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Alt 06.08.2005, 19:46   #1
akechi90
 
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Beiträge: 35


Standard Ein Schwaben-Krimi

Zurzeit schreibe ich an einem schwäbischen Krimi, der etwas länger als üblich werden soll, genauer gesagt 17 Kapitel lang.
Ich stelle alle 1 oder 2 Wochen ein weiteres Kapitel ins Forum.
Viel Spaß beim Lesen:
akechi90 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2005, 19:48   #2
akechi90
 
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Beiträge: 35


Mörderjagd im Lautersdörfle

Teil 1: Ankunft im Lautersdörfle

Da war ich nun. Es war schon kurz nach 19.00 Uhr. Die Dunkelheit setzte langsam ein. Obwohl wir schon März hatten, lag der Schnee dennoch meterhoch. Mit meinen vier voll beladenen Koffern stand ich am Parkplatz vor dem Lautersdörfle. Ich wusste eigentlich ganz genau, dass ich nie im Leben den Inhalt aller vier Koffer brauchen würde. Jetzt hatte ich die Koffer schon mitgenommen, nun musste ich auch zusehen, wie ich sie eine Woche später zurücktragen würde…
Oh, Verzeihung! Ich habe vergessen, mich vorzustellen. Mein Name ist Hans-Dieter Schmittchen. Ich bin 33 Jahre alt und von Beruf Bankangestellter. Darüber hinweg gehöre ich auch noch zu einer schon beinahe vollständig ausgestorbenen Spezies, nämlich dem Urschwaben, jener Spezies, in der sich die schwäbische Grundideologie, zu der unter anderem auch die obligatorische Kehrwoche und Sparen bis zum Umfallen gehören, im Innersten manifestiert hat.
Meine Freizeit besteht hauptsächlich aus der Besichtigung der schwäbischen Natur, insbesondere der Schwäbischen Alb, von der Sie sicher alle schon einmal gehört haben. Und zur Schwäbischen Alp gehört auch das Lautersdörfle, von dem Sie wahrscheinlich noch nicht gehört haben. Im Grunde ist das Lautersdörfle ein kleines Dorf, das aus ungefähr hundert Blockhütten für je 4-6 Personen besteht. Diese Blockhütten kann man sich mieten.
Noch etwas zu meiner Person: Eigentlich komme ich ja aus Feuerbach, einem hübschen Stadtteil von Stuttgart…
Oh, ich sehe, wir weichen vom Thema ab…
Wie schon gesagt, stand ich mit meinen vier schweren Koffern am Parkplatz vor dem Lautersdörfle und wartete auf den Leiter der Reisegruppe, zu der auch ich dazugehörte. Ich war nicht die einzige Person, die am Parkplatz stand, es waren auch noch einige andere auf den Reiseleiter wartende Personen da. Insgesamt waren es mit mir zusammen 6 Personen, die auf dem Parkplatz standen.
Wir mussten bedauerlicherweise eine Viertelstunde auf den Reiseleiter, Herrn Riedling, warten, der noch “kurz” nach einem Supermarkt gesucht hatte. Er kam ohne jeglichen Ballast zu uns zurück, scheinbar ist seine Suche nach einem Supermarkt erfolglos verlaufen.
Herr Riedling wirkte zwar mit seinem kurzen Haarschnitt und dem Hemd mit Krawatte eher wie der fleißige Geschäftsmann von nebenan, aber es war tatsächlich der Reiseleiter. Er hat uns mit seinem Kleinbus ins Lautersdörfle gefahren, vor diesem Kleinbus standen wir nun.
Herr Riedling blickte auf eine Liste und rief mit lauter Stimme die Personen auf:
“Frau Greta Kornmann, hier ist Ihr Schlüssel!”
Eine durchaus sympathische und auch hübsche Dame mittleren Alters mit langen, offen getragenen schwarzen Haaren ging auf Herr Riedling zu, um sich ihren Schlüssel abzuholen. Ich hatte mich zwar auf der zehnstündigen Hinfahrt in Herrn Riedlings Kleinbus ausgiebig mit ihr unterhalten, ihren Namen erfuhr ich aber erst jetzt. Was ich über Frau Kornmann wusste, war, dass sie eine Abteilungsleiterin in einem größerem Chemiekonzern ist und einen ziemlich hohen Umsatz macht. Eine typische schwäbische Karrierefrau eben. Jedenfalls gab sie an, sie sei Schwäbin, aber das Nichtvorhandensein des schwäbischen Dialektes ließ mich einige Male daran zweifeln, ob sie nun wirklich Schwäbin ist oder nicht. Dennoch verstand ich mich seit Beginn der Reise sehr gut mit ihr.
Wir sind eigentlich eher zufällig ins Gespräch gekommen, weil sie ihre zwei Reisetaschen auf meine Schuhe fallen ließ und danach ausgiebig - genauer gesagt eine Viertelstunde - dabei war, sich für das Malheur zu entschuldigen. Und so kamen wir dann in ein längeres Gespräch, das bis zum Ende der Busfahrt kein Ende nahm. Und es ging in dem Gespräch ausschließlich um Beruf und Geld; ein Wunder, dass man zehn Stunden lang über solche Themen kann.
Auf jeden Fall holte Frau Kornmann ihre Schlüssel ab und stellte sich wieder zu uns.
“Herr Martin Esserle, Ihr Schlüssel!”, rief der Reiseleiter Riedling in die Menge und suchte an seinem Schlüsselbund den richtigen Schlüssel heraus.
Ein Herr mit bösem Blick drängte sich zwischen uns zum Reiseleiter durch. Er hatte blonde, nach hinten frisierte schulterlange Haare, welche extrem schmierig aussahen. Dazu wirkte er mit seinem dunkelroten Jackett etwas älter als er wahrscheinlich wirklich war.
“Herr Esserle, Ihre Schlüssel…”
Herr Esserle nahm mit der linken Hand seine Schlüssel entgegen, ein Zeichen dafür, dass Esserle vermutlich Linkshänder ist. Na gut, ich bin einer der wenigen Menschen auf dieser Welt, die auf solche Details achten und diese Details auch noch im Gedächtnis behalten.
“Mit dem sollten Sie nicht reden”, flüsterte mir Frau Kornmann ins Ohr, “Er gehört zu Ihrer Konkurrenz und ist obendrein noch vollkommen inkompetent.”
“Inwiefern das? Was meinen Sie damit, er gehöre zu meiner Konkurrenz?”, fragte ich Frau Kornmann leise, in der Hoffnung, dass niemand unser kleines Gespräch mitverfolgte.
“Er gehört zu einer anderen Bank als Sie. Sie sind ja Bankangestellter, das haben Sie mir ja schon im Bus erzählt.”
“Und warum soll er inkompetent sein?”, hakte ich nach. Nun war auch ich neugierig geworden.
“Er hat von der Chemiefirma, in der ich Abteilungsleiterin bin, die Aufgabe bekommen, die Firmengelder zu sichern. Und irgendwie sind dann unsere Firmengelder spurlos verschwunden. Er hat damals natürlich angegeben, er hätte keine Ahnung, wo das Geld hin verschwunden sein könnte. Bis unsere Firmengelder in Frankreich in einer vollkommen anderen Bank wieder auftauchten. Er hat zwar behauptet, es währe wahrscheinlich ein Fehler in der Verwaltung gewesen, doch das haben wir ihm gewiss nicht geglaubt. Natürlich hatte er einen zu guten Anwalt, als dass er angreifbar gewesen war…”
Herr Esserle ging nun an uns vorbei. Wir mussten also das Gespräch abrupt abbrechen, bevor er irgendetwas davon registrieren konnte.
Jetzt stellte er sich auch noch zu uns! Das Gespräch unter vier Augen konnten wir nun getrost vergessen.
“Herr Paul Huber, Sie können sich Ihre Schlüssel bei mir abholen!”, rief Reiseleiter Riedling in die Menge der am Parkplatz wartenden Personen.
Ein beängstigender Hüne mit brauner Jacke und einem alten schwarzen Hut ging durch die Menge auf Riedling zu.
Irgendwo habe ich den Mann schon gesehen, doch ich wusste nicht, wo und wann das war. Sein Hut gewährte mir nämlich keinen Blick auf seine Haare. Außer Hubers lässigem Blick und der großen Brille konnte ich nichts von seinem Gesicht erkennen, aber ich wusste, dass ich diesen Mann kannte. Er war ungefähr Mitte dreißig, das konnte ich gerade noch erkennen.
Aus seiner Jackentasche schaute ein Notizblock heraus. Zudem erkannte ich erst jetzt, dass er eine Kamera umgehängt hatte, welche normalerweise nur von professionellen Fotografen verwendet wird. War Huber vielleicht ein Reporter? Oder irrte ich mich und er war nur ein völlig normaler Tourist, der sich einfach nur gut mit Fotografie auskannte und den Notizblock nur zum Beschreiben seiner Impressionen verwendete? Nun ja, ich würde es früher oder später sowieso erfahren, also wartete ich darauf, dass er mehr über sich offenbarte.
Er holte sich seine Schlüssel ab und begutachtete diese ungewöhnlich genau. Wie als ob irgendetwas mit den Schlüsseln nicht gestimmt hätte… Merkwürdige Leute waren das hier…
Ich überlegte, was sich noch für weitere Überraschungen bei den Personen in der Reisegruppe zeigen, als auf einmal mein Name aufgerufen wurde: “Herr Hans-Dieter Schmittchen, Sie können Ihre Schlüssel abholen.
Ich ging mit langsamen Schritten zum Reiseleiter und nahm meine Schlüssel von ihm entgegen.
Oh, nein! Hütte Nummer 53! Ausgerechnet ich mit meinen vier schweren Koffern musste eine Hütte erwischen, die sich auf der anderen Seite des Lautersdörfles befand. Unter Überraschungen hatte ich vorhin eher interessante Begebenheiten verstanden, nicht die “Überraschung”, dass ich mit dem Erreichen meiner Blockhütte vollkommen ausgelaugt sein würde.
Eigentlich ging mein Urlaub bisher immer daneben. Einmal ging der Urlaub sogar so daneben, dass es dann doch auf bestimmte Art und Weise interessant wurde. Aber von der Geschichte mit dem ermordeten Surfer Pierre erzähle ich Ihnen ein anderes Mal.
Ich ging zurück zu Frau Kornmann und Herrn Esserle und gesellte mich wieder zu ihnen.
Jetzt wurde ein ungewöhnlicher Name aufgerufen: “Ihre Schlüssel, Herr Kostja Orlow!”
Ein dick eingepackter Herr mit schwarzen Haaren und Seitenscheitel ging auf den Reiseleiter zu, um sich seine Schlüssel abzuholen. Dem Namen nach zu urteilen war er Russe. Auch seine Gesichtszüge waren eindeutig russisch, soweit ich das erkennen konnte. Er wirkte irgendwie so, als ob er irgendetwas zu verbergen hatte.
Als sich Herr Orlow seine Schlüssel abholte, bestätigte sich meine Vermutung. Ein “Danke” mit leicht russischem Akzent drang über seine Lippen. Er war also tatsächlich Russe…
Was ich mich danach fragte, war die Frage, warum ich überhaupt über so etwas nachdachte…
Seit dem schon erwähnten Frankreichurlaub mit Leiche hatte ich mir angewöhnt, die Leute genauer zu beobachten. Das hatte zur Folge, dass niemand mehr vor meinen scharfen Augen sicher war.
Auf jeden Fall wurde nun ein weiterer Name aufgerufen. Ein gewisser Frank Gessmann war nun dabei, seine Schlüssel abzuholen. Er hatte schulterlange braune Haare und trug ein Jackett, bei dem der dritte Knopf von unten abgerissen war. Er lief ein wenig verwahrlost herum, sah aber dennoch ziemlich fröhlich aus.
Wie schon gesagt: merkwürdige Personen waren das in meiner Reisegruppe. Nun waren schon sechs Personen aufgerufen worden: Frau Kornmann, die sympathische Geschäftsfrau; Herr Esserle, der inkompetente Bankangestellte; Herr Huber, der beängstigende Hüne mit dem altmodischen Hut; dann wurde ich aufgerufen; nach mir kam Herr Orlow, der seltsame Russe und nach diesem wurde der ein wenig verwahrloste Herr Gessmann aufgerufen. Fehlte nur noch eine Person…
“Frau Ingeborg Griebert, Sie müssen noch Ihre Schlüssel abholen, dann hätte jeder seine Schlüssel.”
Eine vollständig schwarz gekleidete Dame mit ebenso schwarzen langen Haaren ging zu Reiseleiter Riedling, um sich ihre Schlüssel abzuholen. Sie wirkte nicht sonderlich fröhlich. Sie blickte äußerst depressiv. Was war nur los mit ihr?
Irgendwie sah sie so aus, als könnte sie sich jeden Moment umbringen. Es war wirklich ein wenig beängstigend, wenn man sie sah.
Vielleicht war ihr womöglich auch nur schlecht von der Busfahrt. Auf jeden Fall bestand die Reisegruppe nur aus merkwürdigen Menschen, zu denen ich mich selbst auch dazuzählte. War das vielleicht der “mörderische Spaß”, der in dem Reisekatalog angepriesen wurde? Mit mehreren Irren, Verzeihung: etwas anderen Menschen solange in der Gemeinschaft zu leben, bis plötzlich einer aus Verzweiflung tot umfällt? Bestimmt nicht. Ich wusste schon, was ich unter dem “mörderischen Spaß” zu verstehen hatte…
Reiseleiter Riedling erklärte uns allen: “Jetzt hat jeder von Ihnen seine Schlüssel bekommen. Ich habe die Schlüssel so verteilt, dass sich in jeder Hütte zwei Personen befinden. Sicher ist Ihnen im Tourkatalog die Bemerkung aufgefallen, dass diese Tour hier ein “mörderischer Spaß” werden soll. Ich erkläre Ihnen, was sich dahinter verbirgt: Es wird morgen Vormittag einen inszenierten Mord geben, bei dem einer von Ihnen das “Opfer” sein wird. Ich werde einem von Ihnen sagen, dass er die Rolle des Opfers übernimmt und lasse auch einem von Ihnen die Täterrolle zukommen. Der “Täter” bekommt gelegentlich Instruktionen, was zu machen ist. Die Teilnehmer der Tour müssen nun herausfinden, wer von ihnen der Täter war. Derjenige, der herausfindet, wer der “Mörder” war, bekommt die Hälfte der Reisekosten wieder ausgezahlt, also insgesamt 250€. Natürlich dürfen Sie keinen allzu leichten Fall erwarten, schließlich geht es hier schon um eine Menge Geld. Sie können sich selbstverständlich auch mit anderen Tourmitgliedern zusammenschließen, um den Fall zu lösen. Allerdings werden, wenn eine Gruppe den Fall löst, die 250€ innerhalb dieser Gruppe aufgeteilt. Haben Sie das System unserer kleinen “Mörderjagd” verstanden? Ja? Gut, ich wünsche Ihnen viel Erfolg! Sie können nun ihre jeweiligen Blockhütten beziehen.”
Ich versuchte zwar, mich mit den vier Koffern in Richtung meiner Blockhütte, Hütte Nummer 53, zu bewegen, doch der Ballast war etwas zu schwer. Ich konnte selbstverständlich auch zweimal laufen und dafür nur zwei Koffer nehmen, doch die Koffer am Parkplatz stehen zu lassen empfand ich als zu riskant.
In dieser Bredouille steckend, hörte ich schließlich Frau Kornmann besorgt rufen: “Warten Sie, Herr Schmittchen, ich helfe Ihnen beim Tragen.”
“Ist nicht nötig, Frau Kornmann. Machen Sie sich wegen mir keine Umstände! Ich werde das schon alleine hinbekommen.”, erwiderte ich mit einem Lächeln.
Frau Kornmann bat: “Jetzt denken Sie doch mal an Ihre Wirbelsäule! In meiner Abteilung in der Firma achten wir auch auf die körperliche Konstitution unserer Angestellten. Das ist für mich völlig selbstverständlich, anderen beim Tragen schwerer Gegenstände zu helfen. Sie können mich also guten Gewissens zwei Ihrer Koffer tragen lassen.”
“Na gut”, gab ich nach, “Aber sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.”
Wir liefen, mit den vier Koffern beladen, in Richtung von Blockhütte Nummer 53. Frau Kornmann fragte ab der Hälfte der Strecke ächzend: “Was haben Sie eigentlich in Ihre Koffer gepackt? Ziegelsteine?”
“Nein, das sind alles Kleidung und Gegenstände zur Körperpflege.”, entgegnete ich.
Ja, Sie haben richtig gehört! Der Schwabe nimmt es mit der Körperpflege sehr genau, vielleicht leben deshalb in “Baden” so viele Schwaben.
Auf jeden Fall fragte ich Frau Kornmann daraufhin: “Haben Sie eigentlich auch Hütte Nummer 53? Dann wären wir nämlich in der gleichen Hütte einquartiert.”
“Nein, leider nicht”, bedauerte Frau Kornmann mit einem Lächeln und stellte meine Koffer kurz im Schnee ab, um ihren Hüttenschlüssel aus der Jackentasche zu ziehen und mir diesen zu zeigen: “Sehen Sie, ich habe Hütte Nummer 51 bekommen. Aber diese Hütte ist ja beinahe nebenan.” Frau Kornmann nahm die Koffer wieder auf.
Ich war interessiert, wer eigentlich dann mein Mitbewohner werden würde… Bitte nicht diese depressive Frau Griebert, das war meine erste Hoffnung.
Auf einmal, als wir bei Hütte 53 angekommen waren, hörte ich Frau Kornmann in hochschwäbischem Dialekt folgenden Satz sagen: “Au wenn im Winder no koi Kehrwoch ischt, wird trotzdem no dr Eigang g’wischt.”
Zu Deutsch: “Auch wenn im Winter noch keine Kehrwoche ist, wird trotzdem noch der Eingang gewischt.”
Ich blickte Frau Kornmann irritiert an: “Was soll den das?”
Frau Kornmann machte mich auf das Schild aufmerksam, das am Eingang von Hütte Nummer 53 hing und erklärte: “Das steht auf diesem Schild drauf. Sieht beinahe so aus, als hätten Sie einen schwäbischen Mitbewohner bekommen. Also, wir sehen uns sicher noch. Bis später!”
“Bis später!”, verabschiedete ich mich von Frau Kornmann.
Ich war gespannt, wer mein Mitbewohner sein würde. Das Schild stammte auf jeden Fall von einer Person, die die Hütte erst jetzt bezog, da es noch nicht von der Witterung angegriffen wurde.
Ich betrat die Hütte und schaute mich nach meinem Mitbewohner um. Ich hörte aber lediglich aus dem Badezimmer das Geräusch der Dusche. Mein Mitbewohner duschte also gerade. Mit wem würde ich wohl die Ehre haben? Auf jeden Fall mit einem Schwaben. Wer käme da also in Frage?
akechi90 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2005, 19:48   #3
akechi90
 
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Vielleicht der Bankangestellte Esserle? Dann wäre ich zumindest mit einem Berufsgenossen zusammen in einer Hütte.
Ich ging in die Küche, um mich erschöpft hinzusetzen, als ich mit dem Bein gegen ein Tischbein stieß.
Plötzlich hörte ich jemanden aus dem Badezimmer heraus rufen: “Ischt do wer? Was ischt do los?”
Ein wenig erschrocken vor dem hochschwäbischen Dialekt, rief ich zurück: “Ich bin nur gerade gegen das Tischbein gestoßen.”
Herr Gessmann verließ, vollständig bekleidet, das Badezimmer der Pension. Vorhin wirkte er noch etwas verwahrlost, jetzt war er säuberst herausgeputzt. So kann der erste Schein trügen.
Er begrüßte mich in leicht unfreundlichem Ton: “Grüß Gott, Herr Schmittchen. Sie send also mei Mitbewohner?”
Ich nickte, daraufhin er: “Do hätt i aber lieber ‘n andren Kollega bei dr Mörderjagd g’het. Was machet Se denn hier?”
“Was soll die Frage?”, fragte ich überrascht, “Kennen Sie mich etwa?”
“Mr hat mich Ihna letzt’s Johr empfohla, als Se mit Ihrer Karre gegen ‘n andres Auto g’fahra send. I hätt Se als Anwalt vertreta solla.”
Mir fiel wieder ein, dass ich tatsächlich letztes Jahr mit meinem kleinen Seat Marabella voll in einen Mercedes hereingefahren bin. Nur hatte ich Herrn Gessmann als Anwalt abgelehnt, da dies ein Freund von mir, ein Anwalt, übernommen hat und mich verteidigt hat. Irgendwie war es nun eine peinliche Situation, ausgerechnet dem Anwalt gegenüberzusitzen, den ich ein Jahr zuvor abgelehnt hatte…
Ich schlug vor: “Bevor wir hier in Streitereien verfallen, sollten wir uns lieber ignorieren.”
Er stimmte zu: “Na gut, machet mr’s so!”
Und damit war eine herrliche Feindschaft, die im Grunde schon vor einem Jahr begann, endgültig besiegelt.
Stundenlang saßen wir uns am Esstisch stumm gegenüber und sahen uns nicht an.
Um 22.10 Uhr klopfte es an der Tür unserer Hütte. Ich öffnete, Herr Riedling, der Reiseleiter, trat ein.
Sofort sagte er: “Ich würde gerne mit jedem von Ihnen beiden unter vier Augen unterhalten. Könnten wir bitte in ein anderes Zimmer gehen.”
“In Ordnung”, antwortete ich und führte Herrn Riedling in ein anderes Zimmer.
In dem Zimmer angekommen, erklärte er mir: “Ich habe alles ausgelost. Sie übernehmen die Rolle eines Tatverdächtigen beziehungsweise Ermittlers. Sie werden sich so verhalten, wie Sie es sonst auch immer machen, in Ordnung? Ach ja, verraten Sie bitte niemandem, dass Sie die Rolle bekommen haben, sonst ist die Freude an diesem Spiel gemindert. Benehmen Sie sich einfach wie der Ermittler in dem Fall.”
“Schon gut, das werde ich machen“, bestätigte ich.
“Dann haben wir uns ja verstanden. Außerdem gehen wir morgen Vormittag um 9.00 Uhr wandern.”, lächelte Riedling.
Riedling führte mich wieder in die Küche und nahm Herrn Gessmann mit in den Raum, in den er auch mich gerade eben gezerrt hatte. Vermutlich auch, um ihm seine Rolle zu erklären.
Nach zwei Minuten verließ nur noch Herr Riedling den Raum. Jetzt erst fiel mir ein, dass der Raum eigentlich eines der zwei Schlafzimmer war. Daraus folgerte ich, dass Herr Gessmann, mein Ex-Anwalt, oder besser gesagt: mein noch nie gewesener Anwalt, sich schlafen gelegt hatte.
Wieder klopfte es an der Tür. Wieder öffnete ich. Diesmal war es allerdings nicht Herr Riedling, sondern die sympathische Frau Kornmann, die vor der Tür stand.
Sie trat ein und setzte sich mit mir an den alten Küchentisch aus Eichenholz.
Frau Kornmann lächelte: “Sie werden es kaum glauben: Ich weiß schon jetzt, wer unser Mörder sein wird, und das, ohne dass überhaupt unser “Mord” geschehen ist. Und das Opfer kenne ich auch schon…”
“Sie bluffen doch nur, oder? In Wirklichkeit sind doch sicher Sie unsere “Mörderin” und wollen uns an der Nase herumführen.”, spottete ich.
“Sie werden es schon noch früh genug erfahren. Ich werde es auf jeden Fall nicht verraten. Schließlich will ich keinem den Spaß an der Mörderjagd vermiesen. Erst, wenn Sie alle vollkommen im Dunkeln tappen, gebe ich einen kleinen Tipp.”
“Und wie haben Sie es herausgefunden? Ich meine, wer der Täter ist?”
“Tja, Herr Schmittchen, das bleibt mein kleines Geheimnis. Jedenfalls vorerst. Außerdem habe ich ein schweres Los gezogen, was meine Blockhütte betrifft. Ich muss sie mir mit Herrn Esserle teilen. Ich muss mir die Hütte mit einer Person teilen, mit der ich vor fünf Jahren Streit hatte. Ich habe Ihnen doch auf dem Parkplatz von der Geschichte mit dem verschwundenen Firmenkonto erzählt.”
“Mir geht es auch nicht anders: Ich muss mir die Hütte mit einem Anwalt teilen, den ich vor einem Jahr abgelehnt habe. Er hat mir das irgendwie noch immer nicht verziehen.”
“Das ist dann wohl Pech. Außerdem wohnt der Reiseleiter mit diesem einen Hünen in einer Hütte… wie hieß der Hüne noch mal? Hubner?”
Ich berichtigte: “Er hieß Huber.”
Frau Kornmann setzte fort: “Genau. Also der Herr Huber wohnt zusammen mit Herrn Riedling in Hütte 52.”
Ich überlegte: “Dann hat also Herr Orlow das Vergnügen mit der depressiven Frau Griebert…”
“Exakt”, bestätigte Frau Kornmann, “Die beiden wohnen zusammen in Hütte 54. Was Sie allerdings mehr interessieren wird als die Hüttenbelegungen, ist der Steilhang, an dem morgen unsere Wanderung vorbeiführt.”
“Was ist mit dem Steilhang?” Nun war mein Interesse geweckt.
“Es ereignete sich dort vor fünf Jahren ein Mord.”
“Ein Mord?”
Frau Kornmann lächelte auf rätselhafte Art und Weise: “Ja, ich rede von dem Fall der “Klippenspringerin”. Von diesem Fall haben Sie vielleicht schon einmal gehört, oder etwa nicht?!”

Wird fortgesetzt…

Ich würde mich über Kritik und Verbesserungsvorschläge selbstverständlich freuen.
akechi90 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2005, 19:50   #4
mandarina
 
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übersetz den dialekt bitte nicht, ansonsten lässt es sich gut lesen und ich bin schon gespannt, wer mit einzieht (bezog sich auf den ersten teil, meine antwort)
mandarina ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.08.2005, 19:52   #5
akechi90
 
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Sorry, ich musste das erste Kapitel teilen, weil ich es sonst nicht hätte posten können.
akechi90 ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.08.2005, 18:43   #6
akechi90
 
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Teil 2: Die Klippenspringerin und eine weitere Leiche

Frau Kornmann lächelte auf rätselhafte Art und Weise: “Ja, ich rede von dem Fall der “Klippenspringerin”. Von diesem Fall haben Sie vielleicht schon einmal gehört, oder etwa nicht?”
Ich war deutlich interessiert an dem Fall der Klippenspringerin: “Nein, ich habe noch nicht davon gehört. Was soll da gewesen sein? Für mich hört sich das weniger nach einem Mord an, eher nach einem dramatisch inszenierten Selbstmord.”
“Es hat ja auch jeder der paar Augenzeugen die Frau alleine springen sehen, aber es war unmöglich, dass sie selbst gesprungen ist.”
“Warum denn das? Man stellt sich an den Abhang und springt. Was soll daran so unmöglich sein? Das hätte jeder normale Mensch geschafft.”
“Aber doch nicht, wenn man bis obenhin voll mit Schlaftabletten ist.”, erwiderte Frau Kornmann nervös, “Bei der Obduktion hat sich damals ergeben, dass die Frau schon betäubt war, als sie herunterfiel. Sie starb zwar erst beim Aufschlag, war aber, als sie abstürzte, schon längst bewusstlos. Im Grunde kann sie also gar nicht von der Klippe den Steilhang herunter gesprungen sein. Aber genau das haben mindestens zwanzig voneinander unabhängige Zeugen bestätigt, dass die Frau den Steilhang herunter gesprungen ist und dass sich niemand anderes zum Zeitpunkt des Sturzes oben befand. Wenn wir das zusammenfügen, können wir mit Sicherheit behaupten, dass sich die Ermittlungen in einer Sackgasse verliefen… Einerseits konnte es nur Selbstmord gewesen sein, da jeder der Zeugen aussagte, dass sie selbst gesprungen ist, aber andererseits konnte es nur Mord gewesen sein, da es unmöglich ist, zu springen, wenn man bewusstlos ist. Der Fall wurde jedenfalls als ungelöst zu den Akten gelegt. Klingt doch interessant, oder?”
“Es klingt ein wenig befremdlich, wenn ich das zugeben darf. Warum haben Sie denn ein so großes Interesse an einem Fall, der schon fünf Jahre her ist?”, fragte ich zweifelnd.
Frau Kornmann zuckte erschrocken zusammen und versuchte nervös zu erklären: “Ich interessiere mich eben allgemein für rätselhafte Kriminalfälle. Wissen Sie, ich finde so etwas einfach spannend. So etwas bietet doch immer guten Gesprächsstoff.”
“Wie Sie meinen, Frau Kornmann. Wir haben ja noch morgen genügend Zeit, einen inszenierten Kriminalfall aufzulösen. Auch wenn der “Mord” morgen dort stattfinden soll, wo früher einmal eine Frau umgekommen ist, finde ich es etwas unlogisch, beide Dinge in einen Zusammenhang zu bringen. Außerdem würde mich wirklich interessieren, wie Sie herausgefunden haben, wer nun “Mörder” und “Opfer” in dem Mörderspiel sein werden. Sie haben das doch vorhin erwähnt.”
“Wie schon gesagt: Ich werde es Ihnen nicht verraten, wie ich das herausgefunden habe. Vorerst bleibt es tatsächlich mein kleines Geheimnis.”
“Aha. Schauen wir mal, wie lange.”
“Wie lange, glauben Sie, wird unsere Gruppe brauchen, um den Fall zu lösen? Also, um den inszenierten Mord zu klären.”
Ich versuchte, auf Frau Kornmanns abrupte Frage eine Antwort zu finden: “Wahrscheinlich werden wir schon ungefähr drei, vier Tage brauchen, kommt drauf an…”
“Kommt drauf an?”, fragte Frau Kornmann irritiert.
“Ich weiß ja nicht, wie schwer der Fall ausfallen wird. Wahrscheinlich wird es nicht einfach für uns, den Fall zu lösen, sonst würde ja nicht die Hälfte der Reisekosten wieder an den Gewinner ausgezahlt.”
“Sowie ich das verstanden habe…”, entgegnete Frau Kornmann, “…ist der Fall, den wir da lösen müssen, ein klassisches Whodunit.
“Ein was?”, unterbrach ich.
“Ein Whodunit ist ein Krimi, bei dem man eine begrenzte Anzahl an Verdächtigen hat, von denen einer der Täter war. Der Begriff kommt aus dem Englischen und ist eine phonetische Umschreibung des Fragesatzes “Who has done it?“ . Man sucht also unter wenigen Personen einen Täter. In unserem Fall ist das einer von uns. Und ich weiß jetzt schon, wer von uns der Täter und wer das Opfer sein wird… In diesem Sinne wünsche ich Ihnen noch eine gute Nacht.”
Frau Kornmann verabschiedete sich daraufhin freundlich von mir und verließ die Blockhütte.
Davor dachte ich noch, sie wäre als Einzige in der Reisegruppe halbwegs normal, doch ihre übertriebene Neugierde ließ mich langsam von dieser Ansicht abkommen. Sie war in gewisser Hinsicht genauso verrückt wie alle anderen Mitglieder der Reisegruppe es auch waren.
Was mich hingegen doch nun beschäftigte, war der Fall der “Klippenspringerin”. Eine Frau, die sich vor einigen Zeugen eine Schlucht hinabstürzt, das war noch halbwegs logisch. Auch die Theorie, dass die Frau mit Schlafmitteln betäubt wurde und von der Klippe geworfen wurde, war noch relativ gut nachvollziehbar. Aber wie war das, wenn man beides zusammenfügte? Eine Frau die zwar bewusstlos ist, aber dennoch vor mehreren Zeugen eine Klippe herab springt? Mord oder Selbstmord? Tatsache oder Irrglaube?
Ein leichtes Gefühl des Unbehagens stieg in mir auf. Vielleicht lag es daran, dass ich nicht wusste, was Frau Greta Kornmann an dem Fall so sehr interessierte. Auf jeden Fall verbarg sie etwas vor mir, das wusste ich. Es hatte irgendetwas mit dem Fall vor fünf Jahren zu tun, das konnte ich mir denken.
Ich versuchte meinen Kopf frei von solchen Gedanken zu halten, doch der Gedanke daran, dass das merkwürdige Verhalten der anderen Tourmitglieder möglicherweise mit diesem Fall zusammenhängen könnte, überzeugte mich davon, weiterhin darüber nachzudenken.
Als ich mehrmals im Kopf die Informationen über die Klippenspringerin durchging, erkannte ich, dass es nichts bringen würde, einen Todesfall von vor fünf Jahren neu aufzurollen. Es waren vergangene Zeiten, die keine Spuren mehr offenbaren würden. Höchstens noch Gerüchte, die einen weiter in die Irre führten.
Ich wurde langsam müde, schließlich war es schon 23.30 Uhr und mein Tag hatte schon um 8.00 Uhr begonnen. Die Hinfahrt und das Herumtragen der Koffer hatten mich vollkommen erschöpft. Also ging ich in das Schlafzimmer, das das Schlafzimmer jeder anderen Herberge hätte gewesen sein können.
Ich duschte noch schnell; leider musste ich feststellen, dass sich Herr Gessmann schon seinen Rachefeldzug gegen mich begonnen hatte, indem er das gesamte Warmwasser aufgebraucht hatte.
Notgedrungen musste ich mich mit dem Kaltwasser zufrieden stellen.
Ich zog meinen Schlafanzug an und versuchte im zweiten Schlafzimmer - Herr Gessmann schlief im ersten Schlafzimmer - einzuschlafen, als ich hörte, dass Herrn Gessmanns Schnarchen durch die gesamte Hütte tönte. Wollte er mich vielleicht provozieren? Oder war das sein normales Schlafverhalten?
Letztendlich schlief ich dann doch irgendwie ein.

Am nächsten Morgen wachte ich um 8.34 Uhr auf, was mir der Blick zur Wanduhr verriet. Insgesamt hatte ich also nur sieben Stunden Schlaf. Ich war müde; sehr müde.
Wovon war ich aufgewacht?
Wieder klopfte es an der Tür der Pension; ich war also vom Klopfen ausgewacht. Wer würde um diese Uhrzeit klopfen?, fragte ich mich.
Ich ging müde in Richtung der Tür und stellte fest, dass die Person, die meinen Schlaf gestört hatte, niemand anderes als Frau Kornmann war. Wieder wollte sie mir einen Besuch abstatten. Was war es diesmal, was sie mir sagen wollte?
Ich öffnete ihr die Tür und führte sie wortlos ins Wohnzimmer, wo sie sich auf die veraltet wirkende Couch setzte. Sie ächzte klagend: “Puh! Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen.”
“Ihnen ging es also genau wie mir?”
“Ja, leider. Dieser Esserle redet im Schlaf, wirklich abnormal. Die ganze Nacht hat er irgendwelchen Stuss geredet. Ich bin so fertig, das kann ich Ihnen sagen. Ich bin mit den Nerven am Ende.”
“Haben Sie wenigstens verstanden, was er da geredet hat?”
“Er hat gelallt wie ein Besoffener. Beantwortet das Ihre Frage?”
Ich nickte.
“Es ist wirklich unglaublich, wie viele Verrückte es auf dieser Welt gibt. Dieser Esserle ist echt das Hinterletzte. Vorhin hat es an der Türe der Hütte geklopft, da ist er aus seinem Bett aufgesprungen und voll auf meine Reisetasche drauf getreten. Er ist sofort aus dem Schlafzimmer raus zum Eingang gehetzt.”
“Sie haben mit ihm in einem Zimmer geschlafen? Es gibt doch zwei Schlafzimmer in jeder Hütte, oder?”
“Wirklich? Dann hätte ich also gar nicht mit dem Typen in einem Zimmer schlafen müssen? Warum muss ausgerechnet mir so etwas passieren?”
“Frau Kornmann, seien Sie froh, dass Sie nicht in derselben Hütte übernachten mussten wie Herr Gessmann. Sein Schnarchen dringt durch alle Wände hindurch, da ist es egal, ob Sie nun in seinem oder einem anderen Schlafzimmer übernachten.”
“Ach ja, Herr Schmittchen, haben Sie jetzt eine Idee, was den Fall mit der Klippenspringerin angeht?”
“Nein, eigentlich nicht. Was interessiert Sie überhaupt an einem Fall, der fünf Jahre her ist? Der Fall ist Geschichte. Warum also an der Vergangenheit hängen? Oder kennen Sie die Klippenspringerin, wie Sie die Frau immer nennen, etwa?”
Frau Kornmann hielt auf einmal inne. An ihrer Wange floss eine Träne entlang. Frau Kornmann sprach traurig: “Ja, ich kenne die Frau. Sie war eine meiner damaligen Angestellten. Ich verstand mich sehr gut mir ihr, daher war ich auch schockiert, als ich erfuhr, dass sie, mit Schlafmitten betäubt, eine Klippe auf der Schwäbischen Alb herunterstürzte. Sie können sich doch sicher denken, dass dies ein schwerer Schicksalsschlag für mich war.”
“Das tut mir Leid für Sie.”
“Schon gut.”, Frau Kornmann wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, “Vielleicht haben Sie tatsächlich recht und ich hänge wirklich zu sehr an der Vergangenheit… Aber ich habe als Vorgesetzte der Frau auch das Recht zu erfahren, was tatsächlich mit ihr passiert ist.”
“Deswegen also haben Sie überhaupt erst an der Tour teilgenommen?”
“Ja, das ist der Grund, warum ich mich in der Liste der Mitreisenden eingetragen habe. So hätte ich zumindest die Gelegenheit gehabt, nach Beweisen suchen zu können.”
“Warum aber haben Sie sich ausgerechnet an mich gewendet, wenn ich das mal so fragen darf?”
“Weil Sie die einzige Person sind, die halbwegs normal in dieser Reisegruppe ist. Ich brauche für die Lösung des Falles jemanden, der auch wirklich bodenständig ist.”
“Sie glauben doch nicht wirklich, dass ich Ihnen dabei helfe? Ich bin auch nur auf der Schwäbischen Alb, um meine Freizeit interessant zu gestalten. Was soll ich Ihnen also schon groß helfen?”
“Ich bitte Sie, Herr Schmittchen. Können Sie sich nicht vorstellen, in was für einer Lage ich mich befinde? Ich lebe in der Ungewissheit, ob meine Angestellte einem Selbstmord oder einem Mord zum Opfer gefallen ist. Also helfen Sie mir bitte!”
Ich gab langsam nach: “Ich kann Ihre Sorgen verstehen, aber…”
“Jetzt kommen Sie, helfen Sie mir bei dem Fall. Ich meine, Sie sind doch auch interessiert an dessen Lösung.”
Wieder erinnerte ich mich an meinen Frankreichurlaub, bei dem auch ein Mord geschah. Nur sagte damals jeder, der Surfer Pierre sei vor mindestens hundert Zeugen in die Welle hereingefahren und so ertrunken. Also deklarierte man die Sache als Badeunfall. Nur ich war damals anderer Meinung, da die Leiche einige Minuten zu spät wieder aufgetaucht ist.
Vielleicht wäre es einmal wieder eine kleine Herausforderung, herauszufinden ob die Klippenspringerin tatsächlich Selbstmord begangen hat oder tatsächlich ermordet wurde.
Ich stimmte Frau Kornmann zu: “Na gut, ich werde versuchen, Ihnen in diesem Fall zu helfen. Sobald wir morgen an der Klippe angekommen sind, erklären Sie mir den Ablauf der Ereignisse vor fünf Jahren, in Ordnung? Ich werde dann versuchen, daraus den Ablauf der Geschehnisse zu konstruieren, die vor fünf Jahren zum Tod Ihrer Angestellten führten. Aber ich kann Ihnen nicht garantieren, dass ich dabei zu einer Lösung kommen werde.”
“Zumindest versuchen Sie es. Vielen Dank, Herr Schmittchen. Sie sind die erste Person, die mir in diesem Fall hilft. Sie sind ein Schatz!”
“Ich bitte Sie, das ist doch Ehrensache. Ich brauche nur den Ort des Geschehens und den Hergang des Sturzes zu kennen und der Fall ist so gut wie gelöst.”
“Brauchen Sie etwa keine Spuren, um den Fall zu klären?”
“Ich kann mich auf Spuren nicht verlassen, zumindest nicht in den Bergen, wo die Spuren schon seit fünf Jahren verschwunden sind. Ich muss mich also voll und ganz auf mein Gedächtnis und meine Kombinationsgabe verlassen. Es gibt nur noch den Tathergang, mehr nicht.”
“Ich verlasse mich ganz auf Sie, Herr Schmittchen.”
“Sie werde mein Bestes geben. Das können Sie mir glauben, Frau Kornmann.”
“Vielen Dank.”
Frau Kornmann sah auf die Uhr und bemerkte: “Die Wanderung beginnt in einer Viertelstunde. Bis nachher. Ich stehe wirklich tief in Ihrer Schuld.”
“Keine Ursache. Bis nachher.”
Frau Kornmann verließ die Blockhütte. Nun war ich also mit meinem zweiten Fall beauftragt worden, wobei ich bei dem Fall mit dem Surfer Pierre eher auf eigene Faust ermittelt habe als dass ich mit dem damaligen Fall wirklich beauftragt wurde. Wie aber sollte die Sache jetzt weitergehen? Bei der inszenierten “Mörderjagd” bin ich jetzt so weit gekommen, dass ich nun auch noch in einem anderen Fall klären musste, ob ich einen Mörder oder eine Selbstmörderin überführen sollte. Was ich allerdings befremdlich fand, war, dass Frau Kornmann jahrelang keine Hilfe in diesem Fall bekommen hatte. Besaßen die Menschen in der heutigen Zeit wirklich so wenig Aufrichtigkeit? Hoffentlich konnte ich Frau Kornmann überhaupt helfen, schließlich bin ich kein Kriminologe.
Ich frühstückte. Es war das Übliche, was ich sonst auch immer frühstückte: Spiegeleier mit Speck. Ich habe mir diese Unart, den Magen mit diesen fetten Speisen schon früh morgens zu belasten, von den Engländern abgeschaut.
Obwohl mir der Typ eigentlich ziemlich egal war, fragte ich mich, warum Herr Gessmann eigentlich noch immer nicht am Küchentisch erschienen ist. Schlief er nur oder befand er sich schon draußen in der Landschaft der Schwäbischen Alb?
Eigentlich war mir das ja ziemlich egal, ob Herr Gessmann nun wach war oder nicht. Wie schon erwähnt, habe ich mir nur angewöhnt, andere Menschen genauer unter die Lupe zu nehmen. Diese Angewohnheit hatte ich schon seit diesem Frankreichurlaub.
Ich ließ einen kleinen Rest meines Essens stehen, da ich aus irgendeinem Grund keine Lust mehr hatte, etwas zu essen, sei es nun wegen der leicht angespannten Atmosphäre in der Hütte oder auch aufgrund der Tatsache, dass mein Mitbewohner ein unsympathischer Typ von Mensch war.
Wieder ertappte ich mich dabei, dass ich über diesen unangenehmen Zeitgenossen nachdachte.
Ach, was soll’s, dachte ich mir, Frau Kornmann würde es sicher genau wie mir gehen, zumal sie genau wie ich mit einem verhassten Geschäftskollegen - in meinem Fall war es ein von mir abgelehnter Anwalt, in ihrem Fall ein Bankangestellter, der mit Firmenkonten nicht umgehen konnte - unter einem Dach wohnen musste. Wieder einmal ist es mir gelungen, dass der Urlaub zu einer vollkommenen Katastrophe ausartete, wie auch schon damals in Frankreich, als der Surfer Pierre ermordet wurde.
Ich versuchte mich an den Fall zu erinnern, doch mir fiel nur noch die Hälfte des Falls ein. Das einzige, was noch vor meinem geistigen Auge vorschwebte, waren der starke Wellengang, die vielen Surfer, Pierres Leiche und sonst nichts.
Dass ich den Fall damals gelöst hatte, daran erinnerte ich mich auch noch dunkel. Wenn mich meine Erinnerung nicht täuschte, dann habe ich damals den Fall ähnlich wie dieser eine Detektiv Hercule Poirot gelöst. Ich hatte damals die drei Verdächtigen zusammengerufen, wild drauflos kombiniert und auf diese Weise letztendlich den Übeltäter, Pierres Mörder, überführt.
Wann war das eigentlich?, fragte ich mich. Es war schon länger her, das wusste ich. Und dass es im Sommer war, war mir auch klar. Doch an das Jahr konnte ich mich trotzdem nicht mehr erinnern.
Als ich gerade vor mir hin sinnierte, hörte ich auf einmal den lauten Schrei einer Frau - es war Frau Kornmann, die geschrieen hatte. Ich dachte keine Sekunde nach, als ich meinen Mantel anzog und die Hütte verließ.
Wieder hörte ich Frau Kornmann schreien. Inzwischen hatte ich schon die Hütte verlassen. Von wo kam der Schrei? Diese Frage beantwortete sich, als ich Frau Kornmann ein drittes Mal schreien hörte: Sie befand sich hinter Hütte Nummer 57, als sie schrie. Aber diese Hütte war von niemandem von uns belegt. Warum aber stieß Frau Kornmann solche unnatürlich lauten Schreie aus?
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Alt 12.08.2005, 18:44   #7
akechi90
 
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Ich rannte, so schnell ich konnte, hinter Hütte 57, wo ich Frau Kornmann auf dem Boden kniend sah. Sie war unversehrt. Was also hat sie so erschrocken, dass sie so laut kreischte?
Ich fragte sie verwundert: “Was haben sie denn, Frau Kornmann? Ist etwas passiert?”
Sie deutete mit dem rechten Zeigefinger in die Höhe, während sie sich mit der linken Hand weinend die Augen verdeckte. Ich sah nach oben und musste erstaunt feststellen, dass Herr Esserle, der Bankangestellte aus Frau Kornmanns Hütte, mit einem Seil aufgeknüpft an dem drei Meter hohen Dachbalken von Blockhütte 57 hing. Seine Augen waren weit aufgerissen. Er war tot.
Frau Kornmann stotterte: “Herr Esserle… Herr Esserle ist… Er ist… tot. Er… hängt da oben.”
Was mir sofort auffiel, war, dass Herrn Esserles Haare völlig zerzaust waren. Das deutete auf einen heftigen Kampf hin. Herr Esserle hat also mit jemandem gekämpft, bevor er schlussendlich überwältigt wurde. War es also Mord?, fragte ich mich. Natürlich war es Mord, was sonst?!, war mein erster darauf folgender Gedanke, Selbstmord kann es schließlich nicht gewesen sein. Es fehlte ein Podest, auf das sich Herr Esserle hätte stellen können.
Nun kam auch Herr Gessmann zu dem Ort des Verbrechens hingelaufen. In der Hand hielt er eine grüne Stofftasche, die mit irgendetwas gefüllt war, was ich aber nicht erkennen konnte. Herr Gessmann ging auf uns zu. Er fragte enerviert: “Was ischt denn do los?”
Als er den toten Herrn Esserle sah, rief er erschrocken: “Herrgottssack! Wie konnt denn des passiera? Ischt dr Herr Esserle etwa dod?”
Ich bedauerte: “Ja, er ist tot. Er wurde erhängt.”
Herr Gessmann fragte besorgt: “Ko mr denn nix meh macha? Kennet mr dem Herrn Esserle nimmer helfa?”
“Nein, leider nicht. Wir können ihm leider nicht mehr helfen. Wie Sie sehen können, hängt Herr Esserle tot am Dachbalken. Das einzige, was wir jetzt noch machen können, ist, die Leiche herunterzunehmen und so schnell wie möglich die Polizei zu rufen.”
“Des ko do net sei! Des war do alles net so g’plant. Dr Herr Riedling, onser Reiseleiter, hat do gesagt, ‘s sott do bei dr Mörderjagd an falscher Mord gscheha, koi echter. Ond des sott net hier sei, sondern erscht nachher, beim Wandra uff dr Schwäbischa Alb.”
Das brachte mich auf die sehr waghalsige Vermutung, dass dieses Geschehnis möglicherweise mit der inszenierten Mörderjagd in Verbindung stand. Sofort fragte ich Frau Kornmann hektisch: “Frau Kornmann! Sie sagten doch vorhin, Sie wüssten, wer der Mörder in diesem mysteriösen Mörderspiel war. So wie ich das jetzt sehe, hat der Mörder in dem Spiel wahrscheinlich etwas mit diesem Mord zu tun. Wer ist in dem Spiel der Mörder? Sagen Sie es, Frau Kornmann!”
Frau Kornmann stotterte nervös: “Es… es…”
“Nun sagen Sie schon! Wer war der Mörder in dem Spiel? Vorhin wussten Sie es doch noch.”
“Es… es war… es war Herr Esserle…”
Frau Kornmann brach nach dieser Aussage in Tränen aus. Der Anblick der Leiche hat sie scheinbar sehr betroffen gemacht. Es war aber bestimmt nur der Anblick der Leiche, der Frau Kornmann so erschütterte, schließlich konnte sie Herrn Esserle überhaupt nicht leiden, sowie ich das erfahren habe. Wie sie aber beim Anblick der Leiche reagierte, zeigte mir, dass sie bestimmt nicht die Täterin gewesen sein konnte. Oder war sie einfach nur eine gute Schauspielerin? Wäre das auch eine Möglichkeit gewesen? Eine Möglichkeit von vielen…
Herr Esserle, der, wie sich eben herausstellte, den Mörder spielte, hing nun also erhängt am Dachbalken von Hütte 57; so also konnte es passieren, dass der Mörder in der inszenierten Mörderjagd selbst zum Opfer eines Mordes wurde…

Wird fortgesetzt…
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Alt 01.09.2005, 19:56   #8
akechi90
 
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Teil 3: Rollentausch

Wie konnte das nur passieren? Warum hing auf einmal der Mörder der inszenierten Mörderjagd, der Bankangestellte Esserle, selbst tot am Dachbalken von Hütte 57? Das war selbst für mich anfangs unbegreiflich.
Inzwischen sind weitere Personen am Tatort eingetroffen: Der Reiseleiter Riedling, Frau Griebert und dieser Hüne, der anscheinend Huber mit Nachnamen hieß.
Herr Riedling fragte überrascht und zugleich schockiert: “Wie konnte denn das passieren? Er sollte doch den Mörder in unserer Mörderjagd spielen. Warum ist er jetzt tot?”
Herr Huber überlegte: “Dann spielte Herr Esserle also den Mörder? Dann ist es aber für mich befremdlich, dass er sich erhängt…”
In dem Moment, in dem ich Hubers tiefe kratzige Stimme hörte, war mir plötzlich klar, wer dieser mysteriöse Mann war; er war der Skandalreporter Paul Huber, der gelegentlich über die Staatsaffären in der russischen Politik schrieb. Was das aber mit diesem Mord zu tun hatte, konnte ich mir dennoch nicht zusammenreimen.
Ich erwiderte Herrn Hubers Behauptung, dass Herr Esserle sich erhängt habe: “Ich denke nicht, dass es Selbstmord war. Es deutet alles ganz klar auf einen Mord hin!”
“Warum soll es Mord gewesen sein? Können Sie uns das bitte erklären?”, fragte Herr Huber aufgebracht.
“Weil er kein Podest gehabt hätte, auf das er sich hätte stellen können. Außerdem sind seine Haare völlig zerzaust - ein Anzeichen für einen Kampf.”
“Das beweist trotzdem noch nicht, dass es Mord gewesen ist. Vielleicht hat er sich erhängt, indem er mit dem Seil um den Hals vom Dach gesprungen ist. Und die Haare sind wahrscheinlich auch nur deshalb zerzaust, weil er psychisch so am Ende war, dass er nicht mehr auf seine Frisur achtete.”
Mir schien es so, als ob Herr Huber unbedingt wollte, dass man es für Selbstmord hielt. Warum er das wollte, war mir allerdings schleierhaft. Um Herrn Hubers abenteuerliche Selbstmordtheorien zu widerlegen, wies ich Herrn Gessmann an, die Leiche herunterzunehmen.
Herr Riedling stimmte meinem Vorschlag zu: “Ja, es wäre wirklich das Beste, wenn wir die Leiche herunternehmen würden. Es wäre schlicht und einfach würdelos gegenüber dem armen Herrn Esserle, wenn wir seine Leiche einfach in eisiger Kälte hier hängen lassen würden.”
Herr Gessmann war in der Zwischenzeit auf das Dach der Hütte gestiegen, um das Seil zu lösen. Er löste den Knoten auf und die Leiche fiel unsanfter als ich es erwartet hatte, in den Schnee.
“Und was jetzt?”, fragte Herr Huber mich ungläubig, “Was wollten Sie mir an der Leiche zeigen, was meine Selbstmordtheorie widerlegen könnte?”
Ich suchte den Hinterkopf des Toten nach eventuellen Spuren ab, bis ich schließlich auf etwas stieß, das ich gleich versuchte, Herrn Huber darzulegen: “Sehen Sie das hier?”
Herr Huber sah sich die Stelle von Herrn Esserles Hinterkopf, auf die ich deutete, genauer an: “Was soll da sein? Ich erkenne hier überhaupt nichts.”
“Sehen Sie doch mal genauer hin!”, ich schob seine Haare an einer bestimmten Stelle zur Seite, woraufhin eine große blutige Platzwunde zum Vorschein kam, “Hier wurde Herr Esserle mit irgendeinem harten Gegenstand bewusstlos geschlagen. Und das kann nur bedeuten, dass…”
Ich konnte nicht damit rechnen, dass Herr Huber hartnäckiger war als ich es von ihm vermutete und mich unterbrach, als wollte er unbedingt einen Artikel über einen Selbstmord in die Klatschspalte seiner Zeitung setzen: “Und das kann nur bedeuten, dass Herr Esserle, nachdem er sich erhängt hatte, mit dem Hinterkopf irgendwie gegen die Wand gestoßen ist. Warum können Sie nicht einfach wie jeder normale Mensch davon ausgehen, dass es Selbstmord war?”
Doch auch auf diese raffinierte Frage konnte ich eine plausible Antwort geben, indem ich mich ein paar Meter von der Hütte entfernte; bis zu einer Stelle, die von Blut rot gefärbt war: “Sehen Sie diese Stelle hier, Herr Huber?”
“Ja, das sieht für mich nach Blut aus. Na und?”
“Das ist Herrn Esserles Blut. Und die einzige Wunde von Herrn Esserle befindet sich an seinem Hinterkopf. Also muss er sich diese Wunde da drüben zugezogen haben. Das kann allerdings nur bedeuten, dass er da drüben, fünf Meter von der Hütte weg, niedergeschlagen wurde und erst danach aufgehängt wurde. Haben Sie noch etwas dazu einzuwenden?”
Herr Huber schaute auf merkwürdige Art und Weise verblüfft drein und gab schließlich zu: “Na gut, Sie haben mich überzeugt. Was mich allerdings trotzdem erstaunt, ist die Tatsache, dass niemand von uns Herrn Esserle direkt kannte. Warum also sollte jemand Herrn Esserle ermorden?”
Frau Kornmann hatte sich wieder gefasst und erwiderte in ernstem Ton Herrn Huber: “Ich muss zugeben, dass ich Herrn Huber kannte. Ich hatte vor ein paar Jahren Probleme mit seiner Bank. Genauer gesagt mit ihm, da er eines unserer Firmenkonten verschlampt hatte. Aber das ist doch bestimmt kein Mordmotiv, da das Geld nach einem halben Jahr wieder aufgetaucht ist. Ich habe ihm vergeben. Er war mir zwar immer noch unsympathisch, aber deswegen bringe ich doch keinen Menschen um. Aber es wäre dennoch eine angemessene Frage, warum er überhaupt ermordet wurde.”
Ich hatte schon eine Idee, was das Motiv anging und nannte meine Gedankengänge: “Vielleicht lag es ja daran, dass er der Mörder bei unserer Mörderjagd war. Wollte ihn vielleicht jemand beseitigen, weil er aus einem ganz bestimmten Grund nicht den Mörder spielen sollte?”
“Des ischt aber a bissele sehr weit herg’holt. I mein, des älles ischt net meh als an eifachs Spiel, wo oiner von uns a Leich spiela sott und an anderer an Mörder. Warum sott oiner dr Mörder umlega, bloß weil dr ausg’wählte Mörder net den Mörder spiela soll? Des ischt für mi net erklärlich.” , überlegte Herr Gessmann in seinem ungewöhnlich breiten schwäbischen Dialekt.
Herr Huber dachte laut: “Es ist noch zu früh, um über so etwas nachzudenken. Wir sollten erst mal herausfinden, wann Herr Esserle ermordet wurde.”
Ich hatte einige Kenntnisse in Sachen Gerichtsmedizin und versuchte daher, die Todeszeit zu schätzen: “Ich würde sagen, dass die Todeszeit vor weniger als dreißig Minuten war.”
Herr Huber fragte daraufhin nur in kurzen Worten: “Und das soll stimmen?”
Ich erklärte: “Sie brauchen wohl immer was zum Zweifeln, oder? Sehen Sie sich doch nochmals die Kopfwunde an. Das Blut ist noch flüssig, nicht wahr? Blut trocknet doch normalerweise nach dreißig Minuten. Demnach muss die Tatzeit vor weniger als dreißig Minuten gewesen sein, weil eben das Blut noch nicht eingetrocknet ist.”
Die depressive Frau Griebert folgte die ganze Zeit dem Gespräch, gab aber keinen Kommentar dazu ab. Sie sah nur mit ihrem immerzu depressiven Blick auf die Leiche. Was war nur mit dieser Frau los?
Auf jeden Fall schien Herr Huber in meiner Schätzung der Todeszeit wieder einen Grund zum Zweifeln zu erkennen: “Kann es nicht sein, dass das kalte Wetter die Todeszeit ein wenig verfälscht hat? Ich meine, es ist so kalt, dass das Blut möglicherweise über einen bestimmten Zeitraum eingefroren ist. Es ist also nicht gesagt, dass die Todeszeit vor weniger als dreißig Minuten war. Jetzt ist es außerdem 9.05 Uhr, also müsste die Todeszeit nach 8.35 Uhr gewesen sein. Ich kann mir nicht denken, dass der Mord vor so kurzer Zeit verübt wurde.”
“Es ist aber so.”, erwiderte Frau Kornmann ernst, “Herr Esserle hat meine Hütte um 8.29 Uhr verlassen, als es an der Tür geklopft hat. Da war er noch am Leben, da bin ich mir ganz sicher. Und um 8.50 Uhr habe ich letztendlich Herrn Esserles Leiche entdeckt.”
Herr Riedling kombinierte: “Das würde also bedeuten, dass die Tatzeit gewesen sein muss, nachdem er das letzte Mal gesehen wurde und bevor seine Leiche entdeckt wurde. Er wurde also zwischen 8.29 Uhr und 8.50 Uhr ermordet.”
Ich setzte Herrn Riedlings Überlegungen fort: “Ganz genau. Und das schränkt das Zeitfenster für die Tat auf ungefähr zwanzig Minuten ein. Obwohl wir noch nicht mal mitten in dem Fall drinstecken, haben wir dennoch einen ungeheuren Fortschritt gemacht: Wir können die Todeszeit relativ gut einschätzen und so hoffentlich auch einige Personen für die Tat ausschließen. Aber das können wir ja auch noch nachher machen, wenn wir wieder im Warmen sind.”
Frau Kornmann bestätigte mit lockerem Blick: “Ganz genau. Nachher ist noch genügend Zeit für solche Sachen. Aber finden Sie wirklich, wir sollten ihn so würdelos in der Kälte liegen lassen? Wie sieht das denn aus? Ich mochte ihn zwar noch nie, aber das wünsche ich nicht mal meinem schlimmsten Feind.”
Herr Riedling stimmte ihr zu: “Das sieht wirklich sehr pietätlos aus, wie tote Herr Esserle im Schnee liegt. Wir sollten ihn besser in eine Hütte schaffen, damit er nicht einfach hier herumliegen muss.”
Irgendwie verwandelte nun sich die Szenerie um die Leiche herum in das fröhliche Ratespiel, wo jetzt die Leiche möglichst pietätvoll untergebracht werden sollte. Ich fragte mich, ob die Beteiligten die Sache überhaupt ernst nahmen.
Sie nahmen die Sache nicht sonderlich ernst, da ich auf einmal Frau Kornmann sagen hörte: “Sie können ihn ruhig in meiner Hütte unterbringen. Schließlich redet er jetzt nicht mehr im Schlaf. Die Leiche wird mich schon nicht stören.”
“Nein, so geht das nicht.”, erwiderte Herr Riedling hektisch, “Wir sollten die Leiche in einer anderen Hütte unterbringen. Damit können wir auch verhindern, dass der Mörder - egal, ob es einer von uns oder jemand Außenstehendes ist - Spuren beseitigt, die die Polizei später finden könnte. Damit es die Polizei später nicht allzu schwer beim Transport der Leiche haben wird, sollten wir ihn ganz in der Nähe des Parkplatzes unterbringen.”
Frau Griebert blickte etwas zweifelnd drein und fragte mit leiser Stimme: “Aber wenn wir die Leiche so weit weg in einer Hütte unterbringen, dann ist doch das Risiko sehr hoch, dass jemand in die Hütte hereinspaziert und die Leiche zu beseitigen versucht, oder etwa nicht?”
Herr Riedling lächelte: “Na, wofür gibt es denn Schlüssel? Wenn wir die Hütte verriegeln und ich den Schlüssel bei mir behalte, kann absolut nichts passieren. Auf jeden Fall darf Herrn Esserles Leiche nicht einfach hier herumliegen, sonst haben wir wegen eventuellen verwischten Spuren später tatsächlich ein Problem mit der Polizei. Wir sollten die Sache besser ernst nehmen und die Leiche in einer Hütte unterbringen.”
Herr Huber schaute Herrn Riedling fragend an: “Und was dann? Wann sollen wir die Polizei anrufen? Die Leute von der Polizei brauchen doch bestimmt eine ganze Weile, bis die hier angekommen sind. Oder sollte einer von uns mit dem Kleinbus wegfahren und die Polizei holen?”
Der Reiseleiter Herr Riedling verneinte: “Auf keinen Fall fährt einer von uns mit meinem Kleinbus weg! Was ist, wenn wir unabsichtlich den Täter wegschicken? Was sollen wir dann machen? Außerdem kann ich doch mit meinem Handy die Polizei rufen. Warum also die Aufregung? Die brauchen auch nicht länger als einen Tag, um an diese abgelegene Stelle hier zu gelangen.”
Herr Riedling zog ein Handy aus der Brusttasche seines schwarzen Jacketts und wählte eine Nummer. Er nahm das Handy an sein Ohr und wartete kurz. Daraufhin musste er enttäuscht feststellen: “Verdammt! Wir haben keinen Empfang hier oben in den Bergen. Was jetzt? Wir können keine Hilfe holen.”
Frau Griebert strich sich durch die tiefschwarzen Haare und erinnerte Herrn Riedling: “Aber der Verwalter des Lautersdörfles besitzt doch bestimmt ein normales Telefon, mit dem wir auch hier in den Bergen problemlos telefonieren können.”
Herr Gessmann überlegte: “Des ischd dann aber merkwürdig. I hab vorhin versucht, mei Frau ahz’rufa, aber i hab koi Verbindung neig’kriegt. Aber dr Verwalter vom Lautersdörfle hat mr g’sagt, dass des Telefon sonscht au immer goht.”
Herr Huber tat irgendwie so, als ob ihn das gar nicht beängstigen würde: “Ist doch egal. Dann bringen wir die Leiche erst mal in einer Hütte unter und dann sehen wir weiter. Wahrscheinlich handelt es sich um einen bedeutungslosen Defekt oder Sie haben sich einfach nur verwählt. Auf jeden Fall können wir uns das auch noch nachher ansehen. Ich glaube nicht, dass es irgendetwas Schlimmes damit auf sich hat.”
“Des ischd aber net möglich. Mei Telefonnummer ischd so oifach, dass I mi net verwähla ko. Und dr Verwalter hat mr g’sagt, dass des Telefon scho dreißig Johr fehlerfrei goht.”
Ich konnte mir irgendwie schon denken, was mit der Telefonleitung tatsächlich passiert sein könnte. Aber da ich nicht für Unruhe sorgen wollte, hielt ich meinen Einfall, die Leitung könnte gekappt worden sein, vor den anderen Tourmitgliedern zurück, von denen sich die Anzahl aufgrund des Mordes um eins verringert hatte. Aber welchen Grund sollte ein Mörder haben, die Telefonleitung zu kappen? Hatte er etwa vor, noch einen weiteren Mord zu begehen?
Herr Riedling blickte auf die Leiche und forderte auf: “Bringen wir besser Herrn Esserles Leiche in eine Hütte. Ich miete uns noch eine weitere Hütte, warten Sie solange hier auf mich.”
Herr Riedling ging in Richtung der Parkplätze des Lautersdörfles, wo sich auch die Hütte des Verwalters befand.
Nun hatte sich Frau Kornmann zu mir gesellt und fragte mich lächelnd: “Geben Sie’s doch zu! Sie hatten doch gerade dieselben Gedankengänge wie ich, habe ich recht?”
“Was meinen Sie damit, Frau Kornmann?”
“Sie hatten doch bestimmt auch die Vermutung, dass die Telefonleitung gekappt wurde, nicht wahr? Falls ja, dann werden wir mit weiteren Zwischenfällen zu rechnen haben. Was denken Sie?”
“Nur wer hätte ein Interesse, uns umzubringen? Und woher wussten Sie vorhin überhaupt, dass Herr Esserle den Mörder in der “Mörderjagd” spielen sollte?”
“Ich wüsste selbst allzu gerne, wer an unserem Tod ein Interesse hätte. Außerdem wusste ich das mit Herrn Esserle als Mörder nur, weil Herr Riedling ziemlich laut war, als er sich unter vier Augen mit Herrn Esserle unterhielt. Ich habe vereinzelte Wortfragmente gehört wie ‘Mörder‘, ‘Ihre Rolle‘, ‘morgen früh am Steilhang’ und noch andere Sachen. Daraus habe ich dann geschlossen, dass es sich beim Mörder um Herrn Esserle handeln musste.”
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Alt 01.09.2005, 19:57   #9
akechi90
 
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“Respekt, Frau Kornmann! Aus drei Wortfragmenten zu schließen, dass Herr Esserle der Mörder sein soll, ist beachtlich. Schade aber, dass man trotzdem noch nicht herausfinden kann, wer ihn letztendlich umgebracht hat. Und kommt es Ihnen nicht auch so vor, als ob hier etwas nicht stimmen würde? Irgendetwas fehlt hier, nur was?”
“Jetzt, wo Sie’s sagen… Stimmt, hier fehlt wirklich etwas. Nur was?”
Ich erinnerte Frau Kornmann noch an etwas anderes: “Außerdem habe ich das Gefühl, dass Sie mir noch nicht alles über die Klippenspringerin erzählt haben. Meine jetzige Vermutung ist zwar sehr weit hergeholt, aber könnte es nicht sein, dass der Fall der Klippenspringerin auch mit diesem Mord zusammenhängt?”
“Warum denn das?”, fragte Frau Kornmann verwundert.
“Na weil sowohl bei dem Fall damals als auch bei dem heutigen Fall jedes Mal die Frage im Raum stand, ob es nun Mord oder Selbstmord war…”
Frau Kornmann unterbrach: “Stimmt. Und eine Verbindung zwischen den Fällen gibt es auch. Wissen Sie, was mir aufgefallen ist?”
“Nein, sagen Sie es mir.”
“Meine Angestellte ist damals von der Klippe gestürzt, an der heute die Mörderjagd stattfinden sollte. Können Sie sich denken, was das bedeutet?”
“Ja, beide Fälle hängen mit der Klippe zusammen. Habe ich recht?”
“Ganz recht, Herr Schmittchen. Das Verbindungsglied zwischen den zwei Fällen ist die Klippe. Sie haben übrigens noch immer die ehrenvolle Aufgabe, für mich herauszufinden, ob die Klippenspringerin Selbstmord begangen hat oder ermordet wurde. Sie haben es mir versprochen.”
“Wie schon gesagt, ich werde mir größte Mühe geben, diese Fälle zu untersuchen.”
“Ich werde es Ihnen versprechen: Wenn Sie diesen Fall lösen, werde ich Ihnen, wenn Sie mal ein größeres Problem haben, auch im Gegenzug helfen.”
Ich lächelte in dieser doch etwas unangenehmen Situation: “Sie brauchen sich nicht zu revanchieren. Sie haben mir ein kleines Rätsel aufgegeben, von dem Sie selbst nicht die Lösung kennen und wollen von mir eine Lösung. Ich muss ja nur meinen Kopf anstrengen, sonst nichts. Wenn das Ganze allerdings in Laufarbeit ausartet, kann ich Ihnen jedoch nicht mehr garantieren, dass ich ohne Entgelt für Sie nachforsche.”
“Keine Sorge, die größte Strecke, die Sie laufen müssen, ist der Weg zu der Klippe. Bis da hin dauert es höchstens eine halbe Stunde. Um Ihre Beine müssen Sie sich also keine Sorgen machen.”
Herr Riedling hatte in der Zwischenzeit die Schlüssel für Hütte Nummer 6 geholt und forderte uns auf, ihm beim Tragen der Leiche zu Hütte 6 zu helfen, die sich beinahe exakt am Parkplatz des Lautersdörfles befand. Herr Riedling und Herr Gessmann trugen nun zusammen die Leiche in Richtung dieser Hütte und ließen uns zurück. Wieder fiel mir auf, dass irgendetwas nicht stimmte, genauer gesagt fehlte. Was war das nur? Ich wusste sehr genau, dass es offensichtlich war… Zumindest so offensichtlich, dass man normalerweise nicht darauf kommen konnte.
Meine Gedanken schweiften ab. Mich plagten Gewissensbisse: Was, wenn ich Frau Kornmann nicht helfen konnte? Was, wenn der Fall der Klippenspringerin doch eine Nummer zu groß für mich war?
Na gut, das dachte ich auch damals bei dem Fall mit dem Surfer Pierre, aber der damalige Fall war ein wenig klarer. War er wirklich klarer, fragte ich mich. Eigentlich nicht. Damals hatte man das gravierende Problem, dass man nur von einem Unfall ausgehen konnte. Mord kam also eigentlich gar nicht in Frage. Jedenfalls solange nicht, bis ich zu kombinieren anfing…
Aber im Grunde genommen war der Fall der Klippenspringerin noch ein wenig anspruchsvoller: Einerseits kamen ein Unfall oder ein Suizid nicht in Frage, weil die Frau betäubt war, als sie die Klippe herabstürzte. Andererseits aber kam auch Mord nicht in Frage, da ungefähr zwanzig unabhängige Zeugen gesehen haben, wie die Frau alleine die Klippe herunterfiel, ohne dass sich jemand zum Zeitpunkt des Sturzes in ihrer Nähe aufhielt. Auch ein durchgehend verzwickter Fall, da die Todesart der Klippenspringerin vollkommen unmöglich war. Eine Frau, die gleichzeitig voll mit Schlafmitteln ist und eine Klippe herunter springt. Die meisten Menschen hätten das wahrscheinlich als paradox bezeichnet. Ich hingegen verstand unter dem Fall der Klippenspringerin entweder einen Unfall unter ungewöhnlichsten Bedingungen oder einen raffinierten Mord. Oder handelte es sich vielleicht um perfekt ausgeklügelte Selbstmordmethoden? Es gab also drei verschiedene Möglichkeiten in diesem Fall, welche alle gleich unwahrscheinlich waren. Oder gab es vielleicht sogar eine vierte Möglichkeit - Eine Möglichkeit, die sich ‘Irrtum’ nannte?
Als ich diesen inneren Monolog führte, wurde ich schließlich auf das aufmerksam gemacht, was hier stimmte. Frau Griebert, diese depressive Gestalt, erwähnte den Namen einer Person und machte mich somit auf diese eigentlich offensichtliche Ungereimtheit aufmerksam: “Er müsste doch schon längst zurück sein, oder?”
In dem Moment, in dem Frau Griebert das sagte, kamen Herr Gessmann und Herr Riedling zurück, die soeben die Leiche in Hütte 6 gebracht hatten. Herr Riedling fragte: “Wer müsste schon längst zurück sein? Ich?”
“Nein, nein. Sie meine ich nicht, Herr Riedling.”, erwiderte Frau Griebert mit sehr leiser Stimme, “Ich meine diesen Russen. Sein Name war doch… lassen Sie mich mal überlegen… ja, sein Name war Orlow. Wo ist der Mann hin? Ich habe vorhin um 8.26 Uhr gehört, wie er die Hütte verlassen hatte, die ich mit ihm teilte.”
Herr Huber dachte laut: “8.26 Uhr… Das war doch drei Minuten vor Beginn des Zeitfensters für die Tat. Und seitdem ist er nicht mehr aufgetaucht?”
Frau Griebert sagte leise: “Nein. Seitdem nicht mehr…”
Frau Kornmann schien sich an etwas zu erinnern: “Mir fällt gerade ein, dass ich vorhin im Gespräch zwischen Herrn Riedling und Herrn Esserle hören konnte, dass Herr Orlow bei der inszenierten Mörderjagd die Rolle des Opfers übernehmen sollte.”
Herr Gessmann überlegte in seinem sehr breiten Schwäbisch: “Wenn dr Herr Orlow aber seit ‘ner dreiviertel Stund net meh uffg’taucht ischd, müsst des ja dann bedeuta, dass dr Herr Orlow dr Mörder g’wesa ischd.”
Herr Riedling rief nervös: “Aber wenn Herr Orlow der Mörder von Herrn Esserle war, dann hieße das ja, dass…”
“Ganz genau. Ich weiß, worauf Sie hinauswollen.”, unterbrach Frau Kornmann, ausnahmsweise wieder mit ernstem Blick.
Ich wusste auch, was hier Sache war: Herr Esserle, der den Mörder spielen sollte, wurde selbst zum Opfer. Und Herr Orlow, der die Rolle des Opfers spielen sollte, wurde letztendlich selbst zum Mörder. Eine interessante Konstellation: Der Mörder und sein Opfer hatten in der Realität die Rollen getauscht - Der Mörder wurde also von seinem Opfer ermordet. Aber warum? Gab es da etwa einen nachvollziehbaren Grund?

Wird fortgesetzt…

Ich würde mich wie immer über Kommentare und Kritik freuen.
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Alt 11.10.2005, 19:11   #10
akechi90
 
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Der Krimi ist inzwischen fertig geworden. Es war einfach ein wenig zu viel, die 17 Kapitel ins Forum zu posten.
Daher kann jeder, der Interesse an dem romanlangen Buch hat, es sich hier in einem Zip-Ordner als PDF runterladen.
Viel Spaß beim Lesen wünscht euch euer Carsten
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