Spätfrühling

[Thing]

Dort! Gelb ein Feld voll Löwenzahn!
Seh ich am Bach die Butterblume sprießen?
Es ist das Scharbockskraut, es blüht hinan.
Die welken Kuckucksblumen grüßen,
sind blass nur noch und müd.
Wie ein so voller Mond doch schied
Erscheinen vom Verfließen!

Die Kirsche streute längst das Weiß,
das ihr gegeben, in den Saum
der fast noch unbetretnen Wege.
Schau! Auch die Apfelblüte spürt Geheiß:
Gelebt hat sie noch kaum. Doch träge
sinkt auch sie wie Traum.

In Frühlings Blühen, im Verlocken
seh meine Jugend ich ganz kurz erwachen...
Ich hör ein Kinderlachen, sehe Blütenflocken,
im Osten sich das Morgenrot entfachen...

Schaue jetzt ins Abendrot
und fühle mich entsetzlich tot.







(aus dem Fundus)

[Sophia-Fatima]

Hallo Thing,

Eine Naturbetrachtung, mit großer Vielfalt!

Das Gedicht lebt von Farben und Blüten.
Letzlich runden die eigenen Emotionen die
Jahreszeit ausfüllend ab.


LG SoFa

[Thing]

Hallo, Sophia-Fatima -


hab herzlichen Dank für die netten Zeilen!


BG
von
Thing

[Ex-Lichtsohn]

beneidenswert, wenn man so die spät-frühlingshaft geschmückte Natur gemalt bekommt und im Innern parallel dazu das Welken und kurze Erblühen, als Erinnerung heranwächst

Mir gefällt diese Technik sehr gut, auch wenn ich das "Eintauchen" in diese Tiefe noch vermeiden möchte und mich lieber nur an der Oberfläche rumtummle im Augenblick wird sie wohl eines Tages auch meine Art sein die Natur so zu betrachten, denn wenn auch im Moment das Blühen noch ein Sinnbild für Kraft, für Leben ist, der Schritt sein Verblühen zu erkennen ist vielleicht nicht mehr so weit entfernt.

Verzeih bitte meine seltsamen Gedanken zu deinem schönen Textblättlein, es berührt mich sehr

Alles Liebe
Lichtsohn

[Ilka-Maria]

Realismus im Gewand der Romantik ... Heine lässt grüßen .

LG
Ilka

[Thing]

Lieber Lichtsohn,

junge und ernste Gedanken hast Du Dir gemacht, das gefällt mir.


Liebe Ilka-Maria,

vielen Dank für das Lob!
V2 muß noch geändert werden.


Euch liebe Grüße
vom
Thing

[Ilka-Maria]

Zitat von Thing

V2 muß noch geändert werden.

Kann ... muss aber nicht. Er kann auch so bleiben.

[Thing]

Hab schon eine Änderung (weg mit der Inversion!) beantragt.

[Ilka-Maria]

Wo ist denn im Vers 2 eine Inversion?

[Thing]

na, wenigstens nicht geglückt formuliert.
Daraus wird:

Seh ich am Bach die Butterblumen sprießen?

[Oberon]

Holla Thing!
Du bewegst dich wirklich sehr gewandt und virtuos in romantischen Idiomen! Da bin ich mit Ilka-Maria einer Meinung. Das hat eine Nähe zu Heine.
Nur - wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf - die letzte Zeile scheint mir schwach. Vielleicht ist das Paradoxon "sich tot fühlen" von dir als solches voll beabsichtigt, aber das ganze mit "entsetzlich" noch zu steigern fällt aus dem semantischen Rahmen der gesamten Anlage und ist für mich kein schöner Abschluss. Vielleicht magst du über
"da scheint es mir, ich wär schon tot"
oder
"und fühl' es: Nahe ist mein Tod"

als mögliche Alternativen nachdenken.

Aber wie auch immer ist das ein sehr schönes und gekonntes Gedicht!

LÖiebe Grüße,

Oberon

[Thing]

Hallo, Oberon -

Dein Kommentar freut mich sehr, ist er doch mit Lob gespickt! Hab Dank!

Die beiden letzten Verse sollen abstechen.
Sie sollen zeigen, daß all diese Frühlingsfülle ebenso wenig nach innen zu dringen vermag wie die flüchtige Erinnerung an Kindertage.

Das LI ist innerlich durch den Verlust des geliebten Lebenspartners abgestorben und es gelingt ihm nicht mehr, richtig lebendig zu sein.
Falls Dir das als Erklärung dienen kann.

Freundlichen Gruß
vom
Thing

[Oberon]

Lieber Thing!

Ah, so etwas in der Art lag nahe, wegen der drastischen emotionalen Wendung. Wenn es sprachlich auch so abfallen soll, durchbricht der Verlustschmerz umso heftiger die ästethische Konzeption.

Vielen Dank für Deine Offenheit!

Oberon

[Thing]

Hab Dank für die Rückmeldung, lieber Oberon!


Herzlichen Gruß:
Thing