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Alt 10.04.2007, 21:37   #1
männlich AEtherion
 
Dabei seit: 04/2007
Alter: 35
Beiträge: 3


Standard Erdensohn

So, jetzt musste ich mich doch glatt in einem extra Forum anmelden um Feedback zu meiner Geschichte "Erdensohn" zu bekommen.
Die Leute in so manch anderem Forum sind ja offenbar lesefaul XD

Ich würde mich sehr freuen wenn ich wenigstens hier Meinungen zu dem folgenden Auszug bekommen würde.

Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen




~ Erdensohn ~


Kapitel 1 ~ Söldner



Muffige Luft schlug dem Mann entgegen als er den Raum betrat.
Dumpfes Licht fiel durch die Fenster und tauchte den Raum in düsteres Zwielicht.

Der Neuankömmling war schlank und trug einen langen, zerschlissenen, graubraunen
Reisemantel. Die Kapuze hatte er tief ins Gesicht gezogen.
Mehr als sein bartloses Kinn war darunter nicht zu sehen.

Er schlug die Tür hinter sich zu und sah sich um.
Sein Blick schweifte über die Holztische, die an der linken Seite des Raumes standen. Viele von ihnen waren besetzt.
Einige der Gäste warfen ihm einen flüchtigen Blick zu und vertieften sich dann wieder in das Gespräch mit ihren Tischnachbarn.
Sie waren allesamt nicht gerade vertrauenerweckende Gestalten.
Zumeist kräftige Männer mit schäbigen Rüstungen. Einige hatten langes, verfilztes Haar, andere wiederum Glatzen.
Die meisten trugen Tätowierungen auf ihren muskelbepackten Armen.

Ihre einzelnen Gespräche verschmolzen zu einem einheitlichen Gemurmel, das sich wie ein Schleier über den gesamten Raum legte. Ab und zu unterbrochen von einem lauten Auflachen.

Der Mann schmunzelte. Diese rauhbeinigen Kerle konnten zwar grölen und fest zuschlagen, waren aber gut einzuschätzen. So lange sie nicht anfingen einen anzupöbeln waren sie keine Gefahr.
So viel hatte Hades in seiner kurzen Zeit bei den Söldnern bereits gelernt.
Anders verhielt es sich mit den Kerlen, die meist an den etwas abgeschiedenen Tischen saßen.
Häufig hatten sie die Kapuzen ihrer Wandermäntel tief ins Gesicht gezogen, genau wie er.
Bei ihnen konnte man sich nie sicher sein, was sie dachten. Und erst recht nicht, was sie als nächstes tun würden.

Es befanden sich nur vier andere Söldner dieser Art im Raum. Zwei von ihnen saßen am Tisch in der hintersten Ecke des Zimmers und unterhielten sich mit gedämpfter Stimme.
Ein weiterer pokerte mit einigen der stämmigen Kerle. Offenbar war er sehr erfolgreich.
Vor ihm stapelten sich die Münzen bereits zu kleinen Türmen.
Wahrscheinlich spielte er mit faulen Tricks.


Der letzte von ihnen saß alleine an einem der Tische und sah aus dem Fenster.
Er trug einen purpurnen Umhang. Eine ungewöhnlich auffällige Farbe.
Normalerweise trugen Söldner schlichte Umhänge oder Mäntel in Braun- oder Grüntönen.
So, von der Seite gesehen, verdeckte die Kapuze sein gesamtes Gesicht. Nicht einmal die Nasenspitze war zu sehen.

Beim Anblick der halb geleerter Trinkkrüge und Teller auf den Tischen bekam man den Eindruck sich in einer Gaststätte zu befinden.
Das stimmte auch, jedenfalls zum Teil. Doch wenn man sich den Tresen auf der rechten Seite des Raumes betrachtete erkannte man sofort, dass das nicht die ganze Wahrheit war.

Die Regale an der Wand hinter ihm reichten bis zur Decke. Sie hatten viele Schubladen und Fächer. Allesamt vollgestopft mit Papieren, Mappen und diversen Päckchen.

Hades lächelte grimmig.
Als er Söldner wurde hatte er sich durch ein ganzes Bündel Formulare kämpfen müssen.
Noch nie zuvor war er so froh darüber gewesen, dass seine Mutter ihm das Lesen und Schreiben beigebracht hatte.

Der Tresen selbst war, wie die Regale, aus dunklem, beinahe schwarzem Holz gezimmert. Hinter ihm stand ein Mann, der aussah wie seine eigene Leiche.
Dürr, mit bleicher Haut, welche sich straff über Knochen und Sehnen spannte.
Er blätterte, in Gedanken versunken, in einem Ordner.
Papierbögen raschelten während er Seite um Seite nach irgend etwas suchte.

Hades trat an den Tresen heran und ließ seinen schweren Reiserucksack geräuschvoll auf den Boden fallen.
Der Mann hinter der Theke blickte auf und sah ihn feindselig an.
Sein Gesicht erinnerte wahrhaftig an einen Totenschädel.
Es war langgezogen und ausgemergelt. Die eisblauen Augen saßen in tiefen, dunklen Augenhöhlen.
Ein kaltes Schimmern hinter dem Vorhang aus fettigen, langen, schwarzen Haaren, der ihm ins Gesicht fiel.
„Was willst du?“ fragte er mit einer Stimme, die kaum mehr war als ein unfreundliches Zischen.

„Geld!“ Hades schnippte ein Pappkärtchen auf den Tresen.
Der Angestellte nahm es und las es durch.
„Ha, du hast also einen Auftrag fertig.“
Hades schnaubte verächtlich. Die Söldner wurden für alle möglichen Aufgaben eingesetzt.
Vom Geleitschutz für wohlhabende Reisende bis hin zu einfachen Kurierdiensten.
Einen solchen hatte er eben hinter sich gebracht.

Der Mann öffnete eine Schublade und holte eine Hand voll Silbermünzen hervor.
Er zählte zwölf Stück davon ab und legte sie auf den Tisch.
„Hier“
Hades starrte ihn missmutig an.


„Für den Kurierdienst bekomme ich zwölf Silbermünzen.“
„Es sind doch zwölf Münzen.“
„Da liegen nur zehn Münzen.“
„Dann hast du dich wohl verzählt.“
„Versuche nicht mich zum Narren zu halten,“ fauchte Hades.
Seine granitgrauen Augen bohrten sich in den Angestellten.
„Im Gegensatz zu dir kann ich zählen!“


Der Angestellte fluchte leise. Meistens gelang es ihm mit seinen Taschenspielertricks ein paar Geldstücke abzuzweigen.
Er ließ einen flüchtigen Blick über die Geldstücke streichen und tat so, als würde er sie zählen. Dann legte er die zwei fehlenden Silberstücke dazu.

Hades packte die Münzen in seinen Geldbeutel. Während er sein Geld in einer Innentasche seines Mantels verstaute spürte er einen Blick in seinem Nacken.

Hades wandte sich um. Der Söldner mit dem purpurnen Umhang starrte ihn an.
Der Schatten der Kapuze verdeckte zwar das Gesicht des, aber Hades war sich sicher, dass der Mann ihn musterten.
Für einen kurzen Augenblick verharrten beide wie versteinert.
Wie Jäger und Beutetier beim ersten Blickkontakt.
Nach einigen Sekunden, es erschien eher wie eine Ewigkeit, erhob sich der Söldner und ging zur Tür.

Hades stutzte.
Er wusste zwar nicht genau was, aber irgend etwas stimmte nicht mit diesem Mann.
Der öffnete die Tür und warf Hades einen letzten, abschätzenden Blick zu.
Dann trat er ins Freie. Die Tür schloss sich krachend hinter ihm.
Hades betrachtete sie, tief in Gedanken versunken.
Irgendwie hatte er ein ungutes Gefühl. Das roch förmlich nach Ärger.



So, das wär's für's erste
AEtherion ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.04.2007, 21:47   #2
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626


hallo

ich hoffe mal, du nutzt das forum noch für andere sachen, schließlich sind wir nciht nur eine kommentar-liefer-community

Ich mag diene geschichte irgendwie, auf jeden fall würde ich das buch, oder was immer weiterlesen, wenn ich den anfang in der bücherei gefunden hätte (und in meine ausleih-auswahl schaffens nciht viele )
einzig stört mich zunächst der name "hades" klar, gott der unterwelt-blabla, weiß ich schon, aber hat das auch einen tieferen grund, dass der so heißt? sprich: spielt es noch eine rolle?
denn irgendwie ha im moment der söldner wenig mit dem zu tun
auf jedenfall beeindruckt mich diene art und weise, menschen darzustellen, ich weiß auch net, warum

engelsgruß, lcihtel, alles andere, als lesefaul
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.04.2007, 21:22   #3
männlich AEtherion
 
Dabei seit: 04/2007
Alter: 35
Beiträge: 3


Na aber hallo!
Wenn ich schon mal hier bin werde ich die Möglichkeiten des Forums auch nutzen und nicht nur Kommentare einheimsen

Erstmal vielen Dank für das Lob

Der Name Hades hat keinen wirklich entscheidenden Zweck.
Ich habe ihn aber so belassen, weil er in meinen Ohren einfach ganz passend für den Charakter ist. Und weil es für den weiteren Verlauf einige praktische Eigenschaften besitzt die ich nicht weiter erläutern will
Also spielt er eine, wenn auch unbedeutende, Rolle.

Grüße, AEtherion

PS: auch wenn es nicht der einzige Zweck meines Forenbeitritts ist, ich hoffe immer noch auf weitere Kommentare
AEtherion ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.04.2007, 22:19   #4
männlich AEtherion
 
Dabei seit: 04/2007
Alter: 35
Beiträge: 3


So, nach leider viel zu langer Zeit kommt hier der zweite Teil vom ersten Kapitel. Viel Spaß beim lesen =D



„He,“ die Stimme des Angestellten holte ihn wieder in die Realität zurück, „liefer lieber das hier ab, bevor du hier noch zur Salzsäule erstarrst.“
Er legte ein graues Päckchen und eine Auftragskarte vor Hades auf den Tresen.
Hades seufzte, schon wieder ein Kurierdienst.
Er überflog die Beschreibung.
Das Paket sollte an einen gewissen „Einsiedler vom Golgotha“ gehen.
Dieser Ort Golgotha war ihm gänzlich unbekannt.
Aber für den Lohn von 35 Silberstücken hätte er das Paket auch bis ans Ende der Welt gebracht.
Er nickte dem Angestellten zu. „Geht klar“
Das Paket in der Hand ging Hades zu dem jetzt freien Tisch am Fenster und setzte sich.

Er bestellte sich einen Krug Morn, ein scharfes, leicht alkoholisches Getränk.
Hergestellt aus dem Saft der Frucht des Trokarbaumes und verschiedenen Kräutern.
Nachdenklich wog es das Päckchen in seiner Hand. Es war etwa eine Handspanne lang und so breit wie ein Finger lang war.
Dennoch war es ungewöhnlich schwer. Als würde es einen Stein enthalten.
Unsinn! Warum sollte jemand einen Stein verschicken?
Dann verstaute Hades das Päckchen in seinem Rucksack.

Er lehnte sich zurück und sah aus dem Fenster.
Es war ein schöner Frühlingstag. Die Sonne schien. Doch die Bäume vor dem Fenster ließen kaum Licht in den Raum. Sie trugen bereits eine üppige Blätterpracht.
Und das trotz des vorangegangenen, harten Winters.
Hier und da zeigten sich an ihnen sogar schon die ersten Blüten.
Hades musste an den letzten Frühling zurückdenken und seufzte wehmütig.
Damals war er noch mit den anderen Feldarbeitern auf die Äcker seiner Heimatstadt Tifan gezogen um die erste Saat auszubringen.
Es fühlte sich an als wäre seitdem eine halbe Ewigkeit vergangen.

Doch der Winter kam früh und plötzlich. Die letzte Saat des Jahres erfror auf den Feldern.
Und Hades und sein Stiefvater, ebenfalls ein Saisonarbeiter, standen auf der Straße. Es war abzusehen, dass das Ersparte nicht ausreichen würde um über den Winter zu kommen.

Das Geld, dass Hades‘ Mutter mit dem Verkauf von Stickereien verdiente, änderte daran auch nichts.
Und seine beiden kleinen Stiefschwester war noch zu jung um zu Arbeiten.

Damals hatte sich Hades dazu entschieden, Söldner zu werden.
Der Job war härter als er je vermutet hätte.
Während der Wintermonate bestand eine Hauptaufgabe der Söldner darin, die Arbeiter zu schützen, welche die Handelsstraßen im Winter von Schnee befreiten.
Diese Straßen zogen sich oft viele Meilen weit durch unbewohnte Landstriche.

Tag für Tag harrten er und die anderen Wachen in der in der Eiseskälte aus. Und die fraß sich regelrecht in die Knochen. Doch trotz ihrer steifen Glieder mussten die Söldner die Arbeiter gegen die häufig angreifenden, ausgehungerte Raubtiere schützen.
Einmal, in einem kleinen Waldstück, wurden sie sogar von einem Rudel Lykantropen angegriffen.
Sie überfielen die Gruppe ohne jede Vorwarnung.
Diese zweibeinigen, wolfsartigen Kreaturen fraßen normalerweise keine Manschen. Doch dieses Rudel war offenbar so verzweifelt, dass ihnen jegliche Beute recht war.
Hades schauderte.
An jenem Tag hatte er zum ersten mal Menschen sterben sehen.
Sie waren zusammengebrochen.
Aufgeschlitzt von den scharfen Krallen ihrer Gegner.
Die Lykantropen zerrissen manche regelrecht mit ihren grausamen Fängen.
Doch auch die Angreifer erlitten schwere Verluste. Viele von ihnen fielen, getroffen von den Pfeilen oder Klingen der Söldner.
Der Schnee um das Schlachtfeld herum war rot vor Blut gewesen.
Ein Anblick den Hades nie vergessen würde.
Schließlich hatten die Lykantropen den Rückzug angetreten.
Ein jeder von ihnen hatte den Körper eines gefallenen Artgenossen oder eines getöteten Menschen mit sich genommen.
Hades und die anderen, verbliebenen Söldner wagten nicht ihnen ins Unterholz zu folgen.
Dort wären sie leichte Opfer für ihre Gegner gewesen.
Die verbliebenen Leichen hatten sie auf einen Wagen geladen und in die nächste Stadt gebracht.
Der Schock saß jedem tief in den Knochen.
Doch schon am nächsten Morgen wurden sie schon wieder hinausgeschickt.
Mit Ersatzarbeitern und mehr Wachen.
Als der Winter schließlich vorbei und der Schnee geschmolzen war, wurden die Räumtrupps nicht mehr gebraucht. Seitdem bekam Hades nur noch Kurierdienste zugewiesen.
Die waren zwar ungefährlich, brachten aber auch wesentlich weniger ein.

Momentan reichte sein Verdienst gerade so zum leben.
Es blieb nicht eine Münze übrig, die er hätte nach Hause schicken können.
Aber wenigstens gab es jetzt wieder Arbeit für seinen Stiefvater und die anderen Feldarbeiter.
Und die Gewissheit, dass seine Familie dank seiner Hilfe über den Winter gekommen war gab Hades neue Kraft. Im Nächsten Winter würde er wieder mehr verdienen.
Bis dahin musste er sich irgendwie über Wasser halten.
Die Bedienung kam und stellte einen Tonkrug mit dem Morn auf den Tisch.
Hades nahm einen großen Schluck.
Das Getränk brannte angenehm in der Kehle und vertrieb die Gedanken an die Vergangenheit.
Es war Zeit sich dem neuen Auftrag zuzuwenden.
Er zog ein vergilbtes, zusammengefaltetes Stück Papier aus seinem Umhang und entfaltete es.
Es war eine Landkarte.
Wo auch immer Golgotha lag, auf dieser Karte würde Hades es finden.
Sie war überaus genau. Und auf ihr waren sogar viele eigentlich unzugängliche Gebiete verzeichnet. Auf den anderen Karten waren an diesen Stellen weisse Flecken.
Wer auch immer diese Karte erstellt hatte, er musste weit herumgekommen sein.
Und wie sein Vater einst an sie gekommen war, war ihm ein Rätsel.
Als das Bild seines Vaters vor Hades‘ geistigem Auge aufflackerte durchfuhr ihn ein sengender Schmerz.
Lange verdrängte Erinnerungen an die Zeit, als sein Vater, seine Mutter und er eine glückliche Familie waren sprudelten wieder hervor und trieben ihm die Tränen in die Augen.
Rasch schob er die Gedanken beiseite.
Jene unbeschwerten Tage gehörten der Vergangenheit an.
Sein Vater war und blieb verschwunden.
Und seine Mutter führte nun ein neues Leben, mit einem neuen Mann an ihrer Seite.
Hades nahm noch einen Schluck Morn.
Dann wandte er sich wieder der Landkarte zu.
Wo lag dieses Golgotha?
Es war jedenfalls keine der nördlichen Städte. Sonst hätte er schon längst von ihr gehört.
Und im Süden gab es nur einen dünnen Streifen, der besiedelt war.
Er lag zwischen dem großen Meer im Westen und einem gewaltigen Gebirgsmassiv, Zarkusbogen genannt, welches den Kontinent von der Küste im Osten bis ans südliche Ende des Kontinents durchschnitt. Seine Gipfel reichten bis über die Wolken und waren gänzlich unpassierbar.
Ein Umstand, über den die Menschen mehr als froh waren.
Hinter dem Zarkusbogen lagen die Ödlande.
Eine unwirtliche, karge Steppenlandschaft.

Hades seufzte.

Einst war dieses Gebiet grün und fruchtbar gewesen.
Doch dann war der Große Krieg über sie hinweggefegt und hatte die blühende Natur in tote Asche verwandelt.
Seitdem hat kein Mensch mehr einen Fuß in diese toten Lande gesetzt.
Nein, im Süden lag Golgotha auch nicht.
Blieb nur noch die der mittlere Bereich des Kontinents übrig.
Hades stutzte.
Auch hier gab es keine Stadt, die diesen Namen trug.
Lag sie doch im Norden?

Hades überflog die Karte. Nein. Keine Spur von diesem verdammten Ort.
Er nahm den Krug Morn und trank einen kräftigen Schluck.
Halt!
Wer hatte gesagt, das Golgotha eine Stadt war?
Hieß es in der Beschreibung nicht „der Einsiedler vom Golgotha“?
Aber wann es keine Stadt war, was war es dann?
Ein Fluss? Ein Berg? Oder doch etwas ganz Anderes?
Hades fluchte.

Auf seiner Karte waren zwar alle existierenden Siedlungen eingezeichnet, aber bei weitem nicht alle geographischen Landmarken.
Er studierte nochmals die Karte.
Keine Spur von diesem Golgotha.
Es wäre ja schon aufwendig genug gewesen, sich in der Umgebung dieses Golgotha nach einem Einsiedler durchzufragen und ihn zu finden.
Doch wenn er sich durch den ganzen Kontinent fragen musste, hätte er den Auftrag auch gleich zurückgeben können.
Aber die hohen Strafgebüren und der Rufverlust, den das bedeutet hätte, hielten ihn zurück.
Er konnte es sich nicht leisten das Paket zurückzugeben.
Verzweifelt stützte er den Kopf in die Hände und starrte auf die Karte.
Dann sah er es. Im ersten Moment hatte er den Schriftzug nicht wahrgenommen.
Die Buchstaben waren klein schon leicht verblichen.

Golgotha!
Es war ein Berg in der Mitte des Zarkusbogens!

Er lag am Ende eines breiten Tales, die Stadt Lemina zu seinen Füßen.
Für einen Moment wollte er seinen Augen nicht trauen.
Zur Sicherheit las sich den Namen noch einmal durch.
Dann lehnte er sich zurück und seufzte erleichtert.
Dieser Berg hieß wirklich Golgotha.
Hoffentlich fand er dort auch den fraglichen Einsiedler.
Lemina lag keine vier Tagesmärsche entfernt.
Mit ein wenig Glück würde er die 35 Silberstücke in weniger als einer Woche in den Händen halten.
Das waren gute Aussichten.
Hades wollte gleich im nächsten Morgengrauen aufbrechen
Je schneller er das hinter sich brachte, um so besser.
Er trank den Rest seines Morns, kramte die zwei Kupfermünzen dafür aus seinem Geldbeutel und legte sie auf den Tisch.
Dann stand er auf, schwang sich seinen Rucksack auf die Schultern und trat durch die Tür ins Freie.
Nach dem dumpfen Licht im Zimmer brannte das warme, gelbe Licht der Sonne regelrecht in den Augen.
Hades musste blinzeln.
Nachdem er sich wieder an das Tageslicht gewöhnt hatte, sah er sich um.
Die Allee, in der er sich befand war menschenleer.
Er legte den Kopf in den Nacken und sah in den Himmel.

Weisse Wolkenfetzen zogen friedlich über ihn hinweg.
Eine sanfte Brise strich über sein Gesicht.
Dabei rutschte Hades die Kapuze vom Kopf und offenbarte sein dichtes, dunkelblondes Haar.
Es stand wild in alle Richtungen, als hätte es ein Sturm so hingeworfen.
Er schloss die Augen.
Die Sonne schien warm auf sein Gesicht mit der markanten, geraden Nase.
Die Schreie der Vögel und zahlreichen kleinen Flugechsen, welche den Himmel bevölkerten erfüllten die Luft.
In der Ferne erklang das lärmende Treiben der Stadt.

„Meine Güte, du hast dir ja wirklich Zeit gelassen. Ich dachte schon du kommst da nie mehr raus.“

Hades wirbelte herum. Wer hatte da gesprochen?
Eine Gestalt löste sich aus dem Schatten eines Baumes, keine zehn Schritte von Hades entfernt.
Die Arme vor der Brust verschränkt kam der Mann auf Hades zu.
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