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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 11.08.2006, 19:29   #1
turmfalke
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 677

Standard Marmorengel

Eisige Kälte
Hass im Gesicht
Augen von Farbe des bodenlosen Falls
Zartschmeichelnder Schlag

Ein Schrei, ein hilfloses Flehen
Gesicht wie ein Marmorengel
Die Faust viel zu hart
und die Gedanken zu fern

Aufgepeitschter Ozean
bricht sich am Fels
der Unerbittlichkeit
stirbt in einem See aus Tränen.
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Alt 11.08.2006, 20:41   #2
weiblich Ex Darkskin
abgemeldet
 
Dabei seit: 04/2005
Beiträge: 901

Standard RE: Marmorengel

Liebe Shadow,

du schreibst ja wirklich schöne Sachen.
Dein Marmorengel und die Bilder die du gewählt hast, das ist schlicht und einfach Spitzenklasse für mich.

Ich hab mich auch schon mal wie ein aufgepeitschter ozean gefühlt, der am Fels der Unerbittlichkeit gebrochen wurde und in einem See aus Tränen starb.

Aber auf diese Worte bin ich nicht gekommen

Hab ich mehr als gern gelesen )

Darkskin
Ex Darkskin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.08.2006, 23:27   #3
turmfalke
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 677

Vielen Dank noch einmal,
schon wieder wärmen deine Worte meinen kalten Tag.
Ich freue mich, dass du etwas zu meinen Gedichten schreibst, weil ich leider nur sehr selten Kritik bekomme.

Vielen Dank also für dein Lob, ich fühle mich sehr geehrt.

Shadow
turmfalke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.08.2006, 11:02   #4
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

hi
mir ist noch aufgefallen, dass am ende ein ozean in einem see aus tränen stirbt, wo doch beides aus salzwasser ist... irgendwie doch unlogisch, oder? also stirbt er sozusagen durch und in sich selbst... ich weiß jetzt nicht, ob das absicht ist o.O
sonst finde ich es sehr schön, vor allem, weil mich marmorengel immer an gräber erinnern, wo sie, von rost oder witterung zerfressen traurig auf die toten herabstarren, für die es im grunde zu spät ist... bedrückende wirkung... fast schon schwül, wie vor einem sturm

engelsgruß, lichtel
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.08.2006, 12:03   #5
turmfalke
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 677

vielleicht stirbt ja auch der Marmorengel...?
Wer weiß?

Danke für deine Worte, lichtel ;-)
turmfalke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.08.2006, 12:33   #6
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007

Hallo Shadow,

ich werde mich nun auch wieder mal an einem Gedicht versuchen.

Dieses hier gefällt mir. Ich mag die Metaphern. Zartschmeichelnder Schlag - ein Oxymoron ) (ich mag die Dinger)

Ich denke bei Deinem Gedicht an ein Kind, das geschlagen oder verletzt wird und daran zerbricht. Der Marmorengel - das ist das versteinerte, erstarrte Gesicht des Kindes. Es ist hübsch, aber nicht mehr lebendig. Die Gedanken des Kindes sind fern, es dissoziiert. Der zartschmeichelnde Schlag ist deswegen zartschmeichelnd, weil der Schläger meint, es sei zum Besten des Kindes. Er meint, er würde es aus Liebe zu seinem Kind tun. Und der Ozean - der ist mir noch nicht so deutlich in seiner Bedeutung - gehört er zum Kind oder zum Schläger? Ein Ozean ist reich. Ich denke, er gehört zum Kind. Der Fels ist der Schläger. Er peitscht den Ozean auf, ist unerbittlich. Deswegen stirbt die Seele des Kindes. In der Traumsymbolik wird Wasser immer mit Gefühlen verbunden. Also sterben vielleicht die Gefühle des Kindes.

Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr gefällt mir Dein Gedicht! Das Thema (sofern es überhaupt nach Deiner Intention interpretiert wurde) interessiert mich zudem auch sehr. Super! :up:
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.08.2006, 12:50   #7
Michael
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 94

Hallo,

Bei Marmorengel denke ich als erstes an den Engel auf der Siegessäule in Berlin; erst dann an verschiedene Friedhofsengel. Sympathisch sind sie mir alle nicht.
Wortwörtlich gibt es in dem Gedicht kein ich und kein du, trotzdem habe ich das Gefühl, in das aufgewühlte Innere eines Menschen zu sehen, für den bezeichnend sind: bodenloser Fall, ferne Gedanken und Tränen. Die aussichtslose Zerissenheit finde ich in dem Ausdruck "zartschmeichender Schlag". Zärtlichkeit und Schmeicheln verbinde ich mit Wärme und Geborgenheit.Der Schlag vernichtet all das, ist wie der Fußtritt, der mich aus dem Haus befördert. Das Flehen stößt nur auf gefühllose Härte. So unbehaust bleibt nur Zerbrechen und Auflösung. - So jedenfalls lese ich Dein Gedicht.
Die Stimmung Deines Gedichts kommt in Vielem, was ich hier und in anderen Foren lese häufig vor. Ich frage mich, sind das von vielen mehr oder weniger gleichzeitige Erlebnisse, die unter die Haut gehen oder drückt sich darin eine Grundstimmung aus?

Liebe Grüße Michael
Michael ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.08.2006, 14:40   #8
weiblich Ex Darkskin
abgemeldet
 
Dabei seit: 04/2005
Beiträge: 901

Zitat:
Original von lichtelbin
dass am ende ein ozean in einem see aus tränen stirbt, wo doch beides aus salzwasser ist... irgendwie doch unlogisch
ja, wenn man von Atomphysik keine Ahnung hat.

Der Mensch besteht zum grössten Teil aus Wasser - und kann doch darin ertrinken.
Unlogisch? Mag sein, aber wahr.

Blut ist für den Menschen lebensnotwendig. Jeder Mensch verfügt etwa über 6 Liter davon.
Wenn man einen Lungendurchschuss bekommt, so ab Kaliber 22, ertrinkt man im eigenen Blut.
Unlogisch? Mag sein, aber wahr.

Als Astrophysikerin habe ich oft die Erfahrung gemacht. dass die Logik der Physik und der Chemie sich leider oft nicht auf Anhieb erschliesst.

Darkskin
Ex Darkskin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.08.2006, 21:24   #9
turmfalke
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 677

Danke an alle für eure Worte.
Jedesmal, wenn sich jemand die Zeit nimmt, über eines meiner Gedichte nachzudenken und mir diesen Gedanken mitteilt, freue ich mich wirklich sehr.

@Struppigel: Deine Interpretation des Gedichtes kommt meinem Schreibgedanken sehr nahe. Wie du dachte auch ich an ein Kind, das geschlagen wird.
Der Ozean, wenn man so will, steht (auch wieder richtig der Gedanke, dass ich das Wasser den Gefühlen gleichsetze) für die Gefühlswelt des Kindes, er ist aufgepeitscht, weil das Kind seine Gefühle nicht mehr ordnen kann. Und seine ganzen Gefühle zerbrechen an dem "unerbittlichen Fels", der ihm keinen anderen Ausweg lässt.
Danke für deine Worte.

@Michael: Auch deine Worte kommen meinen Gedanken sehr nahe.
Du gehst auf die Zerissenheit und Ausweglosigkeit ein, die ich zu verdeutlichen versuchte.
Auf deine Frage am Schluss: Ich weiß nicht, ob ich auf sie antworten kann, zumindest kann ich es nur für meinen Teil:
Ich schreibe grundsätzlich lieber traurige/düstere Gedichte, da ich so etwas einfach lieber verarbeite. Es gibt so viel Schlechtes, das mich unheimlich traurig macht und irgendwie kann ich Gutes nicht so gut verarbeiten.
Natürlich gibt es viel Gutes, für mich auch, für jeden, und sei es bloß die Tatsache, dass er lebt.
Danke auch für deine Worte.

@Darkskin: Das sind wohl unumstößliche Fakten ;-)
Danke dafür!

An Alle: Es kann sein, dass meine Antworten etwas komisch wirken; ich musste das alle gerade noch einmal schreiben, weil eben mein PC abgestürzt ist. Also es kann sein, dass ich was vergessen hab und dass meine Formulierungen nicht gerade schön sind ;-)

Liebe Grüße und danke nochmal,
Shadow
turmfalke ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.08.2006, 22:05   #10
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

ja, aber der mensch ist ja eine art kleines verbrennungskraftwerk, im gegensatz zu einem ozean, der nicht atmen muss und theoretisch keinen sauerstoff braucht (der ja selbst in einem tränensee enthalten wäre)

mal abgesehen davon, dass ein ozean viel größer ist, als ein see (zu mindest normalerweiße)

engelsgruß, lichtel
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.08.2006, 22:06   #11
weiblich Ex Darkskin
abgemeldet
 
Dabei seit: 04/2005
Beiträge: 901

Zitat:
Original von lichtelbin
ja, aber der mensch ist ja eine art kleines verbrennungskraftwerk, im gegensatz zu einem ozean, der nicht atmen muss und theoretisch keinen sauerstoff braucht (der ja selbst in einem tränensee enthalten wäre)
Deine Sorgen möchte ich haben!

Darkskin
Ex Darkskin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.08.2006, 22:12   #12
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007

Ein Ozean muss nicht atmen? Was glaubst Du, woher die Fische ihren Sauerstoff beziehen?
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.08.2006, 22:16   #13
lichtelbin
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 626

du hast dich gerade eben mit meinen sorgen beschäftigt
also dachte ich, es würde dich interessieren XD

aber schluss mit dem offtoppen...

@ struppigel: guter gedanke leider hinkt es mit der metaphorik ein wenig mit dem felsen als schläger... denn der schläger agiert ja aktiv, ein fels steht einfach nur passiv in der gegend rum... der felsen ist vielleicht eher verständnislosigkeit des kindes, etwas, woran es hängen bleibt, etwas, dass es nicht versteht, vielleicht sogar eigene schwäche, auf die es brutal mit der nase gestoßen wird... der schläger ist vielleicht eher der wind, der eben das kind darauf stößt... aber nur so ein kleiner gedanke

engelsgruß, lichtel
lichtelbin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.08.2006, 22:20   #14
Struppigel
 
Dabei seit: 05/2006
Beiträge: 1.007

Ein Felsen ist hart und gefühlskalt. Das verbinde ich jedenfalls damit. Natürlich kann er nicht aktiv schlagen - es schlagen eher die Gefühle, also das Wasser auf den Felsen ein. Und das finde ich nicht abwegig, denn die Gefühle lassen den Felsen kalt. Das Kind heult, das Kind fleht, aber der Felsen ändert deswegen seinen Standpunkt nicht. Und das finde ich absolut passend.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.08.2006, 09:46   #15
turmfalke
 
Dabei seit: 05/2005
Beiträge: 677

Okay, ihr scheint ja Spaß am Diskutieren zu haben ;-)
Naja, ich kann dazu nur sagen:
In einem Tränensee zu ertrinken heißt für mich eher, in Verzweiflung und Angst, in Hilflosigkeit unterzugehen, ich nehm das alles nicht so genau ;-) Und außerdem war in meiner Wahrnehmung ja der Ozean die Gefühlswelt. Ich gebe zu, dass Wasser nicht wirklich in Wasser ertrinken kann, aber eine Gefühlswelt wird es in Hilflosigkeit etc. wohl schaffen ;-)

Und, wie ich oben schon sagte, stellt sich in meiner Wahrnehmung der Fels als Schläger und nicht als Opfer da; ich emfinde es genau so wie Struppigel.

Danke jedenfalls für eure rege Beteiligung,
Liebe Grüße,
Shadow
turmfalke ist offline   Mit Zitat antworten
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