Der Urlaub in Spanien X - Tödlicher Zeckenbiss / Schreialarm

[Schreiberli]

Am nächsten Morgen brüllte der Trompetenkäfer und Jutta und Ben waren augenblicklich wach. Der Trompetenkäfer war ein hässlicher Wecker in der Form eines Käfers, den er zu seiner Einschulung von seinem Opa bekommen hatte. Darum hatten sie dieses abscheuliche Ding so genannt. Er hasste es zwar, aber als Andenken an seinen Opa wollte seine Mutter es nicht wegwerfen. Und jeden Morgen erfuhr er aufs Neue das Unglück dieses Gegenstandes.
Aber nun waren die beiden hellwach und hatten keine andere Wahl. Sie mussten aufstehen. Ben, der noch ziemlich müde aussah, gähnte und räkelte sich ausgiebig. Die Mutter gähnte ebenfalls und schrie sogleich laut auf, denn als sie sich an ihrem Bauch gekratzt hatte, quoll durch ihre Finger etwas Blut, was von einer dicken Zecke kam. Angewidert schrie sie dieses ekelhafte Tier an und rannte panisch aus dem Zimmer. Sie rannte hinaus in den Gang, sprang in den Aufzug, der glücklicherweise gerade in der Etage war, drücke den Knopf ins Erdgeschoss und klingelte beim Hotelbesitzer Sturm. Dieser kam verschlafen aus seinem Zimmer heraus und war sichtlich verwirrt. Als er Jutta sah, packte ihn das blanke Entsetzen. Ausgerechnet dieser Gast musste ihn so früh morgens stören. Was wollte diese aufdringliche Person nur von ihm? Und dann auch noch im Schlafanzug!
„Guten Morgen, gnädige Frau, was kann ich für Sie tun?“, fragte er und setzte ein gezwungenes Lächeln auf. Anstatt einer Antwort begann Jutta wieder zu schreien.
„Hilfe, Hilfe! Ich werde sterben! So helfen Sie mir doch!“, brüllte sie.
„Wieso sterben? Was ist eigentlich passiert?“, wollte der Hotelbesitzer wissen.
„Was passiert ist, wollen Sie wissen? Das ist passiert!“ Jutta zog das Nachthemd hoch und entblößte ihren Bauch vor den Augen des entsetzt dreinblickenden Mannes.
„Oh, was haben Sie denn vor? Bitte ziehen Sie sich wieder an!“, sagte er und wandte seinen Blick schnell ab.
„Nein, Sie verstehen nicht! Ein Monster frisst mich auf! Es hat schon seinen Kopf durch meine Haut gebohrt und nun zieht es mir jeden Tropfen Blut aus den Adern, sodass ich nicht mehr lange zu leben habe!“, schrie Jutta.
Der Hotelbesitzer, der ebenfalls noch im Schlafanzug war, atmete tief durch, dann sah er sich Juttas Bauch genauer an. „Ich kann nichts erkennen“, erklärte er und sah sich ihren Bauch intensiv an.
„Dann gucken sie genauer! Jede Sekunde zählt! Wenn Sie mir nicht helfen, sterbe ich!“
„Sie werden überhaupt nicht sterben! Was genau ist denn jetzt eigentlich ihr Problem?“, fragte er und versuchte möglichst ruhig zu bleiben. Jutta, die sich minimal beruhigt hatte, zeige mit hochrotem Kopf auf ihren Bauch, in dem die Zecke steckte. Das Gesicht des Hotelbesitzers wechselte mit einem Schlag den Ausdruck, als er diese angebliche Gefahr entdeckte.
„Aber gute Frau, das ist doch nur eine Zecke. Sie wird Ihnen schon nichts tun, wenn ich sie nur schnell genug entferne“, sagte er.
„Na, dann lassen Sie bitte nicht lange auf sich warten!“, kreischte Jutta entrüstet und begann heftig zu zittern. Ihre Knie zitterten und die Schultern bebten. Sie durchwühlte sich das ungekämmte Haar.
Der Hotelbesitzer verschwand kurz in seinem Apartment, kam dann nach kurzer Zeit mit einer kleinen Pinzette wieder zurück. Mit vor Schreck aufgerissenen Augen rannte Jutta, wie von der Tarantel gestochen, den Gang entlang. Verwirrt sah er ihr nach, nahm sich ein Herz, und rannte ihr schließlich hinterher. Er schämte sich fürchterlich, denn was sollten die anderen Gäste bloß von ihm denken?