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Sonstiges und Experimentelles Andersartige, experimentelle Texte und sonstige Querschläger.

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Alt 02.03.2021, 05:54   #1
männlich Merkurin
 
Dabei seit: 02/2021
Beiträge: 2

Standard Unter Wasser

An diesem Text habe ich jetzt schon längere Zeit herumgefeilt (habe ihn erstmals vor paar Jahren geschrieben), und hab ihn jetzt schließlich hier reingestellt. Habe noch nie Texte von mir veröffentlicht, und wär deshalb echt dankbar für Rückmeldungen - einfach damit ich mich ein bisschen einschätzen kann. Ich weiß irgendwie nie, ob das, was ich so schreibe, totaler "Stuss" ist oder ob man damit was anfangen kann Deshalb, wie gesagt, wär ich echt froh, wenn wer dazu seine ehrliche Meinung abgibt (Tipps, Verbesserungsvorschläge, etc. hör ich natürlich auch gerne)


Ich habe Angst. Ich habe Angst vor diesem großen, schwarzen Loch in mir, dieser Leere, diesem blanken, grenzenlosen Nichts. Wenn es mich wieder einmal überkommt, kann ich es in mir spüren, die Leere, das Nichts, kann spüren, wie es in mir hoch kriecht, sich schleichend in mir, in meiner Seele, in meinen Körper, einfach überall, ausbreitet und nichts übrig lässt. Überall nichts, nichts, nur leerer, hohler Raum, der gegen meine Brust drückt, der sich wie ein diffuser Rauch mehr und mehr in mir ansammelt, sich immer weiter ausdehnt, sich in mir aufbäumt und in meinem schmerzenden Kopf zu zerspringen droht.
Ich habe Angst, mich von dieser Leere wieder lähmen zu lassen, ihr nachzugeben, mich von ihr vereinnahmen zu lassen, und in diese eisige Starre, diese gleichgültige, eisige Starre zu verfallen, aus der ich mich, hat sie mich einmal in ihrem Griff, nicht mehr befreien kann.

Ich habe Angst vor den Menschen, auch wenn ich mich nach nichts mehr sehne als nach Nähe und Verbundenheit sowie ein halb Verdursteter nach einem Tropfen Wasser lechzt.
Ich habe Angst vor der Enttäuschung und dem Frust, dem Gefühl der Aussichtslosigkeit, wenn ich am Ende wieder alleine dastehe, mich wieder Außenseiter fühle, als Einziger, der nicht dazu zu passen scheint; wenn ich wieder, aus welchem Grund auch immer, niemanden finden kann, mit dem ich mich irgendwie verbunden fühle, zu dem ich auch nur den Hauch eines Gefühls der Zugehörigkeit empfinde. Ich fühle mich fremd hier, wie ein Außerirdischer. Als hätte ich die Sprache der Menschen verlernt, sodass weder ich die anderen noch die anderen mich mehr verstehen können; als wüsste keiner von beiden mehr etwas mit dem anderen anzufangen.

Es ist, als stünde ich eingeschlossen in einer gläsernen Kuppel und sehe den Anderen als stummer Beobachter zu, wie sie scheinbar mühelos und selbstverständlich am Leben teilnehmen, was bei mir hingegen ein Kampf ist, den ich bis jetzt nicht gewonnen habe. Hinter den Wänden aus Glas versuche ich zu rufen, zu schreien, versuche, irgendwie auf mich aufmerksam zu machen, doch man hat mir dem Mund verbunden und meine Hände gefesselt. Niemand kann mich hören oder scheint mich überhaupt auch nur zu bemerken. Als wäre ich unsichtbar hinter den gläsernen Wänden.

Es ist, als wäre die grundsätzliche Verbundenheit zwischen mir und der Welt, den Menschen, dem Leben überhaupt, wie unsichtbare Fäden abgeschnitten und unwiderruflich zerstört worden. Da liegt eine Kluft, eine unüberbrückbare Kluft zwischen mir und dem Außen. Ein riesiger blinder Fleck, ein drohender Wirbel von Nichts, der sich nun mehr und mehr auch zwischen mich und mein eigenes Bewusstsein drängt, der alles schluckt; ein hohles und schwarzes Chaos aus Leere, in dem ich langsam versinke und in dem mich immer mehr zu verlieren drohe.
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Alt 02.03.2021, 08:10   #2
weiblich Ilka-Maria
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Beiträge: 31.089

Zitat:
Ich habe Angst. Ich habe Angst vor diesem großen, schwarzen Loch in mir, dieser Leere, diesem blanken, grenzenlosen Nichts. Wenn es mich wieder einmal überkommt, kann ich es in mir spüren, die Leere, das Nichts, kann spüren, wie es in mir hoch kriecht, sich schleichend in mir, in meiner Seele, in meinen Körper, einfach überall, ausbreitet und nichts übrig lässt. Überall nichts, nichts, nur leerer, hohler Raum, der gegen meine Brust drückt, ...
Guten Morgen.

Ich greife nur den Anfang heraus. Bei diesem kurzen Stück Text fällt vor allem auf: Hier soll mit vielen Worten Eindruck beim Leser erzeugt werden. Anders gesagt: Er wirkt dick aufgetragen.

Da ist zunächst die Wiederholung am Anfang, die ein Superlativ ausdrücken soll: Erst kommt die Angst (etwas völlig Natürliches, was positiv zu bewerten ist, denn sie dient dazu, einen Menschen vor tödlichen Situationen zu bewahren), dann kommt die Steigerung, was "diese" Angst auslöst. Da zuvor nichts Detailliertes über die Ursache und Qualität der Angst ausgesagt wird, irritiert das Wort "diese". Der Leser fragt automatisch: "Welche denn?" Besser wäre, von "der" Angst zu schreiben.

"Wenn es mich überkommt ...": Was ist "es"? Offensichtlich die Angst, dann sollte man das so schreiben: "Wenn mich die Angst überkommt ..."

Dann wird es ein bisschen seltsam: Wie kann man eine Leere, ein Nichts spüren? Wie kann etwas, das nicht da ist, hochkriechen, schleichen und sich ausbreiten? Und wie ist der Widerspruch zwischen "ausbreiten" und "nichts übrig lassen" zu erklären? Oder die Behauptung, es könne gegen die Brust drücken? Wenn von einem Nichts die Rede ist, kann es natürlich "nichts übrig lassen", denn da war ja nichts gewesen.

Das liest sich alles unplausibel. Wer derartig viel im Inneren spürt, hat dort keine Leere.

Was obendrein stört, sind die überflüssigen Wörter mit der Funktion, Ausdrücke zu verstärken (überhaupt, nicht ein Hauch usw.) oder aus der Verlegenheit zu helfen, bestimmte Dinge nicht genau beschreiben zu müssen (einfach, irgendwie). Weiterhin wird versucht, mit Adjektiven Eindruck zu erzeugen, die unpassend sind: Starre ist nicht gleichgültig, und wer sich gelähmt fühlt, kann dies gut ausdrücken, indem er nur von Starre spricht und auf jedes Adjektiv verzichtet.

Kurzum: In diesen Text müsste zunächst Ordnung gebracht werden, um die Wiederholungen und Übertreibungen zu vermeiden. Weniger ist mehr, und mit einem strafferen Text, der das Gefühl der Angst genauer beschreibt, statt auf die Holzhammermethode zu setzen, fühlte sich der Leser nach der Lektüre dieses Wusts an zusammengewürfelten, aber wenig plausiblen Beschreibungen nicht wie erschlagen.

Dies ist mein persönlicher Eindruck, der nicht ausschließen will, dass andere User den Text positiv bewerten.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.03.2021, 03:11   #3
männlich Merkurin
 
Dabei seit: 02/2021
Beiträge: 2

Hey!
Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, so ausführlich auf meinen Text einzugehen. Deine Rückmeldung hat mir schonmal sehr geholfen, das Ganze einzuschätzen, und ich kann auf jeden Fall einiges mit deiner Kritik anfangen. Ich denke, ich werde, wenn ich Zeit finde, den Text nochmal in Bezug auf deine Anmerkungen überarbeiten und dann die verbesserte Version noch einmal ins Forum stellen.
Es gibt eigentlich nur einen Punkt, in dem ich dir widersprechen muss: Ja, es ist etwas paradox, aber innere Leere kann man sehr wohl spüren! Innere Leere ist ja im Grunde eine seelische Empfindung wie jede andere auch, ein Gefühl, welches unsere Psyche als Reaktion auf bestimmte Situationen etc. auslöst. Folglich können wir sie auch spüren; wenn wir etwas nicht fühlen oder in irgendeiner Weise wahrnehmen könnten, könnten wir ja auch nicht davon sprechen, kein Mensch würde dann darauf kommen, zu sagen:,, Ich fühle mich leer". Mir ist dabei aber klar, dass das, so wie ich es beschrieben habe, auf den Leser etwas widersprüchlich oder unplausibel wirken mag, was vermutlich auch den Kritikpunkten, die du ja schon genannt hast, liegt ( v.A. dem "Zu- Dick- Auftragen" und den Übertreibungen).
Ansonsten aber danke nochmal für die Kritik
Merkurin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.03.2021, 06:50   #4
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
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Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.089

Okay, das ist ja schon mal positiv, dass du mit meiner Kritik etwas anfangen kannst und deine Fähigkeiten, zu schreiben, nicht in der Verdammnis angekommen siehst.

Um noch ein Missverständnis zurechtzurücken: Ich habe nichts dagegen, wenn jemand ein depressives Gefühl als Leere beschreibt. Aber wie diese Leere vermittelt wird, sollte plausibel sein. In deinem Text hat sie Substanz und handelt. Ist es aber nicht vielmehr so, dass die Fülle, die vorher da war, dieser Leere weicht bzw. sie zulässt, bis ein totales Vakuum entstanden ist?

Ich weiß nicht, wie ich diese Aufgabe lösen würde, weil ich mich damit noch nicht auseinandergesetzt habe. Wahrscheinlich aber in die Richtung, dass die Leere passiv und gefühllos macht und keine Verbindung zum Sinn des Lebens mehr herstellen kann. Oder so ähnlich.

Es war aber nicht meine Absicht, das Gefühl der Leere völlig in Abrede zu stellen.
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