Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Liebe, Romantik und Leidenschaft

Liebe, Romantik und Leidenschaft Gedichte über Liebe, Herzschmerz, Sehnsucht und Leidenschaft.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 22.11.2007, 01:20   #1
lyrwir
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 449

Standard Kurzhörig

Deine Fragen lagen schwer auf meinen Ohren,
ich hielt den kurzen Atem an und wurde blau.
Zu Traum vergoren bohrten wir uns ineinander
ein jeder schlief am andren Selbst sich frei.
Vorbei am taumelnden Gesauge leerer Zellen
schlug uns der Ablauf laue Fragen ins Gesicht.
Im Morgenschnellen mich ins Hohle zu verfliegen,
gelang mir nicht. Rumorverlustig fiel in Folge das,
was wir uns nicht besprochen hatten, in die Schatten.
lyrwir ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.11.2007, 15:03   #2
evilsuperbitch
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 1.073

erst einmal ein erster eindruck: es liest sich nett, hat nette stellen, die aber unter manch missgeschick und nicht seltener langweile begraben liegen.

"Kurzhörig"

der titel macht für kurz neugierig, ist aber zu sehr einfach nur dem kurzsichtig entlehnt (weniger dem kurzatmig, denn hier ist der sehsinn näher an der atmung). kurzsichtigkeit ist zuallererst ein körperlich bedingtes defizit, übertragen auch eine charakterschwäche. so sollte man es wohl auch mit kurzhörig halten. hörig wohl auch im sinne von "jemandem hörig sein".

"Deine Fragen lagen schwer auf meinen Ohren,"

wieso nur erinnert mich das an mein letztes gedicht? ich weiß nicht. nunja. im titel hast du kurz-hörig, gleich in der ersten zeile ohren. naja. geschickt ist was anderes (vor allem, da sich sowas im gedicht wiederholt). schwer liegende fragen ist eigentlich nicht schlecht, denke ich mal so freundlich, doch die ohren machen das bild zu einem seltsamen irgendetwas. schwer auf den ohren liegen. naja. bedeutet dies, dass das lyrische ich gerade in römischer fressposition liegt?

"ich hielt den kurzen Atem an und wurde blau."

den atem anhalten und blau werden. nichts an dieser zeile überzeugt. es sind zwei sehr alltäglich gebräuchliche phrasen. und mehr auch nicht.

"Zu Traum vergoren bohrten wir uns ineinander"

zu traum vergoren ist sehr schön und ich wünschte, du würdest dies nicht mit einer seltsamkeit zerstören. wir bohrten uns ineinander ist nicht nur etwas unverständlich - ein ratespiel ist wohl angesagt -, nein, es lenkt dadurch auch von dem an sich ansprechenden versteil ab. es bleibt dem leser keine zeit, dieses vergären entwickeln zu lassen.

"ein jeder schlief am andren Selbst sich frei."

nach traum gleich schlief. das sind 08/15-assoziationen. ansonsten spricht mich die lesarten-mehrdeutigkeit an.

"Vorbei am taumelnden Gesauge leerer Zellen"

taumelndes gesauge. wenn einem das nicht komisch anmuten muss, was dann? stell dir das doch einmal vor: taumelnd setzt ein stehen voraus. saugen, während taumeln angesagt ist, das ist mir zu sehr drunken boxing. auch klanglich mag es nicht fesseln. es irritiert eher.

"schlug uns der Ablauf laue Fragen ins Gesicht."

laue fragen schlagen uns am taumelnden gesauge leerer zellen vorbei ins gesicht. das ist zuviel des guten. oder schlechten. diese zwei zeilen sind dermaßen überfrachtet, dass man sich bald nicht mehr zurecht findet. es ist nicht elegant, sondern schwerfällig und man muss zehn mal über diese merk(un)würdigen verse nachdenken, bevor man einfach aufgibt und sich denkt: what the hell?! und eigentlich macht dieses gesauge die zeilen sehr albern und obskur.

"Im Morgenschnellen mich ins Hohle zu verfliegen,"

das morgenschnellen hat wiederum als wort, durch seine mehrlesbarkeit, einen netten moment zu bieten. außer, dass es ums träumen und ähnliches geht, hat der text aber keine wirkliche konsitenz. zum einen schwankt der leser zwischen ich und du und wir und ich und wir und fühlt sich außen vor. um anderen verfliegt sich da mal was (nicht), dann gibt es an einer stelle etwas gesauge - es ist mir zu durcheinander und unstrukturiert.

"gelang mir nicht. Rumorverlustig fiel in Folge das,
was wir uns nicht besprochen hatten, in die Schatten."

und vermutlich wäre, das, was nicht ist - was immer es ist - interessanter als der text. klanglich nette spielereien, aber dadurch, dass der gesamte text zu sehr eine anstrengung beim lesen ist, ohne dass sich ein echtes erleben durchsetzen kann, bleibt nur eine traurig-fade sehnsucht nach einem besseren gedicht, in dem "im traum vergoren" besser aufgehoben wäre.

gruß. the fat.
evilsuperbitch ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.11.2007, 17:48   #3
lyrwir
 
Dabei seit: 06/2007
Beiträge: 449

Hallo the fat of the land,
vielen Dank für dein Interesse und deine ausführliche Antwort. Sehr interessant für mich, zu sehen, wie mein Text auch gelesen werden kann (der übrigens mit deinem letzten Gedicht nichts zu tun hat, auch nicht in Auszügen).
Ich bedaure sehr, dich gelangweilt zu haben, eigentlich ist das beim Schreiben ja das schlimmste aller Vergehen.
Du liest sehr auf einer physischen Ebene "bedeutet dies, dass das lyrische ich gerade in römischer fressposition liegt"?, " taumelnd setzt ein stehen voraus". Beim Schreiben hatte ich eine andere Ebene vor Augen, mehr so die "im Kopf".
Aber ein Trost bleibt mir, dass dir wenigstens "Zu Traum vergoren" gefallen hat.
Grüße,
LW
lyrwir ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für Kurzhörig




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.