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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken.

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Alt 15.01.2011, 02:13   #1
männlich Geist zu Staub
 
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Dabei seit: 01/2011
Ort: Gera
Alter: 33
Beiträge: 39

Standard Selbstlos

Selbstlos

Beug dich tief dem Opferbaum,
Küss die krummen Wurzelfüße.
Kein frevelnd Blick zum Blätterhaupt,
Das den Himmel seines Lichts beraubt.

Greif die stumpfe Felsenklinge,
Spalte dir die Haut entzwei.
Purpur-Milch benetzt den harten Grund,
Ein Sturzbach quillt aus deinem Schlund.

Dein Fleisch für ein hohes Wohl.
Dein Saft für ein reines Gut.
Dein Gebein für eine edle Kraft.
Nichts für dich.
Geist zu Staub ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.01.2011, 03:07   #2
männlich Ex-Abendstern
abgemeldet
 
Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 581

Hallo, Geist zu Staub!

Die Frage ist - wer spricht da zu wem? Und warum konkret dieses Opfer? Bleibt die Verhältnismäßigkeit gewahrt, oder ist sie nur eine Behauptete?

Denkst du hier eher an die Maya - oder an Chrsitus? Das bleibt im Text unklar, und ich denke mit Absicht. Positiv ausgedrückt: wohl um Interpretationsspiel- räume zu schaffen. Negativ: um verallgemeinernd zu relativieren, um dem Gedanken an sich eine möglichst flache Bedeutung zukommen zu lassen...

LG
Abendstern
Ex-Abendstern ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.01.2011, 04:04   #3
männlich nimmilonely
 
Dabei seit: 12/2010
Ort: Mainz
Alter: 35
Beiträge: 853

Wunderschön, auch wenn in der Form gefangen.

Diesem Gedicht würde mehr Abwechslung im Satzbau gut tun.

Ich habe dazu auch ein kleines Zitat:

Leben für sich, ist nichts.
Leben für andere, ist Glück, solang die anderen nicht nur für sich leben.
nimmilonely ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.01.2011, 11:55   #4
männlich Geist zu Staub
 
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Ort: Gera
Alter: 33
Beiträge: 39

@Abendstern
Danke erstmal für das Feedback =)
Also es steckte nicht unbedingt eine religiöse Aussage hinter all den Metaphern in diesem Gedicht, vielmehr lässt sich das ganze auch bei Bedarf auf Wirt- und Gesellschaft übertragen wenn man möchte. Von daher hast du Recht: Ich wollte Interpretationsfreiraum schaffen.
Ein wenig zu meinen Intensionen:
Das Blätterhaupt zum Beispiel, das ja in der Natur zumeist die Früchte trägt, ist für den Blick des Opfernden verboten, obwohl seine Gabe dazu beiträgt, dass diese überhaupt heranwachsen.
Gleichzeitig wirft es einen weiten Schatten, der ihn im Zwielicht stehen lässt und somit nur schemenhaft die wahre Gestalt seines "Meisters", also der Baum, erkennen lässt. Zudem ist Licht ja eine essentielle Notwendigkeit für das Dasein allen Lebens.

Der Opfernde weiß also weder, wofür er sich opfert, an wen konkret er das Opfer abgibt und am Ende wird er regelrecht zu einem Objekt degradiert, dessen Ressourcen man ungestraft ausbeuten kann.

@nimmilonely
Vielen Dank =)
Dieses Gedicht ist mir spontan, mitten in der Nacht zugeflogen. Habe seit gut 2 Jahren keines mehr verfasst =D Hab die Gedanken einfach mal sprudeln lassen, das tut manchmal echt gut =)
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Alt 15.01.2011, 18:37   #5
männlich Ex-Abendstern
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Dabei seit: 08/2006
Beiträge: 581

Du sprichst in Rätseln, mein Lieber. Wer ist der Opfernde? Wer das Opfer? Was ist ein Opferbaum? Wer spricht hier mit wem? Das Blätterhaupt des Baumes beraubt den Himmel seines Lichts? Hä?

Sei mir nicht böse, aber der geistige Gehalt deines Textes erschließt sich mir nicht.

LG
Abendstern
Ex-Abendstern ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.01.2011, 19:54   #6
männlich Geist zu Staub
 
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Alter: 33
Beiträge: 39

Gut gut also:

Der Opfernde muss keine bestimmte Person sein. Gewiss ist jedoch, dass sie unter der Hoffnung, selbst ein wenig Ruhm, Reichtum oder sonstige hochwertige Dinge zu erhalten, sich nahezu selbst aufgibt, wenn nicht sogar vollkommen. Etwas moderner ausgedrückt kann man das vielleicht mit Karriere-Geilheit gleichsetzen.
Das Opfer kann vieles sein. Seine Würde, sein Wissen, seine Arbeitskraft oder auch einfach nur sein Geld.

Der Opferbaum, bzw. einfach ein Baum, symbolisiert hier den Begünstigten, vielleicht ein wichtige, berufliche Instanz in der modernen Welt oder dergleichen, vielleicht auch eine religiöse Authoritätsperson. Er ist gewaltig, unantastbar, fast heilig. Über die Wurzeln nimmt er die Gabe des Opfernden auf, um sich zu stärken und Früchte zu tragen, also quasi das Resultat der Investition, von dem der Opfernde jedoch nie etwas bekommt, da sie zu hoch hängen.

Der Baum beraubt den Himmel seines Lichts, weil sein Blätterdach so voluminös, dicht und dunkel ist. Seine wahre Gestalt bleibt somit immer im Verborgenen, der Opfernde berücksichtigt dies jedoch in seinem Wahn nicht, und bleibt naiv, wartet auf seinen Anteil seiner Bemühungen.

Eventuell fällt mal zufällig eine der Früchte von oben herab, aber eigenwillig überlasst der Baum seinem Untergebenen nichts. Er ist gnadenlos und egozentrisch.

Wie gesagt, man kann da seeeehr viel ruminterpretieren, und vielleicht das ganze sogar einfach als eine Art Fantasy-Szenario betrachten. Mein Hauptaugenmerk lag auch eher auf der Stimmung, die rübergebracht werden sollte. Düster, bedrohlich, einschüchternd, makaber.
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Alt 17.01.2011, 10:40   #7
männlich Ex-Schamanski
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Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Komprimiert: Ein repräsentatives Ich schlachtet sich selbst auf dem Altar einer nicht näher definierten Vergötzung ab, für nichts und wieder nichts.

Der Baum paßt nicht. Baum ist ein Lebenssymbol, ein Positives. Dein Baum aber ist böse. Er weist nicht zum Himmel, er verstellt ihn. Er ist ein Götze, ein blutsaugender Moloch, der fordert bis zur Vernichtung, aber nichts dafür gibt.

Ich halte den Baum für keine gute Metapher für das, was Du sagen willst. Alles subjektiv, ich weiß. Aber statt Baum lieber eine Art kanaanitischer Baal oder eine blutrünstige aztekische Gottheit, und wir hätten ein Gedicht mit Steinklinge.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.01.2011, 16:36   #8
männlich Geist zu Staub
 
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Dabei seit: 01/2011
Ort: Gera
Alter: 33
Beiträge: 39

Gerade deshalb, weil ein Baum normalerweise ein Zeichen des Lebens ist, habe ich ihn als Symbol gewählt. Das macht die Stimmung noch makaberer. Zumal ich nicht ausnahmslos zustimmen würde. Wenn ich mir solche Arten wie etwa die Trauerweide betrachte, oder diese grotesk verkrüppelten Mangrovenbäume, dann kann man sagen, dass Bäume durchaus auch eine andere Stimmung rüberbringen können als Vitalität.

Die Steinklinge wurde deshalb gewählt, weil das Szenario ja in der Natur spielt, da wäre ein einfaches Messer irgendwie fehl am Platz, und so wird noch eine Prise Mystik mit beigemischt.

Und so ein gigantischer, schattenverhangener, blutrünstiger Baum hat doch etwas faszinierendes, finde ich =D Aber ich sehe deinen Punkt durchaus und kann die Kritik vollkommen nachvollziehen.
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Alt 17.01.2011, 17:26   #9
männlich Ex-Schamanski
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Dabei seit: 12/2010
Beiträge: 2.884

Ich sehe Deinen Punkt auch. Nur meine ich, der Baum stiftet hier mehr Verwirrung als Nutzen, das kann aber an mir liegen. Steinmesser ist sehr gut. Die aztekischen Priester benutzten Obsidianklingen für die Menschenopfer.
Ex-Schamanski ist offline   Mit Zitat antworten
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