schriftl. Festhalten eines Alptraumes bei Poetry.de

FatLouie · 10.09.2006, 16:58

Unbeholfene, aber doch entschlossene Schritte umkreisen dich; deine Augen springen panisch von dem Feuerzeug in der vertrauten Hand zu dem faltigen Gesicht, das trotz den wohl bekannten Gesichtszügen fremd wirkt. Aus den Augenwinkeln siehst du all die geliebten Gesichter, ungeduldig schauen sie dem Schauspiel zu. Kein Mitleid. Keine Hilfe. Vater! Mutter!
Du flehst dein Gegenüber verzweifelt an. Hör doch auf! Was habe ich dir getan?
Keine Antwort.
Hast du mich denn nicht lieb, Oma?
Ein verständnisloser Blick. Natürlich habe ich dich lieb.
Die Flamme kommt näher, du schiebst den Arm weg, Panik schnürt dir die Kehle zu.
Hast du mich denn nicht lieb!?
Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit, und du schlägst ihr das Feuerzeug aus der Hand.
Die alten Beine meistern die Treppe nicht so mühelos wie du, und so erreichst du – beflügelt von Angst – den Dachboden. Das Fenster steht offen. Du zögerst. Dieser Weg ist dir so bekannt, doch noch nie hast du ihn in einer wirklichen Notsituation benutzen müssen.
Mit einigen flinken Griffen stehst du auf dem Dach, springst eher auf den Erdboden als dich an der Regenrinne festzuhalten und rennst lautlos über den Hof. Aus dem Inneren des Hauses hörst du Schritte. Schneller!
Doch dann stoppst du. Im Gartentor steht ein Mädchen. Es grinst dich an. Wer ist sie?
Ein Schrei, du wirbelst herum. Auf dem Balkon steht deine Tante. Nein, geh nicht! Ich bin doch deine Freundin!
Du rennst. Hörst die Rufe der Männer hinter dir, du willst beschleunigen, doch etwas zieht an dir und lässt dich nicht vorwärts kommen. Die Panik, die blanke Angst um dein Leben kriecht an dir hoch und lässt nur noch die primitivsten Gedankengänge zu. Der einzige klare Gedanke, den du fassen kannst: Weg von hier!
Du siehst das Ufer. Sicherheit?

Im nächsten Moment liegst du in deinem Bett. Es war alles nur ein Traum, denkst du. Doch die Unruhe lässt dich nicht los. Im Dämmerlicht siehst du den ausgeschalteten PC auf deinem Schreibtisch. Während du noch auf den Rechner starrst, fängt er plötzlich an zu blinken – knatternd fährt das Programm hoch. Er hat dich verraten.
Sofort fliegt deine Zimmertüre auf – du schreist, doch die Flammen sind schneller.

la tristesse · 10.09.2006, 23:52

hallo FatLouie,

wow, ich bin total durcheinander.
Mir hat dein Text die Kehle zugeschnürt 8o
Gefällt mir ausgesprochen gut.

Liebe Grüße,
triste.

10.09.2006, 16:58	#1
FatLouie Dabei seit: 08/2006 Beiträge: 61 Meine Geschichten	schriftl. Festhalten eines Alptraumes Unbeholfene, aber doch entschlossene Schritte umkreisen dich; deine Augen springen panisch von dem Feuerzeug in der vertrauten Hand zu dem faltigen Gesicht, das trotz den wohl bekannten Gesichtszügen fremd wirkt. Aus den Augenwinkeln siehst du all die geliebten Gesichter, ungeduldig schauen sie dem Schauspiel zu. Kein Mitleid. Keine Hilfe. Vater! Mutter! Du flehst dein Gegenüber verzweifelt an. Hör doch auf! Was habe ich dir getan? Keine Antwort. Hast du mich denn nicht lieb, Oma? Ein verständnisloser Blick. Natürlich habe ich dich lieb. Die Flamme kommt näher, du schiebst den Arm weg, Panik schnürt dir die Kehle zu. Hast du mich denn nicht lieb!? Ein kurzer Moment der Unaufmerksamkeit, und du schlägst ihr das Feuerzeug aus der Hand. Die alten Beine meistern die Treppe nicht so mühelos wie du, und so erreichst du – beflügelt von Angst – den Dachboden. Das Fenster steht offen. Du zögerst. Dieser Weg ist dir so bekannt, doch noch nie hast du ihn in einer wirklichen Notsituation benutzen müssen. Mit einigen flinken Griffen stehst du auf dem Dach, springst eher auf den Erdboden als dich an der Regenrinne festzuhalten und rennst lautlos über den Hof. Aus dem Inneren des Hauses hörst du Schritte. Schneller! Doch dann stoppst du. Im Gartentor steht ein Mädchen. Es grinst dich an. Wer ist sie? Ein Schrei, du wirbelst herum. Auf dem Balkon steht deine Tante. Nein, geh nicht! Ich bin doch deine Freundin! Du rennst. Hörst die Rufe der Männer hinter dir, du willst beschleunigen, doch etwas zieht an dir und lässt dich nicht vorwärts kommen. Die Panik, die blanke Angst um dein Leben kriecht an dir hoch und lässt nur noch die primitivsten Gedankengänge zu. Der einzige klare Gedanke, den du fassen kannst: Weg von hier! Du siehst das Ufer. Sicherheit? Im nächsten Moment liegst du in deinem Bett. Es war alles nur ein Traum, denkst du. Doch die Unruhe lässt dich nicht los. Im Dämmerlicht siehst du den ausgeschalteten PC auf deinem Schreibtisch. Während du noch auf den Rechner starrst, fängt er plötzlich an zu blinken – knatternd fährt das Programm hoch. Er hat dich verraten. Sofort fliegt deine Zimmertüre auf – du schreist, doch die Flammen sind schneller.

10.09.2006, 23:52	#2
la tristesse Dabei seit: 08/2006 Beiträge: 93 Meine Geschichten	hallo FatLouie, wow, ich bin total durcheinander. Mir hat dein Text die Kehle zugeschnürt 8o Gefällt mir ausgesprochen gut. Liebe Grüße, triste.