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Alt 01.01.2017, 03:22   #1
männlich GeraffelJoe
 
Dabei seit: 12/2016
Ort: Hinter Haus- und Wohnungstür
Alter: 35
Beiträge: 8


Standard Selbstoptimierung

Ich bin derzeit Single, und das nicht nur weil ich schüchtern bin, sondern auch weil ich oftmals durch die Damenwelt als auch das üblicher drumherum verunsichert werde.
Ältere Menschen sagen gerne, es könne doch so einfach sein und ich solle mich nicht so anstellen, andererseits bin ich der sicheren Überzeugung, das zu deren Zeit der Pirsch, der Markt noch nicht gar so umständlich gewesen sein muss.
Alte Rollenbilder machten es möglich. Er geht arbeiten..Sie kümmert sich um Zuhause und lebt in seinem Schatten. Nun ja so einfach war es wohl doch nicht, immerhin ist mein Vater zweifach geschieden.
Aber jetzt mal im Ernst, unaufgeklährte Frauen welche jeglicher Emanzipation trotzen, gibt es ja dank Heidi Klum immernoch.
Das Problem hierbei ist jedoch schnell ausgesprochen....ich finde die Mädels und generell Menschen welche Freude über ohrenzerfetzendes Kreischen ausdrücken eher...herausfordernd als, als für mich passend.
Schade eigendlich, immer quäle ich mich mit jungen Frauen, welche einen starken Charakter haben, diesen noch an mir festigen und irgendwann.... puff sich wie ein Schmetterling aus dem aus scheinbar mir bestehenden, Kokon lösen und davonflattern. Die Schuppen die ihre Flügelschläge hinterlassen, lösen bei mir nicht selten allergische Reaktionen wie Tränen in den Augen oder schuppende Kopfhaut aus. Grundsätzlich glaube ich auch nicht an die Diagnose meines Dermatologen und dass ich eine Schuppenflechte hätte, ich fürchte das mit der Zeit einfach die vielen Schuppen meiner Partnerinnen sich zu einem Klumpen verfestigt haben.
Aber Egal ich will ja hier nicht sentimental werden, ich habe mir nämlich vorgenommen ab jetzt wird an mir gearbeitet. Ziel ist es das meine nächte auch, die letzte wird! Klingt jetzt wenig wertschätzend, baut sich allerdings auf gegenseitiger Wertschätzung auf und ist somit ...Hammer und wirklich wünschenswert. Die erste Maßnahme um meine Person zu optimieren, liegt auf der Hand bzw. auf dem Kopf....die Schuppen, sie halten sich unerbittlich an meinen grau melierten Haaren fest, weshalb ich beschließe sie sehr behutsam und ohne viel Risiko, ganz sachte anzuweichen um sie mit der Flex abzutragen. Als ich jedoch im Baumarkt im Rahmen dieses Gedankens nach einem hierfür tauglichen Winkelschleifgerät suche, rät mir ein Baumarktmitarbeiter strengstens davon ab. …..Verstehe ich nich, er meint das würde meine Kopfhaut ruinieren und mir die Haare ausreißen....aber jetzt mal ehrlich Geheimratsecken und Schuppenflechte ….ich bekomme Angst, frage mich wer mir Nachts am kopf herumflext.
Ok jetzt wo dieser Plan zu scheitern scheint, muss ich mir in dem Punkt eben anderweits behelfen, ich wähle hierfür Antischuppenshampoo und eine Mütze. Besonders zweitere ist ja gemeinhin anerkannt und gerade jetzt in dem letzten Jahresviertel auch durchaus nicht unpraktisch.
Das Antischuppenschampoo finde ich klasse, immerhin teilt mir alleine die Bezeichnung bereits mit warum es angewandt wird und wo ich es auf keinen Fall lagern darf...im Schuppen eben. Ich empfinde diese Vorstellung sowieso als sehr unpraktisch, jedoch wird bestimmt irgendwann schon irgendein Amerikaner sich auf dem Weg zum Schampoo sich im Schuppen, den rechten Kleinzeh um ungesunde 90° vom restlichen Fuß abgespreizt und dann selbstverständlich geklagt haben. Bestimmt an einer alten Werkbank... oder was mir besonders gefallen würde an einem rechtwinkeligen Kantholz.
Allerdings ich fürchte, nur mit der Beseitigung der Schmauchspuren werde ich auf Dauer auch nicht erfolgreicher werden. Ich komme nur voran, wenn ich mehr unter Leute gehe und an meinem Horizont arbeite. Der Ansatz gefällt mir, weswegen ich gleich am nächsten Tag, nach meinem Frühdienst eine Bücherei besuche. Zielsetzung Lebenshilfe-Buch. Früher dachte ich „Lebenshilfe“ wäre ein Ort an dem Menschen mit „leichtem bis mittlerem Unterstützungsbedarf“ einer festen Arbeit nachgehen, heute weiss ich das sich „To do“-Bücher. Die gibt’s auch wirklich für alles, zum Beispiel für fragen wie, wie werde ich Schlank ohne meinen Zahnschmelz zu opfern?, Ab wann ist gesund, ungesund? Hilfe ich spüre meine inkontinenz kommen!Und selbstverständlich: Wie liegt Sie mir zu Füßen, mit nur drei Worten? Ich beginne, für mich zu Raten welche Worte wohl gemeint sind....bleibe jedoch schlussendlich bei ….“lieg da hin“ als Ergebnis hängen. Das klingt auf mich nicht allzu Wissenschaftlich und überhaupt schätze ich, dass eine Kommunikation auf dieser Ebene wieder nur die Damen anspräche, welche bei „Bauer sucht Frau“ mangels Intellekt in den Vorrunden aussortiert wurden, um sich anschließend bei Heidi Klum oder Dieter Bohlen zuenderichten zu lassen.
Da seh ich es! Ein Buch welches schöner nicht sein Könnte alleine schon der Einband, erfüllt mich mit Wärme und ich beginne wissbegierig das Cover zu studieren. „ Finde dein Krafttier!! “
Immerhin verstehe ich nun was diese ganzen Frauen bei den Bauern überhaupt vorhaben, so richtig ernsthafte, lebenslange Beziehungsabsichten können das ja kaum sein. Irgendwie ist mir das Buch auf den zweiten Blick doch nicht mehr all zu sympatisch. Fast schon esotherisch anmutend, spüre ich wie sich mir ein Schleier, kalten schauderns über den Rücken zieht. Anschließend muss ich lachen. Erst kürzlich war ich auf einer Edelsteinbörse und habe dort ein „Informationsgespräch“ zwischen einer deutlich esotherisch „orientierten“ Dame und einem der Mineralienhändler mitgehört. Jedenfalls wollte die Frau zu jedem Sternzeichen den passenden Stein wissen und was er denn dann auch bewirke. Der Verkäufer ging auch sehr gewissenhaft auf ihre Fragen ein. Jedoch spürte man im September wie der Herbst sich über die Motivation des Verkäufers legte und was dann geschah ließ mich noch zwei Wochen schmunzeln. Wie gesagt wirkte der Mineralienhändler mitlerweile deutlich gelangweilt und der Frau gegenüber wenig zugeneigt. Man sah förmilich wie er nach einem Strohhalm suchte, welcher ihm helfen sollte aus diesem Gespräch zu entfliehen. Dieser kam letzenendlich in Form einer fachmännischen Frage der Frau. „ Was kann denn dieser Stein da hinten, der Große da neben dem blauen und dem orangenen?“ Antwort Händler „Der ist etwas ganz besonderes, was er kann ist unter Steinen einzigartig, der tut nämlich höllisch weh wenn man ihn sich auf den Fuß fallen lässt.“ Man sah wie der Frühling wieder ins Gesicht des Händlers einzog und auch die etwas beleidigt wirkende Antwort der „fast“ Kundin konnte daran nichts mehr zerrütten. „ Sie wollen mich wohl verarschen, bei ihnen kaufe ich garnichts.“ Als sie im Stechschritt den Stand verließ, sah mich der Händler nur lächelnd an und meinte. „Das eines klar ist, ich habe sie nicht belogen......der tut da wirklich weh!! Höllisch sogar!!“
Jetzt aber zurück zu meinem Buch. Krafttier. Ich finde ja, das jedes Tier einem menschen Kraft verleihen kann, so zum Beispiel mein ehemaliger Hund oder meine Katze, alleine zu sehen wie sich das Tier z.B. vor dem Fernsehen zu mir gesellt um sich vorsichtig an mich zu kuscheln, wärmt mein Herz doch schon sehr deutlich auf. Allerdings schließe ich hierbei eher auf die persönliche und auf gegenseitigem Vertrauen aufbauende Verbindung zwischen mir und meinen Tieren. Wie nach hause kommen eben. Geborgenheit und die klare Beobachtung das sich andere Lebewesen in meiner Nähe ebenfalls geborgen fühlen können. Wenn es überhaupt ein Krafttier gibt dann würde ich sagen ist es die Ameise auf meinem Balkon, die es neulich geschafft hat eine viertel Pommes ca. einen halben Zentimeter, im alleingang über meinen Balkontisch zu ziehen. Ansonsten wird aus so manchem Tier eine Kraftbrühe gekocht, aber ich bezweifle das sich dies mit dem Inhalt des Buches deckungsglich verhält.
Ich beschließe vorerst auf die Hilfe durch ein gebundenes Schriftstück zu verzichten und besinne mich, an das ungebundene welches mir neulich aus dem Briefkasten entgegenflatterte.
„Bring dich in Form!!Wir zeigen dir wie es geht.“ Darauf ein Mann welcher zufrieden mit einer sehr schmucken Frau an einem Tresen sitzt und sich unterhält. Dem Bild nach..... genau was für mich. „Mens sana in corpore sano“ sagte schließlich bereits (60-140 n.Chr.) der römische Dichter Jouvenal. „In einem gesunden Körper, wohnt ein gesunder Geist“. Er meinte dies vermutlich etwas anders aber das soll mich nun nicht abschrecken. Ich werde jetzt zum Muskelmann, immerhin habe ich mich jetzt seit ich das Studio betreten habe, konstant und vorbildhaft auf dem Stepper eingerichtet und lege ein doch sagenhaftes Tempo vor. Der blick auf die Uhr macht mir deutlich,...ich bin jetzt geschlagene 5Minuten hier. Naja Spaß ist jetzt auch wieder etwas anderes und im Gegensatz, zu den vielen, mit wirklich ansehnlichen und von knapp bekleideten Damen überquellenden Studios in Musikvideos. Sind die Aussichten hier im Studio doch eher an einen Fiehmarkt angepasst, ich glaube da hinten trägt sogar jemand ein Ochsenjoch und zieht was. Immerhin eines habe ich heute gelernt, ich brauch Eiweiß. Da ich aber auf mich und auf die Umwelt achte nehme ich kein Synthetisches sondern kaufe mir eine Palette Eier. Eiweiß dient so ziemlich allen Aufbauprozessen im Körper ergo, viel hilft bestimmt viel. Ich mache mir zuhause einen Milch...ähm Wunschdenken...Eishake mit Ei, Salz, Pfeffer und Chilli. Chilli ist ja angeblich für die Potenz gut und da ein zu rapider Muskelaufbau sich dem Vorurteil nach auf die Bereiche unter dem Gürtel negativ auswirken soll, ….bin ich jetzt auf der sicheren Seite.
Ich habs jetzt getrunken und fühle mich auch deutlich sportlicher,..nein leichter, zumindest kann mir das Mittagessen nicht mehr auf die Hüften wandern. Das nämlich habe ich soeben mit meinen Fitnesvorstellungen in die Toilette geröhrt, ähnlich einem sehr brünftigen allerdings verzweifelt klingenden Hirsches. Soviel zum Thema Verantwortung und Verbraucherschutz, nirgends auf der blöden Palette stand, das rohe Eier als Nebenwirkung, Bulämie auslösen können.
Ich überlege was ich jetzt mit den ganzen Eiern anfangen soll, suche im internet nach Modelagenturen, die müssen doch einfach einen Bedarf auf rohe Eier innehaben.
Als jedoch auch die fünfte Agentur, mir mit touretteähnlichen Liebkosungen meiner Person, auf die Anfrage hin, den Hörer in die Gabel haut, wird es mir bewusst ….Denkfehler... Models sollen doch garnicht sooo muskulös sein. Ich rufe die Argenturen erneut an, und entschuldige mich für meinen leihenhaften Denkansatz.
Ich darf mich nun zweien dieser Agenturen nicht mehr auf mehr als 50 Meter nähern, jedoch befinden diese sich in nähe Hamburg und ich wohne Nähe Freiburg.....das sollte also zu schaffen sein.
Ich muss gestehen, das mich das alles doch ein wenig deprimiert, ich tue und komme dennoch nicht vom Fleck. Für heute reichts mir auch, ich mach jetzt einfach weiter wie sonst auch. Um mich wenigstens ein wenig aufzuheitern, koche ich mir etwas was ich gerne esse. Ich koche mir ein Risotto mit frischen Pilzen, ganz viel Petersilie, eine leicht gepfefferte-/gesalzene Putenbrust mit einer leichten Sauce aus Weißwein und einen frischen Salat mit Radischen. Weil ich es beim und nach dem Essen gerne gemütlich pflege, wasche ich sofort das überschüssige Geschirr und einen Teil der Töpfe, denn nur eine „saubere“ Küche ist auch eine „gemütliche“ Küche. Ich zünde mir zum essen eine kleine Kerze am Fenster an und esse mit Appetit. Nach dem ich die Reste meiner Malzeit, eingetuppert und in den Kühlschrank gelegt habe, werde ich dennoch sentimental. Es zieht mich raus an die frische Luft ich gehe einige Meter spazieren, mir die Beine vertreten, in der Hoffnung am nächsten Morgen nicht zu verschlafen. Ich arbeite in einem Pflegeberuf und somit mit Menschen, welche sich auf mich verlassen und dies oftmals auch unfreiwillig müssen. Ich kann es diesen Leuten einfach nicht zumuten, länger liegen zu müssen als gewollt.
Als ich heim komme lege ich mich auch gleich in mein Bett, wo ich wie so oft noch den einen Letzten gedanken fasse bevor ich einschlafe.
„Ich muss mich dringend ändern, an mir ist wirklich garnichts was Frauen wollen.. “

© GeraffelJoe
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Lesezeichen für Selbstoptimierung

Stichworte
achtsamkeit, rollenkonfusion, satire




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