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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

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Alt 28.05.2014, 23:47   #1
weiblich Ilka-Maria
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Standard Brief einer Soldatenbraut

Ich lausche deinem Schritt -
wie lang?
Mein Traum filmt mit -
angstbang.

Wann kommst du aus deinem Grab heraus?
Bist du’s dann noch?
Bist du des Wahnsinns großer Graus?
Ich kannte dich doch!

Mein Brautkleid ist schon längst bestellt,
wir feiern hoch,
und wenn die ganze Welt verbrennt:
Ich lieb dich doch – noch …

Warum ist Liebe nicht genug?
Was zwingt dich rein in diesen Krieg?
Warum das Schwert und nicht der Pflug?
Weshalb statt Liebe Macht und Sieg?

P.S.:
Bekommst Du Sonderurlaub für das Begräbnis unseres Kindes, oder soll ich deinen Namen miteingravieren lassen?
Der Pfarrer hat während deines Urlaubs keine Termine mehr frei. Ich bleibe eine Hure.
Ich liebe dich, aber traurig.

28. Mai 2014
© Ilka-Maria
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Alt 29.05.2014, 09:24   #2
Thing
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Da wird mir weh ums Herz!

Wie Du dieses Schicksal - beileibe kein Einzelschicksal - so gekonnt lakonisch in Worte faßt:
Sehr beeindruckend.
Und tiefe Rückschlüsse auf so manche Institution zulassend.

Ein "echtes" Ilka-Maria-Gedicht.


Hut ab
von
Thing
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Alt 29.05.2014, 09:52   #3
weiblich shoshin
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sehr eindringlich und betroffen machend, liebe ilka!

man kann diesen wahnsinn nicht oft genug anprangern!

besonders so lange sich hier ein typ wie p. herumtreibt..

lg
shoshin
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Alt 29.05.2014, 09:53   #4
weiblich Ilka-Maria
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Danke für die Rückmeldung.

Das Thema ist inzwischen aus der Mode, was nach einer so langen Friedensperiode niemanden verwundern kann.

Für mich ist aber immer wieder erschütternd, wenn ich mich damit befasse, wieviele junge Männer damals sterben mussten - hoffnungsvolle Menschen, die Zukunftspläne hatten, sich gerade an einer Universität eingetragen oder einen Anstellungsvertrag unterschrieben hatten und vom ersten Kuss "ihres Mädels" beseelt waren. Kann das heute noch jemand ermessen, was es bedeutete, mit siebzehn in den Krieg ziehen zu müssen und mit zwanzig ein Offizier mit einer kaum zu stemmenden Verantwortung zu sein?
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Alt 29.05.2014, 09:55   #5
Thing
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Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Kann das heute noch jemand ermessen, was es bedeutete, mit siebzehn in den Krieg ziehen zu müssen und mit zwanzig ein Offizier mit einer kaum zu stemmenden Verantwortung zu sein?

Ja.
Ich.
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Alt 29.05.2014, 10:09   #6
weiblich Ilka-Maria
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Ja.
Du.

Mit gutem Grund.

Mein Schwiegervater kam als blutjunger Offizier aus dem Krieg zurück. Auf einem Bein und einem Oberschenkel mit Prothese. Amputiert direkt unter dem Knie. Granatsplitter. Wundbrand - nichts mehr zu machen, die Säge musste her.

In der Nachkriegszeit waren Arm- und Beinamputierte kein ungewohnter Anblick. Mein Schwiegervater fand eine Braut, auch wenn er für den Antrag nicht mehr knien konnte. Männer waren Mangelware, so sehr hatte der Krieg gewütet.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.05.2014, 12:07   #7
gummibaum
 
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Hallo Ilka,

das Gedicht zoomt die Zeit gut heran. Wer über die Grenzen schaut, sieht, dass diese Situation in ähnlicher Form alltäglich ist. "Wahnsinns großer Graus" würde, etwas subtiler ausgedrückt, vielleicht tiefer unter die Haut gehen.

Gern gelesen
LG gummibaum
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.05.2014, 12:26   #8
Thing
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Die Umstände, lieber gummibaum, sind 2014 anders,
denn eine schwangere Braut wird heutzutage nicht a priori vor der Hochzeit (die nicht stattfinden kann) geächtet.
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.05.2014, 13:30   #9
gummibaum
 
Dabei seit: 04/2010
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Beiträge: 10.909

„über die Grenzen schaut“ (Schwangere gesteinigt)
gummibaum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.05.2014, 13:41   #10
Thing
R.I.P.
 
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Beiträge: 34.998

Oh -

so habe ich das nicht gesehen.
Ich war wohl etwas betriebsblind (WK II).

Es war vom Pfarrer die Rede, obwohl das evtl. auf einen Imam auch zutreffen mag.
Thing ist offline   Mit Zitat antworten
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