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Alt 08.12.2006, 12:13   #1
Traumwächterin
 
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Standard Das Gesichtlose

Das Gesichtlose


Es saß einfach nur da. Auf der Parkbank. Seltsam war es, schien es doch kein Gesicht zu haben. Aber das war in Ordnung. Es hatte schließlich auch kein Alter, kein Leben.
Menschen zogen an ihm vorbei. Sie waren wie Geister in der Zeit. Die meisten hatten den Sinn ihres Seins schon in der Sinnlosigkeit gefunden. Es waren Konstrukte aus Gefühlen, für die sie sich schämten und Gedanken, die die Zeit eben mit sich brachte. In ihnen war gerade genug Platz, um die vielen Erinnerungen, die ganzen Lügen und die wenigen Träume zu verstauen.
Eine junge Frau war stehen geblieben. Sie zog nicht einfach vorbei. Nein, sie setzte sich neben das Gesichtlosen. Dieses schaute nicht auf, würdigte sie keiner Regung. Eine Weile blieben sie so sitzen. Momente eilten vorbei wie die vielen Personen und die Frau begann sich unwohl zu fühlen. Man sah es in ihren unsteten Augen, dem nervösen Fingern in ihrem schwarzen Haar.
„Erzähl mir von deinem Leben.“ Eine tonlose Stimme. Sie fuhr auf; hatte das Etwas neben ihr gesprochen? Ja, wer denn auch sonst?
„Mein Leben?“, fragte sie ungläubig, traktierte eine Strähne ausgiebig, um nicht gleich auf die seltsame Frage antworten zu müssen. „Ich ... ja, was soll ich denn erzählen?“
Sie hoffte ihr Banknachbar würde die Frage einfacher machen. Aber den Gefallen tat er ihr nicht. Er blieb stumm - was ihre Unruhe nur nährte. „Ich heiße Erika - ich mag den Namen nicht, aber man gewöhnt sich ja dran. Muss man ja, meine Eltern -“
„Erzähl mir von deinem Leben.“
Erschrocken schaute sie das Gesichtlose an. „Ich ... weiß nicht. Was soll ich sagen?“ Nervös suchte sie Ausflüchte, aber fand keine. Sie gab auf, versuchte es von neuem. „Also gut, ich bin Lehrerin. Man verdient gut Geld. Außerdem habe ich zwei Kinder. Bin aber geschieden, aber war auch besser so.“
Stille. Hatte sie etwas Falsches gesagt? Das Etwas trieb sie noch an den Rand des Wahnsinns. Mit einem Mal fragte sie sich, warum sie sich zu ihm gesetzt hatte.
Da wusste sie es wieder: Es ging eine merkwürdige Anziehung von ihm aus. Sie spürte sie immer noch. Ein Grund, warum sie nicht einfach aufstand und wegging. Trotzdem konnte sie die Anziehung nicht erklären. Das machte sie noch konfuser.
„Nein, dein Leben. Was ist dein Leben? Was ist das Leben?“ Seine nüchterne, regungslose Stimme versetzte ihr einen erneuten Schrecken.
„Was mein Leben ist? Ja, was für eine wunderliche Frage ... das ist mein Leben, das hier, eben.“ Sie wollte mehr sagen, weil sie wusste, es erwartete mehr. Aber ihr fielen keine vernünftigen Worte ein. Sie schwieg. Dafür tat das Gesichtlose es diesmal nicht.
„Weißt du, was merkwürdig ist? Wie das Leben selbst Leben zerstört. Wie es Tod in sich birgt - aber ihr letzteres trotzdem fürchtet. Der Vergleich hinkt, aber wenn das Leben eine Reise ist, warum habt ihr weniger Angst vor dem Weg als vor dem Ziel? Nur weil das letztere ungewiss ist? Weil ihr nichts von ihm wisst?
Erzähl mir nichts. Das Leben ist genauso ungewiss; wie viel mehr wisst ihr davon als vom anderen? Weißt du, was die meisten Menschen überhaupt noch den Willen schenkt zu existieren?“
Sie schaute es hilflos an. Seine Blicke waren starr und geradeaus. Erst jetzt erkannte sie, dass wenn es sprach, sich nicht an ihm bewegte. „Es sind die Lügen. Eure Lügen. Sie lassen euch überleben. Und aus ihnen schafft ihr etwas, was ihr Realität nennt.
Die verlogensten Menschen von euch sind doch immer noch die, die behaupten Wahrheit zu kennen. Sie postulieren sie als wären sie die größte Errungenschaft überhaupt und lassen sich dafür anbeten. Aber weißt du, was zehn Mal schlimmer ist als Fragen ohne Antworten?“ Er schwieg und ließ sie nachdenken. Trotzdem wussten sie beide, dass sie sowieso nichts erwidern würde. „Antworten ohne Fragen.“
Die Frau war wie vom Blitz getroffen; dazu fiel ihr nichts ein. Sie wollte davon laufen, aber sie konnte nicht. Irgendeine unerklärliche Macht hielt sie zurück. Also stellte sie die einzige Frage, die ihr noch einfiel: „Wer bist du und warum hast du kein Gesicht?“
„Der letzte Teil ist einfach. Eure Lügen haben mein Antlitz verwischt. Wer ich bin? Das fragst du mich? Soweit ist es also gekommen ...“ Es stand auf. „Soweit ist es also gekommen.“ Mit stetigem Schritt ging es davon.
Einen Moment überlegte sie, ob sie ihm folgen sollte. Aber wenn sie ehrlich war, wollte sie das Gesichtlose ziehen lassen. Sie kam ihm nicht nach. Nicht heute, nicht morgen, niemals.
Traumwächterin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.12.2006, 11:56   #2
groper
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das mit dem nirgendwo, @träumelinchen, hast du wohl ein bisserl zu sehr verinnerlicht, hm?

du hast dich gewiss sehr bemüht mit deinem text, und dieses bemühen merkt man ihm an: sei mir nicht böse, aber er wirkt ziemlich verkrampft. das *gesichtslose* (vermutlich das eigene ich oder das gewissen) ist manchmal sächlich und dann wieder männlich, und die spärlichen handlungen oder zustandsbeschreibungen wirken überbemüht. leider ist die verwendete sprache ziemlich klischeehaft, wobei manche dieser klischees noch dazu webfehler aufweisen (mit stetigem schritt, und wenn augen schon unstet sind, sieht man das unwohlsein an ihnen, nicht in ihnen, etc.).

manche der bilder passen nicht recht: wenn's denn auf der parkbank passiert, woher kommen dann die menschenmengen, und wieso beeilen sich die? wie kommt ein mädel dazu, irgendeinem lurch auf der bank gleich zu stecken, wie viele kinder es hat und wieso die scheidung ok war? und wieso trifft einen der blitz, wenn jemand (oder etwas) behauptet, es gäbe antworten ohne fragen?

letzteres ist mein eigentlicher, wirklicher kritikpunkt: antworten ohne fragen gibt's nämlich nicht. so, wie die zahl zwei die eins und das nichts voraussetzt, braucht die antwort die frage. mag sein, dass jemand antworten hören muss auf fragen, die er nicht gestellt hat - irgendeiner aber hat immer gefragt, und wenn nur sich selbst.

das thema *wahrheit* und *wirklichkeit* und die unterschiede zwischen den beiden begriffen ist zwar sehr kompliziert, dennoch aber so ausgelutscht, dass man darüber auch beim besten bemühen nichts großartig neues mehr absondern kann. allenfalls könnte man es, bei einigem geschick, neu verpacken wie ein weihnachtsgeschenk.

tipp: probier doch erst mal, mit einfacheren bildern und einfacheren sachverhalten zu arbeiten; sei ein bisschen weniger emotional dabei und bemüh dich um mehr eigene sprache. dann wirds!


liebe grüße aus der tiefsee


groper
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Alt 09.12.2006, 15:01   #3
Traumwächterin
 
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vielen dank für die kritik und den tipp,

werd mich bemühen

aber was meinst du mit eigener sprache? meinst du sowas, wie eigene bilder?


Antworten ohne Fragen meint ja auch nur, dass die frau diese fragen nie gestellt hat. sie hat die antworten anderer einfach nur für sich adoptiert, ohne selbst darüber nachzudenken. Und darum ist sie davon so erschrocken; weil sies in dem Moment merkt.
Kommt so wahrscheinlich in der Geschichte nicht rüber, egal *g*


lg Traumi
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Alt 09.12.2006, 16:32   #4
Struppigel
 
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Zitat:
das *gesichtslose* (vermutlich das eigene ich oder das gewissen) ist manchmal sächlich und dann wieder männlich,
Ist es nicht. Da ist nur einmal vom Banknachbarn die Rede und seit wann ist der sächlich?

Zitat:
antworten ohne fragen gibt's nämlich nicht.
Also, ich habe verstanden, was sie meinte. Finde das völlig ok.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.12.2006, 17:16   #5
groper
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eine eigene sprache sprechen, @traumi, heißt, nicht die versatzstücke anderer aneinanderreihen: "es saß einfach nur da"..."es schien kein gesicht zu haben"..."es war in ordnung"..."menschen zogen an ihm vorbei" undsoweiter sind nur millionenfach im gebrauch befindliche hülsen, kein inhalt.

tipp: wenn du anfängst: "es saß etwas auf einer parkbank, ohne gesicht", dann reicht das. das ist kryptisch genug; ob es alt ist, interessiert niemanden, und dass es lebt, beweist doch der dialog danach.

im nächsten absatz qualifizierst du passanten. wenn du damit den zeitgeist gemeint haben solltest, dann sag's doch direkt: so ein zeitgeist kann in allen möglichen formen um eine parkbank wehen - oberflächlich, geruchlos, ohne geräusch, ohne merkbaren sinn, ohne jedes interesse an einer von wem auch immer besetzten bank.

das mädchen setzt sich; das ganze brimborium mit *unwohl sein* (achtung: realsatire!) und *wer hat da wohl was gesagt* ist unnötig. es zählt nur die stimme, sie kommt aus dem nichts und sie fragt nach "dem leben".

sei mir nicht böse: das ist eine dumme frage, wenn eine andere antwort erwartet wird als "die zeit zwischen geburt und tod". wenn die frage gelautet hätte: „was ist der sinn des (oder deines) lebens“, dann hätte das mädchen ja wirklich die chance gehabt, etwas anderes zu antworten als „ich bin die erika“.

welche fragen du wirklich stellen wolltest und welche antworten du gerne gerne gehabt hättest, bleibt unklar. ein paar klischeehafte schuldzuweisungen an die menschheit, und dann verschwindet „es“. wollest du fragen, was wahrheit ist? die wahrheit der anderen oder deine eigene? oder ging es dir um die lüge? dein geschwindel oder das der anderen? listen – lügen setzen wahrheiten voraus, oder besser gesagt: sie helfen dem individuum, der wirklichkeit zu entkommen. an der wirklichkeit selbst aber ändern sie nichts. wolltest du das zum ausdruck bringen?

leider kränkelt dein text zudem an einem haufen grammatischer fehler, die ihn für sich schon ziemlich disqualifizieren. das ist schade, denn ich glaube, dass es dir mit deinem text ernst war und du etwas mitteilen wolltest. leider hast du dich damit überhoben.

daher noch mal der tipp: sag uns etwas einfaches einfacher. jeder hat eine eigene art, etwas zu sehen und zu beschreiben. nach der musst du suchen. es hat keinen sinn, originell sein zu wollen, wie so viele „schriftsteller“, wenn es keine botschaften gibt und keinen charakter.

geh auf den weihnachtsmarkt, sei eine genervte mutter, ein glühweinverseuchter penner, eine rauschgoldengelverkäuferin, ein teufelchen, das sich ein opfer unter den konsumenten sucht, oder ein putty*, der mit seinem flügerl deine backe so sanft streicht, dass du es erst merkst, als zu wieder zuhause bist und in den spiegel schaust.

liebe grüße aus der tiefsee


groper


*kleiner, dickbackiger, nackter engel


p. s.: sie fragt: wer bist du (nicht was), und er steht auf, am schluss, @struppi.
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Alt 09.12.2006, 18:09   #6
Traumwächterin
 
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ja, stimmt, die frage hätte das geischtlose etwas geschickter stellen sollen *g* ... das seh ich ein, arme erika ...

Das mit dem Zeitgeist verstehe ich leider nicht, tut mir leid ... was meinst du damit? wär nett, wenn dus mir noch mal so erklären könntest, das ichs auch versteh ;-)

was die geschichte an sich zum ausdruck bringen soll ist, dass die lügen dieser welt das wahre ich der menschen eigentlich verwischt, bis sie es gar nicht mehr erkennen ... und ohne das wahre ich, wird ihr leben sinnlos und sie werden zu "Geistern" ohne inhalt wie die frau eben. Sie besitzen zu viele Antworten ohne Fragen ...
aber ich sehe ein, dass die geschichte das nicht allzu klar zum ausdruck bringt und sie etwas verschachtelt ist. das ist immer mein problem, ich mache mir das alles immer zu kompliziert ... wenn ichs recht überlegte, könnte der text fünfzehn zeilen lang sein und würde die aussage wenigstens treffen *g*

ah, und vielen, vielen dank nochmal für deine ausführliche kritik, groper
das bringt einen immerhin weiter



lg traumi


ps: ups, das "er" zum schluss ist ein überbleibsel ... es sollte zuerst der gesichtlose heißen, aber das hat überhaupt und gar nicht gepasst, weswegen ich es geändert hatte, allerdings habe ich das wohl vergessen *gleich ändern geht*
Traumwächterin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.12.2006, 19:07   #7
groper
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ich dachte an *zeitgeist*, weil du deine passanten als *geister in der zeit* bezeichnet hast. *zeitgeist* ist das, was gerade angesagt ist. das kann verlogen sein oder wahr.

bloß: wer lügt, weiß die wahrheit immer. wer nur etwas falsches sagt, irrt sich unter umständen. wüßten die lügner die wahrheit nicht, könnten sie nicht lügen, sondern sich nur irren.

wer auf eine lüge dritter hereinfällt, ist ein trottel oder ein pechvogel, jedenfalls aber unschuldig, solange er beweisen kann, es nicht besser gewusst zu haben. wie schwierig das ist, mag dir die sinnlose herausrederei aus den kollevtiven verbrechen der nazis beweisen: die haben wir teutonen bis heute auf dem kerbholz.

und jetzt, sagt der *spiegel* auf der tielseite, müssten wir wieder das töten lernen. gelogen? nein, leider nicht. verdammte geister...

wo, sagtest du, steht deine bank?

liebe grüße aus der tiefsee


groper
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Alt 09.12.2006, 19:29   #8
Traumwächterin
 
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Hmm, eigentlich im Park, darum Parkbank ... aber sonst steht da ja nichts Nähreres, wieso fragst du?


Ahm, darf ich fragen, worauf die hinaus willst? das einzige, was mir einfällt wäre, dass du meinst ich sollte es nicht Lügen, sondern "Irrtümer" nennen ...

Na ja, bloß am Ende, weiß die Frau ja auch die Wahrheit, sie kennt ja ihr wahres Ich. Darum ja auch die "Anziehung" ... Sie erkennt es nur nicht, weil sie die ganzen Lügen adoptiert hat - wider besseren Wissens. darum ja auch der anfang "In ihnen war gerade genug Platz, um die vielen Erinnerungen, die ganzen Lügen..."
Ist ja im Grunde auch eine Selbstverleugnung bei ihr - sie kommt ihrem wahren ich ja sozusagen auch nicht hinterher ...



lg traumi
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Alt 09.12.2006, 19:34   #9
groper
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ach, @traumi...*seufz*...
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Alt 09.12.2006, 19:36   #10
Traumwächterin
 
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was denn? *verwirrt guck*

ist das ironisch, genervt oder wie sonst gemeint?
Traumwächterin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.12.2006, 16:48   #11
Struppigel
 
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@groper: Das mit dem Aufstehen hat Traumwächterin wohl schon geändert, aber:

Zitat:
wer bist du (nicht was)
"Ein Mädchen" ist auch ein sächliches Wort und trotzdem käme niemand auf die Idee, es mit "Was bist du?" anzureden. Wer oder was hat keinen Bezug zum Genus.

Bei Deinen anderen Ausführungen komme ich ebenfalls nicht ganz mit. Mir würde das bei einem eigenen Text jedenfalls nicht helfen, zu unkonkret.

Zitat:
wenn's denn auf der parkbank passiert, woher kommen dann die menschenmengen, und wieso beeilen sich die?
Nun weiß ich nicht, ob das ebenfalls schon geändert wurde, aber im Moment steht da nichts von Menschenmengen (nur viele Personen, aber es gibt auch Parks, in denen echt viel los ist). Aber stimmt schon, den Zeitgeist im Park darstellen zu wollen, wo doch alle Erholung finden wollen, mutet etwas seltsam an.

An der Stelle hätte ich wohl die Menschen konkreter beschrieben, die da vorbei gehen, anstatt sie nur zu erwähnen.

Hier noch ein paar Fehlerchen:
Zitat:
Nein, sie setzte sich neben das Gesichtlose.
Zitat:
Sie hoffte Komma ihr Banknachbar würde die Frage einfacher machen.
Zitat:
Hatte sie etwas Falsches gesagt? Das Etwas trieb sie noch an den Rand des Wahnsinns.
Das mit dem Wahnsinn ist arg übertrieben. Kommt viel zu plötzlich.

Zitat:
versetzte ihr einen erneuten Schreck.
Das klingt nicht gut.

Zitat:
Dafür tat das Gesichtlose es diesmal nicht.
Tuten tut der Nachtwächter.

Zitat:
Weißt du, was den meisten Menschen überhaupt noch den Willen schenkt zu existieren?“
Zitat:
Erst jetzt erkannte sie, dass wenn es sprach, sich nichts an ihm bewegte.
Sprachlich auch auf sehr niederem Niveau.

Zitat:
Sie postulieren sie Komma als wären sie die größte Errungenschaft überhaupt
"postulieren" wirkt in dieser sonst so einfachen Sprache wie ein UFO. Entweder, es spricht immer hoch gestochen oder immer einfach.

Zitat:
Er schwieg und ließ sie nachdenken.
Oh, hier habe ich doch noch ein "Er" gefunden, das mir vorher entgangen war.
Struppigel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.12.2006, 19:15   #12
Traumwächterin
 
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Standard das gesichtlose II

nach euren lieben verbesserungsvorschlägen, habe ich mich noch einmal dran gesetzt. zuerst wollte ich die geschichte überarbeiten, dann habe ich sie noch einmal ganz neu geschrieben. ich finde sie im moment etwas "experimentell" und wäre sehr gespannt auf einen kommentar


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Das Gesichtlose

Verschlafen blinzelte Erika in die Küche. Ohne länger als eine halbe Sekunde zu vertrödeln, trottete sie hinüber zur Kaffeemaschine. Halbherzig begann sie sie mit Wasser und Kaffeepulver zu füttern. 7 Uhr ... viel zu spät ... muss noch schnell die Aktentasche - anziehen ... meine Unterlagen zusammen packen ... auf dem Schreibtisch ... dann ins Badezimmer - und ich muss noch –
Da erst bemerkte sie, dass das ganze Kaffeepulver irgendwie nicht am Ziel angelangt war. Auf dem Tisch hatte sich ein kleines, schwarz-braunes Häuflein gebildet und schaute hilflos zu ihr auf. Sie verdrehte nur die Augen, wischte es auf, ließ den Plan mit dem morgendlichen, schwarzen Heißgetränk sterben, packte zwei Scheiben Toast in den Toaster, raste ins Arbeitszimmer, kramte in ihren Unterlagen mit den leeren nichtssagenden Schriftzeichen, stopfte sie zusammen - und war gerade noch früh genug in der Küche zurück, um die Briketttoasts vor dem Verbrennungstod zu retten.
Klanglos fluchend dachte sie, wie ironisch es war, dass ihr ähnliches jeden Morgen passierte. Trotzdem war es für sie die schönste Tageszeit. Zum Mittag hin wand sich nur noch durch den Alltag, ließ einfach alles an sich vorbeiziehen. Manchmal regte sie sich noch, um zu seufzen, aber das auch nur noch selten.
Erika besann sich schnell wieder auf ihr morgendliches Ritual soviel wie möglich schief gehen zu lassen und sich dann zu ärgern, wieder einmal zur spät zur Arbeit zu kommen.
Sie wollte sich gerade umdrehen, die verkohlten Toasts wegschmeißen, sich zwei neue nehmen und den Plan mit dem Kaffee wiederbeleben - als sie in der Bewegung erfror. Vor ihr stand - nun, sie überlegte auch, wie sie es nennen sollte. Nach zwei erkenntnislosen Sekunden entschied sie, die Bezeichnung bei es zu belassen.
Es hatte kein Gesicht, seine Konturen waren weich, verschwommen, seine Körpermasse schwammig und milchig. Hätte gerade zufällig jemand durchs Fenster geschaut und wäre vors gleiche Benennungsproblem wie Erika gestellt worden - er mochte versucht gewesen sein, es ein Michelin-Männchen zu nennen. Dafür allerdings fehlte ihm die Fülle.
„Kennst du mich?“ Eine tonlose Stimme.
„Nein“, antwortete sie viel zu schnell; woher sollte sie so ein Etwas kennen?
„Sicher?“
„Ja“, entschied sie und wusste sofort, dass sie gelogen hatte.
„Du hast mich noch nie gesehen?“
„Nein.“
„Auch nicht nachts, wenn du mal wieder nicht einschlafen kannst und es auf die kratzige Matratze schiebst?“
„Du bist ... du bist ...“
„Ja?“
„Du bist das Gesichtlose ...“ Ihre Blicke füllten sich mit Gedanken. Dieses Etwas jagte sie ihn schlafsuchenden Stunden, tanzte vor dem Hintergrund der Nacht und verlieh ihren Zweifeln Echos. Sie fürchtete es - wenngleich sie es noch mehr fürchtete, was es mit ihr machte. Es grub tiefe Furchen in ihre kostbarsten Gedanken und wollte sie aushöhlen.
„Und jetzt sag noch einmal, dass du mich nicht kennst“, forderte es.
„Ich kenne dich nicht“, log sie. Schon wieder.
„Du bist aber ganz schön hartnäckig.“
„Geh weg. Lass mich in Ruhe“, verlangte sie.
„Nein, heute nicht.“
„Wie meinst du das?“
„Du hast doch sonst so wenig von mir. Du hast Angst vor mir, verwechselst mich mit einem bösen Geist. Vertreibst du mich darum jedes Mal, nähere ich mich?“
„Du bist schlecht - was du mir einreden willst, was du mit mir machen willst, ist schlecht. Du versuchst nur mein Leben sinnlos zu machen.“
„Ich könnte es - selbst wenn ich wollte - nicht sinnloser machen als es ohnehin schon ist.“
„Wie meinst du das?“ Die Unterstellung, die seine Worte bargen, spiegelten sich als eine Mischung aus Angst und Wut in ihren Augen wieder.
„Ach komm schon, was von dem, was du tagtäglich tust, ist dir wichtig? Du stehst nicht früh genug auf, schaffst es kaum zu frühstücken, kommst zu spät zur Arbeit, bist den halben Tag Lehrerin, gehst nach Hause und jammerst still in dich hinein und um dich abzulenken, vergräbst du dich in Korrekturen und Unterrichtsplanungen und, was du dir sonst noch selbst an Arbeit machst. Dann gehst du ins Bett, kannst nicht einschlafen, stehst nicht früh genug auf, schaffst es kaum zu frühstücken ...“
Erika müsste zugeben, wäre sie ehrlich, dass jeder ihrer Tage so verlief. Außer manchmal - wenn sie nicht still jammerte, sondern leise weinte.
„Was an deinem Leben ist dir wichtig? Sag mir eine Sache.“
Sie wussten beide, dass sie es nicht konnte. Erika war nur nicht gewillt das auch zuzugeben. „Es gibt vieles.“
„Weißt du, warum du dir nicht eingestehen kannst, dass dir nichts etwas bedeutet?“
Sie zuckte mit den Schultern.
„Würdest du eingestehen, dass es eine Lüge in deinem Leben gibt, würde das ganze Lügenkonstrukt zusammenbrechen und am Ende müsstest du noch erkennen, dass du nicht glücklich bist, dass du gar nicht wirklich lebst.“
Erika versuchte ihre Blicke soweit von dem Gesichtlosen abzuwenden wie nur möglich. Dann endlich fand sie die ersehnte, neue Lüge, die in ihre Philosophie passte und sie bestätigte: Dieses Etwas vor ihr existierte gar nicht.
Sie zuckte mit den Schultern, warf die Toasts weg, schnappte die Aktentasche mit der Hälfte der gebrauchten Unterlagen und ging zur Arbeit. Sie ärgerte sich, weil sie noch später kam als sonst.
Das Gesichtlose für seinen Teil blieb noch lange in der Küche stehen, bevor es sich schließlich in den Strom der Erinnerungslosigkeit stürzte; von da aus musste es wenigstens nicht mehr mitansehen, was mit Erika geschah.
Traumwächterin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 16.12.2006, 21:20   #13
Schnuckie
 
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Ich finde es gut, diesen Gedanken, der dahinter steht, dass es Leute gibt, deren Leben eigentlich nur auf Lügen basiert, die sie nicht einsehen wollen, somit ihr Leben "verschlafen", in eine Geschichte zu verarbeiten. Die zweite Fassung lässt sich dazu noch gut lesen (;

Schade nur, dass Erika am Ende nicht dem Gesichtlosen zuhört. Mir fällt es schwer, zu glauben, es gäbe Menschen, wie sie, die ein graues Wesen, das an deren Küchentisch sitzt und sie davor in der Nacht verfolgt hat, einfach zu ignorieren. Besonders, weil bei den meisten Menschen doch bestimmt die Frage aufgekommen wäre, warum es andauernd da ist, oder?!
Naja, das ist dann wohl künstlerische Freiheit, aber wie gesagt, mir passt es irgendwie nicht so recht (; .

LG, Schnuckie!
Schnuckie ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.12.2006, 12:43   #14
Traumwächterin
 
Dabei seit: 08/2006
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huhu schnuckie

thx for your comment

in bezug darauf, warum erika das gesichtlose da stehen lässt ... nun ja, ihr problem ist ja, dass sie es eigentlich kennt (selbst wenn sie es nicht erkennt) und genau weiß, dass es ihr wahres ich ist. warum sollte sie auf es hören, wenn sie es vorher immer so schön ignoriert hat? ich meine, das ganze zielt ja auch auf die selbstverleugnung hinaus.
es ist ein wenig unlogisch, dass ihr wahres ich sie "bekehren" könnte - einfach weil sie sich ja auch bewusst entschlossen hat, nicht darauf zu hören. sie streitet ja auch alles ab, was es sagt, bemerkt man ja im gespräch.

jaaa, ich selbst hätte es auch mit eine happy end schöner gefunden ... aber leider ist es unlogisch in dem zusammenhang ... *seufz* arme erika


lg traumi
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