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Alt 25.07.2013, 09:23   #1
Ex-zonkeye
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Dabei seit: 05/2011
Beiträge: 504


Standard Die Drachentöter

Sie sind wundervoll.

Geschmeidige Körper, jugendliche Unbekümmertheit in allen Bewegungen und doch schon so beherrscht und so selbstsicher; Waschbrettbauch, schmale Hüften, der Po nur Abrundung sehniger Oberschenkel unter den knappen Höschen. Statt Körperhaaren Flaum im Gegenlicht, die schwarzen Frisuren nach hinten gegelt; die Zähne weiß blitzend in den braungebrannten Gesichtern; Sonnenbrillen.

Alles sieht zu, wie sie Strandtennis spielen und sich dabei bewegen, alle Frauen und alle Männer gucken verstohlen oder offen; neidisch die einen, hingerissen und sehnsüchtig die anderen, und die Jungs wissen es.

Da kommt ein Mädchen durch den Sand angestapft, etwa neun Jahre alt und offenkundig am Down-Syndrom leidend. Sein rosaroter Bauch wölbt sich über die grüne Badehose. Es tritt unbekümmert zwischen die Spielenden und bleibt vor einem der beiden stehen, den volllippigen Mund offen, die Zungenspitze sichtbar, die Stupsnase feucht, rötlicher Blick aufwärts aus kleinen, schrägen Augen.

Die beiden Götter hören auf zu spielen; der eine geht vor dem Mädchen in die Hocke und hält ihm Schläger und Ball hin: „Vuoi?“

Das Mädchen stammelt etwas und wartet nicht, bis der Adonis und sein Partner in Stellung gegangen sind, sondern pfeffert den Ball sofort in die Gegend. Die beiden rennen ihm nach und holen ihn, holen ihn wieder, holen ihn immer wieder zurück, werfen sich nach ihm mit all ihrer Kraft. Wenn sie ihn einmal direkt zurückspielen können, jauchzt das Mädchen und ruft etwas in seiner unverständlichen Sprache. Selber trifft es keinen Ball, obwohl ihm die beiden immer wieder geduldig zu erklären versuchen, wie man es machen muss; es scheint ihm gar nicht darauf anzukommen. Die Burschen strengen sich an und geraten in Schweiß, rufen „magnifico!“ und „championessa!“, wenn ihnen die Bälle unerreichbar hoch über den Kopf fliegen, und rennen unermüdlich hin und her.

So geht es wohl eine Viertelstunde lang.

Da tritt eine Frau dazu. „Scusate, per favore!“, sagt sie zu den beiden, legt den Schläger, den das Mädchen ohne weiteres hergegeben hat, auf den Boden und nimmt es an die Hand. „Vieni, Paula!“. Das Mädchen trappelt ohne großen Widerstand mit. Die beiden sehen ihm nach und rufen „no, Paula, no!“ und „ma perché, perché, vieni ancora indietro!”, aber es dreht sich nicht mehr um.

Sie spielen noch ein paar Minuten weiter, doch merkt man, dass sie keine Lust mehr haben. Sie nehmen ihr Zeug und traben ans andere Ende des Strandes, wo ihre Clique am Wasser wartet, legen es dort ab und werden nicht weiter beachtet, als sie in die Brandung hineinrennen.

Geändert von Ex-zonkeye (25.07.2013 um 11:44 Uhr)
Ex-zonkeye ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.07.2013, 13:54   #2
weiblich simbaladung
 
Dabei seit: 07/2012
Alter: 67
Beiträge: 3.073


Hallo, Zonkeye,

du hast die Geschichte jetzt noch mal neu eingestellt. Dadurch ist mein 1. Kommentar mit gelöscht.
Also, auch nach wiederholtem Lesen find ich die Geschichte äußerst gelungen.
Flüssig erzählt und Inhalt und Aussage haben´s in sich.

Diese Jungs (Adonis und Partner), Playboytpen in Reinkultur, lassen sich auf das Spiel mit der behinderten Paula ein ...
1. Reaktion: Toll!
2. Reaktion: Unglaubwürdig!
3. Reaktion: Ertappt beim Vorurteil!

So gesehen ist der Titel geschickt gewählt. Für mich sollen die Leser zum
Drachentöter werden, ihre Drachen im Kopf bekämpfen.
Auch Paula könnte man als Drachenbezwingerin sehen. (die Jungs haben, nachdem Paula weggeht, keine Lust mehr ...),
letztlich werden sogar die Jungs zu Drachentötern.


Das Ende find ich auch gelungen. Da lässt du dem Leser genug Spielraum.


lg simbaladung
simbaladung ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.07.2013, 07:41   #3
Ex-zonkeye
abgemeldet
 
Dabei seit: 05/2011
Beiträge: 504


Hallo Simbaladung,

vielen Dank für Deine neuerliche, freundliche Beschäftigung mit dem Textlein. Warum es, das zuvor im Zusammenhang mit dem Gedicht "nerd.de" stand, gelöscht wurde, weiß ich nicht. Es wird wohl so sein, dass jemand, der dem Admin wesentlich näher steht als ich, beide Texte untereinander stehend nicht ertragen konnte und in den venetianischen Spiegeln, die ich für alle aufgehängt hab, sein eigenes Gesicht nicht sehen mochte. Da haut man sie halt in Scherben!

Anyway.

"Drachentöter" sind Ritter. Sie tragen schimmernde Rüstungen und retten gutaussehende junge Frauen vor einem Lindwurm. Sie tun das in der Regel nicht gezielt und von langer Hand geplant, sondern en passant und ohne weiteres Aufheben. Manchmal bekommen sie einen Lohn dafür und dürfen mit der Prinzessin ins Bett, oft reiten sie aber nach vollbrachter Tat ganz leger weiter und kommen nur noch in den Geschichten vor, die über sie erzählt werden.

So wie über die beiden da. Es sind analoge Jungs von einem Strand in Sardinien; ganz sicher berühmen sie sich ihrer Tat nirgends selbst, sondern sind auf fahrende Sänger angewiesen. Dieser hier will mit seinem Lied zum Ausdruck bringen, dass es nicht viel braucht, um ein Held zu sein. Manchmal genügt ein Nadelstich an der richtigen Stelle, und Godzilla, der in uns allen haust, fällt augenblicklich tot um.

lg

z
Ex-zonkeye ist offline   Mit Zitat antworten
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