Willenlos bei Poetry.de

AnnaWagner · 22.01.2016, 21:17

Tief im Kopf regiert die Stille
und mein einst so starker Wille
wurde mit der Zeit gebrochen,
muss nun für die Meister kochen.

Früher stets das Kinn nach oben,
wild und frei durch Straßen toben.
Heute geht der Blick zu Füßen,
sonst muss gleich mein Körper büßen.

Einmal täglich durch die Hölle.
Meine Zukunft, die ist düster,
denn der Herr wird immer wüster.

In der Nacht schleich ich mich an.
Wenn ich seh das Messer trifft,
bet ich leis und schluck das Gift.

Ex-Poesieger · 22.01.2016, 21:40

Und so erweitern wir uns.

Gylon · 23.01.2016, 13:31

Liebe AnnaWagner,
da bist du ja auch mal wieder! Für die Meister oder für den Meister?
Gern gelesen!

Liebe Grüße Gylon

AnnaWagner · 23.01.2016, 21:02

Hallo Gylon,

ja, bin momentan recht viel unterwegs...
“Für den Meister“ macht glaub ich mehr Sinn, danke für den Hinweis

LG

Anna

wirbel72 · 30.01.2016, 12:59

sehr gut geschrieben, gefällt mir.

LG
wirbel72

AnnaWagner · 06.02.2016, 10:14

Hallo wirbel72,

vielen Dank für dein positives Kommentar

LG

Anna

Nöck · 08.08.2016, 08:01

Hallo Anna,

solche Gedichte, die mir viel Raum für die Interpretation lassen, mag ich.

Das LI berichtet uns von seinen körperlichen Gebrechen, bzw. einer schweren Krankheit. Das LI ist alt und gebrechlich geworden und denkt an das Ende. Die letzte Strophe lässt mich grübeln. Wofür steht das Messer und gegen wen wird es gerichtet? Die Krankheit? Wird Gift geschluckt, wäre die Krankheit doch ebenfalls besiegt.

Du hast wieder schön rhythmisch gedichtet, das gefällt mir.

Liebe Grüße
Nöck

AnnaWagner · 08.08.2016, 12:26

Hallo Nöck,

ich finde es immer wieder interessant, wenn das Gedicht anders interpretiert wird, als wie es ursprünglich geschrieben wurde.

(Das habe ich mir in der Schule bei Gedichtsanalysen auch immer gedacht, wenn eine bestimmte Interpretation verlangt gewesen ist - man kann ja schließlich nicht sicher wissen, ob sich der Autor genau das dabei gedacht hat und ich glaube vieles fließt auch immer unbewusst und nicht als bewusst gesetztes Stilmittel in Gedichte ein.)

Ich habe das Gedicht eigentlich aus der Sicht einer Person geschrieben, die versklavt worden ist und auch noch missbraucht wird. Letztendlich bringt sie ihren "Meister" um (Messer) und sich danach auch (Gift), weil sie mit ihrer Vergangenheit einfach nicht leben möchte.

Deine tiefer gehende Interpretation mit der Zeit (soweit habe ich jedoch gar nicht gedacht

) bringt mich zum Nachdenken, ob ich nicht auch eine zweite Version mit einer anderen letzten Strophe (denn die passt dann nämlich wirklich nicht mit dem doppelten Tod von Messer und Gift) schreiben soll.

Liebe Grüße Anna

Nöck · 08.08.2016, 13:37

Hallo Anna,

ich finde, das Spannende an solchen Gedichten ist, herauszubekommen, was der Dichter/ die Dichterin ausdrücken wollte. Als Dichter alles mundgerecht vor dem Leser auszubreiten, finde ich zu banal.

Bis heute streiten sich noch einige Fachleute, was Detlev von Liliencron in "Trutz blanke Hans" mit dem Vers

"Von Brasilien glänzt bis zu Norwegs Riffen
das Meer wie schlafender Stahl, der geschliffen" genau gemeint hat.

https://www.martinschlu.de/kulturges...liliencron.htm

Zitat:

Zitat von AnnaWagner

Ich habe das Gedicht eigentlich aus der Sicht einer Person geschrieben, die versklavt worden ist und auch noch missbraucht wird. Letztendlich bringt sie ihren "Meister" um (Messer) und sich danach auch (Gift), weil sie mit ihrer Vergangenheit einfach nicht leben möchte.

Da kann man mal sehen, da bin ich nicht drauf gekommen. Ich sehe jetzt zwei Varianten.

1. Die "richtige" Versklavung oder
2. Eine unglückliche Ehe/Partnerschaft

Variante 2 finde ich, ist die stärkere

Auf deine neue letzte Strophe bin ich gespannt.

Liebe Grüße
Nöck

gummibaum · 08.08.2016, 16:26

Ich las immer folgendes:

Durch Straßen toben=freie Kindheit
Für den Meister kochen=von einem Mann unterdrückte Frau
Blick zu Füßen=gebrochener Stolz
mein Körper büßen=Züchtigung/häusliche Gewalt
schluck das Gift=einziger Ausweg nach Mord am Aggressor

LG g

Thing · 08.08.2016, 21:52

fürmich ist das Sonett der Aufschrei einer geknechteten Kreatur.
Ich sah eine Frau vor mir, die im Aus gelandet ist und nur noch ausgenützt wird, die keine irgendwie bessere Zukunft sieht und mit dem doppelten Mord sowohl ihre Rache befriedigt, als auch dem eigenen Elend ein Ende bereitet.

Gut gemacht!

LG
von
Thing

AnnaWagner · 13.08.2016, 11:24

Tief im Kopf regiert die Stille
und mein einst so starker Wille
wurde mit der Zeit gebrochen,
muss nun für den Meister kochen.

Früher stets das Kinn nach oben,
wild und frei durch Straßen toben.
Heute geht der Blick zu Füßen,
sonst muss gleich mein Körper büßen.

Einmal täglich durch die Hölle.
Meine Zukunft, die ist düster,
denn der Herr wird immer wüster.

In der Nacht schleich ich mich an.
Wenn ich seh der Mord gelingt,
wein ich leis. Die Zukunft winkt.

Thing · 13.08.2016, 11:44

Leider eine Zukunft hinter Gittern,
aber frei von der Knechtschaft!

Nöck · 13.08.2016, 12:04

Hallo AnnaWagner,

prima, du bist ehrgeizig und das nicht ohne Erfolg.

Zitat:

In der Nacht schleich ich mich an.
Wenn ich seh der Mord gelingt,
wein ich leis. Die Zukunft winkt.

Viel besser und deutlicher ausgedrückt. In den Zeilen steckt alles, Verzweiflung, Hoffnung und Zuversicht.

Gerne gelesen, weil für mich viel zu interpretieren und auszulegen ist.
Liebe Grüße
Nöck

DieSilbermöwe · 15.08.2016, 07:25

Mir gefällt Variante 1 besser, ich dachte auch direkt an eine Frau, die versklavt worden ist bei bestimmen Stichwörtern.

Ich hab es also genauso interpretiert, wie es gemeint war (zur Interpretationsauslegung vielleicht interessant für die Autorin).

Variante 1 trifft die düstere Stimmung sehr viel besser, finde ich und das Ende passt auch besser zur Verzweiflung der Sklavin.

22.01.2016, 21:17	#1
AnnaWagner Dabei seit: 07/2014 Ort: München Alter: 27 Beiträge: 234 Meine Gedichte Meine Favoriten	Willenlos Tief im Kopf regiert die Stille und mein einst so starker Wille wurde mit der Zeit gebrochen, muss nun für die Meister kochen. Früher stets das Kinn nach oben, wild und frei durch Straßen toben. Heute geht der Blick zu Füßen, sonst muss gleich mein Körper büßen. Einmal täglich durch die Hölle. Meine Zukunft, die ist düster, denn der Herr wird immer wüster. In der Nacht schleich ich mich an. Wenn ich seh das Messer trifft, bet ich leis und schluck das Gift.

08.08.2016, 21:52	#11
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo, Anna Wagner - fürmich ist das Sonett der Aufschrei einer geknechteten Kreatur. Ich sah eine Frau vor mir, die im Aus gelandet ist und nur noch ausgenützt wird, die keine irgendwie bessere Zukunft sieht und mit dem doppelten Mord sowohl ihre Rache befriedigt, als auch dem eigenen Elend ein Ende bereitet. Gut gemacht! LG von Thing

13.08.2016, 11:24	#12
AnnaWagner Dabei seit: 07/2014 Ort: München Alter: 27 Beiträge: 234 Meine Gedichte Meine Favoriten	Variante 2 Tief im Kopf regiert die Stille und mein einst so starker Wille wurde mit der Zeit gebrochen, muss nun für den Meister kochen. Früher stets das Kinn nach oben, wild und frei durch Straßen toben. Heute geht der Blick zu Füßen, sonst muss gleich mein Körper büßen. Einmal täglich durch die Hölle. Meine Zukunft, die ist düster, denn der Herr wird immer wüster. In der Nacht schleich ich mich an. Wenn ich seh der Mord gelingt, wein ich leis. Die Zukunft winkt.

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23.01.2016, 21:02	#4
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30.01.2016, 12:59	#5
wirbel72 Dabei seit: 07/2011 Ort: Berlin Beiträge: 125 Meine Gedichte	sehr gut geschrieben, gefällt mir. LG wirbel72

06.02.2016, 10:14	#6
AnnaWagner Dabei seit: 07/2014 Ort: München Alter: 27 Beiträge: 234 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo wirbel72, vielen Dank für dein positives Kommentar LG Anna

08.08.2016, 08:01	#7
Nöck Dabei seit: 12/2009 Ort: In den Auen des Niederrheins Beiträge: 2.662 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo Anna, solche Gedichte, die mir viel Raum für die Interpretation lassen, mag ich. Das LI berichtet uns von seinen körperlichen Gebrechen, bzw. einer schweren Krankheit. Das LI ist alt und gebrechlich geworden und denkt an das Ende. Die letzte Strophe lässt mich grübeln. Wofür steht das Messer und gegen wen wird es gerichtet? Die Krankheit? Wird Gift geschluckt, wäre die Krankheit doch ebenfalls besiegt. Du hast wieder schön rhythmisch gedichtet, das gefällt mir. Liebe Grüße Nöck

08.08.2016, 12:26	#8
AnnaWagner Dabei seit: 07/2014 Ort: München Alter: 27 Beiträge: 234 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo Nöck, ich finde es immer wieder interessant, wenn das Gedicht anders interpretiert wird, als wie es ursprünglich geschrieben wurde. (Das habe ich mir in der Schule bei Gedichtsanalysen auch immer gedacht, wenn eine bestimmte Interpretation verlangt gewesen ist - man kann ja schließlich nicht sicher wissen, ob sich der Autor genau das dabei gedacht hat und ich glaube vieles fließt auch immer unbewusst und nicht als bewusst gesetztes Stilmittel in Gedichte ein.) Ich habe das Gedicht eigentlich aus der Sicht einer Person geschrieben, die versklavt worden ist und auch noch missbraucht wird. Letztendlich bringt sie ihren "Meister" um (Messer) und sich danach auch (Gift), weil sie mit ihrer Vergangenheit einfach nicht leben möchte. Deine tiefer gehende Interpretation mit der Zeit (soweit habe ich jedoch gar nicht gedacht ) bringt mich zum Nachdenken, ob ich nicht auch eine zweite Version mit einer anderen letzten Strophe (denn die passt dann nämlich wirklich nicht mit dem doppelten Tod von Messer und Gift) schreiben soll. Liebe Grüße Anna

08.08.2016, 16:26	#10
gummibaum Dabei seit: 04/2010 Alter: 70 Beiträge: 10.909 Meine Gedichte	Ich las immer folgendes: Durch Straßen toben=freie Kindheit Für den Meister kochen=von einem Mann unterdrückte Frau Blick zu Füßen=gebrochener Stolz mein Körper büßen=Züchtigung/häusliche Gewalt schluck das Gift=einziger Ausweg nach Mord am Aggressor LG g

13.08.2016, 11:44	#13
Thing R.I.P. Dabei seit: 05/2010 Beiträge: 34.998 Meine Gedichte Meine Favoriten	Leider eine Zukunft hinter Gittern, aber frei von der Knechtschaft!

15.08.2016, 07:25	#15
DieSilbermöwe Dabei seit: 07/2015 Alter: 60 Beiträge: 6.711 Meine Gedichte Meine Favoriten	Mir gefällt Variante 1 besser, ich dachte auch direkt an eine Frau, die versklavt worden ist bei bestimmen Stichwörtern. Ich hab es also genauso interpretiert, wie es gemeint war (zur Interpretationsauslegung vielleicht interessant für die Autorin). Variante 1 trifft die düstere Stimmung sehr viel besser, finde ich und das Ende passt auch besser zur Verzweiflung der Sklavin.