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Philosophisches und Nachdenkliches Philosophische Gedichte und solche, die zum Nachdenken anregen sollen.

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Alt 29.10.2012, 15:18   #1
weiblich Poetibus
 
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Standard Für Gaia

Für Gaia

Mutter Erde, Menschenkinder
bräuchten einen Routenfinder,
wissen einfach nicht, wohin.
Gehen ständig in die Irre,
richtungslos im Ich-Geschwirre,
finden weder Maß noch Sinn.

Mutter, alle deine Gaben
wollen wir höchst selten haben,
nur das Werk aus Menschenhand
kann in Tunnelblicken zählen,
da wir glauben, dich zu quälen
wäre Recht durch Erbbestand.

Brennen müssen deine Wälder,
weichen für genormte Felder,
überdüngt und ausgelaugt;
welche, wenn sie nichts mehr geben,
Menschen mit Asphalt bekleben,
weil der Raum als Bauplatz taugt.

Wir vermehren uns wie Fliegen,
dezimieren dann mit Kriegen,
werden dennoch mehr und mehr.
Medizinisches Erstreben
gilt dem Ewig-Weiterleben,
fürchten wir den Tod doch sehr.

Statt Ressourcen einzuteilen,
herrscht Vergeudung, wir beeilen
uns damit, sind wie im Wahn.
Ganzheit wird zu zig Nationen,
die in Fremdkulturen wohnen,
ausgegrenzt per Abwehrplan.

Täglich löschen wir, die Guten,
eine Art pro vier Minuten
einfach aus, wie nebenbei.
Nun, solange Nutztierherden
auf dem Tisch zu Schnitzeln werden,
fühlen wir uns satt und frei.

Wo die Reichen schwelgen, prassen,
kann man Arme hungern lassen.
Haben, haben, haben – meins!
Hindert uns das Bild von Rippen
etwa, Nahrung wegzukippen?
Nein, wir sagen: Meins, nicht deins!

Fließt aus Kunststoffflaschen Sprudel,
stört uns auch kein Plastikstrudel,
wir entsorgen Müll im Meer.
Shuttles, die auf Fenster warten,
können oft vor Schrott nicht starten,
Orbitabfall macht das schwer.

Selbst wenn wir ins Weltall fliegen,
lassen wir dort Unrat liegen,
bestes Beispiel ist der Mond.
Sollten wir einst weiter reisen,
hohen Status zu beweisen,
wird, damit die Mühe lohnt,

eine Deponie errichtet,
auf die neue Welt geschichtet,
denn wir nehmen alles mit:
Krieg, Zerstörung, Kehricht, Plagen,
werden Raumschiffbäuche tragen,
bei dem nächsten, großen Schritt.

Mutter, lass das Leben lachen,
sind wir fort, dann kannst du heilen,
und, wo immer wir auch weilen,
bleiben Menschen, was sie waren:
Kleine Kinder, die zu Scharen
immer noch in Windeln machen.


(Frei nach / angelehnt an die Stabat-Mater-Strophe)
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Alt 29.10.2012, 15:30   #2
weiblich Ilka-Maria
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Da hast Du Dir aber ordentlich Arbeit gemacht, Poetibus, und die Verse sind flüssig wie heißes Öl. Gegen manche Klage könnte man ein Widerwort erheben, denn Raubbau an der Natur und Artensterben in großem Umfang gab es schon immer, letzteres sogar, bevor der Mensch in Erscheinung trat. Aber was das Müllproblem angeht, vor allem bezüglich des Plastikmülls, hast Du den Finger auf eine der schlimmsten Wunden gelegt. Es wird heutzutage viel von "Nachhaltigkeit" gesprochen, ja geradezu wert darauf gelegt, dass jedes angepackte Projekt "Nachhaltigkeit" mit sich bringt. Früher sagte man "dauerhaft" (wohlgemerkt: kleingeschrieben ), die Steigerung nannte man "unverwüstlich". Was aber ist nachhaltiger als Plastik? Vor allem dasjenige Plastik, das weit draußen auf dem Ozean dümpelt und das man vom Festland aus nicht sieht.
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Alt 29.10.2012, 21:50   #3
weiblich Poetibus
 
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Hallo, Ilka-Maria,

ich gebe mir immer Mühe. Aber danke für das Lob.

Zitat:
Gegen manche Klage könnte man ein Widerwort erheben, denn Raubbau an der Natur und Artensterben in großem Umfang gab es schon immer, letzteres sogar, bevor der Mensch in Erscheinung trat.
"Jein", möchte ich sagen. Mittlerweile sind wir sehr gut im Ausrotten. Wusstest du, dass wir täglich ca. 550.000.000 m2 (550 Millionen Quadratmeter) Regenwald vernichten, durch Abholzung und Brandrodung? Das sind 35 Fußballfelder pro Minute. Das "Biotop" Regenwald kann nicht ersetzt werden, indem man einfach schnellwachsende "Ersatzbäume" (und das auch in nur sehr geringem Maße) nachpflanzt - leicht zu erkennen z. B. in Deutschland. Früher gab es Mischwald, heute Fichtenmonokulturen als "schnellwachsenden Ersatz".

Historisch gesehen (also den Menschen betreffend, Artensterben "vor dem Menschen" ist ausgenommen), sind ca. 500 Millionen Tier- und Pflanzenarten ausgestorben, das sind 99%. Derart effektiv waren "vor" dem Menschen nur Ausbrüche von Supervulkanen oder Meteore aus dem All. Traurig, aber wahr. Der Mensch mutiert allmählich zur "Naturkatastrophe". Doch, sei es durch Jagd, durch Habitatvernichtung oder durch Einschleppung fremder Arten, der Mensch trägt den Löwenanteil.

Außerdem sind da die Arten, die mit dem Regenwald verschwinden, noch bevor wir sie überhaupt "entdeckt" haben, logischerweise nicht mitgezählt.

Zitat:
Aber was das Müllproblem angeht, vor allem bezüglich des Plastikmülls, hast Du den Finger auf eine der schlimmsten Wunden gelegt. Es wird heutzutage viel von "Nachhaltigkeit" gesprochen, ja geradezu wert darauf gelegt, dass jedes angepackte Projekt "Nachhaltigkeit" mit sich bringt. Früher sagte man "dauerhaft" (wohlgemerkt: kleingeschrieben ), die Steigerung nannte man "unverwüstlich". Was aber ist nachhaltiger als Plastik? Vor allem dasjenige Plastik, das weit draußen auf dem Ozean dümpelt und das man vom Festland aus nicht sieht.
Das einzige "Faire" dabei ist, dass die Plastikteile allmählich zu immer kleineren Stücken werden, diese werden von Fischen gefressen und landen somit auf unseren Tellern. Ausgleichende Gerechtigkeit, was wir säen, sollen wir auch ernten - und essen müssen. Leider werden auch immer mehr tote Fische und Meeresvögel an Land gespült, die an verschlucktem Plastik starben.

Heute aktuell gelesen, Ausschnitt (Quelle: http://www.pressetext.com/news/20090806002 ):

Zitat:
"80 Prozent des Kunststoffmülls, die UNO spricht von insgesamt weltweit jährlich rund sechs Mrd. Tonnen, gelangen über Flüsse in die Ozeane", zitiert Boote gegenüber pressetext die Fakten. Die Meeresschutzorganisation Oceana schätzt, dass weltweit jede Stunde rund 675 Tonnen Müll direkt ins Meer geworfen werden, die Hälfte davon ist aus Plastik.
Ich spinne, ja, allein schon dadurch bedingt, dass ich Gedichte schreibe - und auch noch über solche Themen. Aber manchmal scheint es mir, als ob die Menschheit kollektiv auf Wahnsinn zusteuert.

Freundlichen, wenn auch ob all dieser Fakten deprimierten Gruß,

Poetibus
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Alt 30.10.2012, 06:56   #4
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Wusstest du, dass wir täglich ca. 550.000.000 m2 (550 Millionen Quadratmeter) Regenwald vernichten, durch Abholzung und Brandrodung?
Ja, weiß ich, und das ist schlimm. Aber neu ist es nicht, neu ist nur, dass wir Menschen uns heute der Konsequenzen bewusst sind. Wälder wurden auch in Europa großflächig gerodet, um Ackerland zu gewinnen, davon zeugen zahlreiche Ortsnamen. Allerdings betreiben wir Forstwirtschaft und ziehen Wälder nach, und da liegen die Verhältnisse im Regenwald leider anders.

Der Umfang des Artensterbens, bevor der Mensch auftragt, ist inzwischen einigermaßen schätzbar, eher liegt die Zahl noch höher, denn wir werden niemals von allen Arten Fossilien finden und genaue Zahlen bekommen. Gemessen an dem langen Zeitraum ist es nicht verwunderlich, daß vor dem Auftreten des Menschen mehr Arten verschwunden sind als danach, denn Konkurrenz um Lebensraum und Nahrung gab es immer. Die Lage hat sich inzwischen aber deshalb zugespitzt, weil wir zuviele Menschen auf diesem Planeten sind, die immer mehr Lebensraum beanspruchen. Nicht das Menschsein ist das Problem, sondern die Masse.
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Alt 30.10.2012, 14:30   #5
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Hallo, Ilka-Maria,

ja, in dieser Hinsicht stimme ich dir völlig zu. Das Problem ist die Masse.

Zu viele Menschen. Und, offen gesagt: Es graust mich bei den "wissenschaftlichen Prognosen", dass die Erde 14 Milliarden Menschen "tragen" kann. Vielleicht wäre "er"tragen angemessener, denn dann dürfte kaum noch etwas anderes Platz haben.

Danke, dass du dich noch einmal gemeldet hast. Auch wenn wir öfter mal verschiedener Meinung sind, respektiere ich deine Ansichten und schätze den Gedankenaustausch.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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