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Alt 03.08.2018, 18:29   #1
weiblich DieSilbermöwe
 
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Standard Abgelaufen (Schluss) (eine verrückte Geschichte)

Jackie sah sich bei Miriams unfreundlichen Worten unbehaglich um. Aber die meisten beachteten sie gar nicht, nur der ältere Mann, der sie angesprochen hatte, schien auf eine Antwort zu lauern. Jackie betrachtete ihn genauer. Er war wohl noch älter, als sie zuerst geschätzt hatte.
"Wo schlaft ihr hier eigentlich?" fragte sie unvermittelt.
"Hier? Gar nicht. Die Roboter sammeln uns abends ein und bringen uns in die Schlafsäle, einer für die Männer, einer für die Frauen."
"Das heißt, ihr werdet immer in ein Auto gebracht?" Jackie sah einen Hoffnungsschimmer.
Miriam lachte. "Mach dir mal keine Hoffnungen. Ausbruch ist nicht, so gut, wie wir da bewacht werden."
"Mit einem Ausbruch ist es auch nicht getan", mischte der ältere Mann sich jetzt wieder ein. "Wir wollen schließlich alle wieder nach Hause, in unsere Welt vor 20 Jahren und ganz ohne Roboter, die uns diktieren, was wir zu machen haben."
"Wie sind Sie denn hierhin gekommen?" fragte Jackie, die eine weitere Geschichte über "verschlafen, Fahrkarte seit 20 Jahren abgelaufen" erwartete. Doch der ältere Mann schwieg auf die Frage.
"Er wollte Jens zu Hilfe kommen", erklärte Miriam.
"Jens? Wieso?"
"Er ist sein Vater."
Die Neuigkeit überraschte Jackie.
"Sie wollten in diese Zeit kommen?"
"Ich wollte meinen Sohn davor bewahren, eine Riesendummheit zu machen. Es ist mir leider nicht gelungen. Diese Blumling hat ihn verhext und sie hat quasi die Befehlskraft über die Roboter hier."
Er wandte sich an Jackie. "Mein Name ist übrigens Michael." Und ganz förmlich schüttelte er Jackie, die automatisch ihren Namen murmelte, die Hand.
"Ich finde, du könntest dir mal endlich etwas einfallen lassen", sagte Miriam zu Jackie.
"Denk mal nach!!!!"
"Mir ist schon etwas eingefallen", Jackie zögerte etwas, "wir können einen Aufstand planen...."
Weiter kam sie nicht, denn Miriam und Michael lachten laut heraus. "Einen Aufstand gegen Roboter? Womöglich mit Waffen? Die sind doch nicht verletzlich! Glaubst du, ein Roboter würde stehenbleiben, selbst wenn du eine Waffe hättest und" Hände hoch" sagen würdest?"
"Ich meinte ja einen friedlichen Aufstand", sagte Jackie kläglich.
"Ach, vergiss es!"
Miriam wandte sich ärgerlich ab.

Gegen 18.00 Uhr rollte ein Roboter einen Teewagen mit dem Abendessen herein, das aus belegten Broten und Tee bestand. Jackie hatte keinen Hunger. Sie hielt sich abseits von den anderen, soweit das möglich war und dachte nach. Und auf einmal kam ihr eine Idee.
"Ich brauche Papier", sagte sie zu Michael.
"Einen Schreibblock oder sowas."
"Na dann viel Glück bei der Suche. Sehen Sie hier denn sowas?"
Jackie musste zugeben, dass dem nicht so war.

Das Abendessen wurde abgeräumt.
Eine halbe Stunde später erschien ein anderer Roboter, um alle in die Schlafsaele zu bringen. Zu Jackies Entzücken hielt er einen Stift in der Hand und hakte auf einer Liste die Leute ab, die nacheinander in den Bus vor der Tür stiegen. Jetzt müsste sie nur noch an den Stift kommen...
Sie konnte es einrichten, dass sie als letzte einsteigen musste und rempelte dabei den Roboter "versehentlich" an. Sie hatte Glück: ihm fiel der Stift auf den Boden, was ihn aber gar nicht zu stören schien. Aus der Brusttasche seines blauen Hemdes nahm er einfach den nächsten und als Jackie sich schnell nach dem heruntergefallenen Stift bückte, blickte er gar nicht von seiner Liste auf. Schnell ließ Jackie den Stift in ihrer linken Socke verschwinden und richtete sich dann auf, um weiterzugehen. Niemand hatte anscheinend etwas mitbekommen. Die anderen Insassen saßen schon mit gelangweilter Miene im Bus und zum ersten Mal fragte sich Jackie, wieso ihnen denn eigentlich alles so egal zu sein schien.

Die Fahrt dauerte nur ein paar Minuten, dann hielt der Bus vor einem Gebäude, an dem in großen Lettern "Haftanstalt-Schlafsaal" stand. Hier wurden die Frauen herausgelassen und ein paar Minuten später fand sich Jackie mit Miriam zusammen in einer kleinen Zelle mit 2 Betten wieder. Jackie sah sich um.
Tatsächlich, ein Badezimmer gab es auch und auch - hoffentlich - ja, tatsächlich, Toilettenpapier!
"Hurra", jubelte sie, "hier ist Klopapier!"
"Du musst es aber dringend nötig haben", knurrte Miriam, ließ sich auf ihr Bett fallen und zog sich das Kissen über den Kopf.
"Quatsch, ich brauche es für etwas ganz anderes." Jackie schnappte sich eine Rolle Klopapier, fischte den Stift, den sie dem Roboter geklaut hatte, aus der Tasche und begann zu schreiben. Miriam schaute unter ihrem Kissen hervor.
"Bist du jetzt komplett übergeschnappt? Du willst ja wohl nicht das ganze Klopapier bekritzeln! "
"Wenn es sein muss...."
"Die Roboter haben so ein Zeug wie Klopapier rationiert. Wenn du das alles für Blödsinn verbrauchst, kriegen wir kein neues, wir kriegen es nur, wenn wir laut Plan welches haben müssten. Nur damit du es weißt."
"Wenn ich hier fertig bin, gibt es keine Roboter mehr. Und wir sind wieder 20 Jahre jünger."
"Ach nee." Miriam stützte sich auf ihrem Bett auf. "Und wie will Frau Genie das anstellen?"
"Ich habe nachgedacht. Wir sind durch meinen Aufsatz hier reingeraten. Ich brauche also nur noch einen Aufsatz zu schreiben und zwar über unsere wirkliche Welt, dann müssten wir zurückkehren können. Und da ich nichts anderes habe, schreibe ich eben auf Klopapier."
Miriam lachte." Einfälle hast du ja. Na, dann mal sehen, ob es funktioniert." Sie drehte sich zur Seite und sagte nichts mehr, was Jackie nur recht war. Sie musste sich konzentrieren. Noch nie war es so wichtig gewesen, einen Aufsatz zu schreiben! Und dieser musste außerdem noch verteufelt gut werden. Er sollte alles enthalten, was ihr am Leben vor 20 Jahren gefallen hatte.

"Vor 20 Jahren lebte ich in einer wunderbaren Welt", hatte sie begonnen. "Das Wichtigste waren die Menschen und sie sollten es auch für immer bleiben."
Das Papier der Rolle füllte sich schnell, auch wenn Jackie so klein wie nur möglich schrieb und sie musste noch eine zweite Rolle anfangen. Es musste wohl gegen 3.00 Uhr morgens sein, als sie mit dem Aufsatz endlich fertig war. Aufatmend legte sie die beiden Rollen unters Bett und schlief danach völlig erschöpft ein.

Als sie erwachte, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Von ferne hörte sie eine Stimme: ".... lass sie doch schlafen. Es ist auf der Fete gestern wohl ganz schön spät geworden." Es war die Stimme ihrer Mutter.
"Um 12 Uhr kann man trotzdem mal aufstehen", hörte sie die Stimme ihres Vaters.
"Ist doch Wochenende, jetzt sei mal nicht so..." Dann verloren sich die Stimmen in der Ferne.
Jackie blickte an sich herunter. Tatsächlich, sie lag in ihrem Bett und auf einmal fiel ihr mit Wucht der gestrige Tag ein. Langsam stand sie auf und zauderte etwas. Dann wagte sie es doch und sah in den Spiegel. Gleich darauf hätte sie singen und tanzen können, vor Freude wollte sie am liebsten in die Luft springen.
Da im Spiegel - da war wieder der Teenager Jackie!!!!
"Es lohnt sich doch, ein Happyend zu schreiben", dachte sie.
Und dann machte sie vor Freude einen Luftsprung.

ENDE
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