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Düstere Welten und Abgründiges Gedichte über düstere Welten, dunkle und abgründige Gedanken. |
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26.03.2013, 17:13 | #1 |
R.I.P.
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Front
Höhe 108 bei Poldrawa
Geschickt als dringender Melder, während die Angst in die Ohren kroch, sprang und robbte er durch die Felder. Noch vier Schritte und einen noch! In den Unterstand zu den MG-Schützen, die selbst aus ihren Poren Ängste schwitzen, vier Minuten Pause, Papier überbracht, halbe Zigarette, hinaus, hinaus in den nächsten tödlichen Graus, in die orgelflackernde Nacht. Über den Hügel in Schrecken hinein. die Meldung, die Meldung muß sein. Knie, Schulter, Hände verschrammt, doch zum Weitereilen verdammt. Der Feind so nah an dieser Front. Doch überlaufen? Er hats gekonnt. Wurde geschlagen, spuckte Blut und fühlte noch nicht einmal Wut. Schnell die Meldertasche gekrallt, den Zahn ausgespuckt und ohne Halt die alte Linie wieder gesucht. Den Krieg und die wüste Höhe verflucht. Den Krieg hat wohl nicht überstanden. Aber es hing wie Pech an ihm, daß er einmal die Front gewechselt. Zu stramm waren die Führer gedrechselt. Im Zwieland kaut er den Stummelpriem. Das Leben kam ihm schon auf der Höhe abhanden. Gewidmet Gert Ledig 26. März 2013 |
27.03.2013, 09:09 | #2 |
Gast
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Re: Front
Lieber Thing,
wer einmal im Beinhaus von Donaumont war und gesehen hat, wie bereits im 1. Weltkrieg junge Männer sinnlos in den Materialschlachten und mit modernster Technik verheizt (=geopfert) worden sind, der wird auch nach dem 2. Weltkrieg das 19. Jahrhundert nur noch als "Jahrhundert der Weltkriege" bezeichnen können, nicht als Jahrhundert der Erfindungen. Herzliche Grüße R. R. Karg |
27.03.2013, 19:05 | #3 |
R.I.P.
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Ja, DrKarg -
das war das düsterste Kapitel im zweiten Dezennium des vergangenen Jahrhunderts. Mit Verdun verbinde ich lediglich Schrecken. Ich bin dortgewesen. Wer über Krieg heutzutage in flapsiger oder gar verherrlichender "Helden"-Art schreiben kann, ist in meinen Augen - na ja, ich schreibs lieber nicht hin. Deine Wort sind so wahr! Herzlichen Gruß von Thing Geändert von Thing (27.03.2013 um 22:27 Uhr) |
27.03.2013, 20:50 | #4 |
Forumsleitung
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Mein lieber Schwan! Das liest sich atemlos, wie hingeschrieben, ohne die Feder abgesetzt zu haben. Der Wechsel des Reimschemas treibt das Tempo zusätzlich an. Das Metrum ist dem Inhalt geopfert, aber das ist für mich kein Problem, wenn sich beim Lesen Hautkrümel bilden und die Härchen darin senkrecht stehen.
Fort Douaumont habe ich vor vielen Jahren besichtigt und dabei festgestellt, dass das gerade Gesehene weniger Emotionen auslöst als das Verarbeiten in den Monaten und Jahren danach. Es ist wie nach dem Sterben eines nahestehenden Menschen: Erst ist man betäubt und findet sich ab - aber danach kommen die Trauer und die Fragen. Das Grundgefühl bei meinem Besuch im Beinhaus war jedoch das große Glück, nach den beiden letzten Weltkriegen (es soll ja drei oder vier Weltkriege gegeben haben) geboren worden zu sein und bislang in Frieden gelebt zu haben. Ich wünschte, dessen wären sich mehr Menschen meiner Generation - und denen nach meiner Generation - bewusst. LG Ilka |
27.03.2013, 22:43 | #5 |
R.I.P.
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Hallo, Ilka-Maria -
ich habe die Feder nicht abgesetzt, habe nicht gefeilt, habe nicht geglättet. Aber aus Rücksicht auf vielleicht empfindsame Leser habe ich viel Entsetzliches und Grauenhaftes nicht im Text erwähnt. Die Trilogie "Unsere Väter, unsere Mütter" mag ja eindrucksvoll gewesen sein (auf sie bezieht sich mein Gedicht nicht), aber sie ist trotzdem insgesamt verklärend. Auch das SPIEGEL-Interview, in dem es um einen der wenigen letzten Überlebenden des Rußlandfeldzugs geht, spart sehr aus, ist nur in wenigen Ansätzen "blutig" und hinterfragt umsonst die Motive guter Deutscher*, mitzumachen beim mörderischen und heimtückischen Überfall auf Rußland ***. Leider hat sich noch allzuviel von der Denkungsart erhalten: Vergangen. Vorbei. Nicht dran rühren. Welches Glück wurde mir beschieden, daß ich zum Kriegsende geboren wurde, daß seitdem Frieden in Deutschland herrscht, daß i c h weder Bomben noch Zerstörung kennelernen mußte! Ich danke jeden Tag dafür. *Viele humanistisch gebildet, aufgeklärt im Sinne der Aufklärung, als Individuum nicht feige, aber zur Verweigerung nicht bereit. *** Der sich tiefer eingebrannt hat als alle anderen Überfälle (Polen, Belgien, Frankreich, Tschechoslowakei, Tobruk, Holland etc.). Warum? Weil dieser Wahnwitz im Untergang endete. Weil der gesunde Menschenverstand füsiliert wurde. |
28.03.2013, 07:34 | #6 |
Forumsleitung
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Nach 40 Minuten abgeschaltet und auf die Fortsetzungen verzichtet. Der Film wurde der Werbung für ihn nicht gerecht.
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30.03.2013, 10:23 | #7 |
R.I.P.
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Hallo, Ilka-Maria -
da der Film in meinen Augen nur aus Stereotypen bestand, hätte er mich auch nie gereizt, daraus ein Gedicht zu formen.
Im Gegensatz zur Vorlage von Gert Ledig. Schönes Wochenende wünscht Thing |
30.03.2013, 15:03 | #8 |
Hallo Thing,
ich kenne das Werk Ledigs nicht, bin aber nach ersten Recherchen der Meinung, dass eine Würdigung des lange Vergessenen (spät Wiederentdeckten) richtig ist, da er, wie das Gedicht gut nachstellt, den Krieg so vernichtend zeigt, wie er ist. Und die Ehrenhändel, die darin hochgehalten werden. LG gummibaum |
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05.04.2013, 16:55 | #9 | |
R.I.P.
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Zitat:
Hallo, gummibaum - gegen den Text von Gert Ledig ist mein Gedicht h a r m l o s! G.L. starb in relativer Armut. Das Thema Krieg wurde rasch verharmlost, à la 08/15 von R.R.Kirst (Karikatur!). |
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