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Alt 21.08.2009, 13:24   #1
weiblich Ilka-Maria
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Standard Das Partykleid

Nina öffnet neugierig den Umschlag, den ihr die Kollegin mit der rätselhaften Bemerkung: "Ich hoffe, Sie können ...", in die Hand gedrückt hat. Sie zieht eine Karte heraus, überspringt die ersten beiden Zeilen und liest: "... würden sich freuen, Sie nebst Begleitung zur Einweihungsparty unseres neuen Heimes als Gäste empfangen zu dürfen."

Ninas Herz beginnt vor Freude zu tanzen – eine Party! Plaudern, lachen, Sekt und gute Laune, ein bißchen auf die Pauke hauen, nette Leute kennenlernen, vielleicht ein wenig flirten – endlich mal wieder raus aus dem Alltagstrott!

Seit sie der kleinbürgerlichen Enge ihres Elternhauses den Rücken gekehrt hat und in ihr eigenes kleines Reich eingezogen ist, hat sie keine Gelegenheit mehr gehabt, Freunde und Bekannte zu treffen, es sei denn auf einen Kaffee in der Mittagspause. Zu sehr ist sie damit beschäftigt gewesen, eine Stelle zu finden, die ihr ein besseres Gehalt einbringt. Seitdem kniet sie sich in die neue Arbeit und scheut keine Überstunden. In ihrer spärlichen Freitzeit richtet sie Stück für Stück ihr Appartment ein, ein gemütliches Nest soll es werden für die gemeinsamen Stunden mit Norbert. Sie genießt es, mit Norbert zusammen zu sein, so oft und solange sie will, ohne länger die tadelnden Blicke ihrer Eltern erdulden zu müssen.

Es ist ihr völlig gleichgültig, daß sie ständig in Geldnot ist, weil sie Schulden bei der Bank abzuzahlen hat. Ohne einen Kredit hätte sie den Absprung vom Elternhaus nicht so schnell geschafft, und auch auf den gebrauchten Polo hätte sie verzichten müssen, der ihr mobile Unabhängigkeit garantiert.

Die Aussicht, nach den vielen Monaten der Knappserei und Zurückhaltung mal wieder eine Party besuchen zu können, entfacht sofort Ninas Lebenslust. Höchste Zeit, sich für ihre Leistung eine Belohnung zu gönnen. Sie will sich amüsieren, und Norbert soll sie begleiten. Sie muß die Einladung einfach annehmen! Sie liest die Karte noch einmal Wort für Wort und legt sie dann auf ihren Schreibtisch. Das Telefon klingelt. Sie hebt den Hörer ab, und die ganze Zeit, während sie spricht, blickt sie auf die Karte. Als das Gespräch beendet ist, nimmt sie die Karte samt Umschlag und schiebt beides hektisch unter ihre Schreibtischunterlage.

Plötzlich ist jegliche Vorfreude verflogen. Sie hat ja gar nichts Passendes anzuziehen. Sie kann doch nicht als graue Maus auf einer Party erscheinen, und erst recht nicht auf der Party einer Kollegin; da würde sie sich bloß blamieren und wäre ein für allemal im Büro unten durch. Aber für den Kauf eines Cocktailkleids fehlt ihr das Geld. Dabei denkt sie an ein ganz bestimmtes Kleid, das sie jeden Tag im Schaufenster der Edel-Boutique bewundert, an der sie auf dem Weg vom Büro nach Hause vorbeigeht. Zu teuer, viel zu teuer! Nicht gemacht für das Einkommen einer bis über die Ohren verschuldeten Büroangestellten. Also Nina, vergiß es!

Aber Nina will das Kleid nicht mehr aus dem Sinn gehen. Nachdem sie ihre Sachen für den Feierabend eingepackt hat, nimmt sie die Einladungskarte unter der Schreibtischunterlage hervor und legt sie auf ihren Wochenkalender. Sie muß unbedingt ein Partykleid haben, wenn schon nicht das Cocktailkleid aus dem Schaufenster der Edel-Boutique, dann eben ein anderes. Nur todchic müßte es sein, und sie müßte darin aussehen wie ein Filmstar auf einem Premierenball. Nach einem letzten Blick auf die Karte knipst sie die Tischlampe aus. Sie wird die Einladung annehmen und zu der Party gehen – das ist für sie jetzt so sicher wie Glockengeläut am Sonntagmorgen. Die Frage ist nur: Wie?

*****

"Schätzchen, dann näh' dir doch den Fummel selbst!"

Nina ist sprachlos. Der Hörer in ihrer Hand wird federleicht. Die Wanduhr tickt.

"Hallo, Nina, bist du noch da?"

"Ja ... ja, schon," stammelt sie ins Telefon, "aber ... äh ... ich ..."

"Na, was ist denn? Du klingst ja ganz erschrocken! Was ist plötzlich los mit dir?" Silberhell klingt Ritas Stimme an Ninas Ohr, getragen von einem optimistischen Unterton, der keine echte Besorgnis zuläßt, statt dessen aber geweckte Neugier verrät.

"Ich ... ich kann das nicht," wispert Nina, "so etwas habe ich noch nie gemacht."

"Dann machst du es eben jetzt. Wie heißt es so schön: Irgendwann ist immer das erstemal."

"Und wie fängt man das an?"

"Ganz einfach: Man sucht sich einen tollen Stoff aus, Futterstoff natürlich auch, dazu einen Schnitt und ein paar Utensilien, dann wird zugeschnitten, gesteckt, gereiht, genäht – und fertig."

"Herrjeh, hört sich das bei dir einfach an!"

"Na ja, zwischendurch sollte man das ganze schon mal anprobieren und prüfen, ob es sitzt."

"Ich habe nicht mal eine Nähmaschine."

"Aber ich. Wann hast du Zeit, das Zeug einzukaufen?"

*****

Rita ist Ninas beste Freundin. Sie kennen sich von Kindheit an - Sandkasten, Kindergarten, Schulbank, immer sind sie zusammen gewesen. Als sich bei der Berufswahl ihre Wege getrennt haben, hat dies ihre Freundschaft nur umso fester geschweißt. Ganz gleich, wann und wie oft sie voneinander hören, nie sollten sie sich aus den Augen verlieren, und wenn es die Zeit erlaubt, freuen sie sich über einen gemeinsamen Stadtbummel. Ohne es je ausgesprochen zu haben, wissen beide: Sie können sich aufeinander verlassen. Für Nina ist es deshalb ganz natürlich gewesen, niemanden anders als Rita anzurufen, um das Kleidungsproblem zu diskutieren. Je mehr sie über das Gespräch nachdenkt, um so mehr ist sie überzeugt, daß Ritas Vorschlag die beste Lösung ist.

Am nächsten Tag schreibt Nina ihrer Kollegin eine E-Mail, sie bedanke sich für die Einladung und werde gerne mit Norbert zu der Party kommen. Mit Rita hat sie für Samstag eine Einkaufstour durch die Kaufhäuser verabredet, um das Rüstzeug für zwei Kleider zu besorgen: einen billigen Stoff für ein Sommerkleid, um daran zu üben, und ein hochwertiges Material für das Partykleid, inklusive passendem Futterstoff. Und natürlich das ganze Drumherum: Kleiderschnitte, Reihgarn, Nähseide, Schneiderkreide, Stecknadeln und was man sonst noch braucht.

Den Sonntag nachmittag verbringen die beiden Freundinnen mit den Vorbereitungen für das Probekleid. Rita ist eine geduldige Lehrerin. Mit Ruhe und Ausdauer erklärt sie Nina, wie wichtig es sei, den Schnitt nicht nur mit Nadeln auf dem Stoff anzustecken, sondern ihn anschließen auch anzureihen, um ein exaktes Ausschneiden zu garantieren. Sie bringt ihr das Fertigen von Abnähern und Ausschnittblenden bei und verrät ihr so manchen Trick aus ihrer Erfahrungsschatulle. Nina spürt gar nicht, wie ihre Unsicherheit allmählich weicht und sie zunehmend Spaß an der Sache bekommt. An den folgenden Tagen kann sie den Feierabend gar nicht abwarten. Kaum zu Hause angekommen, wirft sie Mantel und Tasche in die Ecke des Flurs und stürzt sich an die Nähmaschine, die Rita ihr geliehen hat. Abend für Abend näht sie an dem Sommerkleid und ist dankbar, daß Norbert in dieser Woche auf einer Geschäftsreise ist und sie ihm keine Erklärungen liefern muß, weshalb sie keine Zeit für ihn habe.

Am Mittwoch abend ist der letzte Stich getan. Stolz zeigt Nina ihrer Freundin das Ergebnis.

"Phantastisch!" Rita ist entzückt und aufgeregt. "Das sitzt wie angegossen. Ich wußte ja, daß du das kannst!"

Nina dreht sich links herum und rechts herum und betrachtete ihr Werk dabei im Garderobenspiegel. "Rita, ich bin dir ja so dankbar. Jetzt weiß ich, daß ich es auch mit dem Partykleid schaffen kann. Allerdings ..."

"Was, allerdings?"

"Das Modell ist etwas komplizierter, und wahrscheinlich dauert das Nähen länger als bei dem Sommerkleid ..."

"Und?"

"Ich fürchte, mir wird die Zeit knapp. Die Party ist doch schon am Samstag."

"Dann sollten wir uns gleich an die Arbeit machen, meine Liebe, wo ist der Schnitt?"

*****

Ninas Einschätzung ist richtig gewesen, der Schnitt für das Partykleid ist kompliziert und kostet Zeit. Freitag nacht arbeitet sie bis in den frühen Morgen hinein und gönnt sich nur zwei Stunden Schlaf. Am Samstag vormittag muß sie eine Pause einlegen, weil sie mit Norbert verabredet ist. Er will einen neuen Anzug kaufen, und sie soll ihn begleiten. Am Nachmittag kommt Rita, um zu helfen, und zeitig zum Fünf-Uhr-Tee ist das Kleid fertig. Den Tee hat Nina jetzt auch dringend nötig, denn sie ist hundemüde. Doch die Mühe hat gelohnt: Auf der Couch liegt ein Traum aus schwarzer Seide, Chiffon und Spitzen. Rita findet, Nina habe Talent; aber nun sei es höchste Zeit für die Frisur and das Make-up.

Als Norbert am frühen Abend eintrifft, um Nina abzuholen, bleibt ihm die Begrüßung im Halse stecken. Sie schwebt, noch barfuß, auf ihn zu und gibt ihm einen Kuß. "Na, gefall' ich dir?"

Norbert räuspert sich kurz, dann findet er die Sprache wieder. "Du ... du siehst unglaublich aus, einfach ... einfach wundervoll! Wo hast du dieses Kleid her?"

"Kannst du dir's nicht denken, Schatz? Du kennst doch die Boutique gleich hier um die Ecke, die, vor der wir manchmal stehen geblieben sind, weil die immer ..."

"Du meinst, die Boutique?"

"Genau die."

"Na, da kann ich mir ja denken, was das gekostet hat!"

"Kannst du nicht, aber ich verrat's dir auch nicht."

Sie schlüpft in ihre Pumps, greift nach ihrer Tasche und nimmt Norbert bei der Hand. "Komm, gehen wir."

*****

Auf der Party herrscht ausgelassene Stimmung. Die Gäste sind zahlreich und tummeln sich nicht nur in den großzügigen Räumen des Hauses, sondern auch auf der Terrasse und im Garten. Die Luft ist am Abend noch immer angenehm lau. Am Buffet plaudert Norbert angeregt mit einer brünetten Schönheit. Sie trägt ein rotes, satinglänzendes Cocktailkleid mit Spaghettiträgern und eine Kette aus schwarzen Perlen. Beide nippen an ihren Sektgläsern. "Wie gefällt Ihnen das Haus unserer Gastgeber, Anne ... ich darf Sie doch Anne nennen?"

"Gerne, und ich werde Norbert zu Ihnen sagen." Sie nimmt einen weiteren Schluck und macht mit dem Glas eine deutende Bewegung in den Raum. "Ich finde die Architektur recht ausgefallen, aber noch mehr beeindruckt mich die Einrichtung – alles in fernöstlichem Stil. Sehr ungewöhnlich. Ich kann mich gar nicht sattsehen an all den schönen Sachen und will versuchen, möglichst viel aufzunehmen, um es beruflich zu verwenden."

"Ach?"

"Ich bin Innenausstatterin, deshalb ist für mich die Einrichtung wichtiger als das Haus selbst." Sie läßt die Augen schweifen. "Aber sagen Sie, Norbert, ist das nicht die junge Frau, mit der sie hergekommen sind, die da hinten auf dem Diwan schläft?"

Norbert schaut verlegen auf das Sektglas in seiner Hand. "Ja, das ist Nina, eine flüchtige Bekannte. Sie hat einen anstrengenden Job, viele Überstunden und so, aber sie wollte unbedingt auf diese Party gehen und hat mich gebeten, sie zu begleiten. Nun, das ist das Ergebnis, sie muß wohl ziemlich müde gewesen sein."

"Die Ärmste! Schade, das ist nämlich ein todchices Kleid, sehr exklusiv und wie auf den Leib geschnitten. Sie hat einen außerordentlich guten Geschmack."

"Ja," brummelt Norbert, "einen Geschmack, der einen Mann ruinieren kann."

"Wie bitte?" Anne ist irritiert.

Norbert faßt sich sogleich wieder. "Nichts weiter. Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Anne. Wir beide verdrücken uns und gehen noch woanders etwas trinken, wo wir beide uns in Ruhe unterhalten können. Was meinen Sie?"

"Und Ihre Freundin?"

"Sie ist nicht meine Freundin. Ich werde dafür sorgen, daß man ihr ein Taxi ruft und sie nach Hause bringen läßt. Bin gleich wieder da."

*****

Sonntag morgen. Das Telefon klingelt, Nina nimmt den Hörer ab. Norbert. Sie kann es nicht fassen!

"Nina, es tut mir leid."

"Du hast mich sitzenlassen. Du bist mit einer anderen abgehauen und hast mich einfach sitzen lassen!"

"Nina, so mach' doch keine Geschichten!"

"Geschichten? Wer macht denn hier Geschichten, du oder ich?"

"Ich sag' doch, es tut mir leid."

Nina fängt an zu weinen. "Nein, gar nichts tut dir leid. Du hast dich amüsiert und mich wie einen Müllsack vor meiner Haustür abstellen lassen. Mir tut es leid, mir allein, daß ich dir überhaupt je begegnet bin."

"Hör doch, Nina, du mußt nicht weinen. Es ist doch gar nichts passiert. Ich komme zu dir, jetzt gleich, und wir sprechen uns in Ruhe aus."

"Bleib', wo der Pfeffer wächst! Ich habe nichts mit dir zu besprechen, heute nicht, morgen nicht und in aller Zukunft schon gar nicht. Es ist aus! Ich werde jetzt auflegen."

"Nina, nicht!"

Sie legt auf, nicht heftig, nicht laut, sondern sanft, als wäre der Hörer ein verletztes Tier. Das Weinen hat aufgehört. Sie nimmt das Partykleid von der Couch, und ihr ist augenblicklich klar, daß sie es in ihrem ganzen Leben nicht wieder tragen wird. Sie stopft es in einen Müllsack, den sie bei nächster Gelegenheit in die Tonne im Hof werfen wird. Der Traum aus schwarzer Seide, Chiffon und Spitzen hat seine Geschichte gehabt. Schluß und vorbei!

Sie ruft Rita an.

"Wie war die Party?"

"Ein Flop. Aber sag', hättest du nächste Woche Zeit, mit mir einkaufen zu gehen? Weißt du, ich bräuchte nämlich einen Stoff für ein tolles Kleid."

copyright Ilka-M.
9. Juni 2009
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.09.2009, 09:35   #2
daktary
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Standard comment

Nach Inhalt, Aufbau und Stil sowie Orthografie, Grammatik und Interpunktion absolut genial.

Mögen Sie als Schriftsteller und Dichter Ihre Leserschaft auch weiterhin beglücken.
daktary ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.09.2009, 09:58   #3
weiblich C.Alvarez
 
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daktary,

ist das nicht bischen billig, statt textbezogenen Kommentaren immer den gleichen vorgefertigten Standardsatz zu verwenden?

Wie hier und an anderen Stellen auch:
https://www.poetry.de/showthread.php?p=86268#post86268

Wenn du das mit einem Text von mir machen würdest, ich empfände das als persönlichen Affront.

corey
C.Alvarez ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.09.2009, 11:45   #4
weiblich Ilka-Maria
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"Genial" ist wohl übertrieben. Offen gesagt, entstand der Text aufgrund einer Übungsaufgabe. Es sollte eine Geschichte erfunden werden, in der sich eine Person etwas ganz dringend wünscht und alles tut, um sich diesen Wunsch zu erfüllen. Da habe ich mir eben die Sache mit dem Kleid ausgedacht.

Danke für's Lesen und Kommentieren.

LG
Ilka-M.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.09.2009, 11:54   #5
daktary
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Zitat:
Zitat von Corazon De Piedra Beitrag anzeigen
daktary,
ist das nicht bischen billig, statt textbezogenen Kommentaren immer den gleichen vorgefertigten Standardsatz zu verwenden?
...
Wenn du das mit einem Text von mir machen würdest, ich empfände das als persönlichen Affront.
corey

Keine Sorge. Zu einem Ihrer Texte werde ich eine solche Beurteilung bestimmt nie abgeben.
daktary ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.09.2009, 12:30   #6
weiblich C.Alvarez
 
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Es sollte eine Geschichte erfunden werden, in der sich eine Person etwas ganz dringend wünscht und alles tut, um sich diesen Wunsch zu erfüllen.
Ich würde alles für dieses Kleid tun:

http://home.vrweb.de/corazon/corapics/brautkleid.jpg

Und es würde doch nie reichen. Ich werde es nie tragen können. Wie tragisch.

corey
C.Alvarez ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.09.2009, 13:13   #7
daktary
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Standard Angebot

Zitat:
Zitat von Corazon De Piedra Beitrag anzeigen
Ich würde alles für dieses Kleid tun:

http://home.vrweb.de/corazon/corapics/brautkleid.jpg

Und es würde doch nie reichen. Ich werde es nie tragen können. Wie tragisch.

corey

Dann kaufen Sie doch dieses: es ist erschwinglich

http://img16.imageshack.us/img16/132...dzahnarzt2.jpg
daktary ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.11.2012, 00:06   #8
weiblich Lux
 
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Von all diesen "Werbeanzeigen" mal abgesehen:
Ein wirklich dichter, toller und nicht zuletzt spannender Text, Ilka.
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Alt 17.11.2012, 16:34   #9
Ex-zonkeye
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Weder Inhalt noch Stil dieser „Geschichte“ sind so besonders, dass es verlohnte, sich daran aufzuhalten: Die Charaktere blass, die Dialoge einfältig, der Hintergrund banal, die „Pointe“ lahm.

Dennoch hat der Text etwas Besonderes: Er beschreibt die Welt einer jungen Frau aus der Sicht einer Zeit, die längst untergegangen ist, nutzt aber moderne Requisiten. Damit wird klar, dass der Text aus der Feder einer älteren Person stammt, die nicht imstande ist, sich in eine aktuelle lyrische „sie“ zu verwandeln und den Leser dabei mitzunehmen.

Im Text heißt es anfangs zwar, die Lyrsie habe unter Hinterlassung von Schulden (brav – sie zahlt sie gerade zurück!)
Zitat:
der kleinbürgerlichen Enge ihres Elternhauses den Rücken gekehrt.
Wenn man genau hinsieht, erkennt man aber, dass sie nichts anderes tut, als für sich und ihren „Norbert“ eine neue Gefängniszelle einzurichten. Das scheint Norbert zu merken, denn er kommt offenbar nur des Beischlafs halber vorbei und bleibt im Übrigen auf Distanz. Kluger Bursche!

Dass in diese Trostlosigkeit die Einladung zu einer „Hauseinweihung“ wie eine Bombe hereinplatzen soll, mag einem nicht recht einleuchten, weiß man doch, dass derlei Festivitäten zu den langweiligsten gehören, die man sich vorstellen kann: Lauter angejahrte Spießer, die’s zu einer Hütte gebracht haben und sie sich gegenseitig vorführen wollen; ja kein Rauch im Haus und keine Brandflecken auf den Spannteppichen, Scheiß-Kaufhaus-Musik, zum Tanzen nirgends Platz und schon gar keine Partner, statt einem ordentlichen Essen Sekt (Sekt!!) und der berüchtigte Käse-Salzstangen-Igel.

Wie man angesichts dieses Elends in den Wahn fallen kann, man habe für derlei Events nichts Rechtes anzuziehen, leuchtet ebenfalls nicht ein. Das richtige wäre ein Schlafrock oder ein Pyjama. Stattdessen werden wir überflüssiger Weise mit einer Freundin der Lyrsie bekanntgemacht, die offensichtlich ebenfalls in den 50ern des vorigen Jahrhunderts steckengeblieben ist und ihr weismacht, es lohnte sich nicht nur der Selbstbau eines, sondern gleich zweier Kleider – Motto: doppelt genäht hält besser!

Amüsant die Reaktion Norberts, dem ein
Zitat:
"Du ... du siehst unglaublich aus, einfach ... einfach wundervoll! Wo hast du dieses Kleid her?"
in den Mund gelegt wird. Es war dies der Standardspruch in alten Cinemascope-Filmen, wenn eine Landpomeranze plötzlich im Kleid aufschien, aufgerüscht wie ein Knallbonbon, und ihr Gefährte behaupten musste, sie sehe darin besser aus als vorher in ihren engen Jeans oder im Badeanzug, oder mit gar nichts. Dass Norbert den Satz sagt, verrät ihn als Heuchler: Ein ehrlicher, aufrichtiger Lover nimmt das Kleid gar nicht wahr und würde niemals ein Wort daran verschwenden.

Dass dieser Typ später einem Frauenzimmer verfällt, das Kleider nicht nur zu basteln, sondern offensichtlich auch zu tragen versteht, erstaunt nicht. Eher schon die Tatsache, dass die beiden nach einem derart dümmlichen Dialog über das „fernöstliche“ Ambiente und die Schlafsucht der Lyrsie in beiderseitigem Einvernehmen die Lokalität wechseln, um sich weniger Langweiligem hinzugeben. Man kann es ihnen nicht verdenken!

Gewiss hat die Autorin den Schlummer der Lyrsie als versteckte Pointe gedacht – quasi als entschuldbare physische Folge all der Aufopferungsmaßnahmen in den Stunden und Tagen zuvor. Aber dieser moralinsaure Schuss krepiert bereits im Rohr, lässt er doch ahnen, dass die „Party“, wie zu erwarten, sterbenslangweilig ist und, vor allem, dass das Lyrsie außer ihrer äußeren Schale nichts zu bieten hat: Es ist keiner da, der sich charmant um sie kümmerte, wie sie ganz zu Beginn ja gehofft hatte. Armes Ding! Man mag sich sein Äußeres eigentlich gar nicht vorstellen.

Folgerichtig ist auch der Schluss zum Gähnen – Norbert wird telefonisch ohne weitere Umstände entlassen (bestimmt hat er sich nach dem Auflegen die Hände gerieben, so billig davongekommen zu sein), und die Sandkastenfreundin scheint wieder auf. Ob die Lyrsie wohl mitgeht zum Stoff kaufen?

Der Leser meint: Natürlich! Und wenn sie nicht gestorben sind, dann nähen sie bis heute ...


lg z
Ex-zonkeye ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.11.2012, 13:10   #10
weiblich Ex-sternschnuppe
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Hallo Ilka-Maria,

so ganz gelungen finde ich deinen Text jetzt leider nicht. Stellenweise ist er (mir) ein bisserl langatmig, auch komme ich inhaltlich nicht so ganz damit zurecht.
Norbert bleibt mir insgesamt zu blass. Ich weiß nur, dass Nina es genießt, mit ihm zusammen zu sein, dafür auch Schulden auf sich genommen hat, um von zu Hause raus zu kommen. Norbert scheint die Beziehung nicht so wichtig zu sein. Ok, das muss ja auch nicht sein, aber grad aus deiner Erzählperspektive heraus hättest du ihm ein bisserl mehr Farbe verleihen können, Norbert schwebt irgendwie so im luftleeren Raum. Deshalb ist es (mir) zu abrupt und vor allem unmotiviert, dass er auf einmal auftaucht, mit zur Party geht und dann stehenden Fußes mit einer anderen abdüst. Nur weil Nina eingeschlafen ist? Daraus hättest du einiges mehr machen können. Ich meine, das hätte sich an der Stelle doch angeboten. Ein gelangweilter Blick auf die schlafende Nina und dann nix wie weg, ist (mir) deutlich zu wenig.

Zum anderen bin jetzt eher nicht der Typ, der sich mit Schnittmuster und Nähmaschine auskennt, könnte mir daher aber gut vorstellen, dass es gar nicht so einfach ist, so besondere Stoffe auf Anhieb derart gekonnt zu vernähen, dass das Ergebnis nach Haute Couture aussieht. Das empfinde ich als ein Stück weit unglaubwürdig.

Du hast ja geschrieben, dass es sich bei dem Text um ein Übungsstück handelte und ich gehe jetzt einfach davon aus, dass du die Geschichte heute – nach über drei Jahren – anders schreiben würdest. Und das fände ich jetzt direkt interessant. Der Plot an sich ist ja nicht schlecht, daraus könntest du – wenn du denn wolltest – eine recht pfiffige Geschichte machen.

Lieben Gruß und einen schönen Sonntag
sternschnuppe
Ex-sternschnuppe ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.11.2012, 14:02   #11
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Zitat von sternschnuppe Beitrag anzeigen
Du hast ja geschrieben, dass es sich bei dem Text um ein Übungsstück handelte und ich gehe jetzt einfach davon aus, dass du die Geschichte heute – nach über drei Jahren – anders schreiben würdest. Und das fände ich jetzt direkt interessant. Der Plot an sich ist ja nicht schlecht, daraus könntest du – wenn du denn wolltest – eine recht pfiffige Geschichte machen.
Danke, Sternschnuppe. Diese Altfassung ist tatsächlich bereits ein wenig überarbeitet worden. Um die Geschichte auszuweiten, fehlt mir im Augenblick die Zeit, aber ich würde sie sowieso nicht nochmal ins Forum stellen. Weshalb sollte ich die User mit ollen Kamellen langweilen? Mir genügen die Reaktionen der Leser auf die erste Fassung, um zu erkennen, wo die Schwachstellen sind. Diese Kommentare speichere ich mir ab und lege sie zu der Geschichte dazu für den Fall, dass ich sie doch noch einmal verwenden will.

Das Nähenlernen ist allerdings nicht unglaubwürdig, ich habe mir früher viele Sachen selbst genäht und mich auch an komplizierte Schnitte gewagt. Wenn man einmal gesehen hat, worauf es ankommt, braucht man eigentlich nur die notwendige Geduld und Spaß an der Sache.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
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