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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 19.01.2011, 03:51   #1
männlich nimmilonely
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Mainz
Alter: 35
Beiträge: 853

Standard Seele baumeln lassen

Seele baumeln lassen

Unter meinen Füßen Luft
und auf den Schultern
Ziegelsteine der
ewigen Baustellen
meiner Gefühle

Hier baumele ich nun
und mit jedem Atemzug der geht
und nie mehr kommt
gehen auch Gedanken
an eine Zukunft
die nie das Licht der Welt
erblicken wird

Ich bin Mensch
Ich lasse die Seele baumeln

Und wenn das Schicksal
mich ausgependelt hat
werde ich dem Lauf der Dinge folgen
und zurück zu ihr kommen
zu der die mich gebar
vor Millionen von Jahren

Ich bin frei
Ich darf gehn
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Alt 19.01.2011, 10:11   #2
Thing
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Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Halli Hallo!

Mein Geschmack ist es nicht.
Den Ausdruck kenne ich seit langer Zeit, konnte jedoch nie etwas damit anfangen.
Baumeln bringe ich immer mit Gehenkten in Verbindung.
Einzig baumelnde Füße (ins Wasser, von der Schaukel, von dem Mäuerchen) lasse ich für mich selbst gelten.


Thing
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Alt 19.01.2011, 10:24   #3
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Die Assoziation zum Gehenkten scheint mir nicht unbeabsichtigt, aber so ganz erschließt sich mir das Bild nicht. Die Wendung "Seele baumeln lassen" geht eher in Richtung Entspannung, Erholung, Muße, angenehmes Nichtstun, nur paßt das hier gar nicht zum Kontext. Hier hängt jemand sehr existentiell in der Luft, todessehnsüchtig über dem Abgrund pendelnd, an Seilen, marionettenhaft, dazu mit Gewichten beschwert.
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Alt 19.01.2011, 10:33   #4
Thing
R.I.P.
 
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Dabei seit: 05/2010
Beiträge: 34.998

Ja, das Gedicht ist s e h r düster;
sofort fallen einem die Ziegelsteine auf den Schultern auf (huch: auf/auf - nicht so dolle!).

"Die Seele baumeln lassen" -
wie kann etwas Unkörperliches baumeln?
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Alt 19.01.2011, 11:38   #5
männlich nimmilonely
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Mainz
Alter: 35
Beiträge: 853

Ich gebe mal einen dezenten Hinweis der vielleicht etwas Licht ins Dunkle bringt.


Sarkastischer schwarzer Humor.


Ich beschreibe hier mein eigenes Aufhängen, und das Baumeln ist ganz bewusst zweideutig gewählt.
Ich fand die Idee sehr reizvoll, einen Ausdruck, wie "Die Seele baumeln lassen" in einem solchen Kontext zu verwenden.
Es kam der Einwand, wie etwas nicht materieles baumeln kann.
Nun, wenn man die Seele als das sieht, was den Menschen ausmacht oder besser gesagt, als das was den Menschen leben lässt. dann könnte man auch sagen, dass wenn der Mensch stirbt, die Seele mit ihm geht, und in dem Fall dieses Gedichtes, dann baumelt.

Das "auspendeln" ist auch zweideutig. Wenn man den Erhäng-Ansatz kennt, dann ist die Bedeutung klar, aber man könnte auch auspendeln im Sinne von zu Ruhe kommen, sein inneres Gleichgewicht finden, verstehen.

Ich hätte abschließend noch eine Frage:
Wie stark kommt der Suizidcharakter bei diesem Gedicht durch?
Kommt man beim ersten Lesen sofort aus negative oder positive Gedanken?

Danke fürs Lesen.
Gruß,
nimmilonely
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Alt 19.01.2011, 13:17   #6
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
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Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.111

Zitat:
Zitat von nimmilonely Beitrag anzeigen
Seele baumeln lassen

Unter meinen Füßen Luft
und auf den Schultern
Ziegelsteine der
ewigen Baustellen
meiner Gefühle

Hier baumele ich nun
und mit jedem Atemzug der geht
und nie mehr kommt
gehen auch Gedanken
an eine Zukunft
die nie das Licht der Welt
erblicken wird

Ich bin Mensch
Ich lasse die Seele baumeln

Und wenn das Schicksal
mich ausgependelt hat
werde ich dem Lauf der Dinge folgen
und zurück zu ihr kommen
zu der die mich gebar
vor Millionen von Jahren

Ich bin frei
Ich darf gehn
Der Suizid-Gedanke kommt im ersten Vers leicht, aber nicht zwingend hervor. Die Strophe insgesamt finde ich in Ordnung.

Die zweite Strophe dagegen halte ich für überflüssig, sie wirkt etwas schwafelig. Das Gebaumel kommt mir zu oft in dem Gedicht vor. Überhaupt hätte ich es nur angedeutet. Oder aber die Seele aus dem Spiel gelassen und nur geschrieben " ... baumeln lassen".

Die Frage ist, ob diese ausgelutschte Metapher "Seele baumeln lassen" überhaupt zur Aussageabsicht des Gedichtes paßt; ich meine, nein.

Die vorletzte Strophe ist schwammig. Zu wem "zurückkommen"?

Vom Ansatz her ist das Gedicht verständlich und lockt die Aufmerksamkeit; aber sie geht sehr schnell wieder verloren wegen der unzulänglichen Durchführung. Vielleicht lohnt sich eine Überarbeitung.

LG
Ilka-M.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 19.01.2011, 16:13   #7
männlich Ex-Schamanski
abgemeldet
 
Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Zitat:
Und wenn das Schicksal
mich ausgependelt hat
Hier wird der Suizidansatz gerade nicht deutlich. Suizid ist eben kein Schicksal, sondern eine subjektive, wenn auch nicht in jedem Fall in völlig autonomer Klarheit getroffene Entscheidung.

Wenn das Schicksal mit einem fertig ist, stirbt man ganz von allein.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.01.2011, 17:49   #8
männlich nimmilonely
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Mainz
Alter: 35
Beiträge: 853

Ich sehe Schicksal als das Subjektive im Objektiven, das heißt, dass Schicksal etwas Festgelegtes ist, woran der Mensch nichts ändern kann.

In der letzten Strophe umschreibe ich einfach den physikalischen Effekt des Pendels, wobei das Schicksal als Gesetzmässigkeit gilt.
nimmilonely ist offline   Mit Zitat antworten
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