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Sonstiges Gedichte und Experimentelles Diverse Gedichte mit unklarem Thema sowie Experimentelles.

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Alt 29.11.2012, 21:57   #1
weiblich Poetibus
 
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Standard Es geht um Leben und Tod

Da ich davon ausgehe, dass sich jemand fragen wird, warum dieses Sonett unter "Experimentelles" zu finden ist: Humor ist, wenn man trotzdem lacht - vor allem, wenn man gerne Sonette schreibt. Inspiriert wurde ich von den immer wieder aufflackernden Kontroversen in verschiedenen Foren. Es ging und geht um Sonette, Dativ und Genitiv, um die Sprache in Gedichten, um Metaphern (und wo und wie sie angewendet werden dürfen), um ausgelutschte Reime, um "realitätsnah" und "weltfremd", um "Verständlichkeit" und "Pathos" - u.s.w., u.s.f. Einig sind sich alle Streitenden nur in einer Sache: Es geht um Leben und Tod!
Daher mein bescheidener Beitrag. Ein Doppelsonett mit zwei "Leseebenen", einschließlich des ausgelutschtesten aller ausgelutschten Reime und einigem mehr. Kann man "ernsthaft" lesen - oder auch nicht, beides ist möglich, daher auch die Rubrikwahl. War eine echt schwierige Geburt, das so hinzubekommen. Das Ergebnis: Keine Frage, bei der es um Leben oder Tod geht, aber eine Frage der individuellen Interpretation und des persönlichen Geschmacks; der eine kann es übertrieben finden, der andere kann es mögen. Doppelt gedoppelte Neutralität meinerseits, sozusagen.



Es geht um Leben und Tod

Es war, als ob die Welt im Dunkeln läge,
als möge auch die Sonne nicht mehr scheinen,
wo graue Wolken endlos Tränen weinen,
verwundet durch des Schicksals harte Schläge.

Ein Nebel wallte feucht und kalt und träge
in diesem Sein, gefüllt mit Opfersteinen,
Altären, um das Leben zu verneinen,
als ob der Stempel Tod die Erde präge.

Unmöglich, ohne Licht das Tor zu finden,
kein Silberstreif am Horizont zu sehen;
nichts blieb, nur stets im Kreis umherzuwandern,

sich, mühsam tastend, selbst zu überwinden,
um dann erneut am Ausgangspunkt zu stehen.
Verlassen, weit entfernt von all den Andern.


Doch völlig überraschend, unvermutet,
erglühen kleine Flammen, wie von Kerzen,
die, unvertraut, in meinen Augen schmerzen,
als würden sie vom Hellen überflutet!

Schon werden meine Adern frisch durchblutet,
ich eile, Hoffnung keimt in meinem Herzen,
seid echt, und keiner von des Todes Scherzen;
zu viel hat er mir grausam zugemutet!

Jetzt halte ich ein Licht in meinen Händen,
es wächst und wächst, die Nebel müssen weichen,
der Boden bebt und alle Steine fallen!

Mein Schicksal will sich endlich, endlich wenden
und Sonnenschein mein Innerstes erreichen;
das Leben lässt sein Lachen neu erschallen!
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Alt 02.12.2012, 10:00   #2
männlich Desperado
 
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Hallo Poetibus,

also mir gefällt es, Dein experimentelles Sonett, sowohl von der Sprachmelodie als auch von der Aussage her.

Was ganz nebenbei den von Dir angesprochenen Wust an Fachbegriffen anbelangt, habe ich ihren Ballast in der Schule zurück- und mich so "unvoreingenommen" wie möglich auf die Sprache eingelassen... oder soll ich sagen unbelastet? Ich verbreche Gedichtsformen, ohne sie benennen zu können... oder wollen?

Mich haben die jeweiligen Fremdwörter für diese oder jene Gedichtsform, Reimfolge oder rhythmische Feinheiten ohnehin nie besonders interessiert, irgendwann sind sie gänzlich im Nebel des Vergessens verschwunden, so dass ich mich nicht hinsetzen kann und sagen, ich will jetzt ein Sogenanntes schreiben, und ebensowenig weiß, wie ich's nennen soll, wenn's dann irgendein Sowas geworden ist.

Zum Glück gibt's ja Leute genug, die meine Sachen begrifflich einordnen können, soweit möglich jedenfalls. Und um jetzt nicht falsch verstanden zu werden- das möge jede(r) halten wie er/sie will. Mir fällt nur auf, dass ich keinerlei Drang dazu verspüre, mein Wissen dahingehend wieder aufzufrischen, weil's mich eher irritieren würde denn beflügeln, ja mir nicht einmal nützen.

Ich konnte auch mal Noten lesen und rudimentär vom Blatt spielen, aber als ich zu musizieren anfing, machte ich alles nach Ohr und Bauchgefühl und brachte mir selber bei, was ich brauchte und wessen ich fähig bin, das Notenlesen wurde dabei vollkommen überflüssig. Mit dem Dichten und Schreiben ist es nicht anders. Du kannst den Weg zurück zur Quelle einschlagen oder den zur Mündung, kannst dich dazwischen bewegen und aus dem Fluss schöpfen, wo immer du willst, das ist das Schöne an der Kunst, sie fließt frei und ungebunden.

Das ist auch das Licht, das ich in tiefer Dunkelheit fand, den Fundus in mir selbst unabhängig von Vorbildung, der wohl beeinflusst ist von allerlei Lektüre, aber keine eigene Definition und Richtung erfordert, weil ich selbst ihn nicht zuordnen kann und will. Das mögen andere tun, und ich käme nie auf den Gedanken, ihnen dieses Recht abzusprechen. Was ja nun andersrum leider nicht immer so selbstverständlich ist.

Wie kann der sich anmaßen, etwas zu kreieren ohne zu wissen was er da tut, ja ohne sich die Mühe zu machen, sich eingehend damit zu beschäftigen? Da wäre ja alle Bildung und jedes Studium deutscher Sprache und Literatur für die Katz, da könnte ja jeder kommen. Klar kann da jeder kommen, wieso auch nicht, genau so wie jeder studieren kann und sich eine Bibliothek an Fachkenntnis aneignen, so er will, beides sollte sich ergänzen und nicht bekämpfen.

Nur leider verfallen die "Bildungsdichter" gerne in die Arroganz, als Wächter der Kultur auf den freischaffenden Spontandichter hinabzuschauen und ihm mangelndes Grundwissen sowie fehlende Voraussetzungen zu attestieren, wenn dieser eigene, nämlich seine Wege zu gehen sich entschlossen hat und mit der Sprache macht, was er will. Vollkommen klar, dass diese im Grunde zutiefst konservativ-anachronistische Geisteshaltung auch und besonders in einem Poesieforum immer wieder zu beobachten ist, und sie wäre mir vollkommen schnurz, wenn sie nicht so hoffärtig herablassend herüberkäme, wie sie's leider allzuoft zu tun pflegt.

Ich bestimme, was Dichtkunst ist und was nicht, weil ich über die nötige Kompetenz verfüge. Ironischerweise halten die eigenen Werke dieser "Kulturverteidiger" dem eigenen Anspruch nie stand, würden sie's nämlich tun, gäb's auch keinen Grund mehr für ihre diesbezügliche Überheblichkeit, weil sie anhand der eigenen Fähigkeiten und Grenzen die Vielfältigkeit an Talenten und Ausdrucksmöglichkeiten nicht nur als gegeben, sondern als bereichernd und gleichwertig erkennen könnten, sprich dankbar und demütig genug wären, "anderes" zu schätzen und zu bewundern.

So aber mauern sie sich lebendig ein in ihre vorgefassten Wissensburgen und verteilen ihre streng gezeichneten Baupläne an "Erwählte" mit der Aufforderung, sich in ebensolchen zu verschanzen.

Schon mit siebzehn war ich aktives Mitglied eine Dichtergruppe, sogar das Fernsehen stattete uns einen Besuch ab, das könnte etwa ich den Leuten um die Ohren hauen, nur wozu? Für meinen weiteren Werdegang als Schreiberling hatte es lediglich insofern Bedeutung, dass ich schon damals erkennen durfte, dass nicht jeder Studierte ein begabter Dichter ist und nicht jeder "Ungebildete" zwangsläufig ein Dilettant, mit Gewissheit nicht. Die leidige Rivalität zwischen "Fachleuten und Laien" war mir schon damals ein hirnrissiges Absurdum.

Auf meine alten Tage, kann ich so sagen, hab ich mich diesem Humbug erneut gestellt, vielmehr stellen müssen, und dass es soweit kommen würde, war mir vor der Anmeldung klar, so dass mich nichts davon überraschte oder gar aus dem Tritt bringen konnte, eine Bestätigung folgte der nächsten. Ich hatte zudem den unschätzbaren Vorteil, unterschätzt zu werden, weil ich nichts vor mir herposaunte und keinen auf Meister machen musste, der was gelernt hat und seine Urkunden vorzeigen kann, einfach weil es mich nichts davon interessiert und je interessiert hat- für mich wohlbemerkt.

Was andere betrifft, geht mich derlei nichts an und ich hab auch mitnichten etwas dagegen, aber da kannst du noch so entgegenkommend und wertschätzend sein gegenüber manchen "Fachidioten", Toleranz oder gar Gleichberechtigung brauchst du von ihrer Seite her nicht zu erwarten.

Es hat sich NICHTS geändert. Aber das hätte mich offengestanden auch überrascht. Manche Dinge ändern sich eben nie.

In diesem Sinne unbeeindrucktes Schaffen, Dir, Poetibus und allen!

Herzlich
Desperado
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Alt 02.12.2012, 12:43   #3
weiblich Poetibus
 
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Guten Morgen, Desperado,

mit "Sprachmelodie" hast du ein für mich sehr wichtiges Wort gewählt. Darum geht es mir, denn beim Sonett ist das das Wichtigste - nicht die strikte Form. Es ist ein "Klanggedicht", ein Sonett sollte "klingen". Aber ein vierhebiger Trochäus kann ebenso einen Klang transportieren wie ein fünfhebiger Jambus - nur eben einen anderen. Außerdem entsteht eine Melodie ja nicht nur allein durch ein Versmaß, da gehört noch so viel anderes dazu, das geht bis ins kleinste Detail, da geht es faktisch um den einzelnen Buchstaben - wenn man's mal ganz genau nimmt.

Aber darum geht es ja eigentlich immer in Gedichten, so denke jedenfalls ich. Ein Gedicht ist Inhalt, Struktur und Form, nicht nur eines davon. Ich las viele Werke von "Formexperten", wo leider der Inhalt bzw. die Aussage, die ja eigentlich von einem Gedicht zum Leser "transportiert" werden soll, völlig verblasst, von der Form buchstäblich völlig "erdrückt" wird. Ich denke, das kann's ja auch nicht sein.

Andererseits finde ich, dass auch die Feststellung, dass außer dem Inhalt nichts wichtig ist, genauso verkehrt ist. Es gibt ja eben Leute beider Richtungen, die ihre eigene Überzeugung zum Dogma erheben. Dass ein Gedicht dabei immer nur ein Teil dessen ist, was es sein könnte, wird leider übersehen.

Aber ich möchte gleich feststellen, dass das nur meine Ansicht ist - und mir liegt es fern, sie jemand anderem "aufzudrücken". Ich habe sehr lange und intensiv darüber nachgedacht, was bei einem Gedicht das "Maximale" ist. Für mich kann ein Gedicht ein "Sprachkunstwerk" werden, bei dem Inhalt, Struktur und Form miteinander verschmelzen, so dass das Ergebnis mehr ist als nur die Summe der einzelnen Teile - das Ergebnis ist ein "Spitzen"-Gedicht.

Ergänzend möchte ich hinzufügen, dass ich damit keine festen, punktgenau vorgegebenen Formen und Strukturen meine, der Aufbau eines Gedichts ist dem Autor überlassen, es spielt schließlich auch das "Sprachgefühl" eine wichtige Rolle und auch das eigene "Empfinden".

Das betrifft nicht nur Sonette, sondern auch sämtliche anderen "Gedicht- und Strophenformen". Ich lese immer wieder in vielen Foren, dass eine ganz bestimmte Form das Maß aller Dinge ist - was so einfach nicht stimmt. Allerdings gilt es auch zu unterscheiden, dass "Freie Verse" eigentlich "Freie Rhythmen" sind, und wenn ein Werk keinen Takt, keinen Rhythmus, keine Struktur irgendwelcher Art hat, sondern einfach nur (Verzeihung!) ein wirres Gebilde ist, dann macht der Autor etwas falsch und hat nicht verstanden, worum es bei Gedichten geht - wiederum: Meiner Meinung nach.

Für mich gehört "Liebe" zum Dichten dazu. Die größte Rolle spielt für mich etwas, das ich "sprachliche Ästhetik" nennen möchte. Im Gegensatz zu manch anderen finde ich Inversionen nicht schlimm - es sei denn, der Sinn wird dadurch entstellt. Wenn ich ein Werk lese und dabei im Kopf erst mal die Syntax umstellen muss, damit ich überhaupt die Aussage finde oder sie so verdreht ist, dass als Aussage etwas ganz anderes herauskommt, das überhaupt nicht zum Inhalt passt oder sogar das Gegenteil ist (was aber manchmal auch sehr lustig sein kann) - nun, ich finde Satzverdrehungen dann schlimm, wenn ich mich auf diese Art durch ein Werk "geistig hindurchhangeln" muss, um am Ende festzustellen, dass ich keine Ahnung habe, was mir das Werk eigentlich sagen soll.

Für mich ist gleichwertig, ob jemand nun kurze oder lange Gedichte schreibt, durchgehend nur klein schreibt, Interpunktion verwendet oder sie weglässt. Was mich, ganz persönlich stört, ist die "Nichtbeachtung". Wenn in einem Gedicht also die Groß- und Kleinschreibung "mal ja, mal nein, falsch und richtig zugleich" ist oder einfach eine Handvoll beliebiger Interpunktionszeichen verwendet wird, um sie über den Text zu "streuen" (wo's hinfällt, bleibt's liegen), das macht die Wirkung einfach "kaputt". Nur mal ein paar Beispiele, die sicher viele kennen, im Bezug auf die Kommasetzung:

Der intelligente Mensch denkt an sich, selbst zuletzt.
Der intelligente Mensch denkt an sich selbst zuletzt.

Die Hochzeit ist geplatzt: Er wollte sie nicht.
Die Hochzeit ist geplatzt: Er wollte, sie nicht.

Er versprach heimlich, abzureisen.
Er versprach, heimlich abzureisen.

Hier kommt, je nach Platzierung des Kommas, etwas anderes heraus. Nur aus diesem Grund denke ich, dass Zeichensetzung, wenn sie angewendet wird, auch richtig angewendet werden sollte.

Oder Groß- und Kleinschreibung: "(der) Weg" ist nun einmal nicht gleichbedeutend mit "weg (fort etc.)".

Letzten Endes ist es bei mir so, dass ich bei mir selbst hohe Maßstäbe anlege. Aber ich kann den Maßstab, mit dem ich mich selbst messe, nicht auf andere übertragen - denn es ist meiner, und er gilt nur für mich selbst. Bei anderen Werken ist meine Toleranzschwelle sehr hoch und mein Maßstab niedrig (er beschränkt sich da eigentlich auf das "Grundlegende"); leider las ich schon oft, dass es bei vielen offenbar genau umgekehrt ist. Das bedauere ich immer wieder, denn es führt auch ständig zu "Streitfäden". Schreiben und schreiben lassen, die Geschmäcker sind nun mal verschieden. Meinen persönlichen Geschmack kann ich nicht anderen aufzwingen.

Neulich las ich auch, dass schon drei einsilbige Worte hintereinander "zu viel" sind. Hm - da bin ich anderer Meinung, denn auch hier kommt es noch auf andere Aspekte an. Was sind es denn für Worte?

Ich will nichts von dir, du willst was von mir.

Das kann man so lesen:

XxXxX,XxXxX

Oder so:

XxXxX,xXxxX

Oder so:

xXxxX,xXxxX

Oder so:

xXxxX,XxXxX

Es gibt z. B. auch den "Hebungsprall" als solchen gar nicht, das ist ein Begriff, der sich eingebürgert hat. Wenn, dann handelt es sich um einen Spondeus, aber auch das trifft nicht wirklich zu, denn hier geht es um Hebungen und Senkungen (deutsche Sprache) und nicht um Längen oder Kürzen. Nur, um dieser, auch so oft gelesenen Streitfrage vorzubeugen. Es ist nicht so, dass es im Deutschen zwei betonte Silben hintereinander "nicht gibt" oder dass es "verboten" ist. Zwei betonte Silben hintereinander führen zu einer starken Zäsur, und das kann eben zu einer Pause führen, wo gar keine sein soll und so den Leser zum "Stolpern" bzw. aus dem Rhythmus bringen. Außerdem ist es dann zulässig, wenn, so wie hier, ein Interpunktionszeichen verwendet wird.

Worum es mir aber ging: Verschiedene Lesarten ermöglichen bei meinem Beispiel verschiedene Versmaße. Dabei kommt es auch darauf an, wo sich dieser Vers in einem Gedicht befindet. Ist er ziemlich am Anfang und der Leser noch nicht im "Leserhythmus" drin, kann er "Probleme" machen. Ist es aber z. B. ein langes Gedicht, der Leser schon im "Lesefluss" eines bestimmten, festen Versmaßes "drin", dann wird dieser Vers ohne größere Probleme "weiterführend" auch so gelesen. Kommt ganz darauf an. Allerdings meide ich solche Verse, da sie manchen Lesern Schwierigkeiten machen können - nicht, weil ich sie für "falsch" halte. Und da spielt auch noch die Überlegung des Autors eine Rolle: Möchte er die Betonung auf "nichts" und "dir" haben oder soll das "du" nach dem Komma stärker betont werden - und das wiederum ist etwas, das der Autor selbst bestimmen soll und darf, je nachdem, welche Aussage er zum Leser herüberbringen möchte.

Hier kommt als Unterstützung wieder die Groß- und Kleinschreibung ins "Spiel", die ein "Betonungsmuster" viel klarer machen kann. Ebenso spielt auch das "Gewicht" eine Rolle, "Maus" und "Haus" sind auch in einem konsequent nur kleingeschriebenen Gedicht nun mal "gewichtiger" als "die" oder "im", nur um ein Beispiel zu nennen.

Die Maus im Haus, die schaut heraus.

xXxXxXxX

Hier ist die Betonung klar.

Mir geht es einfach darum, dass man da nicht "Eins gilt für Alles" zur Maxime machen kann, es spielen zu viele andere Faktoren auch eine Rolle.

Lieber Desperado, ich wollte hier lediglich die Gelegenheit nutzen, um zwei Dinge zu sagen: Erstens ist es viel einfacher, und zweitens viel komplizierter. Stamm-, Vor- und Nachsilbe. Ich kenne die Regeln, aber für mich ist es am wichtigsten, ob es in meinem Kopf (oder in meinen Ohren) "gebogen" bzw. "falsch" klingt oder auch nicht. Kommt mir also weniger auf die strikte Einhaltung der Regel als auf den Klang an.

Zudem ist ein Metrum im Gedicht "stilisierte Betonung". Es werden viel mehr Betonungsstufen unterschieden, nämlich 6 und nicht nur 2, was eben auch eine Rolle spielt - daher denke ich, man sollte Gedichte auch immer laut lesen. Klingt es "gut" oder "schräg"?

Ich widerspreche dir nicht, wenn die Erkenntnis, zu der du gelangt bist, für dich die "richtige" ist. Meine Erkenntnis ist zwar eine andere, aber sie gilt nur für mich.

Mein "Weg" geht dahin, dass ich lerne, so viel wie ich kann. Nicht, damit ich etwas weiß, sondern damit ich damit "arbeiten" kann. Je mehr ich lerne, desto größer wird der "Fundus" an Möglichkeiten, mit denen ich arbeiten kann, das ist keine Einschränkung, sondern "Wachstum". Damit ich Hexameter variieren kann, muss ich erst mal lernen, was ein Hexameter ist; damit ich Sonette variieren kann, muss ich mich über Sonette informieren; damit ich eine Melodie erzeugen oder einen Rhythmus "steuern" kann, muss ich lernen, was Versmaße sind, welche Wirkung Vokalisation, Wortwahl und Konsonanten haben und, und, und. So denke ich - und nur für mich selbst.

Für mich sind "Freie Rhythmen" fast so etwas wie eine Art "Königsdisziplin" beim Dichten. Denn einen Rhythmus hinzubekommen, ohne einer Form und/oder einem Versmaß zu folgen, das verlangt nach Können, und Können entsteht durch Lernen und Übung. So weit bin ich noch nicht, aber ich arbeite darauf hin.

Nur halte ich es für unsinnig, ein Gedicht nur deshalb als misslungen oder schlecht zu bezeichenen, weil es irgendwelchen ganz genau festgelegten Kriterien "nicht genügt". Ich las schon formal perfekte Gedichte mit annähernd "Null-Wirkung", da der Inhalt fast nichts aussagte und Anfängerwerke, die mir sehr viel sagten und eine starke Wirkung auf mich ausübten. Und umgekehrt natürlich auch! Also, von daher, ich "lege mich nicht fest". Wenn es denn ein "egoistischer" Grund sein muss, dann könnte ich sagen, dass ich mich durch so ein "Festlegen" eben auch "geistig festfahren" würde, dann blockiere ich mich und meine "Weiterentwicklung" selbst. Dann fahren auch meine Gedichte fest ...

In diesem Sinne: Jeder, der Freude am Schreiben hat, den es interessiert und dem es nicht nur um die Darstellung des eigenen Egos geht, kann, soll und darf so schreiben, wie es ihm gefällt. Mal gefällt es mir, mal nicht - und das ist lediglich persönlicher Geschmack und kein ultimatives Kriterium.

Herzlichen Dank für deinen Kommentar, hat mich sehr gefreut!

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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Alt 03.12.2012, 08:08   #4
weiblich Ilka-Maria
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Zitat:
Nur halte ich es für unsinnig, ein Gedicht nur deshalb als misslungen oder schlecht zu bezeichenen, weil es irgendwelchen ganz genau festgelegten Kriterien "nicht genügt". Ich las schon formal perfekte Gedichte mit annähernd "Null-Wirkung", da der Inhalt fast nichts aussagte und Anfängerwerke, die mir sehr viel sagten und eine starke Wirkung auf mich ausübten.
Das kann ich unterstreichen. Formale Perfektion ist nichts wert, wenn der Inhalt langweilig oder gar ohne Aussage ist, denn sie wirkt entweder nervtötend wie die Musik aus dem Leierkasten, oder sie macht schläfrig. Dissonanzen beleben jedes Kunstwerk. Wer sich mit Literatur, Film, Malerei, Musik, Architektur und dergleichen befaßt, erfreut sich am Besonderen und Unerwarteten. Das kann sowohl inhaltlich als auch durch einen Bruch der Form erfolgen, selbst die Logik darf ad absurdum geführt werden. Denn wer sich einem kreativen Werk zuwendet, will ja gerade nicht die Realität des Alltags gespiegelt sehen, sondern ihr entweder entfliehen oder aber die psychologischen Tiefen und sozialen Zusammenhänge ausloten, die ihr zugrunde liegen. Ein Werk, das nur aufzählt, was und wie etwas ist und obendrein noch verallgemeinert in dem Ansinnen, daß die Jacke schon jedem passen wird, ist völlig überflüssig.

Dein Gedicht ist gelungen, ich finde es ebenfalls klanglich und sprachlich angenehm und habe es bis zum Ende gelesen. Wäre es ein Leierkastengedicht hätte ich das nicht geschafft, da breche ich spätestens nach der zweiten Strophe ab.

Liebe Grüße und eine schöne Woche,
Ilka
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Alt 03.12.2012, 12:55   #5
weiblich Poetibus
 
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Hallo, Ilka-Maria,

Zitat:
Das kann ich unterstreichen. Formale Perfektion ist nichts wert, wenn der Inhalt langweilig oder gar ohne Aussage ist, denn sie wirkt entweder nervtötend wie die Musik aus dem Leierkasten, oder sie macht schläfrig. Dissonanzen beleben jedes Kunstwerk. Wer sich mit Literatur, Film, Malerei, Musik, Architektur und dergleichen befaßt, erfreut sich am Besonderen und Unerwarteten. Das kann sowohl inhaltlich als auch durch einen Bruch der Form erfolgen, selbst die Logik darf ad absurdum geführt werden. Denn wer sich einem kreativen Werk zuwendet, will ja gerade nicht die Realität des Alltags gespiegelt sehen, sondern ihr entweder entfliehen oder aber die psychologischen Tiefen und sozialen Zusammenhänge ausloten, die ihr zugrunde liegen. Ein Werk, das nur aufzählt, was und wie etwas ist und obendrein noch verallgemeinert in dem Ansinnen, daß die Jacke schon jedem passen wird, ist völlig überflüssig.
Ja, durchaus. Die "Form" eines Gedichts ist dazu da, den Inhalt zu verstärken, ihn "richtig zur Geltung zu bringen". Leider beobachte ich immer wieder, dass sie zum "Selbstzweck" wird - das finde ich sehr bedauerlich. Eine bestimmte Form um des Inhalts (bzw. des Themas) willen zu wählen ist etwas ganz anderes. Ob es nun um eine Strophenform geht oder z. B. darum, dass Verse manchmal regelrecht mit "Gewalt" in ein Reimkorsett "hineingezwungen" werden. Und auch Reime - was ist "schlecht" an einem "unreinen" Reim wenn er inhaltlich gut passt und auch gut klingt?

Auch der zweite Teil deines Kommentars macht für mich Sinn. Weißt du, das ist auch für mich etwas, das ein Gedicht ausmacht. Es kommt nicht darauf an, die Gefühle aufzuschreiben. Ein Gedicht ist, meiner Meinung nach, ein "Medium", das Gefühle, Gedanken und Bilder im Leser "bewirken" soll, nicht im Autor, klar, der hat sie ja bereits, oder? Und Pauschalisierungen - das zeigt sich, so befürchte ich, nur als "Symptom" in Gedichten. Das zieht sich ja durch das ganze Denken (zu) vieler Menschen. Ich, natürlich nur ganz persönlich, glaube, dass Gedichte sich anbieten, ein Thema entweder anzudeuten und dem Leser das "Denken" zu überlassen oder auch, um etwas "auf den Punkt zu bringen". Auf die Form bezogen, finde ich es so sinnvoll, sich mit den Strophenformen zu beschäftigen, um sie ganz bewusst je nach Thematik einzusetzen - und auch "anzupassen", wenn es erforderlich ist. Nur als Beispiel, ich schrieb ein italienisches Sonett, stellte fest, dass inhaltlich etwas "fehlt" und fügte also noch einen Zweizeiler (das "heroic couplet" eines englischen Sonetts) hinzu - der Inhalt "verlangte" danach. In einem anderen Forum hätte das aus dem Gedicht prompt "kein Sonett" gemacht.

Es gibt viele Gedichte, die "völlig frei", d. h. ohne eine feste Form sehr gut gelungen sind, nur um das auch zu erwähnen - für mich ist die Form ein Teil des "Ganzen", nicht die Hauptsache. Irgendwann habe ich festgestellt, dass ich die "Melodie" in Gedichten mag, für die dann eben ein stringentes Metrum eine Voraussetzung ist - ich plädiere also nicht für ein festes Metrum um des Metrums willen. Meine "Formwahl" geschieht aus den verschiedensten Gründen, vor allem, weil mir die "Lieder" gefallen. Warum würde ich beispielsweise die Form des englischen Sonetts wählen? Wenn es darum geht, etwas zu schreiben, das eine "inhaltliche Steigerung" erfordert, die in einer Conclusio/Pointe/Lösung, einem "Höhepunkt" gipfelt. Das ist dann meine (und nur meine!) Wahl, weil diese Form es wirklich erleichtert und sie sehr gut passt. Es gibt dagegen Werke von "Formverehren", die wirklich so auf die Form geschrieben sind, dass ich sie beinahe als "geschriebene Gedichttheorie" bezeichnen möchte. Und hinzu kommt ja auch, dass a) die Geschmäcker verschieden sind und b) ich meinen persönlichen Geschmack eben auch nicht zur "Vorschrift" erheben kann - ich bin nur ein Schreiber von vielen. Ebenfalls wichtig: Ich erlebe oft, dass ich ein Gedicht umschreibe, mich also von einer Form wieder löse. Manchmal passt es doch nicht oder der "Platz" genügt nicht oder Form und Versmaß nehmen beim Schreiben eine ganz andere Richtung. Das ist mal so und mal so, ich gebe mir Mühe, da "frei" zu bleiben. Ich habe lediglich nach einer Weile festgestellt, dass mir einfach Sonette "liegen", das ist eigentlich schon der Hauptgrund, warum ich öfter ein Sonett schreibe. Es gibt andere Formen, die ich sehr selten verwende, ein paar auch nur ein Mal und nie wieder, da sie mir weniger oder gar nicht liegen. Daher "teste" ich auch so viel, denn nur so kann ich herausfinden, wo meine Stärken und Schwächen sind und so irgendwann meinen persönlichen Stil finden.

Letzten Endes darf auch die Hauptsache nicht vergessen werden: Poesie. Das hast du gut dargestellt, mit dem Teil deines Kommentars, der von "Kreativität" spricht.

Ich danke dir sehr herzlich für Lob und Kommentar! Dir auch eine schöne Woche.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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Alt 03.12.2012, 13:00   #6
weiblich Ilka-Maria
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Sehr richtig, Poetibus. Um es auf den Punkt zu bringen: Was nützt ein formvollendetes Werk, wenn es keine Seele hat?
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Alt 03.12.2012, 13:11   #7
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Liebe Ilka-Maria,

Volltreffer. Der Meinung bin ich ebenfalls: Seele. Für mich heißt das, Kunst soll "lebendig" sein. Das gilt nicht nur, aber auch für Gedichte.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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Alt 04.12.2012, 15:29   #8
männlich Desperado
 
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Hi Poetibus,

meine Seele hab ich grad irgendwo verlegt, aber ist jetzt unwichtig...

Umso erfreulicher ist es, zu meiner Zufriedenheit feststellen zu können, dass ich die Theorie, sprich den handwerklich-technischen Bereich der Dichterei und ihre diesbezügliche Beurteilung oder besser Beratung mit gutem Wissen und besten Empfehlungen Dir überlassen kann, ohne mich weiter darum zu kümmern müssen, das ist schon mal großartig.

Es sei denn, Du wendest Dein Wissen auf eines meiner Verslein an, was Dir jederzeit freisteht, da die Art und Weise, wie Du es machst, unumwunden vorbildlich genannt werden kann. Bei aller Fachkenntnis hast Du begriffen, worum es in der Poesie wirklich geht, was meines bescheidenen Erachtens die entscheidende Voraussetzung für wirklich hilfreiche Verbesserungsvorschläge und ermutigende Anregungen darstellt.

Ein Silberstreif schimmert am Forenhorizont.
Desperado
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Alt 08.12.2012, 21:37   #9
weiblich Poetibus
 
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Hi, Desperado,

zurück, wie du ja weißt, nach ein paar Tagen "Urlaub" vom täglichen Gehacke hier. Ich brauchte mal eine kurze Auszeit.

Zitat:
meine Seele hab ich grad irgendwo verlegt, aber ist jetzt unwichtig...
Wieso denke ich bei "ist jetzt unwichtig" immer, dass genau das Gegenteil der Fall ist? Und außerdem - Quatsch. Widerspruch ist zwecklos.

Ich denke, es liegt am heutigen Denken, wirklich. Wenn ich Rilkes "Briefe an einen jungen Dichter" lese, dann wird doch klar, wie "anders" er war. Und ich versichere, dass es mir hier um das "menschliche Miteinander" geht, ich mache da keinen Vergleich - bevor das wieder jemand missversteht (was durchaus ein Teil des "Problems" ist).

Wieso eigentlich muss immer jeder Fokus in allen Lebensumständen unbedingt ausschließlich auf das Falsche und Negative ausgerichtet sein? Kein Wunder, dass man dann irgendwann das Positive auch dann nicht mehr "sieht", wenn man es direkt vor der Nase hat. Es liegt wirklich daran, dass unsere heutige Gesellschaft "grundlegend negativ denkt und fühlt" - da könnte ich auch auf die Zunahme von Depressionen verweisen. Wir werden regelrecht "negativ konditioniert", von Kindesbeinen an. Da sollten wir mal anfangen, etwas dagegen zu unternehmen. Das kann aber jeder nur für sich selbst entscheiden - auch darüber schrieb ich schon mal. Ich kann nur für mich sprechen.

In jedem Gedicht, in jeder Geschichte gibt es Positives - und in den meisten Fällen mehr als "Falsches". Kommt einfach darauf an, ob man es "sehen will" oder nicht. Ich sehe eben lieber das "Gelungene", egal, was genau es ist. Eine treffende Aussage, eine schöne Formulierung, eine passende Alliteration, ein schön klingender Endreim - Auswahl "unbegrenzt".

Es gibt keine "guten" oder "schlechten" Gedichte. Es gibt Gedichte - und "keine" Gedichte. Das hängt doch aber von so vielen Faktoren ab. Da kommt (beispielsweise) jemand Neues ins Forum, hat noch keine Übung, keine Erfahrung und weiß womöglich so gut wie nichts darüber - und dann bekommt er in vielen Foren gleich eins auf den Deckel, weil er nicht sofort besser als Goethe und Schiller schreibt. Macht nicht viel Sinn, oder? Ich erinnere mich einfach zu gut, was ich anfangs schrieb - diese "Erstlingswerke" hatten höchstens so etwas wie eine optische Ähnlichkeit mit einem Gedicht. Hab ich nicht vergessen, und daher käme ich mir selbst ausgesprochen überheblich vor, wenn ich mit Steinen werfen würde - ich säße ja im Glashaus.

Und wenn jemand länger schreibt, es aber nicht "hinbekommt" - nun, wer bin ich, dass ich "bestimmen" kann, wer denn auf welchem Niveau schreiben muss? Talent, Lernen, Üben - jeder von uns hat einen "Zenit", wo es dann nicht mehr weitergeht. Bei mir wird irgendwann auch das "Ende der Fahnenstange" erreicht sein, davon gehe ich aus. Und ich hoffe, dass ich es dann erkenne.

Und außerdem kann ich mich selbst einfach nicht als "höhere Instanz" ansehen, da käme ich mir lächerlich vor.

Danke für deinen Kommentar, und herzlichen Dank für den "Silberstreif".

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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Alt 08.12.2012, 22:47   #10
weiblich Ilka-Maria
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Abgesehen davon, daß ich Deinen gesamten Kommentar unterschreiben könnte, lieber Poetibus, will ich Dir hierfür ein dickes BRAVO ausrufen:

Zitat:
Wieso eigentlich muss immer jeder Fokus in allen Lebensumständen unbedingt ausschließlich auf das Falsche und Negative ausgerichtet sein? Kein Wunder, dass man dann irgendwann das Positive auch dann nicht mehr "sieht", wenn man es direkt vor der Nase hat.
Meckern auf hohem Niveau unter Einhaltung der Political Correctness und der Jagd auf alles, was jung, schön, fit und gesund erhält. Wer dies ohne Depressionen oder Herzinfarkt hinkriegt, sollte das Bundesverdienstkreuz bekommen.
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.12.2012, 13:07   #11
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Hallo, Ilka-Maria,

ich frage mich auch, wo das alles noch hinführt. In einem anderen Forum habe ich mal wieder (letztes Jahr ebenfalls) Attacken gegen jemanden gelesen, der es gewagt hat, etwas Positives zu schreiben. Dabei ist eigentlich das "Thema" egal, aber ein Gedicht, das irgendetwas "bejaht" oder für "gut" befindet, scheint fast schon verboten zu sein. Aber es ist nun mal so, dass eine Münze immer zwei Seiten hat.

Natürlich ist es wichtig, auch lyrisch Missstände darzustellen. Was mir zu schaffen macht, ist die Ausschließlichkeit des Negativen - so, als ob es auf der Welt überhaupt nichts Positives mehr gäbe. Genauso funktionieren Nachrichten - Sensationen, Katastrophen, besoffene Stars und Sternchen ... und wenn dann irgendwo irgendetwas "Gutes" geschieht, muss sofort dagegen "angegangen" werden, nach dem Motto: Da steckt sicher was dahinter!

Meckern und nichts tun, das ist eins unserer gesellschaftlichen Probleme. Irgendwann erkannte ich, dass Veränderung etwas ist, das zuerst bei mir selbst beginnen muss. Es funktioniert nicht, nur mit Vorwürfen und Schlechtmachen zu arbeiten. Das führt zu "Trotzreaktionen", dann zu Frust bei dem, der etwas ändern möchte, beide "Seiten" verharren unversönlich (und meist noch sturer als zuvor) auf dem eigenen Standpunkt. -2 -3 ergibt nun mal -5. Minus Minus = (mehr) Minus. So simpel wie Mathematik. Dann wird derjenige, der etwas verändern möchte, mit der Zeit bitter und noch aggressiver - da beißt sich die Katze selbst in den Schwanz. In unserer Gesellschaft scheint das ständig im "Kreis herumzugehen" - und genau deshalb ändert sich nichts.

Das ist der Grund, warum meine "kritischen" Gedichte auf "Denk- und Verhaltensweisen" ausgerichtet sind und nicht auf Personen. Das Problem ist nun mal fest in unserem Denken verwurzelt - und da, so denke ich, muss es auch angegangen werden. Vorwürfe und "Rechthaben" hat noch nie etwas bewirkt, das ist wirklich so. Denn der "Gegner" ist ja auch davon überzeugt, "recht zu haben" und so bleibt alles, das "schlecht oder falsch" ist, so, wie es ist. Tut sich eben nichts, auf beiden Seiten nicht. Wenn ich möchte, dass sich jemand "bewegt", muss ich mich zuerst bewegen, das heißt: Entgegenkommen. Da fällt mir kein Zacken aus der Krone, denn ich habe keine auf - obwohl das Kronenträger natürlich nicht glauben.

Ab und zu werde ich mal etwas "müde", wenn man mich und meine Motive gründlich missversteht, was meistens der Fall ist - ich schreibe nicht für mein Ego. Meine Motive sind anders, das ist tatsächlich so. Nur als ein, jetzt mal anderes, Beispiel: Was ich in einem meiner Gedichte schrieb, ist wahr. Ich bin das Werkzeug der Lyrik - die Lyrik ist nicht das Werkzeug von mir. Mein Ego kommt danach.

Meine "Abhandlung" bei Fridolin war nichts weiter als eine Ermunterung für ihn, seinem "Stil" treu zu bleiben, ich schätze den feinen Humor seiner Werke. Ich bemerkte, dass es seinen Gedichten nicht wirklich guttut, wenn er mehr und mehr nach der reinen Form als solcher geht. Nein, es war das, und keine Angabe - sonst hätte ich eigene Sonette angeführt, oder? Da zeigt sich wieder etwas, dem ich so oft begegne: Das muss Angabe sein. Weil man's schon gar nicht mehr anders kennt, und daher ganz automatisch immer ein "niederes Motiv" voraussetzt - womit sich der Kreis des negativen Denkens wieder schließt.

Freundlichen Gruß,

Poetibus
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