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Phobipp · 01.04.2010, 02:51

Prickeln
Gänseblümchen im Haar

diese feinen Härchen auf der Haut
dieses Lächeln, wenn ich durch sie streiche

am Horizont wächst ein Kondensstreifen
nach diesem fast perfekten Tag

wie mein Heimweg:
einsam

Glasauge Bill · 01.04.2010, 03:41

So besonnen angefangen, so melancholisch aufgehört - ein kurzer Augenblick der mir in seiner Beschreibung gefällt! Es sind die Gänseblümchen und die Härchen, die dem LI auffallen - seine Sinne sind geweitet, ganz auf sein(e) Gegenüber gerichtet. Und grade diese Aufzählung erweckt in mir ein tiefes Gefühl, eine Erinnerung an den letzen Sommer, und eine Vorfreude auf die kommende Zeit.
Ernüchternder da das Ende - nur ein fast perfekter Tag denn am Schluss alleine nach Hause. Der Blick auf den Horizont- steht für die Hoffnung die in der Ferne liegt - zeigt wachsende Wolken, beginnend mit einem Kondensstreifen - es nahen schwere oder warme Zeiten(?). Danke schön, Phobipp, das hast du gut gemacht!

meint Glasauge Bill

Phobipp · 01.04.2010, 04:09

Zitat:

Zitat von Glasauge Bill

Danke schön, Phobipp, das hast du gut gemacht!

Ich danke dir für diesen schönen Kommentar.
Wundert mich schon ein bisschen, dass das so gut gefällt, da ich mir diesen Text quasi "aufgezwungen" habe. Ich schreib in letzter Zeit so wenig, da dachte ich, ich nehm mir Stift und Papier und ändere diesen Missstand.
Als mir aber nichts besonderes eingefallen ist, hab ich einfach ein älteres Gedicht (Klick) genommen, schöneres Wetter eingefügt und fertig.

Vielen Dank nochmal.

Ilka-Maria · 01.04.2010, 06:57

Das gefällt mir sehr gut Phobipp - mit nur wenigen Worten die Stimmung eingefangen, und dann diese ausgefallene Idee, nach dem Abschied sich auf dem Weg so einsam zu fühlen wie der Kondensstreifen am Himmel. Sehr schön!

LG und noch einen schönen Tag,
Ilka-M.

Bullet · 01.04.2010, 08:23

Hi Phobipp,

ich kann mich Bill und IM nur anschließen. Sehr gelungen! Für mich klingt - da muss ich Bill widersprechen - "Kondezstreifen am Horizont" allerdings nicht nach Hoffnung, sondern eher nach Melancholie oder Wehmut . Kondenzstreifen werden in aller Regel von Flugzeugen hervorgerufen, die sich meist vom Betrachter entfernen. Ich habe es so aufgefasst, dass hier der Abschied schon ein wenig vorweg genommen wird. Das LI ist sich schon während des - nennen wir es mal - "zärtlichen Beisammenseins" bewußt, dass der Abschied unausweichlich kommen wird...so in der Art jedenfalls.

So oder so ein gutes Gedicht.

Gruß
Bullet

C.Alvarez · 01.04.2010, 12:59

Lieber Phobipp,

tja, kann man nicht viel sagen.
Nur: einfach schön!

Lieber Gruss

Corazon

Ich bin auf die weiteren Dokumente gespannt!

Ilka-Maria · 01.04.2010, 13:09

Lieber Bullet, dies nur am Rande zur Kurzbezeichnung "IM":

Zitat aus dem DDR-Lexikon: "Inoffizielle Mitarbeiter (abgekürzt IM) des Ministeriums für Staatssicherheit waren Stasi-Mitarbeiter ohne Dienstverhältnis mit dem MfS ..."

Wenn Dir mein Name zu lang ist, dann laß es einfach bei Ilka.

Phobipp · 01.04.2010, 15:39

Vielen Dank an alle.

Nun, der Kondensstreifen war ursprünglich zunächst eine reine Beobachtung. Ob er jetzt für Hoffnung oder Wehmut steht, überlasse ich mal den individuellen Interpretationen. Ich will da jetzt niemandem meine persönliche, "richtige" Sichtweise aufdrängen.
Allgemein finde ich es schön, wenn ich durch meine Worte unterschiedliche Deutungsweisen aufrufen kann.

Der Titel ist übrigens nur ein Arbeitstitel, da ich es mit Überschriften nicht so habe. Der Text liegt auf meinem Desktop mit dem Dateinamen "Ungespeichertes Dokument 1". Da hab ich einfach mal einen Teil von übernommen.
Vielleicht hat ja jemand eine Idee?

Liebe Grüße an alle.

Ilka-Maria · 01.04.2010, 15:41

Vielleicht "Berührt" ?

Bullet · 01.04.2010, 15:46

Zitat:

Zitat von Ilka-Maria

Lieber Bullet, dies nur am Rande zur Kurzbezeichnung "IM":

Zitat aus dem DDR-Lexikon: "Inoffizielle Mitarbeiter (abgekürzt IM) des Ministeriums für Staatssicherheit waren Stasi-Mitarbeiter ohne Dienstverhältnis mit dem MfS ..."

Wenn Dir mein Name zu lang ist, dann laß es einfach bei Ilka.

Liebe Ilka,

ich hatte auf eine Bemerkung diesbezüglich von dir gewartet, da ich ja des öftern auf dieses Kürzel - dessen o.a. Definiton mir durchaus bekannt ist - zurückgegriffen habe

Bitte nicht böse sein! Es war, wie du zum einen richtig vermutest Schreibfaulheit, zum anderen ein kleiner, unüberlegter Scherz.

Ich werde es küntfig unterlassen.

Gruß
Bullet

Ilka-Maria · 01.04.2010, 15:54

Sehr verbunden, Bullet, aber zu Deiner Beruhigung: So schnell macht mich nichts kaputt.

Phobipp · 01.04.2010, 16:05

"Berührt" gefällt mir, werd ich mir überlegen. Dankeschön.

IM steht offiziell übrigens auch für "Ihre Majestät" sowie "Internationale(r) Meister(in)". Ich glaube, Bullet hat das nur so und nicht anders gemeint.

Bullet · 01.04.2010, 16:06

Zitat:

Zitat von Ilka-Maria

So schnell macht mich nichts kaputt.

Davon bin ich nicht ausgegangen und darauf war ich auch nicht aus

C.Alvarez · 01.04.2010, 19:11

Zitat:

Zitat von Phobipp

"Berührt" gefällt mir

Lieber Phobipp,

"berührt" - okay. Aber wen, wie, was, warum, wann?
Berührt ist mir ein ganz klein bisschen wenig. Aber es gäbe doch einen schönen Zusammenhang mit dem Text wenn man als Titel nehmen würde:

Den Horizont berührt

Na ja, mir gefällts. Aber das muss ja nichts heissen.

Liebe Grüsse

Corazon

Ilka-Maria · 01.04.2010, 19:18

Phobipp, tu mal nicht so naiv (Du brauchst Bullet nicht in Schutz zu nehmen, ich bin ihm wohlgesonnen): Majestäten gibt es in Deutschland nicht mehr, und die Abkürzung ist und bleibt nun mal seit der Stasi-Zeit anrüchig.

Macht aber nichts, bei meinem Arbeitgeber habe ich das Kürzel "IMH" verpaßt bekommen - damit mußte ich mich auch abfinden, obwohl mir IHD besser gefallen hätte (so signierte ich früher meine Zeichnungen und Gemälde).

Also Schluß mit dem Thema und zurück zum Gedicht.

Zitat:

Prickeln
Gänseblümchen im Haar

diese feinen Härchen auf der Haut
dieses Lächeln, wenn ich durch sie streiche

Ich dachte an "Berührt", weil es assoziiert mit "prickeln" und mit "durch das Haar streichen" und ansonsten mit dem Gefühl dabei, das ja wohl das Herz berührt. Mit dem Horizont habe ich meine Schwierigkeiten, denn den findet man nicht oben, sonder unten in der Ferne. Aber in Anlehnung daran könnte man ja auch titeln "Den Himmel berührt".

Ilka-Maria · 03.04.2010, 11:14

Kleine Korrektur:
Bill hat mich darauf aufmerksam gemacht, daß es heißen muß "wohlgesinnt", und da hat er völlig Recht.

Phobipp · 03.04.2010, 18:35

Zitat:

Zitat von Ilka-Maria

Kleine Korrektur:
Bill hat mich darauf aufmerksam gemacht, daß es heißen muß "wohlgesinnt", und da hat er völlig Recht.

Oh das wusste ich nicht. Wieder was dazu gelernt.

"Den Himmel berührt" ist auch gut. Ohne Artikel fänd ich ihn sogar fast noch besser. Aber wie so oft, wird das wahrscheinlich auch wieder unbetitelt bleiben, kann mich da nie richtig entscheiden. ^^

Vielen Dank jedenfalls für die Hilfe.

Ilka-Maria · 03.04.2010, 18:52

Das ist eine saugute Idee, den Artikel wegzulassen. Aber ich würde noch weiter gehen und einfach in einem Wort titeln: "Himmbelberührt". Das finde ich deshalb gut, weil offenbleibt, wer von wem berührt wird, der Mensch vom Himmel oder der Himmel vom Menschen. Diese Ambivalenz hat etwas.

Phobipp · 04.04.2010, 02:51

Zitat:

Zitat von Ilka-Maria

"Himmbelberührt".

Wobei ich hierbei aber das B weglassen würde.

Also das erste. Ließe man das zweite weg, klänge das eher seltsam. Aber ja, der Titel ist gut, danke schön.

Was ich mich aber gerade frage, liebe Ilka: Wenn du mir hier bei meinem Text weiterhilfst (und das ohne Vertrag oder Ähnlichem), macht dich das dann zu einer inoffiziellen Mitarbeiterin?

Ilka-Maria · 04.04.2010, 05:25

Das war natürlich ein Tippfehler, und ich gehe davon aus, daß Du Dich für das richtige "b" entscheiden wirst. Man führt ja nicht freiwillig die falsche Braut an den Altar, oder?

Ich kenne das als "informeller Mitarbeiter", aber "inoffizieller Mitarbeiter" war wohl auch gebräuchlich. Als Offenbacherin hatte ich mit der DDR und deren Einrichtungen zum Glück aber nie zu tun gehabt. Wir haben nur immer Päckchen an Verwandte geschickt, wobei genau darauf geachtet werden mußte, wieviel Gramm von etwas erlaubt war und daß es sich nicht um verderbliche Ware handelte. Denn die Reisezeit so eines Päckchens konnte lang sein, ging ja alles durch die Prüfung. Damals gab es auch noch keine DDR, es hieß "Ostzone". Diese Päckchen wurden nicht nur privat verschickt, sondern auch per Sammlungsaktion zu Weihnachten von den Schulklassen organisiert und bestimmten Familien in der Ostzone zugeteilt. Jeder Schüler brachte von zu Hause etwas mit: Zucker, Schokolade, eine Dauerwurst usw.

Dann kamen die Dankesbriefe, in denen mindestens dreißigmal das Wort "lieb" vorkam (liebe sowieso, liebe Geschenke, liebe Gedanken, liebe Grüße, liebe Wünsche, liebe wasweißichwas). Als uns selbst das Geld knapp wurde, weil mein Vater wegen Krankheit umschulen mußte auf einen anderen Beruf, konnten wir keine Päckchen mehr schicken - und da kamen auch keine "Ach-wie-lieb"-Briefe mehr. Genau gesagt kamen überhaupt keine Briefe mehr. Ende der Solidarität. Ein Hoch auf den Kommunismus!

01.04.2010, 02:51	#1
Phobipp Dabei seit: 11/2009 Ort: Hinter den Spiegeln Alter: 38 Beiträge: 449 Meine Gedichte	Dokument 1 Prickeln Gänseblümchen im Haar diese feinen Härchen auf der Haut dieses Lächeln, wenn ich durch sie streiche am Horizont wächst ein Kondensstreifen nach diesem fast perfekten Tag wie mein Heimweg: einsam

01.04.2010, 03:41	#2
Glasauge Bill Dabei seit: 07/2007 Alter: 34 Beiträge: 494 Meine Gedichte	So besonnen angefangen, so melancholisch aufgehört - ein kurzer Augenblick der mir in seiner Beschreibung gefällt! Es sind die Gänseblümchen und die Härchen, die dem LI auffallen - seine Sinne sind geweitet, ganz auf sein(e) Gegenüber gerichtet. Und grade diese Aufzählung erweckt in mir ein tiefes Gefühl, eine Erinnerung an den letzen Sommer, und eine Vorfreude auf die kommende Zeit. Ernüchternder da das Ende - nur ein fast perfekter Tag denn am Schluss alleine nach Hause. Der Blick auf den Horizont- steht für die Hoffnung die in der Ferne liegt - zeigt wachsende Wolken, beginnend mit einem Kondensstreifen - es nahen schwere oder warme Zeiten(?). Danke schön, Phobipp, das hast du gut gemacht! meint Glasauge Bill

01.04.2010, 06:57	#4
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.089 Meine Gedichte Meine Favoriten	Das gefällt mir sehr gut Phobipp - mit nur wenigen Worten die Stimmung eingefangen, und dann diese ausgefallene Idee, nach dem Abschied sich auf dem Weg so einsam zu fühlen wie der Kondensstreifen am Himmel. Sehr schön! LG und noch einen schönen Tag, Ilka-M.

01.04.2010, 08:23	#5
Bullet abgemeldet Dabei seit: 07/2009 Beiträge: 499 Meine Gedichte	Hi Phobipp, ich kann mich Bill und IM nur anschließen. Sehr gelungen! Für mich klingt - da muss ich Bill widersprechen - "Kondezstreifen am Horizont" allerdings nicht nach Hoffnung, sondern eher nach Melancholie oder Wehmut . Kondenzstreifen werden in aller Regel von Flugzeugen hervorgerufen, die sich meist vom Betrachter entfernen. Ich habe es so aufgefasst, dass hier der Abschied schon ein wenig vorweg genommen wird. Das LI ist sich schon während des - nennen wir es mal - "zärtlichen Beisammenseins" bewußt, dass der Abschied unausweichlich kommen wird...so in der Art jedenfalls. So oder so ein gutes Gedicht. Gruß Bullet

01.04.2010, 12:59	#6
C.Alvarez Dabei seit: 07/2006 Ort: Mauritius, stella clavisque maris indici Beiträge: 4.889 Meine Gedichte Meine Favoriten	Lieber Phobipp, tja, kann man nicht viel sagen. Nur: einfach schön! Lieber Gruss Corazon Ich bin auf die weiteren Dokumente gespannt!

01.04.2010, 13:09	#7
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.089 Meine Gedichte Meine Favoriten	Lieber Bullet, dies nur am Rande zur Kurzbezeichnung "IM": Zitat aus dem DDR-Lexikon: "Inoffizielle Mitarbeiter (abgekürzt IM) des Ministeriums für Staatssicherheit waren Stasi-Mitarbeiter ohne Dienstverhältnis mit dem MfS ..." Wenn Dir mein Name zu lang ist, dann laß es einfach bei Ilka.

01.04.2010, 15:39	#8
Phobipp Dabei seit: 11/2009 Ort: Hinter den Spiegeln Alter: 38 Beiträge: 449 Meine Gedichte	Vielen Dank an alle. Nun, der Kondensstreifen war ursprünglich zunächst eine reine Beobachtung. Ob er jetzt für Hoffnung oder Wehmut steht, überlasse ich mal den individuellen Interpretationen. Ich will da jetzt niemandem meine persönliche, "richtige" Sichtweise aufdrängen. Allgemein finde ich es schön, wenn ich durch meine Worte unterschiedliche Deutungsweisen aufrufen kann. Der Titel ist übrigens nur ein Arbeitstitel, da ich es mit Überschriften nicht so habe. Der Text liegt auf meinem Desktop mit dem Dateinamen "Ungespeichertes Dokument 1". Da hab ich einfach mal einen Teil von übernommen. Vielleicht hat ja jemand eine Idee? Liebe Grüße an alle.

01.04.2010, 15:41	#9
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.089 Meine Gedichte Meine Favoriten	Vielleicht "Berührt" ?

01.04.2010, 15:54	#11
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.089 Meine Gedichte Meine Favoriten	Sehr verbunden, Bullet, aber zu Deiner Beruhigung: So schnell macht mich nichts kaputt.

01.04.2010, 16:05	#12
Phobipp Dabei seit: 11/2009 Ort: Hinter den Spiegeln Alter: 38 Beiträge: 449 Meine Gedichte	"Berührt" gefällt mir, werd ich mir überlegen. Dankeschön. IM steht offiziell übrigens auch für "Ihre Majestät" sowie "Internationale(r) Meister(in)". Ich glaube, Bullet hat das nur so und nicht anders gemeint.

03.04.2010, 11:14	#16
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.089 Meine Gedichte Meine Favoriten	Kleine Korrektur: Bill hat mich darauf aufmerksam gemacht, daß es heißen muß "wohlgesinnt", und da hat er völlig Recht.

03.04.2010, 18:52	#18
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.089 Meine Gedichte Meine Favoriten	Das ist eine saugute Idee, den Artikel wegzulassen. Aber ich würde noch weiter gehen und einfach in einem Wort titeln: "Himmbelberührt". Das finde ich deshalb gut, weil offenbleibt, wer von wem berührt wird, der Mensch vom Himmel oder der Himmel vom Menschen. Diese Ambivalenz hat etwas.

04.04.2010, 05:25	#20
Ilka-Maria Forumsleitung Dabei seit: 07/2009 Ort: Arrival City Beiträge: 31.089 Meine Gedichte Meine Favoriten	Das war natürlich ein Tippfehler, und ich gehe davon aus, daß Du Dich für das richtige "b" entscheiden wirst. Man führt ja nicht freiwillig die falsche Braut an den Altar, oder? Ich kenne das als "informeller Mitarbeiter", aber "inoffizieller Mitarbeiter" war wohl auch gebräuchlich. Als Offenbacherin hatte ich mit der DDR und deren Einrichtungen zum Glück aber nie zu tun gehabt. Wir haben nur immer Päckchen an Verwandte geschickt, wobei genau darauf geachtet werden mußte, wieviel Gramm von etwas erlaubt war und daß es sich nicht um verderbliche Ware handelte. Denn die Reisezeit so eines Päckchens konnte lang sein, ging ja alles durch die Prüfung. Damals gab es auch noch keine DDR, es hieß "Ostzone". Diese Päckchen wurden nicht nur privat verschickt, sondern auch per Sammlungsaktion zu Weihnachten von den Schulklassen organisiert und bestimmten Familien in der Ostzone zugeteilt. Jeder Schüler brachte von zu Hause etwas mit: Zucker, Schokolade, eine Dauerwurst usw. Dann kamen die Dankesbriefe, in denen mindestens dreißigmal das Wort "lieb" vorkam (liebe sowieso, liebe Geschenke, liebe Gedanken, liebe Grüße, liebe Wünsche, liebe wasweißichwas). Als uns selbst das Geld knapp wurde, weil mein Vater wegen Krankheit umschulen mußte auf einen anderen Beruf, konnten wir keine Päckchen mehr schicken - und da kamen auch keine "Ach-wie-lieb"-Briefe mehr. Genau gesagt kamen überhaupt keine Briefe mehr. Ende der Solidarität. Ein Hoch auf den Kommunismus!