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Alt 15.11.2006, 04:12   #1
männlich Ricardo
 
Dabei seit: 07/2006
Beiträge: 31


Standard Waldspaziergang

Es ist schon seltsam eng, dieses Gefühl ums Herz, wenn die Bäume hier so ungünstig stehen. Imposant und alt verweilen sie in diesem Wald, doch zu eng, zu beschneidend. Man muss herumsteigen, die Füße absonderlich hoch anheben, um nicht zu stolpern, die Bäume fast umrunden. Sicher, sie waren eher da. Rechte haben sie, Alter und Weisheit sind auf ihrer borkigen Rinde zu erkennen. Aber sind sie denn nicht langsam morsch, so halb von innen heraus? Und saugen sie denn nicht schon lange genug diese Säfte aus dem Boden? Aber sie lassen keinen Zweifel aufkommen, stehen fest im Safte, saugen wie von jeher. Also schleicht man schweigend weiter, um sie herum, unter ihren Ästen hindurch und der Weg verwinkelt sich zusehends, der Bäume wegen. Bei jedem jener Riesen (in alten Zeiten geboren) dieser unbändige Wunsch: man könne doch mal hineinschauen, untersuchen, ob da nicht doch diese Anzeichen von innerem Befall zu erkennen seien. Nur womit? Mit bloßen, kratzenden Händen die oberste Rinde ankratzen? Man verletzt sich, gibt sich diesem allgegenwärtigen Nebel der Lächerlichkeit preis, der ja soundso in dicken Schwaden um die ehrwürdigen Eichen zieht. Also, ein Werkzeug; nicht zu finden, noch nicht auszudenken, noch nicht…
Man müsste bohren, stochern, wissend hineinschauen können und überprüfen, ob der goldene Mantel der Weisheit, der sich so schützend um das Alter legt, nicht doch Lücken aufzuweisen hat. Man umklammert diese harten Rinden, lässt ab von ihnen, wandert wundernd weiter. Und so winden ratio und corpus sich, besinnen sich auf sich selbst, ziehen sich zurück, auf sich selbst, den Kern der Fragen. Äonen mag es dauern, Körper mögen brechen, Seelen sich verirren. Doch es kommt der Tag, da weiß man es, erkennt es, durchleuchtet alle Schatten, Winkel, knochigen Weisheiten, weil Altes hilft:
Gnothi Seautón




- Eine alte Geschichte die sich mit den neuen Kritikern der morschen Strukturen beschäftigt, welche darüber aber schon wieder vergessen, dass auch sie sich dem Alten und der Zeit bedienen... Kommentare sind natürlich erwünscht!
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