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Alt 12.04.2020, 02:58   #1
weiblich Bellatora
 
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Standard Vorgestern war sie da, die Angst

Als Kinder merkt man es nicht, aber auch dann schon gibt es unterschiede zwischen uns. Den Anderen und uns Frauen.
Ja es ist einer dieser Emanzen Texte, wenn man es auf diesen Namen reduzieren mag.

Ich glaube der Punkt kam Vorgestern, an dem ich mich entschieden habe, mir keine Mühe mehr zu geben. Nicht mehr gegen unsichtbare Kräfte ankämpfen zu wollen. Im ersten Moment war es amüsant, doch je länger ich versucht habe, nicht mehr daran zu denken, desto öfters war mir klar, dass es eben nicht nur eine Banalität war. Ich vergesse manchmal, dass wir diese Wände haben. Die Wände, die alles versuchen auszusperren und es dennoch nur verlangsamen, bis es wie dicker Schleim durch die Fugen sickert.

So war es auch, als ich am besagten Tag eine anzügliche Nachricht bekam. Ob ich nicht Lust hätte mich von einem dicken Schwanz hart durchficken zu lassen. Er mag ja meine üppigen Kurven und ist sich sicher, dass ich nur brav aussehe, aber ein Tier im Bett sein muss.
Das skurrilste an dieser Situation ist eigentlich, dass es mich mehr gestört hat, dass er mir nicht mal ordentlich hallo gesagt hat, als dass ich gerade auf eine billige Sexpuppe reduziert wurde. Vielleicht hat es mich auch nur getroffen, weil meine Mauern nicht oben waren. Und schon kommen die Gedanken. Waren meine Bilder zu anzüglich? War irgendwo ein zu großer Ausschnitt zu sehen? Automatisch suche ich nach meinem Fehler.
Es ist banal, aber diese Angst ist ständig präsent. Gebe ich falsche Signale? Suggeriere ich irgend jemanden, dass ich leicht zu haben bin? Ich weiß, es geht bestimmt nicht jeder Frau so, aber mir …. Ja mir geht es so.

Schon als Teenager wurde ich von meiner Stiefmutter ermahnt, nicht auf meinem Facebook Profil meine Sexualität anzugeben. Denn wenn da stehen würde, dass ich auf Männer stehe, würde ich quasi die Männerwelt einladen. Ja sie ist eingeimpft, diese Angst. Und da rede ich nicht nur von der Angst, die auf kommt, wenn man nachts auf der Straße läuft und eine Gruppe Männer anzügliche Bemerkungen von sich geben.
Nein ich rede von der wesentlich existentielleren Angst, nicht als Mensch respektiert zu werden, weil ich Brüste habe. Ständig wird gegen Klischeebilder gekämpft. Nein ich habe nicht meine Tage, nur weil ich meine Meinung vertrete. Und ja auch ich kann genauso gut wie mein Bruder Holz hacken. Nein ich mag es nicht ständig süß genannt zu werden, denn das macht auf anhieb meine Arbeit kaputt, die ich vorher leisten musste, damit ihr mich bei einer Frage auch mal anseht und nicht nur die Anderen.
Das ganze klingt jetzt nach „Penisneid“, aber das ist es ganz und garnicht. Ich mag meinen Körper, ich mag es eine Frau zu sein. Aber ich bin neidisch auf diese Leichtigkeit, mit der die Anderen durchs Leben ziehen können.
Es ist einfach. Die Regeln sind klar, die Karten sind verteilt. Entweder man hat den Joker, oder man hat ihn eben nicht. Nein ich will das nicht mehr. Diese Sorge, wie kann ich dazu gehören und trotzdem respektiert werden. Wie kann ich mich weiblich fühlen, aber nicht jedem ein Go zum Sexismus geben.
Also, liebe Arschlöcher da draußen, fickt euch!
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