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29.07.2016, 20:37 | #1 |
Forumsleitung
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Ab in die Hecke!
Am westlichen Rand von Offenbach führt die Kaiserlei-Brücke über den Main nach Frankfurt und stößt auf die Hanauer Landstraße. Diese Kreuzung ist kompliziert angelegt, mit vielen Fahrspuren, die unter der Autobahn 661 in einen von Ampeln gesteuerten Kreisverkehr einmünden, aus dem heraus die Weiterfahrt in alle vier Himmelsrichtungen verteilt wird. Wer sich nicht auskennt, läuft Gefahr, sich falsch einzuordnen und in die ungewünschte Richtung abzudriften. Das Verkehrsaufkommen an diesem Knotenpunkt ist für Autofahrer eine Strapaze.
Ich kam vom Riederwald im Norden Frankfurts, fuhr an der Eissporthalle vorbei und musste vor dem Einfädeln in den Kreisverkehr halten, weil meine Ampel auf Rot stand. Mir gegenüber lag die Kaiserlei-Brücke, der schnellste Weg zurück nach Offenbach. Der Querverkehr auf der Hanauer Landstraße schien nicht enden zu wollen. Warten … Endlich versiegte der Strom, die Ampeln mussten den Querverkehr gestoppt haben. Einen Augenblick lang herrschte völliger Stillstand. Ich wartete auf mein Signal zur Weiterfahrt und starrte auf die Ampel. Am unteren Rand meines Blickfeldes nahm ich eine urplötzliche Bewegung wahr und vergaß das Warten auf den Signalwechsel. Von der Grünfläche des Kreisels hatte sich ein Körper gelöst, ein hellbraunes Wesen auf vier Pfoten, die langen Ohren hellwach aufgestellt. Es war nicht größer als eine Hauskatze. Wie geölt und gepfeffert raste es über die fünf Spuren, von denen drei den wartenden Autofahrern gehörten und über die in wenigen Sekunden auch meine Reifen rollen würden. Ich hielt den Atem an! Meine Ampel stand noch immer auf Rot. Noch drei Spuren lagen zwischen dem Kaninchen und der Grünfläche gegenüber dem Kreisel, einem kleinen Dreieck mit Bäumen und Gestrüpp. Meine Ampel wechselte auf Gelb. Ich legte den ersten Gang ein. Jetzt rannte das Kaninchen, als sei der Fuchs zentimeterdicht hinter ihm. Nach jedem Abstoß vom Boden hing es waagerecht in er Luft, die Läufe nach vorn und hinten ausgestreckt und die Blume senkrecht erhoben, die weiße Außenseite ein leuchtendes Signal. Dann fanden die Läufe den Boden wieder, trafen sich in der Mitte und stießen den Körper abermals ab, … Hinter mir hörte ich ein Hupen. Die Ampel stand auf Grün, und der Fahrer auf der linken Spur war bereits losgefahren. Ich ließ das Kaninchen nicht aus den Augen. Noch eine Spurbreite! Langsam fuhr ich an und legte den zweiten Gang ein. Bremse ich auch für Tiere an einer derart gottverdammten, unfallträchtigen Kreuzung? Bis heute habe ich keine Antwort auf diese Frage in einer Situation, auf die ich damals nicht vorbereitet war. Hunde, Katzen, Igel, wandernde Kröten … auf derartige Herausforderungen war ich konditioniert. Aber wer rechnet in einer von Asphalt, Beton, Straßenbahnschienen, Autoreifen und Autobahnlärm dominierten Welt, die täglich von abertausenden Fahrzeugen heimgesucht wird, mit dem Anblick eines Kaninchens, das ein dringendes Bedürfnis verspürt, vom Osten Frankfurts in Richtung Westen auszuwandern? Ich gab Gas und fädelte in den Kreisel ein. Mir war klar, dass Hupen nichts bringen würde. Das Kaninchen war programmiert, und das war gut so. Jede Irritation könnte den sicheren Tod bedeuten. Im schlimmsten Falle liefe es zurück und käme unter die Räder. Zum Schalten in den dritten Gang ließ ich mir extrem viel Zeit. Hinter mir scherte ein Fahrer auf die linke Spur, überholte mich und zeigte mir den Vogel. Vor mir sah ich das Kaninchen, wie es ein letztes Mal mit den Läufen vom Boden abfederte und seitwärts im Gebüsch verschwand. Da wurde mir klar, dass alles, was ich im Zeitraffer gesehen hatte, viel schneller vor sich gegangen war. Ich legte den vierten Gang ein, beschleunigte das Tempo und donnerte über die Kaiserlei. 29.07.2016 |
29.07.2016, 21:41 | #2 |
abgemeldet
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Juchhu - ein Happyend!
Angenehm zu lesen und es baute sich nach und nach mehr Spannung auf. Ich mag Geschichten, die in der 1. Pers. singular verfasst sind; weil sich da für mich eine größere Nähe einstellen kann. LG, Lucy |
29.07.2016, 21:46 | #3 | |
Forumsleitung
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Zitat:
http://images.google.de/imgres?imgur...h=561&biw=1261 Stimmt, die ICH-Form hat viele Vorzüge, sowohl für den Schreiber als auch für den Leser. Sie stellt Nähe her, hat Dynamik und kann Glaubhaftigkeit vermitteln. Deshalb wird Anfängern empfohlen, diese Form für ihr Debut zu wählen. |
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