Der dritte Apfel bei Poetry.de

AndereDimension · 12.10.2011, 05:50

Der dritte Apfel

Du schälst immer noch einen dritten Apfel.
Welch grausame Art mir mitzuteilen,
wie überdrüssig Du meiner bist.

Ich wollte unserem Kind das Heiligste sein,
doch dann ordnete ich die Dinge
in der Gegenwart des Teufels.

Was geschah ist geschehen,
was geschieht, bleibt heute schon vergessen.

Gewährst Du mir einen Blick
in deine Seele,
oder muß ich ihn stehlen?

Nein.

Ich bleibe mir treu,
vertraue auf dich,
so wie Du dir treu bleibst
und auf mich verzichtest.

Er liebte den See,
aber vor allem liebte er
die schwebende Nebeltreppe,
die dem Elfenbein der Nacht näher kam,
als all die gutgemeinten Ratschläge,
die ich teuer verkaufte.

Wohin weht der Wind, wenn wir das Fenster schließen?

Ex-Jack · 15.10.2011, 00:24

Hallo A.D.,

ich weiß, das hier ist einer dieser vorschnellen Kommentare, die eigentlich gut daran tun, noch einen Tag zu reifen, aber ich muss es jetzt sagen:

Das ist toll!
Das Ist dicht, kompakt und von Realität und Philosophie durchtränkt.
Und auch wenn mir bei weitem nicht klar ist, worüber genau Du sprichst, fühle ich die Geschlossenheit und Ernsthaftigkeit Deiner Zeilen und Du stellst mir diesen Becher voll Gefühl hin und ich probiere, ich trinke und bin erfüllt.
Nur weil ich das Getränk nicht erklären und definieren kann, so kann ich doch sagen, dass mir die Samtigkeit, der Geschmack, die Farbe und der Geruch gefallen...

Wunderbar.

Liebe Grüße,
Jack

AndereDimension · 15.10.2011, 07:48

Hallo Jack,

vielen Dank für deinen wunderbaren Kommentar!

Es geht um den Tod des gemeinsamen Kindes und um eine
unausgesprochene Schuldzuweisung. Das Kind hat Selbstmord begangen und das LY-I fühlt sich dafür verantwortlich.
Das LY-D (die Mutter), gibt ihm aber nicht die Möglichkeit das zu verarbeiten- denn dort wo es weder Schaden noch Urteil gibt, haben auch Sühne und Reue keinen Platz. Die Mutter schält drei Äpfel, so wie sie das immer gemacht hat. Man könnte sagen das ist ein Ritual. Rituale sind Eckpfeiler, sie geben uns Sicherheit, strahlen eine gewisse Verbindlichkeit aus. Dadurch, dass die Mutter diese Rituale aufrecht erhält, verbaut sie dem Vater die Möglichkeit Lücken zu füllen. Die Mutter macht keine Atem -und Redepausen, die es den beiden ermöglicht inne zu halten.
Ihr Schweigen ist ein Reden in Gesten -während ihm nichts bleibt als der Innere Monolog.

Viele Grüße, A.D.

Ex-Ralfchen · 15.10.2011, 10:54

wunder-bar, AD. eine beschreibung vom allerfeinsten!

AndereDimension · 15.10.2011, 15:04

Hallo Ralfchen

Danke! Ich freue mich über das Kompliment aus berufenem Munde.

Gruß, A.D.

12.10.2011, 05:50	#1
AndereDimension Dabei seit: 06/2009 Beiträge: 3.325 Meine Gedichte Meine Favoriten	Der dritte Apfel Der dritte Apfel Du schälst immer noch einen dritten Apfel. Welch grausame Art mir mitzuteilen, wie überdrüssig Du meiner bist. Ich wollte unserem Kind das Heiligste sein, doch dann ordnete ich die Dinge in der Gegenwart des Teufels. Was geschah ist geschehen, was geschieht, bleibt heute schon vergessen. Gewährst Du mir einen Blick in deine Seele, oder muß ich ihn stehlen? Nein. Ich bleibe mir treu, vertraue auf dich, so wie Du dir treu bleibst und auf mich verzichtest. Er liebte den See, aber vor allem liebte er die schwebende Nebeltreppe, die dem Elfenbein der Nacht näher kam, als all die gutgemeinten Ratschläge, die ich teuer verkaufte. Wohin weht der Wind, wenn wir das Fenster schließen?

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15.10.2011, 00:24	#2
Ex-Jack abgemeldet Dabei seit: 05/2011 Beiträge: 954 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo A.D., ich weiß, das hier ist einer dieser vorschnellen Kommentare, die eigentlich gut daran tun, noch einen Tag zu reifen, aber ich muss es jetzt sagen: Das ist toll! Das Ist dicht, kompakt und von Realität und Philosophie durchtränkt. Und auch wenn mir bei weitem nicht klar ist, worüber genau Du sprichst, fühle ich die Geschlossenheit und Ernsthaftigkeit Deiner Zeilen und Du stellst mir diesen Becher voll Gefühl hin und ich probiere, ich trinke und bin erfüllt. Nur weil ich das Getränk nicht erklären und definieren kann, so kann ich doch sagen, dass mir die Samtigkeit, der Geschmack, die Farbe und der Geruch gefallen... Wunderbar. Liebe Grüße, Jack

15.10.2011, 07:48	#3
AndereDimension Dabei seit: 06/2009 Beiträge: 3.325 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo Jack, vielen Dank für deinen wunderbaren Kommentar! Es geht um den Tod des gemeinsamen Kindes und um eine unausgesprochene Schuldzuweisung. Das Kind hat Selbstmord begangen und das LY-I fühlt sich dafür verantwortlich. Das LY-D (die Mutter), gibt ihm aber nicht die Möglichkeit das zu verarbeiten- denn dort wo es weder Schaden noch Urteil gibt, haben auch Sühne und Reue keinen Platz. Die Mutter schält drei Äpfel, so wie sie das immer gemacht hat. Man könnte sagen das ist ein Ritual. Rituale sind Eckpfeiler, sie geben uns Sicherheit, strahlen eine gewisse Verbindlichkeit aus. Dadurch, dass die Mutter diese Rituale aufrecht erhält, verbaut sie dem Vater die Möglichkeit Lücken zu füllen. Die Mutter macht keine Atem -und Redepausen, die es den beiden ermöglicht inne zu halten. Ihr Schweigen ist ein Reden in Gesten -während ihm nichts bleibt als der Innere Monolog. Viele Grüße, A.D.

15.10.2011, 10:54	#4
Ex-Ralfchen abgemeldet Dabei seit: 10/2009 Alter: 77 Beiträge: 17.302 Meine Gedichte Meine Favoriten	wunder-bar, AD. eine beschreibung vom allerfeinsten!

15.10.2011, 15:04	#5
AndereDimension Dabei seit: 06/2009 Beiträge: 3.325 Meine Gedichte Meine Favoriten	Hallo Ralfchen Danke! Ich freue mich über das Kompliment aus berufenem Munde. Gruß, A.D.