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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 12.09.2013, 16:25   #1
Narziss
 
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Beiträge: 242

Standard Motten im Laternenschein

Motten im Laternenschein

Im schwachen Glanze der Laterne,
Die mir schon viele Wege wies,
Verschleiert meine Nacht die Ferne
Und bettet sie aufs dunkle Vlies:

Gestirne sind wie Diamanten,
Der Mond ein leuchtendes Opal;
Am Himmel gleichen sie Giganten,
Versteinert im geschwärzten Stahl.

Das Ich versinkt in diesen Weiten,
Entfernt sich vom Laternenschein,
Um in die Dunkelheit zu gleiten
Und eins mit meiner Nacht zu sein.

Als Motten aus den Schatten schwirren,
Verstummt die Welt und es wird leis.
Mit einem Mal vergeht mein Irren –
Das Du tritt in den lichten Kreis.

Geändert von Narziss (12.09.2013 um 20:52 Uhr)
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Alt 12.09.2013, 19:36   #2
gummibaum
 
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Alter: 70
Beiträge: 10.909

Mehr ein innerer Bezirk des LI (der hier mit Naturbildern beschrieben wird), der aus Nachtseite und der schwachen Laterne des Bewusstseins darin besteht. Die nicht ausleuchtbare Ferne von dieser Nacht schon angeeignet, die Giganten als schöne Versteinerungen an ihren Himmel gepflanzt...und nun wird das Ich von ihr zur Vereinigung ins Gleiten gebracht und fast schon in orientierungslos machende Weite expandiert. Da sind die Motten um die Laterne plötzlich das Du: der Wegweiser für den rettenden Rückweg.

LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.09.2013, 20:58   #3
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.082

Mit diesem Gedicht habe ich ein Problem, denn Motten sind an sich lichtscheue Insekten.

Daß sie öffentliche Laternen anfliegen, hat mehr mit (Fehl-)Orientierung zu tun (Mond), als mit Licht oder Wärme. Innerhalb von Wohnungen, die bei Lampenlicht ausgeleuchtet sind, verdrücken sie sich lieber (das machen Wanzen übrigens auch). Weshalb sollten Motten auch in der Luft herumflattern, wenn die Fressereien am Boden liegen (Teppiche) oder in den Schränken hängen (Klamotten), wo man jeden Tag hunderte von Eiern unbemerkt im Dunkel ablegen kann?

Je flauschiger und dichter das Wollmaterial, desto besser für die Motten. Das ist beste Fressqualiät (Keratin), und die Eier und Larven sind in dem tiefen Flor nicht zu erkennen.

Nee, Motten und Licht, das passt nicht zusammen. Die lieben es dunkel, sicher und geheim. Wo die ihre Eier ablegen, ist kein Licht. Das einzige, was Motten interessiert, ist das Schlüpfen und Fressen.

Und Textilmotten sind hart aus der Wohnung rauszubkommen. Das Licht nicht mehr einzuschalten hilft da überhaupt nicht.

FAZIT:
Vielleicht war das lyrische Ich gar nicht schlecht beraten, in der Dunkelheit auf seine Motte zu warten.
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Alt 12.09.2013, 21:36   #4
Narziss
 
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Alter: 31
Beiträge: 242

Hallo gummibaum,

deine Interpretation trifft im Groben mit meiner Intention überein. Mit einer Ausnahme: die Motten habe ich zwar als Wegweiser "eingeplant", aber nicht mit dem "Du" gleichgesetzt.
Danke für die Mühe, die du dir damit gemacht hast; ich höre es gerne, wenn ein Leser nicht nur liest, sondern auch über die Verse nachdenkt.


Hallo Ilka-Maria,

ich muss ein wenig schmunzeln. Du scheinst, mit den Motten auf Kriegsfuß zu stehen.
Dennoch habe ich mich mal informiert und bin zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Motten orientieren sich normalerweise an natürlichen Lichtquellen. Doch ist die Lichtintensität zum Beispiel einer Lampe höher als die des Mondes, endet die Flugbahn der Motte in einer Endlosschleife um das Objekt. Sicher ist das den Insekten nicht weiter dienlich. Aber inwiefern spielt das für die Intention des Gedichtes eine Rolle?


Liebe Grüße
Narziss
Narziss ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.09.2013, 21:40   #5
weiblich Ilka-Maria
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Ort: Arrival City
Beiträge: 31.082

Gute Frage.

Ja, mit der Mottenplage habe ich Erfahrung, und über diese Viecher weiß ich gut Bescheid.

Das Gedicht finde ich gut, aber der Titel hat mich gestört, weil er unterstellt, dass Motten immer nach dem Licht gehen. Das stimmt aber nicht.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.09.2013, 22:27   #6
Narziss
 
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Beiträge: 242

Zitat:
[...] der Titel hat mich gestört, weil er unterstellt, dass Motten immer nach dem Licht gehen. Das stimmt aber nicht.
Motten im Laternenschein. Naja. Ich hab ihnen (wie auch gummibaum es getan hat) eher den wegweisenden Charakter in diesem Gedicht zugesprochen und hielt den Titel daher für angebracht. Und wenn mans ganz genau nimmt, beschreiben diese drei Wörter nur einen Zustand bzw. eine Situation, die man in der letzten Strophe wiederfindet. Den angeblichen Fakt, dass Motten Licht lieben, müsste man dann irgendwie reininterpretieren, wobei das mit den zu Grunde liegenden Versen schwierig würde. Machbar ist alles, aber ich schreibe hier ja auch keinen Sachtext über Motten und ihre Artenvielfalt.
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Alt 13.09.2013, 11:12   #7
männlich Phönix-GEZ-frei
 
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Beiträge: 1.722

Hallo Narziss,

manchmal werden wir auf uns selbst zurückgeworfen.
Dinge, die uns selbstverständlich erscheinen - zeigen,
bzw. erstrahlen in dann in anderem Licht.

Eine Laterne in der Dunkelheit kann Halt sein und die
Kleinen Schwärmer sind nicht weniger orientierungslos
als wir Menschen, wenn Ängste zum Tragen kommen,
und evtl. Antworten ausbleiben.

Lieben Gruß
Phönix
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Alt 14.09.2013, 12:43   #8
Narziss
 
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Beiträge: 242

Lieber Phönix,

ich freue mich, dass du vorbeischaust.

Zitat:
[...] die kleinen Schwärmer sind nicht weniger orientierungslos
als wir Menschen [...]
Da hast du Recht. Manchmal ist das, was wir Leben nennen, ziemlich verworren.

Es grüßt
Narziss
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Alt 14.09.2013, 19:01   #9
männlich Briefmarke
 
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Beiträge: 233

Hallo Narziss

Beim Lesen deiner Worte sind mir hier und da gewisse Kleinigkeiten aufgefallen, die das Gewicht des Gedichts etwas schmälern.

Zitat:
Im schwachen Glanze der Laterne,
Glanze würde ich durch Leuchten ersetzen, erstens glänzen Laternen und ihr Licht nicht, auch wenn nur ein schwacher Glanz, es ist ehr ein milchig mattes glimmen und zweitens umgehst du so der Dehnung von Glanz auf zwei Silben. Mir ist klar das Kürzungen und Streckungen von Worten in der Poesie ein verbreitetes Mittel sind und ich wende es auch gelegentlich an doch ist es hier klanglich nicht die beste Wahl. Dieser Einwand ist aber nur von geringer Bedeutung. Loswerden wollte ich ihn aber dennoch.

Zitat:
Gestirne sind wie Diamanten,
Der Mond ein leuchtender Opal; Opal ist maskulin
Am Himmel gleichen sie Giganten,
Versteinert im geschwärzten Stahl.
Hier sind es die wirkungsmindernden Vergleiche die das Bild schwächer geben als es seien sollte. Die Sterne oder ferner ihr Licht darf nicht wie Diamanten erscheinen, sie müssen unverkennbar in den Versen Diamanten sein/werden oder ähnliches. Das sieht man bei vielen Schreiberlingen das Gegenstände oder Personen nur wie oder gleich etwas Bezüglichem sind. Oft bekommt man es auch gar nicht mit das man etwas in einem schnöden Vergleich hängen lässt, als das es wirklich dazu wird. Hin und wieder ist es auch nicht möglich einen Vergleich zu umgehen, seis wegen dem Metrum oder dem folgenden Inhalt. Ich habe auch selber in dem ein oder anderen Gedicht Vergleiche benutzt, nur versuche ich sie mit Vorliebe zu vermeiden. Was nicht immer einfach ist und Ärger mit sich bringt.
Um zu zeigen welchen Unterschied es macht habe ich die Verse mal von den Vergleichen befreit und neu verkleidet. Leider musste ich V 1+2 mehr ändern als mir lieb war und es deiner Intension entspricht, doch empfinde ich es als angenehmer und den Dingen entsprechender, in der Strophe nur einmal einen Edelstein zu benutzen. So bleibt ihnen ihre Seltenheit gewahrt.
Hier mein versuch an S2

Das Licht, das Sterne uns entsandten,
ist feiner Goldstaub aus Opal.
Am Himmel flimmern die Giganten,
Versteinert im geschwärzten Stahl. Dieser Vers ist besonders gelungen.


Eigentlich würde ICH das Bild der Sterne und ihr Licht noch weiter führen, nur blieb dann wenig von der eigentlichen Strophe übrig.



In Strophe 4 wiederholt sich in Vers 2 die Aussage.

Zitat:
Verstummt die Welt und es wird leis.
Wenn die Welt verstummt, dann ist es überflüssig zu sagen das es leise wird. Was sich aber ganz einfach bekehren lässt.

Als Motten aus den Schatten schwirren,
erstarrt die Welt und es wird leis.
Mit einem Mal vergeht mein Irren –
Das Du tritt in den lichten Kreis.


Hoffentlich habe ich nicht zu viel bekrittelt. Denn so gesehen ist es ein stattliches Gedicht, das sich zeigen lassen kann. Nur machen ihm Flüchtigkeitsfehler das Leben schwer. Zumindest ist das meine Auffassung.

Herzliche Grüße

Ich bin auf neues Gespannt.
Briefmarke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.09.2013, 22:04   #10
Narziss
 
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Dabei seit: 02/2012
Alter: 31
Beiträge: 242

Hallo Briefmarke,

deine Anmerkungen sind interessant. Ich habe deine Vorschläge fürs Original übernommen. Das einzige, was mich stutzen lässt, ist deine Kritik an Vergleichen. Ich kenne sie als ein rhetorisches Mittel, das durchaus zu einem gelungenen Gedicht beitragen kann. Worauf gründest du deine Ansicht, was Vergleiche betrifft?

Danke für den ausführlichen Kommentar.

Es grüßt
Narziss
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