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Alt 04.07.2010, 23:16   #1
weiblich Ajatar
 
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Standard Die Liebe ist nur ein Traum...

Die Liebe ist nur ein Traum...
...gesponnen von uns Menschen



Dort spielte der Himmel Wolkensinfonien, als die Sonne sich auf Wiesen legte. Nichts. Nur er, Saphir, junger Abenteurer und mit Fernweh geboren, inmitten einer naturbedeckten Welt, die er täglich neu entdeckte. Hier erzählten die Bäume Windgeschichten. Ferner rauschten die Flüsse Poesie. Aus Staub geformte Farbenengel ließen sich auf duftenden Blütenkelchen nieder. Der Tag verwandelte sich in Mosaikmalerei.

Nächtens aber…
Da umspielte die Sehnsucht sein junges Herz, sobald Saphir vor dem Fenster seines Zimmers saß und sein Blick nach oben hin über das perlenbesetzte Antlitz einer dunklen Unendlichkeit wanderte. So saß er schon oft, wenn sich sein wacher Geist nicht von den nebelbemalten Schwingen des Schlafes davontragen lassen wollte, und verliebte sich irgendwann in ein Sternchen. Gewiss war es das schönste Sternchen von allen und leuchtete auch am hellsten, sodass er es immer wiedererkennen konnte. Einmal flüsterte ihm der Wind den Namen dieses Sternchens: Ariadne.

Seitdem verfiel er jede Nacht ihrem Zauber. Durch die Lüfte schwebten ihre lieblichen Gesänge bis an sein Ohr, von ihrem Atem getragen, die ihn mit sanfter Leichtigkeit umfingen. Und ein süßer Hauch benetzte seine Lippen, gleich einem Kuss, der sich nur einen kurzen Augenblick erahnen lässt, und sich sogleich, wie ein verendeter Traum, in der Realität verliert.

Doch sein liebes Sternchen war so unerreichbar. Und so groß wie die Ferne, welche zwischen ihnen lag, wurde auch bald sein Wunsch nach Nähe. Er wollte seine Liebe bei sich haben, sie in die Arme schließen und festhalten, sodass sie ihn nie wieder verlassen würde.

In Gedanken war er nur noch bei seiner geliebten Ariadne, gleichzeitig wich die Wärme, welche dem glühenden Funken entsprang, den die Liebe einst entzündete, dem kalten Gefühl der Einsamkeit.

Und Saphir hatte eine Frage, deren Antwort er jedoch vergeblich suchte. Somit wandte er sich eines Tages an den weisen, alten Thing: „Mir kam eine Frage in den Sinn. Möchtest Du sie mir beantworten? Ich dachte daran, was wohl geschehen mag, wenn ein Sternchen den Himmel verlässt um auf die Erde zu kommen…“ Seine strahlenden blauen Augen, welche die Tiefe des Ozeans widerzuspiegeln vermochten, richteten sich fragend auf den weisen, alten Thing. „Was würde geschehen?“
Und der weise, alte Thing sprach: „Dein Sternchen, Saphir, würde im eigenen Licht verbrennen, noch bevor es die Erde berührt. Dein Sternchen könnte unsere Welt also niemals erreichen, wenn es den Himmel verlässt.“
„Niemals?“ …ein Tränchen zierte die Wange Saphirs.
„Niemals“, wiederholte Thing. „Aber du hättest einen Wunsch frei, lieber Saphir, wenn du irgendwann zusiehst, wie ein Stern den Himmel verlässt.“

Die Worte des weisen, alten Thing’ hallten in Saphirs Gedanken wider. Ariadne könnte den Himmel also verlassen, ohne, dass er sie verlieren müsste. Er würde sie einfach zu sich auf die Erde wünschen. Dann könnten sie ewig beisammen sein und Saphir wäre der glücklichste Mensch auf der Welt.
In der folgenden Nacht sprach Saphir die Worte zu seinem Sternchen: „Ariadne, meine Liebe, so wie Tag und Nacht, die in unerfüllter Liebe, bis ans Ende aller Zeit einander folgen, wissend, dass sie sich niemals ganz begegnen, ewiglich die Gefangenen ihrer Sehnsucht bleiben, bin auch ich ein Gefangener meiner tief brennenden Sehnsucht, von der nur du mich noch befreien kannst. Wenn du meine Liebe also erwiderst, dann mögest du den Himmel doch verlassen, damit ich dich endlich bei mir habe.“

Saphir wartete eine Weile, nachdem er seine Worte gesprochen hatte, aber nichts geschah. Enttäuscht wollte er sich abwenden, da sah er, wie die Nacht ihr schönstes Sternchen verlor, als fiele der teuerste und kostbarste Diamant von ihrem schwarzen Gewand. Und Saphir wollte seinen Augen nicht trauen, als sein Sternchen wirklich auf die Erde fiel. Sogleich schien die Dunkelheit sich finsterer als je zuvor über das Antlitz der Nacht zu legen.

Saphir wollte keine Zeit verlieren, und begab sich auf die Suche nach Ariadne. Durch die Dunkelheit bahnte Saphir sich lange seinen Weg, als würde er sich den Weg durch ewige Verdammnis bahnen. Er fürchtete um sein liebgewonnenes Sternchen. Im Herzen der Finsternis fand er es dann. Dort lag seine Liebe, Ariadne, in tödlicher Blässe auf gezeichnetem Stein. Er näherte sich und nahm sie in die Hand, ganz vorsichtig, und betrachtete sie mit seinen tiefen, blauen Augen. Ihr Leuchten war erloschen, nicht jedoch ihre bezaubernde Schönheit. Zerbrechlich und wunderschön, und nicht von dieser Welt, ruhte sie nun in seiner Hand. Er liebte sie von ganzem Herzen und wollte sie behalten. In dem Moment erinnerte er sich an den Wunsch, den er ja noch frei hatte. Und er küsste sein liebes Sternchen, bevor es in seiner Hand endgültig verblasste und verschwand…

So erleuchtet sein Sternchen heute noch des Himmels dunkle Nacht,
sowie fortan auch sein Herz,
mit liebeverziertem Schimmer.

Und wenn nicht für die Ewigkeit…

…Dann wenigstens für immer…
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