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Gefühlte Momente und Emotionen Gedichte über Stimmungen und was euch innerlich bewegt.

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Alt 15.10.2019, 12:22   #1
männlich klaatu
 
Benutzerbild von klaatu
 
Dabei seit: 12/2015
Beiträge: 3.353

Standard Leere Seite

Der Seehund auf dem Deckblatt
schaut mich mit herausfordernder Überlegenheit an
- also male ich ihm einen Hut und eine Augenklappe,
um seinem dominanten Blick die Schärfe zu nehmen.

Erst danach bin ich dazu bereit,
meinen Collageblock (DIN A4, kariert, Recyclingpapier) zu öffnen
und die erste freie Seite aufzuschlagen.

Sie starrt mich an.

Ich schreibe ein großes
Aaaaaaaaaaaaarrrrghhhh
ganz oben auf das Blatt.

Das hing schon die ganze Zeit in mir
und musste jetzt endlich raus.
Doch danach fühlt sich mein Kopf
plötzlich seltsam leer an.

In der Wohnung unter mir,
höre ich die Nachbarin husten,
als würden ihr jeden Moment
die Lungenflügel davonfliegen.

Dann notiere ich:

Hätte ich diesen Satz nicht geschrieben,
wäre auch dieser Halbsatz unnötig gewesen...
Aber das bleibt unter uns, ja?


Wieso hält mich eigentlich niemand davon ab,
so einen sinnlosen Mist zu schreiben, denke ich.

Plötzlich kommt mir eine erschreckende Erkenntnis:
Nie wieder werde ich etwas schreiben
und dabei so jung sein wie jetzt!

Die Nachbarin unter mir hustet erneut
und reißt mich aus meinen Überlegungen.

Klingt, als hätte die es bald hinter sich, denke ich
und zünde mir eine Zigarette an.

Ich schreibe:

Es verschwimmen Raum und Zeit
- nach zwei Flaschen Wick MediNite


Das könnte tatsächlich als Gedicht durchgehen!
Nur fällt mir dazu leider nicht mehr ein...

Die Nachbarin hustet schon wieder
und damit sie sich nicht so einsam fühlt,
huste ich diesmal mit ihr.

Ich durchblättere den Collageblock, lese,
was ich die letzten Tage so geschrieben habe
und werfe das Ding quer durch den Raum.

Es bleibt so liegen,
dass mich der Seehund vom Deckblatt wieder anstarrt.
Mit der Augenklappe wirkt sein Blick
plötzlich sehr bedrohlich.

Ich verstehe.

Erst zaghaft,
dann immer fester,
nage ich an meinem Handgelenk herum
und als das Blut zu fließen beginnt,
wird mir bewusst,
dass ich gerade versuche,
mir die Schreibhand abzubeißen.

Unter mir bekommt die Nachbarin
einen erneuten Hustenanfall.

Ich schreie den Fußboden an:

"Kannst du bitte mal ruhig sein?! Ich versuche zu arbeiten!"
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.10.2019, 17:39   #2
männlich milchmirzucker
 
Benutzerbild von milchmirzucker
 
Dabei seit: 08/2019
Alter: 29
Beiträge: 212

Grandios
milchmirzucker ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.10.2019, 08:56   #3
männlich klaatu
 
Benutzerbild von klaatu
 
Dabei seit: 12/2015
Beiträge: 3.353

Naja...
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.10.2019, 20:54   #4
männlich stephanius
 
Dabei seit: 06/2016
Ort: Sachsen
Beiträge: 406

Lieber klaatu,
ein bissel expressionistische Lyrikprosa
mit dadaistischen Zügen.

Mir gefällts, ist mal wieder etwas was mir
Spass macht und mich anspricht. Die
Letzten von Dir waren nicht so ganz auf
meiner Wellenlänge.

Sehr gern gelesen und Grüße
St.
stephanius ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 18.10.2019, 09:49   #5
männlich klaatu
 
Benutzerbild von klaatu
 
Dabei seit: 12/2015
Beiträge: 3.353

Hi stephanius!

Immer auf der gleichen Wellenlänge zu funken, würde auf Dauer ja auch keinen Spaß machen.

LG
k
klaatu ist offline   Mit Zitat antworten
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