrachtet habe. ![]() Liebe Grüße Gylon |
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#5 |
R.I.P.
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in diesem beängstigenden und ganz untröstlichen Gedicht hätte ich manches anders formuliert - seinen Schrecken hätte es dadurch nicht verloren.
Wenn "alt" bedeutet, wie in Deinem Gedicht zergehend (wie bei Clive Barker) zu vegetieren - dann macht mir das Älterwerden Angst, da ich selbst schon alt bin. LG Romulus Thing |
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#6 |
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Danke vielmals für eure Worte. Ich habe sie schon vor Monaten gelesen, hatte aber keinen Zugriff. Ich freue mich, dass meine Arbeit euch gefiel.
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#7 |
R.I.P.
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"gefallen" ist nicht ganz der passende Ausdruck,
bei mir war es "magisch angezogen", weil Sinistres eine starke Affinität hat. Lieben Gruß von Thing |
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#8 |
Hallo Amir,
ganz nüchtern betrachtet sind Altwerden, Sterben und Tod ja auch was gräßliches. Insofern passen deine Bilder dazu. Beim Altwerden kann man mit vollem Bewusstsein (wenn man Glück hat ) seinen eigenen Verfall betrachten. Liebe Grüße Schnulle |
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#9 |
Ich hingegen sehe das Älterwerden nicht so dramatisch bzw. dunkel. Nach einem halben Jahrhundert Lebenszeit heißt es jetzt für mich in die Hände spucken und nochmal durchstarten.
Dein Gedicht, Amir, hat aber eine besondere Note. Du hast offenbar ein Händchen für Melancholie. Deine Zeilen transportieren in meinen Augen sogar etwas von Depression. Schau nach vorn, es lohnt sich. Immer. VG Pitti |
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#10 | |
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Zitat:
@anderen Geht es tatsächlich nur um Alt und Sterblichkeit? Die Interpretation von GlassaugeBill fand ich interessant. Es könnte auch nur ein Traum gewesen sein oder eine Lebensphase. Der Zerfall könnte sich hier als ein reines Symbol etablieren, für die Wiedergeburt. Es könnte ein Ich sein innerhalb eines Lebens. Objekte, Eine Idee, Ideal oder Liebe, die überbord geworfen wird . Der pure Zerfall in jeder Form. Der Baum = Trauerweide. Danke für euren tollen Kommentare |
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#11 |
R.I.P.
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#12 |
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#13 |
Was ein Gedicht, ich komm niht klar, dass ist der Hammer
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#14 |
R.I.P.
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#15 |
"alt" aus der Perspektive eines Jünglings, der im Überschwang der negativen Gefühle bemerkt, dass die Gedärme sich der Erdanziehungskraft hingeben.
Meine Gedärme unterlagen seit meiner Geburt diesem Phänomen. Ein schmelzendes Gesicht? Ich vergleiche oft Jugendbildnisse (Fotos) mit Aufnahmen, die vom gleichen Gesicht im hohen Alter existieren und stelle fest: Nie hat der Kerl besser ausgesehen! "Schmelzende Gesichter" ist ein starkes Bild, das ich aber eher auf Bildnisse von Alkoholikern oder anderen Drogen-abhängigen anwenden würde. Wie sagt man nun was Kluges zu dem Thema? Jedes Alter, so meine ich, hat seine eigenen Reize. Der Schmelz der Jugend hat natürlich was für sich, ein "Charakterkopf" ist aber auch nicht zu verachten. Ab vierzig ist man für sein eigenes Gesicht weitestgehend selbst verantwortlich. Gruß, Heinz |
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#16 |
Dabei seit: 11/2014
Ort: Das Meer ist mein Garten aus Kristallen und Träumen ...
Alter: 62
Beiträge: 2.389
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Hallo Amir,
Deine Älterwerdenbetrachtung gleicht fast einem Gemälde von Dali; interessante Bilder, durchaus stimmig, von einer Perspektive aus gesehen. Zum Glück gibt es derer mehrere, sowohl erschreckendere, als auch beruhigend sanfte; mit der Welt, dem Leben und dem Tod versöhnende. Ein gutes Gedicht! Liebe Grüße Zaubersee |
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#17 | ||
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Zitat:
Zitat:
Ich denke, dass die Haut die Geschichte eines Charakterkopfes erzählt ohne Worte verlieren zu müssen. Die Verantwortung für ein gesundes Leben trägt jeder selber. |
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#18 |
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Musste an das Gedicht denken. Die Zeit vergeht so schnell.
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#19 |
Forumsleitung
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City, auf der richtigen Seite des Mains
Beiträge: 22.504
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Durch die vielen Kommentare bin ich auf das Gedicht aufmerksam geworden. Was für ein erschreckendes Gemälde - da fällt man doch lieber heute als morgen tot um. Den Vergleich mit Dali halte ich für angebracht, er verstand sich bestens auf morbide Themen und Motive.
Trotzdem muss ich einen kleinen Meckerer loswerden: Das Wörtchen "gleißt" im Zusammenhang mit Morgenröte wäre zu überdenken. Ein gleißendes Licht bzw. eine gleißende Sonne ist sehr grell und blended die Augen, deshalb wird es auch "weißes Licht" genannt. Die gleißende Morgenröte mag poetisch klingen, passt aber leider nicht zusammen. LG Ilka |
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#20 | |
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Zitat:
LG |
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